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V.A.: Metal Armada Of Karthago's Dragons
von rls

V.A.: Metal Armada Of Karthago's Dragons   (Karthago Records)

Die Notwendigkeit des Releases eines Labelsamplers ausschließlich zum Behufe der Präsentation des eigenen Kataloges darf in den Zeiten von Myspace & Co. getrost bezweifelt werden - ergo stellte Stefan Riermaier auch keinen solchen zusammen, sondern sammelte einen Sack voll Raritäten meist labeleigener Bands (plus ein paar Gäste, deren strukturelle Verbindung zu Karthago sich nicht oder nicht sofort erschließt), erfüllt damit den Zweck der Präsentation des eigenen Kataloges auch, bietet aber gleichzeitig auch dem Sammler einen entsprechenden Mehrwert, der für bestimmte Personenkreise noch dadurch gesteigert wird, daß Vicente Feijóo das Booklet in seinem typischen gewöhnungsbedürftigen Stil illustriert hat (auch das Coverartwork hat mal wieder eher B-Film-Charme).
Zumindest auf seinem ureigenen Gebiet als Gitarrist und Sänger von Zarpa überzeugt Feijóo aber wieder deutlich mehr - seine Truppe eröffnet mit "Crystal Viper Warriors" den Sampler, huldigt damit einer der anderen Stützen des Karthago-Bandrosters und überrascht mit englischen Lyrics, was den flotten Melodic Metal-Song aber weder in positiver noch in negativer Richtung beeinflußt. Hörspaß macht er jede Menge, besonders das Zentralbreak hat irgendwas Unbeschreibliches an sich, und da der Kauzigkeitsaspekt eher niedrige Werte annimmt, ist zu vermuten, daß es sich um einen neuen Song handelt und keinen der früheren Produktionen bis einschließlich des Karthago-Einstiegsalbums "Infierno". "Demo-Version" steht im Booklet, aber der Sound ist auch so fast veröffentlichungsreif - der Song soll allerdings exklusiv dem Sampler vorbehalten bleiben.
Die von Zarpa geehrten Crystal Viper folgen auf dem Fuße, erneut mit einer Verbeugung innerhalb des Karthago-Rosters: Sie covern "Out There (Survivors)" von Mirage - leider auf wenig beglückende Art und Weise. Vor allem der dünne Sound zieht die polnische Dänenadaption nach unten, aber sie macht generell einen hingeschluderten Eindruck, wie mal eben zwischen Tür und Angel eingeholzt. Da reißt die niedliche Idee, den Song mit dem eigenen Signature-Thema von "The Last Axeman" einzuleiten, nichts mehr heraus und die Tatsache, daß der Song im Original eine richtig starke Hardrockhymne ist, leider auch nicht. Soll ebenfalls exklusiv für diesen Sampler bleiben, heißt es - das ist in diesem Fall auch besser so.
Existence gehören nicht zum Karthago-Labelroster - noch nicht? Jedenfalls hatte Stefan Riermaier die eigenproduzierte "Reign In Violence II"-CD offiziell im Vertrieb, und der neue, zum Samplerreleasezeitpunkt unveröffentlichte Song "Sword In My Hand" macht deutlich, daß eine zugehörige volle CD im Labelprogramm durchaus gut aufgehoben wäre. Das deutsche Sextett, mittlerweile zum Quintett geschrumpft, spielt angedüsterten epischen Metal hymnischen Zuschnitts, der entfernt an Bands wie Destillery, Re-Vision oder Dark At Dawn erinnert und in der Gitarrenarbeit auch mal zu den gängigen Viking-Kollegen rüberschielt, während Mike Kloses Gesang grundsätzlich im klaren Bereich bleibt. Guter Stoff! Zwischenzeitlich ist die neue Scheibe "Godforsaken Nights" auch erschienen - allerdings doch wieder als Eigenproduktion.
Nochmal eine Schippe drauf legt "The End Of Tomorrow" von Ravage, zu Zeiten des Samplerreleases noch "previously unreleased", mittlerweile allerdings als Titelsong des aktuellen Albums zu regulären Veröffentlichungsehren gekommen. Ravage sind von Karthago, wo das Album "Spectral Rider" erschien, ja mittlerweile über den Zwischenschritt der eigenproduzierten EP "Freedom Fighter" zu Metal Blade gewechselt, und das neue Album erhielt ein eher gemischtes Echo aus der Szene - am Titeltrack kann's jedenfalls nicht liegen, denn der verdeutlicht die positive Entwicklung der Band zu einer sehr fähigen US-Metal-Kapelle, und auch Sänger Al Ravage hat wieder einen Schritt nach vorn gemacht, wenngleich er nach wie vor das schwächste Glied in der Kette ist, aber seine Stimme immer besser unter Kontrolle hat. Und wenn der Song drunter dann auch noch klasse ist ...
Piel De Serpiente haben mittlerweile ihr zweites Album "El Veneno Se Desperta" bei Karthago draußen, von dem es "El Huracan" hier in einer Demoversion zu hören gibt. Das spanische Quintett outet sich darauf als legitimer Erbe von Tierra Santa, ohne allerdings a) deren vor allem zur Frühzeit starken Maiden-Touch zu kopieren und b) Keyboards einzusetzen. Ein schöner melodischer Song an der Grenze vom Hardrock zum Melodic Metal liegt hier vor, eingesungen von einer schönen harmoniebedürftigen Stimme von (Achtung!) Lutfi Salah Al-Kharbutli Bas. Sollten da die Mauren doch noch ein paar Gene hinterlassen haben?
Pertness hatten offensichtlich kein exklusives Material in der Hinterhand und steuern daher die reguläre Albumversion von "Religious Liberty" bei, die auch schon auf dem "Heavy Metal Nation IV"-Sampler vertreten war. Ergo kann hier direkt auf dessen Review und auch das Review zum Album "Seven Times Eternity" verlinkt werden. Auffällig im Samplerkontext ist, daß Pertness zusammen mit Ritual Steel den grellsten und sterilsten Sound haben.
Deja Vu spielten ihre Accept-Verbeugung "Metalhead" live ein und bescheren dem Traditionsmetalfreund, der schon die Studioversion auf "Decibel Disease" zu genießen wußte, damit einige Glücksmomente, wobei auffällt, daß Werner Kerscher im außergewöhnlichen Zentralbreak gar ein wenig nach Bruce Dickinson klingt. Ist das gut? Das ist gut!
Ear Danger stellen nur dann eine Gefahr für die Ohren dar, wenn man klassischen Metal höherer Tempolage und mit natürlicher mittelhoher Stimme ablehnt. "Beelzebub's Friend" nennt sich der Song und ist ebenfalls bisher unveröffentlicht - das holländische Quintett hat im offiziellen Releasesektor bisher auch gerade mal eine Single herausgebracht, und die datiert aus dem Jahre 1984. Der Song hier war ein Jahr zuvor der Opener des zweiten Demos, wurde für den Sampler allerdings neu eingespielt (er steht nicht auf dem nach der Reaktivierung anno 2007 erschienenen "Shock & Awe"-Demo); eine aktuelle Tonträgerveröffentlichung auf Karthago Records ist bisher nicht erfolgt.
Warum "Louis IX" von Overdrive auf dem Sampler steht, kann dagegen trotz ebenfalls bisher ausstehender offiziell beurkundeter Karthago-Connection leicht erschlossen werden, denn das britische Quartett (nicht zu verwechseln mit den wesentlich bekannteren Schweden um Janne Stark) klingt exakt wie die Landsleute Saracen, und die zählen bekanntlich zu den absoluten Faves von Labelchef Stefan. Lediglich die Vocals sind bei Saracen ein wenig ausdrucksstärker, und auch der Sound poltert etwas stärker, aber ansonsten ist die Hymne an Ludwig IX., die vom 2005er Album "On Wizard Ridge" der neuerdings von Arbeitswut befallenen Band stammt, ein feiner Beitrag zur NWoBHM-Sorte des Epic Metals, Spinettklänge und ein gelungener spannungsreicher Aufbau aus akustischen und powernden Parts inclusive.
Gallows Pole haben "Run For Cover", einen Song unbekannter originaler Provenienz, anno 2008 noch einmal neu eingespielt und damit einen guten Rocksong geschaffen, in dem nur die "Nanana"-Backings im Refrain irgendwie überhaupt nicht gehen, während der plötzliche Einfall von Drummer Steven Winkler, mitten in einer Strophe mal auf Halftimedrums zu setzen, erstaunlicherweise nicht stört. Keyboarder Günther Steiner, neben Chefdenker Alois Martin Binder die zweite Stütze des jüngeren Schaffens der Band, ist übrigens nicht mehr im Line-up angegeben, und die in der Diskographie für 2008 genannte CD "IV" hat im Gegensatz zum Re-Release des sehr seltenen "We Wanna Come Home"-Albums nicht auf Karthago Records, sondern als Eigenproduktion das Licht der Welt erblickt.
Black Hawk steuern mit "Let Me Know" ein Stück ihrer "Twenty-Five"-CD bei, mit der sie nach anderthalb Dekaden Abstinenz anno 2005 wieder ins Musikgeschäft zurückkehrten - ergo stimmt die Besetzungsliste nicht, denn die gibt schon das aktuelle, an zwei Positionen veränderte Line-up des gutklassigen "Invasion"-Albums wieder. "Let Me Know" ist gefälliger, aber nicht weiter weltbewegender Melodic Metal - nicht mehr, aber zumindest auch nicht weniger.
Burner scheinen zu ihren Frühzeiten in den Achtzigern nicht so der Burner gewesen zu sein (sie schafften es nicht mal in etliche der gängigen Nachschlagewerke), aber wenn "Razor Wire Rock" auch nur halbwegs repräsentativ für das Schaffen des Trios ist, dann ist der Musikwelt hier bisher etwas entgangen, denn dieser schnelle Song vermag es mit Größen der damaligen Zeit durchaus aufzunehmen und steht den Großtaten der frühen Tokyo Blade in nichts nach. Zum Glück läßt sich diese Sammlungslücke mittlerweile mit dem "Resurrection"-Album schließen, das anno 2008 auf Vinyl herausgekommen und anno 2009 auch in Silberform erschienen ist; neben zehn neuen Tracks (u.a. dem genannten, der 2005 geschrieben und 2006 aufgenommen wurde) enthält der Silberling auch die vier Tracks der beiden Achtziger-Singles als Boni.
Noch eine CD-Premiere: "Knights Of Steel" von Ritual Steel gab's anno 2006 nur auf der gleichnamigen Vinylsingle, aber es wäre schade gewesen, wenn dieser starke US-lastige Metaltrack nur einem kleinen Publikum vorbehalten geblieben wäre. Okay, das wird er jetzt auch, denn John Cason sorgt mit seinen Sirenenschreien im Wort "Steel" problemlos dafür, daß sich die Spreu vom Weizen scheidet - einige werden's abgöttisch lieben, andere wenden sich mit blutenden Ohren ab. Gute Rhythmuskombination zwischen Strophe und Refrain übrigens.
"Gonna Run" von den Black Angels, weiland der Opener des "Broken Spell"-Albums, steht hier noch mit dem Prädikat "first time on CD", aber mittlerweile ist das Komplettwerk der Schweizer Band versilbert worden und in einer großen Vier-CD-Box erhältlich. Das Sextett spielte irgendwie typischen Schweizer Hardrock, wie es vor ihnen schon Krokus taten und es Gotthard oder Shakra nach ihnen tun sollten; mit Ronnie Phillips stand ein Guter seiner Zunft am Frontmikro, und der etwas kommerziell wirkende Strophenteil wird durch ein knochenhartes altschuliges Hardrocksolo flankiert. Macht Spaß!
Daß die Bandarchive von Buffalo gut gefüllt sein müssen, davon war im Review zu "Ride The Beast" schon die Rede, und so findet sich "Cold As Night" auch nicht auf besagter CD, aber dafür auf der "Best Of Buffalo"-CD aus dem Jahre 1999. Der äußerst altschulig polternde NWoBHM-Track beginnt düster, fast in einer Stimmungslage mit Black Sabbath oder gar deren Achtziger-Nacheiferern wie Witchfinder General, um dann aber doch im gehobenen Midtempo nach vorn zu powern.
Mit "Killer" von Area schließt ein weiterer CD-Neuling den Sampler ab - hier wird wohl in absehbarer Zukunft der Re-Release der beiden Achtziger-Alben "Twilight" (auf diesem beschloß "Killer" weiland die A-Seite) und "The Falcon" (hier gibt es auch Quellen, die von 1992 statt 1988 als Releasejahr sprechen, und 1997 hat es schon mal einen Re-Release gegeben - also beschränkt sich der zu vermutende demnächstige Re-Release möglicherweise auf den Erstling) anstehen. Das deutsche Quintett arbeitet sich in Midtempolagen ab, nachdem man ein hübsches düsteres (wenngleich dem heutigen Hörer eher ein Grinsen ins Gesicht zauberndes) Hörspielintro überstanden hat; hier und da wirkt manches ein wenig hölzern, und auch der Sound hat den test of time nur bedingt überstanden, aber besonders das einfallsreiche Hauptsolo reißt einiges wieder heraus, und eigentlich kann man auch an den stampfenden Strophen irgendwie Gefallen finden. So wird auch jeder Anhänger des traditionellen Metals in den 75 Minuten, die zudem zu einem äußerst verträglichen Schnupperpreis verkauft werden, zumindest etwas Interessantes finden. Weiter so!
Kontakt: Stefan Riermaier, Feichtetstraße 41, 82343 Possenhofen, riermaier@aol.com, www.karthagorecords.de

Tracklist:
Zarpa: Crystal Viper Warriors
Crystal Viper: Out There - Survivors
Existence: Sword In My Hand
Ravage: The End Of Tomorrow
Piel De Serpiente: El Huracan
Pertness: Religious Liberty
Deja Vu: Metalhead
Ear Danger: Beelzebub's Friend
Overdrive: Louis IX
Gallows Pole: Run For Cover
Black Hawk: Let Me Know
Burner: Razor Wire Rock
Ritual Steel: Knights Of Steel
Black Angels: Gonna Run
Buffalo: Cold As Night
Area: Killer



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