www.Crossover-agm.de BUFFALO: Ride The Beast
von rls

BUFFALO: Ride The Beast   (Karthago Records)

Der Indianer, der den auf dem Cover abgebildeten Büffel erlegt, dürfte ob dessen metallischer Ausführung und daraus folgender Ungenießbarkeit etwas erstaunt sein - der NWoBHM-Freund dagegen darf sich über einen guten Fang freuen, wenn er "Ride The Beast" mit einem gekonnten Pfeilschuß erlegt und seiner heimischen Trophäensammlung einverleibt. Buffalo gehörten zu denjenigen myriadengleichen englischen Bands, die es Anfang der Achtziger nicht zu einer vollständigen LP, sondern nur zu einigen Singles, Samplerbeiträgen und Demoaufnahmen brachten; ab den Endachtzigern arbeiteten allerdings mehrere Inkarnationen der Band sporadisch weiter und nahmen auch einiges an alten wie neuen Songs auf. Einzige personelle Konstante sollte Gitarrist Mike Priestley bleiben, der auch an allen 16 auf "Ride The Beast" stehenden Tracks (15 Audiotracks und dazu "Why In Hell?" als Video) songwriterisch beteiligt war; das übrige Personal wechselte häufiger (in der Thanksliste sind allein 21 ehemalige Mitglieder aufgezählt, darunter als vielleicht prominentester Mitstreiter Drummer Gary Taylor, der nach seiner Zeit bei Buffalo zu Tank wechseln sollte, und da stehen die Mitglieder der letzten Buffalo-Besetzung vom Anfang des 21. Jahrhunderts noch nicht mal mit dabei, unter denen sich mit Frank Knight ein weiterer guter Bekannter befindet, der in den Neunzigern die drei X-Wild-Alben einsang). Bereits Ende der 90er Jahre brachte Mike in Eigenregie eine CD namens "Best Of Buffalo" heraus, und nun gibt es gleich zwei neue Veröffentlichungen parallel, nämlich die LP "Bones Of The Beast" auf High Roller Records und eben die vorliegende CD "Ride The Beast" auf Karthago Records. Das Kuriose an der Sache ist nun, daß sich die drei Veröffentlichungen von der Tracklist her gar nicht so sehr überschneiden, was für ein gut gefülltes Bandarchiv spricht. Die vier Songs der originalen Single beispielsweise finden sich auf der Best Of, nicht aber auf der LP, und die neue CD enthält mit "Mean Machine" auch nur einen dieser Tracks. Das Fünf-Track-Demo mit Gary Taylor von 1982 wiederum wurde quasi "zweigeteilt": "Backs To The Wall" ist auf beiden neuen Platten, "Gimme Some Lovin'" und "Detroit Motor City" nur auf der LP, "Take It To The Limit" und "In The Flesh" (natürlich kein Pink Floyd-Cover, während "Gimme Some Lovin'" tatsächlich eine Coverversion der Spencer Davis Group darstellt) nur auf der CD. Ob man mit dem Erwerb aller drei Tonträger das Komplettschaffen Buffalos besitzt oder sich weiteres Material in der Warteschleife befindet, kann an dieser Stelle nicht gesagt werden - das Booklet von "Ride The Beast" enthält zwar löblicherweise alle Texte, schweigt sich mit weiteren Infos (wenn man die Songwriterangaben ausklammert) aber völlig aus, so daß man die Rekonstruktion, welcher Track von wann stammt und mit welcher Besetzung eingespielt wurde, nur mühevoll mit Hilfe der auf der Bandhomepage www.buffalo-nwobhm.co.uk abgedruckten Interviews von Mike Priestley mit Matthias Mader und Bart Gabriel vornehmen kann. Das ist schade, denn von Karthago war man diesbezüglich eigentlich detailliertere Arbeit gewöhnt (auch das Skurrilum, daß die Tracks nach "The Answer" als Bonustracks deklariert sind, ist nicht rational erklärbar, denn eigentlich würde es ja einer Normalvariante ohne Boni bedürfen, um diese Struktur logisch zu machen, aber eine solche ist weit und breit nicht in Sicht). Hinzu kommt der Fakt, daß die Songs keineswegs chronologisch auf der CD angeordnet sind (so daß man versuchen könnte, bestimmte Einflußlinien herauszuhören), sondern bunt durcheinander, wie der Hörer beim Anbruch des zweiten Songs "Backs To The Wall" bemerkt, der sich soundlich völlig vom Opener "She's Got No Heart" unterscheidet und auch einen anderen Sänger ans Mikrofon stellt - "She's Got No Heart" ist 1998 eingespielt worden, "Backs To The Wall" dagegen bereits 1982. Die beiden Songs markieren auch diverse Eckpfeiler des Buffalo-Sounds, denn während der Opener eine nicht zu verkennende Melodic Rock-Schlagseite mit sich herumträgt und damit im besten Sinne an Praying Mantis erinnert, beginnt "Backs To The Wall" wie eine uralte Accept-Ballade (think "Seawinds"), entwickelt sich dann aber zu einem noch deutlich seventiesbeeinflußten NWoBHM-Track. Dazu kommt als nächster Eckpfeiler noch eine Schlagseite gegenüber klassischen Hardrockern wie der Frühachtziger-Zeit der Ian Gillan Band, eine weniger angeproggte Version von Saracen würde als Vergleich phasenweise auch taugen, "If Love Is A Crime" findet in Tokyo Blades "Night Of The Blade" einen Bruder, und die Gitarrenarbeit hat neben den Seventieselementen (höre das Solo von "Stacato" oder die ekstatischen Gitarrenläufe in "Don't Back Down"!) an einigen wenigen Stellen Einflüsse der frühen Iron Maiden (vor Adrian Smiths Einstieg) aufzuweisen. Halbballaden wie "The Answer" (geschickt zwischen klassischem Uffta-Uffta und balladesken Verharrungen pendelnd) stehen auf der CD friedlich neben straighten Rockern wie "Take It To The Limit", wobei wir auf "Ride The Beast" ausschließlich Eigenkompositionen der Band vorfinden und unter den Songwritern in 14 von 16 Fällen einer mit einem Sternchen markiert ist, was aber nirgendwo erklärt ist. Ich hatte ja schon den Verdacht, das könnte ein heimlicher Hinweis auf den jeweiligen Sänger sein (und zumindest Mike Bailey und John Ralphs standen tatsächlich mal bei der Band am Mikrofon), aber wenn man das logisch auch per Umkehrschluß durchgezogen hätte, müßten "The Answer" und "Stacato" Instrumentalstücke sein, was aber nicht der Fall ist. So gibt diese CD hier und da Rätsel auf, aber das tut dem prinzipiellen Hörgenuß, sofern man auf beschriebene Stilistik steht, keinen Abbruch - auch an die unterschiedlichen Soundverhältnisse gewöhnt man sich mit der Zeit, und die Remasteringabteilung hat einen halbwegs einheitlichen Lautstärkepegel erzeugt, so daß man nicht bei jedem Song panisch zum Lautstärkeregler rennen muß, weil man entweder zuwenig oder zuviel hört. "She's Got No Heart" entpuppt sich nach Komplettdurchlauf als bester Song der Platte, aber auch viele andere starke Tracks sind vertreten, die es verdienen, der Vergangenheit entrissen zu werden. Mit einem Livecomeback der Band ist vorläufig nicht zu rechnen, also muß sich der Interessent mit dieser CD oder den beiden anderen genannten Tonträgern (wobei "Best Of Buffalo" anno 2006 bereits so gut wie vergriffen war - ob es mittlerweile nochmal eine Neupressung gegeben hat, ist mir nicht bekannt) behelfen.
Kontakt: Stefan Riermaier, Feichtetstraße 41, 82343 Possenhofen, riermaier@aol.com, www.karthagorecords.de

Tracklist:
She's Got No Heart
Backs To The Wall
Lady Jane
In The Flesh
Mother
Rock Circus
Stacato
Take It To The Limit
The Answer
The Other Side Of You
If Love Is A Crime
Don't Back Down
Once Bitten
Nobody's Fool
Mean Machine
Why In Hell? (Video)



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