www.Crossover-agm.de V.A.: Hardpack Vol. 1
von rls

V.A.: Hardpack Vol. 1   (7hard)

Auch 'ne A&R-Strategie: Man produziert einen Sampler und läßt dessen Käufer mittels beigelegter Karte abstimmen, welche der vertretenen Bands einen Deal beim eigenen Label bekommen soll. Das nützt dem Leser der Rezension zwar erstmal wenig, da die Abstimmaktion schon eine Woche nach dem zugehörigen CrossOver-Update endet, aber man kann den Sampler ja auch unabhängig von der Aktion hören. Folgende 18 Bands stehen bzw. standen mit je einem Song von maximal vier Minuten Länge (von längeren wurde eine Edit-Version erstellt) zur Wahl, wobei die Bewertung aufgrund nur dieses einen Höreindrucks natürlich immer schwierig ist:
Divine Temptation sehen sich in "Peccavi" im "Modern Metal zwischen Prog, Death und Djent". Was auch immer letztgenanntes ist - unterm Strich herausgekommen ist jedenfalls Metalcore der etwas komplizierteren Sorte, aber trotzdem mit einem für Proggies als einprägsam zu kategorisierenden Refrain in Cleangesangsform. Wer Maggo Wenzel ist, der explizit als Gast genannt wird, muß offenbleiben - vielleicht einer der Sänger (es gibt neben dem Cleangesang noch zwei verschiedene Grunzstile).
Guns Of Moropolis lassen mit "Open This Book" vermuten, hier sei die Trackreihenfolge durcheinandergeraten - der Song hat jedenfalls nichts mit Gloom'n'Roll und auch nichts mit Black Sabbath, Mustasch oder Monster Magnet zu tun. Die Gitarristen haben vielmehr ihre Göteborg-Lektion gelernt, und durch den Hoppelrhythmus kommt eher ein Anklang an Humppa-Metal heraus. Einzig der im Mittelteil etwas verstärkte Beckeneinsatz läßt die postulierten Vorbilder anklingen.
Feline Melinda könnte man den Deal bei 7hard eigentlich auch gleich so geben - schließlich stehen die italienischen Landsleute von Edge Of Forever schon dort unter Vertrag, und die beiden könnte man prima gemeinsam auf Tour schicken. "Skydiver" siedelt im klassischen Melodic Metal gemäßigter Prägung, der besonders durch die Gesangsgestaltung mit vielen Chören und Doppelstimmen einen starken AOR-Touch aufweist.
Sulphor setzen auf düsteren Metal mit deutschen Lyrics. "Schuld" wird von Keyboards durchzogen, treibt aber durch Rhythmusgitarren und Drums trotz nicht allzuhohen Tempos gnadenlos nach vorn. Daß die Bajuwaren, vom rauhen Sänger mal abgesehen, aber auch Feingeister sind, zeigen sie mit dem ruhigen Mittelteil. Außer textbezogen ist's zwar kein Pagan Metal, aber dessen immer noch durch die Lande rasende Welle könnte auch den Schwefel ergreifen.
Hinter dem Namen Corpse Express würde man alles andere erwarten, aber nicht das, was man in "Owner Of The Desert Sand" hört: eine moderne Version von Ursuppenrock Marke The Who, durch die hohe zweite Stimme im Refrain und das teils halbakustisch unterriffte Hauptsolo aber fast Melodic Rock-Gefilde streifend. Dazu noch ein bissel neuerer Wüstenrock und ein schräges Break mitten im Hauptsolo - fertig ist eine eigentümliche, aber hörenswerte Mischung.
Syrus bauen ihren "Temple Of The Sun" auf der Grenze zwischen Thrash und Death Metal, auch der Gesang siedelt dort (man erinnere sich an Testament-Chuck in deren Death Metal-Phase). Die Gitarristen können zwischen simplem Riffgeschiebe und filigranen Melodieläufen alles, das Tempo ist äußerst flexibel (nachdem man eingangs eher ein monotones Riffgeschiebe erwartet hat - aber das ändert sich schnell), und mit dem einen Generalpausen-Beckenschlag macht sich der Drummer unsterblich.
Die "Zirkel des Wahns" von Contrast breiten sich wahrscheinlich in den Konzerthallen aus, wenn die Frankfurter live spielen. Jedenfalls könnte man bei einem rhythmussicheren Publikum aus dem Metalcore durchaus einen anständigen Circle Pit zimmern. Vier Stimmlagen vereinigen sich hier: zurückhaltender Cleangesang, herbes Gekreisch, tieferes Gebrüll und noch etwas angestrengt-bemüht klingendes hohes Shouting.
"Mechanically" von Crimson Delight klingt so, wie es heißt, nämlich mechanisch - das soll nicht heißen, es habe was mit Industrial zu tun. So monoton die Rhythmusfraktion auch agiert (über die seltenen Breaks erschrickt man beim Hören förmlich), sie ist warm und lebendig abgemischt, keineswegs kalt oder künstlich anmutend. Dazu kommen eine weibliche Stimme in mittleren Regionen und ein Hauptsolo, das schräger anmutet, als es wohl ursprünglich gedacht war.
BRT. (nur echt mit Punkt) schieben mit "berg" einen ebensolchen vor sich her, spielen äußerst massiven Hardrock modernerer Prägung, dem der seltsam klagende Leadgesang einen gewissen alternativ-grungigen Touch verleiht - der Refrain wird dann mit herber Stimme geshoutet und paßt irgendwie besser zum Unterbau. Gesungen wird übrigens in Deutsch.
Für Mosa!k wird die Stilistik "Folk Metal" angegeben, aber in "Black & Silver" ist kein Quentchen Folk enthalten. Statt dessen hören wir hier klassischen Hardrock mit Wurzeln in den Siebzigern, einem zeittypischen Dialog der Soloinstrumente (hier allerdings zwischen zwei Gitarren) und einem Gesamtsound, der etwas an die Schweizer Black Angels erinnert, die ja auch Anfang der Achtziger einen entsprechenden Siebziger-Background mit der Energie der neuen Metalbands verknüpften. Zeitlos gut!
Eva-Maria Kramer äußert sich in "Dans mes rèves" in französischer Sprache, und deren Weichheit paßt auch gut zum gediegenen Poprock, den sie in einer warmen, leicht verwaschenen Soundvariante daruntergelegt hat. Ganz oben hat die Sängerin zwar leichte Treffsicherheitsprobleme, wie man in der zweiten Hälfte des Refrains hört, und auch das seltsam abgestoppte Hauptsolo läßt noch beim dritten Hördurchlauf gekräuselte Innenohren entstehen (warum der insgesamt richtig gute Songfluß hier auf diese Weise unterbrochen werden mußte, erschließt sich nicht so richtig), aber das Ganze macht durchaus jede Menge Hörspaß.
"Zombie Attack" von Wartex ist kein Tankard-Cover, sondern simplifizierter Frühachtziger-Metal, der an eine Proberaumvariante von Zweite-Reihe-Teutonenbands wie Gravestone erinnert, allerdings mit shoutend deklamierendem Sänger statt einer Sirene, was angesichts der Melodiehalteschwierigkeiten im Refrain (und da geht's schon tonlich nur in einem sehr eingeschränkten Umfang zu) auch besser so ist. Die erste Hälfte des Hauptsolos wirkt auch eher unstrukturiert, während die zweite Hälfte beweist, daß es die Leverkusener besser können.
"Nie wieder" von Scherbenpalast siedelt im Midtempo-Gothic Rock und kann einen gewissen hymnischen Touch nicht verleugnen. Kommt live sicher gut und verdeutlicht, wie Dementi gern klingen würden, wenngleich auch hier beim Gesang noch nicht alles im grünen Bereich liegt (wie man im zentralen Break hört) und man auch den Text nicht unbedingt unterschreiben muß.
Die Burning Motors auf unter vier Minuten zusammenzukürzen ist nicht einfach, aber der Edit von "Beauty Of Rage" funktioniert und wirkt nicht amputiert. Der Song gehört zu den flotteren im Repertoire der Dresdner und läßt von den beiden großen Vorbildern Black Sabbath und Kyuss eher die letztgenannten durchschimmern, auch wenn man sich nicht wundern würde, wenn nach dem Gitarrenbreak bei Minute 2 plötzlich der Mittelteil von Sabbaths "Electric Funeral" erklingen würde. Da glühen die Becken dreieinhalb Minuten lang ...
"Apex Predator" von Lamera wildert zunächst im Midtempo durchs Revier, bevor ein Akustikbreak Ruhe in den Song bringt und später eine Kombination aus Akustikparts, harten Riffs, Drums und Brüllgesang wieder zum einleitenden modernen Metal zurückführt. Hat ein bißchen was von neueren Sepultura, aber ohne Hardcoreanteil.
Die thrashmetallischen Traditionalisten Fateful Finality folgen auf dem Fuße - jede zweite neue Band hätte die Bridge vor dem Refrain von "Out Of Control" als Breakdown gestaltet, aber hier geht's halt einfach nur im halben Tempo geradlinig weiter. Die Gitarren können ihre Herkunft aus dem Power Metal nicht verleugnen, und so erinnert das Ganze eher an Bands wie Annihilator (ohne deren Kabinettstückchenpolitik allerdings) denn an die klassischen Thrashbands und ihre jungen Nacheiferer.
Bodybag haben ein klares Vorbild, und das kommt aus Schweden: Arch Enemy standen unüberhörbar Pate für diese gelungene Mixtur aus metallischer Härte, technischer Filigranität und melodischem Einfallsreichtum. Nur der Gesang ist nicht ganz so extrem ausgefallen wie der von Angela Gossow, erinnert statt dessen an Michael Lucarelli zu dessen Sacrosanct-Tagen, falls sich daran noch jemand erinnert. Nur im Break kurz vor Minute 3 wird's dann doch etwas extremer.
Zen Zebra hatten 2009 live in Weißenfels mit einer energiegeladenen Show überzeugen können; die Konservenvariante von "Pollyanna Please" wirkt dagegen fast etwas blutarm, aber wenn man mal den Liveeindruck ausblendet, kommt trotzdem ein hörenswertes Stück Postcore heraus, das nur am Anfang "beschnitten" wirkt. Man höre die geschickt arrangierten Variationen im Gesangsausdruck in der Refrainzeile und überhaupt mal die Wandlungsfähigkeit der Leadstimme!
Soweit die 18 Wettbewerbsbands; der Rezensent hätte gleich eine Handvoll Favoriten und hält sich aus der Abstimmung heraus. Die Tracks 19 bis 21 hat das Label noch als Boni dazugepackt, um die eigenen Veröffentlichungen gleich noch mit zu promoten:
Edge Of Forever bringen das Kunststück fertig, mit "Distant Voices" den allerbesten Song der ganzen CD beizusteuern - zupackender und geschickt arrangierter Melodic Rock an der Grenze zum Melodic Metal. "Alles was AOR braucht: Starke Melodien und Arrangements, bombastische Drums, aussergewöhnliche Gitarrenarbeit und eine Killer-Produktion!" So steht's in der Kurzbeschreibung, und das stimmt in diesem Falle auch - leider kann das Album "Another Paradise" dieses extrem hohe Niveau nicht durchgehend halten, aber als Melodic Rock-Freund sollte man es sich trotzdem dick auf den Einkaufszettel schreiben.
Da kommt Brunorock mit "Liar" nicht ganz mit, aber auch der Ex-Dark Sky-Fronter und seine Mitstreiter können sich mit "War Maniacs" ein gelungenes Melodic Rock-Album gutschreiben lassen, und "Liar" reiht sich da problemlos ein. Der Refrain ist einprägsam genug, die Produktion etwas basischer als bei Edge Of Forever, aber trotzdem sauber und energisch zugleich, und im Hauptsolo beweist sowohl die Gitarren- als auch die Keyboardfraktion, was sie drauf hat. Macht Spaß beim Hören!
"Grace" der Australier A Sound Mind (wer hatte doch gleich einen identischen Albumtitel?) schließt den Sampler ab und plaziert sich gekonnt auf dem Grat zwischen Melodic und Alternative Rock, garniert mit einer Großportion Bombast. Komischerweise kommen einem beim Refrain die ganzen US-Worshipper wie Tim Hughes in den Sinn, aber das ist ja nix Schlechtes. Damit sind knapp 77 Minuten Spielzeit durchgelaufen, und eine gute Handvoll Highlights (zu denen mancher aufgrund individueller Präferenzen noch die eine oder andere vom Rezensenten eher als durchschnittlich empfundene Band addieren wird) macht den Sampler auch außerhalb des Wettbewerbs erwerbsinteressant.
Kontakt: www.7hard.de

Tracklist:
Divine Temptation: Peccavi (feat. Maggo Wenzel)
Guns Of Moropolis: Open This Book
Feline Melinda: Skydiver
Sulphor: Schuld
Corpse Express: Owner Of The Desert Sand
Syrus: Temple Of The Sun
Contrast: Zirkel des Wahns
Crimson Delight: Mechanically
BRT.: berg
Mosa!k: Black & Silver
Eva-Maria Kramer: Dans mes rèves
Wartex: Zombie Attack
Scherbenpalast: Nie wieder
Burning Motors: Beauty Of Rage
Lamera: Apex Predator
Fateful Finality: Out Of Control
Bodybag: Panopticon
Zen Zebra: Pollyanna Please
Edge Of Forever: Distant Voices
Brunorock: Liar
A Sound Mind: Grace



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