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von rls

BLACK ANGELS: 1981-2009   (Karthago Records)

Mit dieser Vier-CD-Box liegt praktisch das Gesamtwerk der Black Angels in digitaler Form vor, und das besteht aus insgesamt fünf Alben, von denen das Debüt "Hellmachine" und der Drittling "Black & White" auf einer CD zusammengefaßt wurden. Die Schweizer nahmen in ihrer Embryonalphase eine ähnliche Entwicklung wie die deutlich bekannteren Landsleute Krokus, aber während letztere diese Entwicklung auch noch auf den ersten Tonträgern dokumentierten, waren die Schwarzen Engel 1981 bei Erscheinen ihres Debütalbums "Hellmachine" gleich dort angekommen, wo sie sich mit geringen Veränderungen die nächsten fünf Jahre aufhalten sollten, bevor sie die Bandaktivitäten auf Eis legten und erst in jüngster Vergangenheit wieder zum Leben erwachten. Im Gegensatz zu Krokus, die irgendwann alle Siebziger-Einflüsse abgelegt hatten und konsequent auf einen Typus Früh-/Mittachtziger-Hardrock setzten (und damit gutes Geld verdienten), hörte man den Black Angels zu fast jeder Zeit ihre Verwurzelung im Siebziger-Hardrock an, auch wenn sie diese Verwurzelung geschickt mit der Power der aufkommenden Metal-Bewegung (und später noch mit US-Hardrock-Einflüssen) zu koppeln wußten und mit "Hellmachine" anno 1981 und auch mit "Black & White" anno 1985 noch keinesfalls anachronistisch klangen. Hört man die Alben mit dem Abstand von mittlerweile einem Vierteljahrhundert, so fällt durchaus die Professionalität der Schweizer ins Auge, die sämtliche Klischees gekonnt umschifften und mit ihrem anfänglichen Lederimage ihrer Zeit vielleicht sogar ein wenig voraus waren, denn Judas Priest hatten das gerade erst salonfähig gemacht. Und es findet sich eine ganze Reihe von Songs, die auch heute noch richtig Hörspaß machen. Gehen wir die Alben mal chronologisch durch:
"Hellmachine" fällt zuerst durch sein eigentümliches Coverartwork von Keyboarder Harry Stone auf, eine motorradrockende Variation des Heiligen Georg, der den Drachen erlegt (sollte man darin schon einen Hinweis darauf entdecken, daß Stone nach dem Auf-Eis-Legen der Band ins Kloster ging und Mönch wurde?). Die Siebziger-Einflüsse sind hier selbstredend noch besonders stark vertreten, denn die Siebziger waren ja gerade erst vorbei, und schon damals muß die Schweizer Rockszene im Wesentlichen aus Traditionalisten bestanden haben, von denen vier bzw. fünf hier gemeinsam Musik machten (der Herkunftsstatus von Drummer Brian Irving ist nicht gesichert). Allerdings fehlte ihnen noch der richtige Sänger, und den fanden sie in Clive Murray, einem Briten, der dann regelmäßig in die Schweiz eingeflogen wurde (man erinnere sich: Das waren Zeiten, als es das Wort "Billigflieger" noch nicht gab). Auf "Hellmachine" machte der keinen schlechten Job und erinnerte bisweilen an eine leicht geschliffenere Version von UFOs Phil Mogg. UFO sind überhaupt ein gutes Stichwort: Die Black Angels klebten zu dieser Zeit hier und da noch sehr eng an diesen Vorbildern, und wem die Struktur von "Seamer Station" bekannt vorkommt, der darf sich über sein gutes musikalisches Gedächtnis freuen: Hier winkt das Team Schenker/Mogg überdeutlich mit "Doctor Doctor" um die Ecke, und man muß aufpassen, daß man am Übergang des Intros in das Hauptsolo nicht ebenjenes gedoppelte Titelwort ins Rund brüllt. In anderen Fällen erinnern lediglich einzelne Songbestandteile an bestimmte Vorbilder. Das Refrainriff von "Tell Me Why" etwa gab es in sehr ähnlicher Form bei Boston schon mal ("More Than A Feeling"), und Harry Stones ekstatisches Hammondorgelsolo in "Juvenile Delinquent" findet sein erklärtes Vorbild in Deep Purples "Speed King". In beiden Fällen entwickelt sich der Gesamtsong dann aber in eine etwas andere Richtung als das scheinbare Vorbild, wie man auch in "Problem Child" feststellt, das eine klassische Bluesrockstruktur in Deep Purple-lastigen Hardrock übersetzt und dann im Hauptsolo wieder eine klassische Blackmore-Lord-Struktur adaptiert (es liegt also kein AC/DC-Cover vor, wie man anhand des Titels hätte vermuten können). Stones Georgel ist überhaupt sehr dominant für den Gesamtsound der Scheibe und damit einer der Hauptverantwortlichen für den Siebziger-Einschlag des Materials, denn in den Achtzigern verwendete kaum eine der jungen neuen Bands dieses Instrument überhaupt noch, und wenn, dann kaum je in der hier vorliegenden Konsequenz. Bonustracks gibt es hier keine - offenbar waren aus der Murray-Ära keine aufzutreiben, und außerdem mußte ja auch noch "Black And White" auf den Silberling passen.
Der vorherige Satz läßt einen neuen Sänger vermuten, und dem war auf "Kickdown" von 1983 denn auch so: Die ewige Fliegerei Murrays belastete Bandarbeit und -kasse, und so holte man mit Ron Phillips einen neuen Mikrofonschwinger, der vorher bei einer Band gesungen hatte, die mal Vorband der Black Angels gewesen war. Die Mogg-Parallelen waren mit ihm nicht völlig weggeblasen, aber er brachte auch noch andere Färbungen ein, ähnelte andererseits Murray weitgehend genug, daß sich die schon beträchtliche Anhängerschaft nicht völlig umgewöhnen mußte. Auch die Drummerposition war mit Tommy Stuart neu besetzt worden, was allerdings keine größeren Veränderungen nach sich zog. Größter Unterschied zum Vorgängeralbum war vielleicht die etwas subtiler eingesetzte Hammondorgel, wenngleich man die Siebziger-Einflüsse immer noch deutlich ausmachen konnte. Gleichzeitig hatten die Black Angels aber auch die weiter rollende Metalwelle genau studiert und zwei Dinge festgestellt: Erstens standen doppelläufige Gitarren hoch im Kurs - ergo gab es solche im Solo von "Over Now", allerdings in durchaus origineller Verarbeitungsvariante. Zweitens hatten auch härtere Metalbands (von den allerhärtesten mal abgesehen) immer die eine oder andere Ballade für die Mädels im Gepäck - ergo entstand "The Lights On You", für den ersten veröffentlichten Versuch der Black Angels in diesem Genre gleich eine sehr starke Leistung, nicht eigenständig, aber hochgradig geeignet, auf einem Konzert das geliebte Wesen eng an sich zu drücken. Interessanterweise koppelten Gull Records für eine 1984 erschienene Single nicht diesen Song aus, sondern den Midtemporocker "Blind Like A Fool", auf dessen B-Seite noch der Midtempo-Albumopener "Rock The City" und das nicht auf dem regulären Album stehende "You're All I've Got Tonight" standen - letzteres bildet den ersten von vier Bonustracks des CD-Re-Releases, die Herkunft der drei anderen muß offenbleiben und wird im Booklet leider nicht erläutert. Interessanterweise sind die Lyrics auch nur für die zehn regulären Albumtracks und "You're All I've Got Tonight" abgedruckt, zu den anderen drei Songs fehlen sie. Als weiteren Bonus gibt es insgesamt 11 Minuten Livematerial aus Zürich (1982) und London (1984), letzteres die einzige größere Gelegenheit für die Band, aus der Schweiz herauszukommen, als man eine 26 Konzerte umfassende UK-Tour im Vorprogramm von Nazareth spielte, wo die Black Angels stilistisch auch sehr gut hingepaßt haben dürften. Ganz von ihren Vorbildern gelöst hatten sie sich selbstredend auch auf dem neuen Material nicht, aber hier gibt es eigentlich nur drei Stellen, wo man die Vorlage überdeutlich durchhören kann: "Fate Of Emotion", an zweiter Trackposition stehend und der schnellste Song des Albums, gestaltet die Backing Vocals in exakt der Harmonik wie Klangfarbe, wie das Uriah Heep früher getan hatten, "Ain't Gonna Do It", der zweite Bonustrack, wiederholt dieses Stilmittel im Intro in abgeschwächter Form, und in puncto "You're All I've Got Tonight" ist dem Rezensenten der Vergleichssong für den Refrain noch nicht eingefallen. Mit "Down The Road" hatten die sonst eher geradlinig inszenierenden Black Angels auch noch einen ungewöhnlich vielschichtigen Song am Start, eine Mixtur aus Halbballade und Hymne mit interessanten Gitarrenflackereffekten. Leider ist bei der Verarbeitung des Materials für die Master-CD ein kleines Malheur in Gestalt nicht ausbalancierter Lautstärkepegel passiert: Bei "Fate Of Emotion" geht der Pegel plötzlich deutlich nach oben, sinkt nach Ende dieses Songs wieder ab, um vier Nummern später vor "Blind Like A Fool" erneut nach oben zu gehen. Die Deutung, "Blind Like A Fool" wäre möglicherweise von der Single übernommen worden, greift nicht, denn die beiden anderen Singletracks hätten dann auch zu den lauten Exempeln gehören müssen, und das trifft auf "Rock The City" nicht zu, wohingegen sich das Klangbild der vier Bonustracks untereinander unterscheidet, was durch ihre unterschiedliche Herkunft begründet ist. Speziell bei "Living In A Dream" wäre es schön gewesen, wenn die Nummer noch einmal für ein reguläres Album aufgenommen worden wäre - der flotte Rocker ist eines der besten Stücke, das die Schweizer je geschrieben haben. Auch "Blood Money" ist ein gutes Stück schneller als große Teile des eigentlichen Albumstoffes, was die Frage nach der Herkunft und der Nichtverwendung noch einmal spannender macht.
Nach der Rückkehr von der Nazareth-Tour spielten die Black Angels ein Acht-Track-Demo ein, das als Vorproduktion für das nächste Album gedacht war. Bellaphon Records, das damalige Label der Band, sah das aber anders, beurteilte die Aufnahmen als veröffentlichungsreif, und prompt war Anfang 1985 das dritte Album auf dem Markt. Selbst im Direktvergleich mit dem leicht verwaschen produzierten "Hellmachine", nach dessen zehn Songs die acht von "Black & White" hier erklingen, fällt der etwas polterigere Sound auf, der aber den energisch-zupackenden Touch des Materials wirkungsvoll unterstützt und damit eine paradoxe nachträgliche Rechtfertigung für die Kostenminimierungsstrategie des Labels ermöglicht. "Running With The Wind" beginnt mit einer hübschen Geräuschkulisse aus Schreibmaschinengeklapper, einer schlagenden Wanduhr und hinterhältigem Gelächter, bevor einer der schnellsten Songs der Bandgeschichte losbricht. Auch "Queen Of The Night" drängt ziemlich vehement vorwärts, aber natürlich sind die Black Angels nicht plötzlich pure Metaller geworden. Daß die Siebziger-Einflüsse hier ohrenscheinlich noch weiter zurückgedrängt wurden, liegt am Klangbild, das die Hammondorgel nicht eben an die vorderste Stelle positioniert, und möglicherweise auch am Ausarbeitungsstatus der Songs, an denen Harry Stone im Falle eines richtigen Aufnahmeprozesses möglicherweise besonders solotechnisch noch etwas stärker gefeilt hätte. Allerdings übernimmt Stone diesmal auch etwas zeitgenössischere Einflüsse - im Intro von "Call Back" adaptiert er einen Keyboardsound, den Van Halen in ähnlicher Form kurz zuvor bei "Jump" eingesetzt hatten. "Stand By Me" ist natürlich keine Coverversion, allerdings haben sich in die Albummitte tatsächlich auch wieder etwas zurückhaltendere Songs gemischt (keine Ballade diesmal aber), bevor "Rock Tonight" zum Abschluß des recht kurzen Albums nochmal zupackender agiert. Bonusmaterial gibt es auch hier wieder nicht, obwohl bei einer Gesamtspielzeit von reichlich 73 Minuten durchaus noch ein Song draufgepaßt hatte.
Was aus dem Material von "Black And White" hätte werden können, wenn man eine reguläre Aufnahmesession drangehängt hätte, verdeutlicht "Broken Spell", ebenfalls noch 1985 veröffentlicht, allerdings außerhalb der Schweiz praktisch nicht vertrieben, so daß es weder in Matthias Herrs Heavy Metal Lexikon Vol. 3 noch in der 1997er Erstauflage des Ultimate Hard Rock Guide Erwähnung fand und erst in der englischsprachigen Zweitauflage des letztgenannten ergänzt wurde. Die Band hatte sich von Zweitgitarrist Mark Egg und Bassist Walt Lion getrennt und beide Stellen nicht wieder neu besetzt - den Baß spielte Andy Margaritis als Gast ein, und die Gitarrenarbeit erledigte Andy McKay im Alleingang. Das Album klingt unterm Strich deutlich geschliffener, auch schnelleren Tracks wie dem Opener "Gonna Run" fehlt das absolut vorwärtspreschende Element, das man auf "Black And White" noch hören konnte. Die Siebziger-Einflüsse waren noch etwas weiter zurückgedrängt worden, die Hammondorgel kam kaum noch zum Einsatz, und auch die Lederklamotten waren endgültig eingemottet worden - auf dem Inlay entdeckt man statt dessen optisch eine typische US-Hardrocktruppe der damaligen Zeit, und auch musikstilistisch hatte man aus dieser Richtung den einen oder anderen Einfluß addiert, wenngleich das gesamte Klangbild durchaus noch als Black Angels wiedererkennbar war, wofür nicht zuletzt auch die Stimme von Ron Phillips mitverantwortlich war. Im Interview im Booklet nennt Phillips allerdings auch noch Def Leppard als vor allem produktionstechnischen Einfluß, und das kann man beim genauen Hinhören hier und da durchaus nachvollziehen, wenn man bedenkt, daß wir von einer Zeit sprechen, als das aktuelle Def Leppard-Album "Pyromania" hieß, auf dem Rick Allen noch ohne elektronische Verstärkung zu trommeln in der Lage war. Mit "Bound For The O'Trail" findet sich ein recht merkwürdiger Song auf der Scheibe, der Reggae-Riffing und leicht orientalisch wirkende Melodik zu einer schleppenden Metalhymne zusammenfaßt, wohingegen "Fortuna", welches das eigentliche Album abschließt, ein klassisches Hardrock-Instrumental darstellt, das freilich gerne deutlich länger als die knappen zwei Minuten hätte ausfallen dürfen. Danach wurden noch sieben Bonustracks auf die Scheibe gepackt, allerdings wiederum komplett ohne Herkunftsangaben, und kurioserweise findet sich wiederum nur der Text des ersten der Bonustracks, des flotten "Better Watch Out", im Booklet. Aufgrund des zupackenderen Charakters vieler der Songs und der undeutlicheren, aber etwas an "Black And White" erinnernden Produktion könnte man wieder mutmaßen, daß es sich um eine Demoproduktion für "Broken Spell" (in diesem Fall mit Songs, die bei den eigentlichen Aufnahmen dann nicht verwendet wurden) oder eventuell ein nie erschienenes zeitnahes Nachfolgealbum gehandelt hat. Ein editorisches Problem stellt auch noch eine Single namens "On The Run" dar, die der Ultimate Hard Rock Guide in beiden Auflagen für das Jahr 1986, aber ohne Tracklist angibt. Einen Song namens "On The Run" gibt es auf keiner der hier vorliegenden Scheiben, es könnte sich allenfalls um einen Übermittlungsfehler handeln, falls "Gonna Run", der Opener von "Broken Spell", ausgekoppelt worden sein sollte. Das löst das Problem bezüglich eventueller B-Seiten dieser Single, falls es sie überhaupt gibt, allerdings nicht und das Herkunftsproblem der sieben Boni (die logischerweise nicht alle als Single-B-Seite herausgekommen sein könnten) auch nicht. Sei's drum: Auch unter diesen Zugaben findet sich noch etliches hörenswertes Material, etwa das flotte "Streets Of Pain", in dem Harry Stone in seiner Hälfte des siebzigertypisch strukturierten Hauptsolos mal nicht die Hammondorgel anwirft (wie er das garantiert getan hätte, wenn der Song schon 1981 geschrieben worden wäre), sondern einen anderen Sound wählt. "Mary Ann" wiederum hätte auf keinem der frühen Alben der Michael Schenker Group eine schlechte Figur abgegeben, und Andy McKay orientiert sich in seiner Gitarrenmelodik hier auch ein klein wenig an Schenker. Genützt hat es nichts - nach "Broken Spell" senkte sich der Schleier der Vergessenheit über den Black Angels, wenngleich nicht vollständig - sie waren in verschiedenen Kontexten immer mal wieder präsent, u.a. in einem Film, wo junge Musiker ihre Rollen spielten. Das bildete die Initialzündung, die Band wieder ins Leben zu rufen - allerdings ohne ein einziges Originalmitglied und nur mit einem aus der alten Besetzung, nämlich Sänger Ron Phillips. Allerdings dürften die anderen Altmitglieder ihren Segen dazugegeben haben, und Harry Stone hat sogar einen Teil der Liner Notes in den Booklets geschrieben.
"Changes" markiert nun also das erste Album der "neuen" Black Angels und läßt mit seinem Titel erstmal Alarmzeichen im Hirn des Altfans wachsen: In welcher Richtung haben die sich denn nun geändert? Das düstere Artwork läßt noch weitere Sorgenfalten aufkommen - aber nach ein paar Hördurchläufen kann Entwarnung gegeben werden: Die neuen Black Angels klingen anders als die alten, aber nicht so stark verändert, daß man als Altfan die neuen nicht mögen könnte. Ein klein wenig düsterer sind sie in einigen Songs tatsächlich geworden, und auch an Phillips' Stimme kann man das seither vergangene Vierteljahrhundert festmachen - er ist immer noch zu identifizieren, aber er setzt etwa in den Strophen des Titeltracks auch tiefere, kehligere Stimmlagen ein, wohingegen er im Opener "Shine On" noch eher die alte Schule hervorgekehrt hat und im Refrain von "Talking To Angels" plötzlich fast wie Ronnie James Dio klingt. Weibliche Backing Vocals sind im Kontext der Black Angels auch etwas Neues, wobei Ulla Höltzenbein über weite Strecken aber sehr tief singt und bisweilen fast an Marianne Faithfull in deren Metallica-Gastbeitrag erinnert. Selbst das Reggae-Experiment von "Broken Spell" haben die neuen Black Angels in Gestalt von "Right On Down The Road" weiterentwickelt, und sie arrangieren ihre Songs generell einen Tick vielschichtiger als früher, wobei sie allerdings die Siebziger-Einflüsse weitgehend über Bord geworfen und zudem die Planstelle eines Keyboarders nicht fest besetzt haben - Joachim "Jogi" Brunner ist im Booklet nur als Gastmusiker aufgeführt und auf den Bandfotos auch nicht zu sehen. Wenn es also jetzt stilistisch in die Siebziger zurückgeht, dann eher in Richtung der Bands, die schon damals das Keyboard in die hintere Reihe gestellt oder ganz ausrangiert hatten. "The Evil" hat darüber hinaus leichte Blueseinflüsse in der Hinterhand, die fast von ZZ Top stammen könnten, aber hier in einen krachenden Hardrockkontext gestellt werden, in dem Neu-Gitarrist Rudi Martin ganze Arbeit leistet. Ein Epos wie "Song Of Glory" mit bombastischem Orchesterintro kennt man aus dem Frühschaffen der Band auch noch nicht - würden Grave Digger Hardrock spielen, käme etwas Ähnliches heraus (was in diesem Kontext als Kompliment zu werten ist), und die Anklänge an den Black Sabbath-Klassiker "Heaven And Hell" sind kaum zu überhören. Dagegen verblaßt sogar die beileibe nicht schlechte Neueinspielung des "Kickdown"-Openers "Rock The City", die dramaturgisch wenig geschickt direkt hinter diesem grandiosen Opus plaziert wurde und dort im Schatten vor sich hinvegetiert, wenngleich der Talkbox-einfall natürlich als obercool zu bewerten ist. Nicht unbedingt bedurft hätte es auch des Bonustracks "Don't Forget - Dance", der im Einklang mit seinem Titel, aber im Widerspruch zu seinem Text tatsächlich eine Art tanzkompatiblen modernen Monotonelektrorock transportiert, wie er so ganz und gar nicht zu den Black Angels passen will. Glücklicherweise bleiben diese Problemfälle in der deutlichen Minderzahl, allerdings verlangt das Material von "Changes" mehr Einarbeitungszeit als die alten Alben der Band, die sich schon nach dem ersten oder zweiten Durchlauf problemlos erschlossen hatten, während "Changes" seine Reize partiell erst mit Verzögerung preisgibt und aufgrund seiner größeren Vielschichtigkeit möglicherweise auch nicht jedem Altfan zusagen wird, wenngleich die erweiterte Mischung wie beschrieben durchaus funktioniert und man nie das Gefühl hat, einem verkrampften Reunionversuch gescheiterter Existenzen zu lauschen. "Coming Home", mit 6:45 min der längste Song aus dem bisherigen Black Angels-Schaffen, verklammert die alte und neue Phase wohl am besten: Während die Gitarrenarbeit im Intro hier asiatische Züge aufweist, die man von den Schweizern bisher noch nicht kannte, ist der Refrain so nahe an UFO angelehnt, daß sich hier ein Kreis zu "Seamer Station" vom Debüt schließt.
Die vier hier in der Box "1981-2009" zusammengefaßen Scheiben sind allesamt auch einzeln erhältlich - so erklärt sich auch, daß die Liner Notes von Harry Stone in den drei CDs mit dem alten Material übereinstimmen und auch das Interview mit Ron Phillips sich nur in einigen Fragen zum jeweiligen Album unterscheidet. Aber eigentlich sollte man als Hardrockfan das Gesamtwerk der Black Angels besitzen, kann also gleich zur Box greifen.
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
CD 1: Hellmachine/Black & White
Hellmachine
Midnight Rider
Seamer Station
Amsterdam
Rock It
Over The Limit
Juvenile Delinquent
Tell Me Why
Problem Child
Don't Look Back
Running Wild
Queen Of The Night
Straight To The Border
Bad Strike
Call Back
Riding On The Wheels
Stand By Me
Rock Tonight

CD 2: Kickdown
Rock The City
Fate Of Emotion
Over Now
The Lights On You
Heartbeat
Let Me See You Rock
Blind Like A Fool
Down The Road
Rough And Ready
Bite The Dog
You're All I've Got Tonight
Ain't Gonna Do It
Living In A Dream
Blood Money
Live: Zürich 82 & London 84

CD 3: Broken Spell
Gonna Run
Flying High
Soldier Of Evil
Rough Cut
Moving On
Outland
Out For A Sin
Secret In Your Eyes
Bound For The O'Trail
Fortuna
Better Watch Out
Streets Of Pain
Mary Ann
Showdown
Sharp Dressed
No Second Chance
Call On The Night

CD 4: Changes
Shine On
Walking Away
Changes
The Evil
Right On Down The Road
Lovelights Shining
Water To The Well
Song Of Glory
Rock The City (New Version)
Talking To Angels
On The Rise
Coming Home
Changes II
Don't Forget - Dance
 




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