www.Crossover-agm.de UFO: The Visitor
von rls

UFO: The Visitor   (Steamhammer/SPV)

Album drei in der Phase mit Vinnie Moore an der Gitarre, aber das erste der drei, das der Rezensent hört - "You Are Here" und "The Monkey Puzzle" sind irgendwie an ihm vorbeigeflattert. So kann er auch keine definitive Aussage treffen, ob ein eigentümliches Stilmittel von "The Visitor", das man aus dem Prä-Moore-Schaffen UFOs so noch nicht kannte, schon auf selbigen Alben zu hören gewesen ist: der teils massive Einsatz einer Slidegitarre. Die setzt schon ausgedehnte Breaks im Opener "Saving Me", dessen Intro außerdem noch einen deutlichen Schlenker in Richtung einer anderen Hardrocklegende unternimmt: Man würde sich nicht wundern, wenn anstatt eines dann doch recht UFO-typischen Midtempo-Hardrockers plötzlich Led Zeppelin in ihrer angefolkten Phase (also um das "III"-Album herum) übernehmen würden. Skeptiker hatten ja schon bei Moores Einstieg Zweifel angemeldet, ob sich die urbritische UFO-Herangehensweise und der Gitarrenheldenstil Moores vertragen würden, aber die Kombination aus der urbritischen UFO-Herangehensweise und dem Gitarrenheldenstil Michael Schenkers hat ja auch funktioniert, und so wie Schenker versteht es auch Moore, sein Spiel in den Dienst der Band zu stellen - vielleicht übertreibt er es gar ein wenig mit der Zurückhaltung, denn wo Schenker selbst auf Platten wie "Covenant", wo er sich generell eher ein dezentes Spiel auferlegt hatte, doch noch hier und da ein wenig Saitenzauberei eingebaut hatte, die den rauhen Stil der Band etwas auflockern halfen, so verzichtet Moore völlig auf Kabinettstückchen, seien sie technischer oder auch emotionaler Natur. Das ist ein wenig schade, denn so verschwindet ein Alleinstellungsmerkmal der Band einen Deut zu sehr im Hintergrund. Nur in "Hell Driver", dem schnellsten Song der Platte (der allerdings auch nicht über gehobenes Midtempo hinauskommt), gönnt sich Moore eine Andeutung von technischem Spiel, von dem er noch eine Spur ins Intro von "Stop Breaking Down" hinüberrettet, aber dort dann doch irgendwie zu seelenlos agiert - das ist eine der allerdings sehr wenigen Stellen, wo man sich bei der Vorstellung ertappt, was Schenker aus dieser Passage gemacht hatte. Der Song selber ist aber klasse, eine schöne Midtempohymne mit assoziationsfördernder Strophe (sprich: man kennt das Harmonieschema diffus), und im Hauptsolo wetzt Moore die kleine Scharte des Intros dann wieder aus, bis kurz vor Ende Rückkehrer Andy Parker (Drums) das Tempo für einige Sekunden herausnimmt, Moore emotionaler werden soll und man wieder sofort das "What Would Schenker Do"-Programm einschaltet. So gesehen ist es vielleicht ein geschickter Schachzug von Moore (oder wer auch immer die Idee hatte), UFO bisweilen auf Territorien zu führen, die sie mit Schenker nicht beackert hatten. "On The Waterfront" etwa enthält mehr Blues, als man das von UFO gemeiniglich gewöhnt war (wenngleich natürlich auch sie ihre Wurzeln in diesem Stil hatten), und das nur knapp die Dreiminutengrenze überspringende "Rock Ready" ist wieder einer dieser slidegitarrendominierten Songs, die dadurch einen gewissen Southern Rock-Touch abbekommen haben. Mal funktioniert diese leichte Kursnovellierung gut, einige Schlenker haben sich aber zumindest bis zum Reviewzeitpunkt noch nicht erschlossen, beispielsweise das seltsam angedüsterte "Living Proof" mit fast wavigen Gitarren, das durch das klassische hardrockige Solo mit Exzelsior-Quintenzirkelandeutung einen eigentümlichen Kontrapunkt implantiert bekommen hat. Auch die Kombination in "Can't Buy A Thrill", mit 5:14 min der längste Song, mutet merkwürdig an: Strophe mit treibendem Beat, Akustikgitarre und einigen Leadtupfern (eine Lightvariante von Stratovarius, glaubt man), aber dann ein völlig unauffälliger Refrain, den man kaum von der Strophe unterscheiden kann, anstatt der erwarteten Steigerung, im Mittelteil wiederum interessante Tonart- und Tempiwechsel sowie ein paar blubbernde Keyboardeffekte - da braucht es etliche Durchläufe, um durchzusteigen. Songs mit potentiellem Klassikerstatus finden sich unter den zehn auf der regulären Edition enthaltenen nicht ("Stop Breaking Down" bleibt der Höhepunkt der etwas über 40 Minuten), der Digipack enthält mit "Dancing With St. Peter" einen zur Rezension nicht vorliegenden Zusatztrack. Der geniale Einfall geht auch der Halbballade "Forsaken" ab (der Southern-Touch wirkt hier irgendwie aufgesetzt), aber "Villains & Thieves" und "Stranger In Town", die das reguläre Album abschließen, markieren noch einmal kantige Hardrocker, wie man sie von UFO kennt und schätzt, erstgenannter mit gelungener Southern- und Boogie-Einbindung (man glaubt fast eine härtere Version von ZZ Top im Player zu haben), zweiterer eine Bombasthymne mit leichter Verwandtschaft zu den Nachbarn Deep Purple, nicht zuletzt durch die hier sehr markant eingesetzte Hammondorgel, und nur etwas komisch im Nichts endend. Was man wahlweise schätzt oder nicht, ist Phil Moggs Gesang, der in den letzten Jahren offensichtlich noch einmal an Rauhigkeit verloren hat, was ihm einerseits etwas Eigenständigkeit geraubt, andererseits aber eine Feinfühligkeit ermöglicht hat, die man von früherem Schaffen her kaum kannte. Wie sich das live anhört, hätte der Rezensent gerne im Juni 2009 in Leipzig nachgeprüft, aber der Gig ist kurzfristig abgesagt worden - so muß auf eine andere Gelegenheit geharrt werden. Bis dahin kann man sich mit "The Visitor" trösten - gute traditionelle Wertarbeit, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Kontakt: www.ufo-music.info, www.spv.de

Tracklist:
Saving Me
On The Waterfront
Hell Driver
Stop Breaking Down
Rock Ready
Living Proof
Can't Buy A Thrill
Forsaken
Villains & Thieves
Stranger In Town
 




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