www.Crossover-agm.de GRAVE DIGGER: The Grave Digger
von rls

GRAVE DIGGER: The Grave Digger   (Nuclear Blast Records)

Für diese CD gilt sinngemäß das Gleiche wie für "Horror Show" von Iced Earth: Die mir vorliegende Promoversion enthält drei voll ausgespielte und acht ausgeblendete Titel, wobei die Ausblendungen hier jeweils nach dem Solopart erfolgen. Ich übernehme also keinerlei Verantwortung für das, was nach diesem Teil erfolgt. Der Rest besteht, wie die Quasi-Selbstbetitelung bereits erahnen läßt, aus relativ typischem Teutonenmetal Grave Diggerscher Prägung. Zwei gravierende Unterschiede zum vergangenen Schaffen gibt's zu vermelden: Einesteils ist die Zeit der historischen Konzeptalben nach der schottischen Geschichte ("Tunes Of War"), der Geschichte der Tempelritter ("Knights Of The Cross") und der Artus-Saga ("Excalibur") erstmal wieder Vergangenheit (obwohl's natürlich riesige Mengen Stoff gäbe, den man noch hätte verarbeiten können - allein die ersten Bücher des Alten Testaments gäben Sujets für Hunderte solcher Alben ab; wer außer Glory Fist traut sich?), obwohl ein Song wie "King Pest" allein vom Titel her auch auf eines der vergangenen Alben gepaßt hätte (gab's in Schottland eigentlich auch Pestepidemien, und ist in der Artus-Saga davon was überliefert?). Statt dessen reitet der Sensenmann wieder fröhlich durch die öden Lande, und das Infoblatt behauptet, er sei teilweise von Edgar Allan Poe geschickt worden - da ich wieder mal kein Textblatt habe, kann ich die Stichhaltigkeit dieser Aussage nicht nachprüfen, aber die Tatsache, daß auf der linken Seite des Covers ein Grabstein für ebenjenen Edgar Allan Poe steht, stellt zumindest einen gewissen Verdachtsmoment dar. Zweiter Unterschied ist die Demission von Gitarrist Uwe Lulis (nach Chef Chris Boltendahl immerhin der dienstälteste Grabschaufler und schon auf der anno 1987 unter dem Banner Digger veröffentlichten "Stronger Than Ever"-Scheibe zugegen gewesen), dessen Platz ein Mann eingenommen hat, der im angesprochenen Jahr 1987 gerade seine Bewerbung bei Rage eingereicht hatte und diese Band sieben Jahre später verließ, nachdem er u.a. die für meinen Geschmack beste Rage-Scheibe "Reflections Of A Shadow" (der Kenner kann aus dieser Aussage schließen, was ich von Rage gemeinhin halte) eingespielt hatte: Manfred "Manni" Schmidt. Seine Gitarrenarbeit unterscheidet sich in nicht allzugroßem, aber doch eindeutig feststellbarem Maße von der seines Vorgängers (Lulis setzte rein grundtönige Riffs oder Riffteile bedeutend häufiger ein, Schmidt variiert in dieser Beziehung etwas mehr, läßt bisweilen eindeutige Einflüsse von Tony Iommi durchscheinen - höre "Scythe Of Time" - und gestaltet auch die Soloarbeit variabler), womit die generelle Variationsbreite der Grave Digger-Kompositionen ein wenig breiter wird (die im Info angesprochenen Roots bei Led Zeppelin sind trotzdem nirgendwo auszumachen), aber nicht zu einer Verwässerung des Gesamtsounds führt, womit der Wiedererkennungswert eindeutig gegeben bleibt. Keyboarder Hans-Peter hält sich nach wie vor im Hintergrund, hilfsorchestriert einige wenige Stellen (so den Chorus von "The House") und schafft es beispielsweise in den einleitenden Takten des Openers "Son Of Evil", eine schön düster-mystisch-neblige Stimmung zu erzeugen. Tempotechnisch wird in bekanntem Maße das Spektrum von "Ein bißchen schneller als Doom" bis "Ein bißchen langsamer als Speed" ausgereizt, und das mit den erwähnten Geschichts-CDs hinzugewonnene Können beim Gestalten der Refrains findet ebenfalls seine Anwendung. Noch etwas anderes wird übernommen: Bisweilen hat man das Gefühl, einige Riffs oder Bridges schon mal in sehr ähnlicher Form auf früheren Grave Digger-Releases gehört zu haben (dieses Gefühl beschleicht mich u.a. in "Sacred Fire" und am Anfang von "Haunted Palace"). Auch eine Ballade gibt's wieder, wobei aber auch "Silence" nicht an der Glanztat "Ballad Of Mary" vorbeiziehen kann. Überhaupt kann ich das Gesamturteil der letzten Scheibe "Excalibur" beinahe unverändert auf "The Grave Digger" übertragen (vom Sound mal abgesehen, denn die gitarrentechnische Unausgewogenheit von "Excalibur" ist auf "The Grave Digger" verschwunden): Die Scheibe ist in Ordnung und gehört in die Sammlung eines jeden Grave Digger-Fans, aber die Gewinnung neuer Fanschichten wird sie nicht befördern, und der Superform von "Tunes Of War" laufen Grave Digger nach wie vor hinterher.



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