www.Crossover-agm.de REINXEED: The Light
von rls

REINXEED: The Light   (CM Sweden/Rivel Records)

Möchte man das Urteil zu diesem Album kurz zusammenfassen, das Ergebnis sähe so aus: Wer die Debütalben von Celesty, Supreme Majesty und Sonata Arctica immer noch mehr liebt als alle andere Veröffentlichungen dieser Bands, kann "The Light" ohne Bedenken kaufen. Alle drei genannten Vergleichsgrößen hatten seinerzeit mit unbekümmerter Frische alles weggepustet, was sich ihrem typischen skandinavischen Melodic (Speed) Metal in den Weg stellte, alle drei hatten auch auf den Folgealben immer noch erstklassige Arbeit abgeliefert, aber diese Unbekümmertheit nicht mehr ganz hundertprozentig reproduzieren können, wenngleich etwa "Elements Of Creation" oder "Silence" trotzdem gleichfalls als Meisterwerke anzusprechen sind. Nun kommen also ReinXeed ebenfalls mit ihrem Debütalbum daher (vorher gab es, wie das heute so üblich ist, nicht etwa Demo-CDs, sondern lediglich Songs auf MySpace, anhand derer der Skandimetalliebhaber die Band, damals noch ein reines Soloprojekt von Tommy Johansson, kennenlernen konnte), und sie folgen der Linie der drei genannten Vergleichsgrößen, unterscheiden sich allerdings in einzelnen Elementen von ihnen. Zum einen ist "The Light" in seiner Gesamtbetrachtung nochmals deutlich schneller ausgefallen als die genannten Debüts - Produzent Jani Stefanovic, der hier als Gasttrommler zu hören sein soll (wobei gewisse klangliche Ähnlichkeiten zum Narnia-Debüt auch für eine Programmierung sprechen könnten, aber dem widerspricht beispielsweise das Break mit der einzeln angeschlagenen Bassdrum in "Magic Night" kurz vor Minute 3:30, wo die einzelnen Anschläge nicht die gleiche Intensität haben, was bei einer Programmierung definitiv der Fall gewesen wäre - halten wir also statt dessen fest, daß Jani durchaus mit einem maschinenartigen Touch spielen kann), hält das Tempo über weiteste Strecken sehr weit oben, obwohl kein Song komplett durchgeknüppelt wird, sondern sich immer tempovariable Passagen finden, auch solche ganz ohne Schlagzeug, so daß trotz sehr ähnlichen Grundbeats in vielen der Songs keine Langeweile aufkommt. Bei "Eternity" an Position 5 wähnt man dann doch den ersten ohne Speedelemente auskommenden Song gefunden zu haben, aber dem orchestralen Intro und der im treibenden Midtempo zur Sache kommenden Strophe folgt dann doch eine Tempoverschärfung im Refrain und, mehrmals unterbrochen, auch im Solo. Als nächsten Faktor, der "The Light" von den genannten Vergleichsdebüts unterscheidet, hätten wir die Keyboards. Die Vergleichsbands setzten dieses Instrument durchaus weitreichend ein, aber letztlich dominierten die Gitarren - das ist bei ReinXeed anders, denn hier nehmen die Keyboards im Gesamtsound des Albums einen durchaus gleichwertigen Platz zur Gitarre ein, sind einerseits so gut wie omnipräsent eingeschaltet, übernehmen zum zweiten viele der melodischen Fills an Zeilenübergängen und ähnlichen strukturdominierenden Plätzen, legen zum dritten fast immer Teppiche unter und bisweilen auch über die Gitarren, spielen zum vierten auch in den Solopassagen häufig tragende Rollen, indem sie die Leadfunktionen an sich reißen, und sind zum fünften und letzten schließlich auch im Endmix (ebenfalls von Jani Stefanovic getätigt) den Gitarren lautstärkeseitig mindestens ebenbürtig positioniert worden. Das mag dem metallischen Puristen selbstredend mißfallen, und er wird von "Verweichlichung" sprechen - damit hat er sogar recht, denn metallische Härte kommt in der vorliegenden Fassung des Albums ausschließlich durch die Drums zustande, und selbst die wird der genannte metallische Purist eher als völlig überproduziert ansehen. Man kann die Argumentationskette aber auch anders aufbauen, nämlich "The Light" als konsequente Weiterentwicklung der drei genannten Debütalben interpretieren, was die beiden analysierten Unterschiede angeht, und sich schlicht und einfach über frisch-fröhliche 53 Minuten hochmelodischen speedigen Metals freuen, der über seine ganze Spielzeit hinweg eine grundpositive Ausstrahlung vermittelt (das gab's nicht mal bei Happy-Happy-Helloween) und bei dem man, wenn man sich auf die Suche macht, interessante Details entdecken kann, so etwa den fast Humppa-verdächtigen Zwischenteil in "Great Hall Of ReinXeed" oder schöne stimmungsdienliche Flötenparts in mehreren Songs. Dazu hat Bandchef/Alleinkomponist Tommy eine wunderbar ungekünstelte Stimme, die ihn auch problemlos in extreme Höhen vordringen läßt, wobei er diese zumeist nur in den Backingvocals einsetzt, die eigentlichen Leadvocals zumeist eine Oktave tiefer positioniert. Seine Abrundung erfährt "The Light" durch diverse Orchesterparts, budgetbedingt zwar nur aus der Konserve kommend, aber trotzdem eine gewisse Größe vermittelnd und zudem die textliche Story (im Booklet leider nur als kurze Zusammenfassung abgedruckt, nicht mit den kompletten Lyrics hinterlegt) illustrierend, deren Kampf zwischen Gut und Böse hier eine deutlicher christlich geprägte Komponente beinhaltet als bei den geschätzt 2497 anderen Metalbands, die sich solchen Thematiken auch schon angenommen haben (ob es freilich Zufall ist, daß das finstere Königreich in der Story nun ausgerechnet Heelh heißt und damit an die Labelkollegen Heel erinnert, während das gute Reich den Namen Reindhill trägt ...). Eine derart tragende Rolle wie bei Stefanovics Band Divinefire spielen die Orchesterparts allerdings nicht, und mit Nightwish oder Rhapsody Of Fire sollte man das Ganze erst recht nicht in einen Topf werfen, obwohl "End Of This Journey" auch im harmonischen Aufbau an einigen wenigen Stellen ein klein wenig an Nightwish zu "Once"-Zeiten erinnert. Das Fahrrad neu erfinden können (und wollen) ReinXeed natürlich nicht, und so entdeckt man etwa mit dem Instrumental "Heavenly Fire" ein Stück, das auch auf jedwedes Narnia-Album gepaßt hätte - zudem überlegt der Rezensent seit Wochen hin und her, woher ihm die melodisch-harmonische Folge aus dem Orchesterintro von "End Of This Journey", die um Minute 8 nochmal als Bandversion auftaucht, in ähnlicher Form bekannt ist, aber es ist ihm bisher noch nicht eingefallen. Freilich muß man auch konstatieren, daß ReinXeed im Gegensatz zu den anderen genannten Debütalben auf "The Light" eines noch nicht geschafft haben: einen oder mehrere ganz große Klassikersongs zu schaffen, an die man sich auch in einer Dekade noch freudig erinnern wird. Vielleicht entwickelt sich der eine oder andere Song noch in diese Richtung, aber nach den bisherigen Hördurchläufen kristallisiert sich noch nichts heraus, was den gleichen Status wie "Blank File" oder "Strike Like Thunder" einzunehmen in der Lage wäre. Dafür können sich ReinXeed aber eine geschlossene Albumqualitätsleistung ohne Ausfälle gutschreiben lassen, für ein Debütalbum schon auf außerordentlich hohem Niveau angesiedelt und zudem mit seiner Frische und positiven Energie so hochgradig ansteckend wie schon lange kein Metalalbum mehr - daher Glückwunsch nach Nordschweden und dringende Kaufempfehlung an alle, die nicht dem Klientel "metallische Puristen" zuzurechnen sind.
Kontakt: www.reinxeed.tk, www.cmsweden.com

Tracklist:
The Light
Legacy
Great Hall Of ReinXeed
Magic Night
Eternity
Shyrheny
Northern Sky
Kingdom Fall
End Of This Journey
Heavenly Fire
 




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