www.Crossover-agm.de SONATA ARCTICA: Ecliptica
von rls

SONATA ARCTICA: Ecliptica   (Century Media)

Genau zwei Takte gibt Trommler Tommy vor, dann sprintet ohne Vorwarnung einer der frischesten Speedmetal-Songs los, die ich in diesem Jahr bisher gehört habe: "Blank File" verbindet schnelle Drums, ein nach vorne losgehendes Grundriff, superbe Flitzefingerkeyboards und eine streckenweise in höchste Lagen, die der normale männliche Erdenbewohner nach dem Stimmbruch nur noch erreicht, wenn man sein bestes Stück in einen Schraubstock spannt, hochgleitende und dabei eine astreine Gesangsmelodie fabrizierende Stimme mit einem einprägsamen Chorus und schafft damit einen 4:05 Minuten dauernden Ausnahmezustand für Ohren und Gemüt, den einer meiner Schreiberkollegen treffend mit "Europe on speed" schubladisierte. Überhaupt ist "Ecliptica" im musikalischen Fach eine der lebensfrohesten CDs der letzten Zeit - nichts da mit eventuellem Festfrieren im Packeis oder gar Depressionen in der Polarnacht (die Band kommt aus Finnland), auch nichts mit fröhlichem Zusaufen-und-dann-durch-die Wohnung-pogen, denn bei der Geschwindigkeit von "8th Commandment" oder "Kingdom For A Heart" fällt man bei solchen Versuchen ab einem bestimmten Alkoholpegel heftigst aufs Antlitz - statt dessen positive Power im kristallklaren Gewand, gespickt mit ein paar Ausflügen ins romantische Fach, was einzelne Zwischenspiele wie etwa in "Kingdom For A Heart" oder die beiden Halbballaden "Replica" und "Letter To Dana" unterstreichen. Ein paar weniger positive Szenarien verarbeitet Bandchef Tony (voc, key) lediglich in den Lyrics (so etwa die Ängste vor dem totalen Ende allen Seins in "Destruction Preventer") und setzt als kathartisches Instrument besagte begeisternd frische Musik dagegen. Stilistische Parallelen zu Stratovarius sind zwar nicht von der Hand zu weisen, aber angesichts der Tatsache, daß sich bei diesen seit einschließlich "Visions" eine gewisse kompositorische Routine (wenn auch auf hohem Niveau) breitgemacht hat, ist "Ecliptica" die perfekte Ersatzdroge für alle, die der Unbekümmertheit der alten Stratovarius zu "Twilight Time"-Zeiten hinterhertrauern, wobei die zehn Songs von "Ecliptica" in qualitativer Hinsicht allerdings dem frühen Tolkki-Schaffen eindeutig den Rang ablaufen und auf einem Level mit dessen Meisterleistung "Episode" anzusiedeln sind. Tommys Drums sorgen für eine Energieinfusion nach der anderen, und besonders Tonys Parts am Frontmikro sowie an den Tasten kommen herrlich ungekünstelt, sozusagen naturgeil aus den Boxen geschossen (wobei er letztgenannten Posten mittlerweile an Mikko Harkin abgetreten hat, aber der dürfte das Level problemlos halten können, hört man sich an, was der Bursche in technischer Hinsicht auf Kenziners "The Prophecies"-Scheibe abgeliefert hat). Was schreibe ich hier eigentlich noch? JEDER Freund wunderbaren melodischen Speedmetals sollte sich in der Geschwindigkeit dieser CD zum nächsten Plattenladen begeben und sich diese knapp 48 Minuten holen. Ich weiß zwar nicht, wie Sonata Arctica "Ecliptica" nochmal übertreffen wollen, aber wenn sie dieses Level in Zukunft halten können und dabei nicht in Stereotypien verfallen, dann bin ich schon ausgesprochen zufrieden. Viva Suomi!
 




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