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KENZINER: The Prophecies
von rls

KENZINER: The Prophecies   (Limb Music Products)

Hervorragende Instrumentalisten sind leider nicht immer gleichzeitig auch begnadete Komponisten. Jarno Keskinen, Kopf der finnisch-amerikanischen Symphonic Metaller Kenziner, gehört auch zu dieser Kategorie. An seinem Instrument, der Gitarre, kann Keskinen wirklich alles und stellt das auch auf dem 60minütigen Kenziner-Zweitling "The Prophecies" an allen Ecken und Enden unter Beweis - aber alle technische Filigranität nützt nix, wenn die Songs selbst nur mittelklassig aus den Boxen gepfeffert kommen. Erstens leidet die Scheibe am gleichen Syndrom, das mir auch bei "Assault Attack", dem unverständlicherweise oft als ewige Bestleistung der Michael Schenker Group gepriesenen 82er Album, sauer aufstieß: Graham Bonnet paßte mit seinem vergleichsweise grobschlächtigen Sangesorgan genausowenig zu Michael Schenkers feinfühligem Gitarrenspiel wie der zwar nicht ganz so whiskygetränkt, aber immer noch reichlich rauh singende Stephen Frederick zum Schenker-ähnlich begabten, wenn auch mitunter etwas heftiger zur Sache gehenden Jarno Keskinen. Und hier schließt sich auch gleich Manko Numero duo an: Die Gesangslinien, die Keskinen Frederick auf den Leib geschrieben hat, wirken streckenweise wie völlige Fremdkörper und passen ungefähr genauso gut zu den Songs wie Helmut Kohl auf die Rückbank von Janets Trabi "Trude". Besonders am schnellen Opener "Live Forever" zeigt sich dies deutlich, wo Frederick völlig am Song vorbeisingt. Da wird es streckenweise richtig unangenehm, den realitätsbezogenen Lyrics zu lauschen. Und schlußendlich sind die Arrangements selbst auch nicht immer so interessant wie im abwechslungsreichen Siebenmeilenstiefelmetaller "Eternity" oder im zwischen konventionell und abgefahren pendelnden Instrumental "Dimensions". Der genannte Opener "Live Forever" beispielsweise hat sein kompositorisches Pulver nach knapp vier Minuten verschossen, schleppt sich aber trotzdem noch weitere zwei Minuten dahin, und der abschließende Titelsong "The Prophecies" hat für seine Länge von über 10 Minuten schlicht und einfach nicht genügend Spannung intus. Auf der Habenseite stehen zwar der klassische Background von Keskinen und Keyboarder Mikko Harkin (auch der trotz seiner gerade mal 19 Jahre ein brillanter Techniker), den man im Spiel der beiden auch deutlich heraushört (Bach oder Vivaldi hätten die Finnen sofort zu ihren legitimen Nachfolgern ernannt), eine solide Produktion (David T. Chastain stand an den Reglern), das interessante Cover und wie gesagt eine Handvoll ganz ordentlicher Songs. Ob das in der heutigen Zeit, wo jeden Monat Dutzende hochklassige CDs erscheinen, für einen Kauf reicht, muß jeder mit sich selbst ausmachen. Im Vergleich mit den Genrehöchstleistungen, die da "Episode" (Stratovarius) oder "Odyssey" (Yngwie Malmsteen's Rising Force) heißen, halte ich Kenziners Prophezeiungen leider nur für zweitklassig.
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