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V.A.: The Many Faces Of Iron Maiden - A Journey Through The Inner World Of Iron Maiden
von rls

V.A.: The Many Faces Of Iron Maiden - A Journey Through The Inner World Of Iron Maiden   (Music Brokers)

Aus dieser CD-Serie findet sich auf diesen Seiten der Teil zu Black Sabbath bereits vorgestellt, und sie ist, obwohl die Rechteklärung durchaus eine spannende Sache gewesen sein dürfte, nach wie vor auf dem deutschen Markt erhältlich und wird mit neuen Teilen fortgesetzt, wozu auch der nun vorliegende über Iron Maiden gehört. Das Konzept ist in seinen Grundzügen identisch geblieben: 3 CDs enthalten kein originales Material der betreffenden Band, sondern beleuchten deren Umfeld oder versammeln Coverversionen. Schauen wir auch hier mal auf das konkrete Angebot:
CD 1 trägt die Überschrift "The Many Faces Of Iron Maiden", also ohne "The Players", wie das noch auf dem Black-Sabbath-Teil der Fall gewesen war. Das liegt vielleicht daran, daß sich an zweiter Stelle "All Hell Breaks Loose" von den Thin-Lizzy-Nachfolgern Black Star Riders befindet, und bei denen spielt niemand, der auch bei Iron Maiden mal bühnenaktiv geworden wäre - der Bezug besteht im vorliegenden Fall darin, daß sie von Kevin Shirley produziert worden sind, der sich ja seit dem "Brave New World"-Album von 2000 bei Maiden mit Steve Harris den Produzentensessel teilt. Harris wiederum übte den Produzentenjob bei der aus Bradford stammenden Thrashband Slammer aus, von denen hier "Insanity Addicts" und "Bring The Hammer Down" zu hören sind. Slammer wurden in ihrer Frühphase Ende der Achtziger gern als Möchtegern-Metallica diskreditiert, und anhand dieser beiden Songs kann man durchaus nachvollziehen, wie es dazu gekommen sein könnte: Die Nummern sind durchaus nicht schlecht und stilistisch irgendwo in der Nähe der Schwarzen angesiedelt, errreichen aber längst nicht deren Griffigkeit (die Schepperdrums der Strophen von "Bring The Hammer Down" hätte Harris zudem bei seiner eigenen Band nie durchgehen lassen), wobei sie, da Metallica selbst heute ja längst nicht mehr so klingen, aber durchaus als "Ersatzdroge" brauchbar sind. Gehen wir zu den Songs unter direkter Beteiligung von Maiden-Mitgliedern, so wären da zunächst zwei von Stratus von deren einzigem Album "Throwing Shapes" aus dem Jahr 1985: "Back Street Lovers" und "Even If It Takes" bieten guten Melodic Rock, eingespielt von den Troy-Brüdern (die mit Praying Mantis zu Bekanntheit gelangten, selbige einige Jahre später auch reformierten und noch immer mit ihnen unterwegs sind) und Bernie Shaw am Mikrofon (der dann zu Uriah Heep wechselte, bei denen er noch heute singt) zusammen mit Clive Burr, der die ersten drei Iron-Maiden-Alben eingetrommelt hatte, aber wegen seiner MS-Erkrankung schon viele Jahre nicht mehr musikalisch aktiv ist. In der heutigen Maiden-Besetzung hingegen finden wir Gitarrist Janick Gers, der einstmals bei White Spirit agierte und dann 1981 Bernie Tormé bei der Ian Gillan Band ersetzte, mit der er die Alben "Double Trouble" und "Magic" einspielte, bevor Gillan die Band auflöste, mit Black Sabbath das "Born Again"-Album schuf und schließlich bei der Reunion von Deep Purple mitwirkte. "Sunbeam", das hier zu hören ist, stammt von "Double Trouble" und enthält den bandtypischen klassischen Hardrock mit Siebziger-Schlagseite, der nicht gar zu weit von Deep Purple entfernt angesiedelt ist (nachdem die frühen Alben Gillans noch stark im Jazzrock wurzelten) und auch heute noch Hörspaß macht. Für den Rest dieser CD hat es sich der Compiler einfach gemacht: Paul Di'Anno sang bekanntlich auf den ersten beiden Maiden-Alben und lebte nach seinem Rauswurf jahrzehntelang maßgeblich von Liveperformances und Neuaufnahmen dieser Songs. Zu hören gibt es davon gleich sieben (die Liner Notes sprechen gar von acht, aber das dort genannte "Strange World" findet sich nicht auf der CD) ohne genaue Herkunftsangabe und durchaus mit sehr unterschiedlicher gesanglicher Qualität - er hat über die Jahre hinweg stimmlich doch ziemlich abgebaut, und von der traurigen Klarheit der alten Studioversionen ist wenig übriggeblieben, aber auch die shoutenden Passagen wirken oftmals viel unkontrollierter. Entscheide jeder selbst, ob ihm diese stimmlich teils arg ungehobelten Versionen besser gefallen als die Originale.
Hatten wir auf dieser CD 13 Songs mit etwas über 58 Minuten Spielzeit, so kommt die zweite auf 12 mit 57 Minuten. "Their Greatest Songs" steht drüber - es handelt sich aber nicht etwa um eine Sammlung von Coverversionen unterschiedlicher Bands wie im Black-Sabbath-Teil der Serie. Wer in 11 der 12 Songs die Instrumente spielt, ist gar nicht vermerkt, sondern lediglich die fünf Sänger, die jeweils einen (Bernie Shaw, Gary Barden) oder drei (Steve Grimmett, Steve Overland, Doogie White) Songs übernehmen. Das Ergebnis läßt sich knapp zusammenfassen: So gut die Sänger für sich betrachtet auch sind, an Bruce Dickinson (aus dessen Ära die Songs komplett stammen) kommt keiner heran, und da auch die Instrumentalisten keine Akzente setzen, ist diese CD von einer netten Harmlosigkeit, so daß sie nicht stört, wenn sie durchläuft, aber auch keine Aufhorchakzente setzt - mit einer Ausnahme: Track 12 ist nämlich nochmal "Run To The Hills", das von Overland vokalisiert schon an Position 2 stand - hier kommt es aber als Streichquartettfassung vom Vitamin String Quartet, und das hat Witz und Pfiff und demonstriert zugleich die Klasse der Musiker sowohl als Instrumentalisten als auch als Arrangeure. "Left-of-center version" nennen die Liner Notes das, und aus solchen Versionen hätte gerne die ganze CD bestehen dürfen (allen voran Thomas Zwijsens Neuinterpretation von "Alexander The Great") und wäre dann viel, viel spannender geworden.
Dafür mangelt es der dritten CD durchaus nicht an Spannung. Die heißt nämlich "The Scene - The New Wave Of British Heavy Metal" und gibt dem Hörer einen Einblick, was da in der Szeneexplosion ab 1980 den Hörern noch so um die Ohren flog. Gurus, die eine reichhaltige Singlesammlung besitzen und die Roxxcalibur-Platten auswendig kennen, werden hier natürlich wenig Überraschendes finden, aber die gehören sowieso eher nicht zur Zielgruppe dieser CD-Box, die ein eher niedrigschwelliges Angebot an Nicht-Spezialisten richtet, und diese Personengruppe hat hier einiges zu entdecken. Gerahmt von zwei Saxon-Tracks (allerdings keine alten, sondern "If I Was You" und "Need For Speed" vom 2009er "The Inner Sanctum"-Album, daher auch soundlich natürlich vom "Rest" abgehoben), finden sich in den 47 Minuten zehn eher obskure Tracks von der Allgemeinheit kaum bekannten Bands. Das geht gleich mit "Hounds Of Hell" von Split Beaver los, die es 1982 auf nur ein Album namens "When Hell Won't Have You" brachten, auf dem der Song enthalten war, ebenso wie schon im Jahr zuvor als B-Seite der "Savage"-Single. Nur auf einer Single hingegen gab es "Back Street Woman" von Jaguar - es war anno 1981 ihre Debütsingle, die den Grundstein für eine kurze Blütezeit mit der Folgesingle "Axe Crazy" und dem 1983er Debütalbum "Power Games" legte, bevor nach dem Zweitling "This Time" der Ofen schon wieder aus war. Als langlebiger erwiesen sich die bereits 1974 gegründeten NWoBHM-Vorreiter Quartz, die auch bereits auf dem Black-Sabbath-Teil der Serie enthalten waren, da Tony Iommi ihr 1977er Debütalbum produziert hatte. Hier dagegen hören wir "Buried Alive" vom 1983 erschienenen letzten Album "Against All Odds". "All Riot Now" wiederum bildete den Auftakt der Konservenkarriere von The Handsome Beasts, und die 1980er Single (mit einer kultig-ungelenken Zeichnung der vier Bandmitglieder auf dem Cover - der Gitarrist trägt da z.B. einen Totenschädel mit Fahrradlenker zur Schau) stellte zugleich den ersten kleinformatigen Release des später für die Szene ziemliche Bedeutung entfaltenden Labels Heavy Metal Records dar, das der Bandmanager eigentlich hauptsächlich für die Handsome Beasts gegründet hatte, die es auf ein 1982 erschienenes Album und noch ein viel späteres anno 1990 brachten. Bei vielen frühen NWoBHM-Bands bemerkt man, daß sie nicht im musikalisch luftleeren Raum agierten, sondern einzelne Stilelemente aus den 70ern übernahmen, bisweilen die rauhe Energie des Punk (Split Beaver, Jaguar), aber auch Rock'n'Roll, Boogie, Südstaatenrock etc. (The Handsome Beasts), während Quartz auch sechs Jahre nach der Iommi-Kooperation noch ein Black-Sabbath-kompatibles Riff zum Einsatz brachten, dieses aber mit einem mehrstimmig in Styx-Manier arrangierten Refrain koppelten. Gutklassigen Midtempo-Metal mit sehr appellierendem Gesang spielten Buffalo auf ihrer Debüt-Single "Battle Torn Heroes", und bei ihnen reichte es ebensowenig zu einer vollen LP wie bei Twisted Ace, die in "Firebird" wie eine metallisierte Version von Wishbone Ash klingen und den Rezensenten fragen lassen, wie sie das doppelstimmige Hauptthema live spielen wollten, da sie nur einen Gitarristen besaßen. Woran ihn die Backingvocalstruktur im Refrain erinnert, ist ihm hingegen bis zum Rezensionszeitpunkt noch nicht eingefallen, aber der das Hauptsolo einleitende Schrei hat definitiv was von Ian Gillan. Wie die Ambitionen von Dragster ausgefallen waren, kann im nachhinein nicht mehr gesagt werden, aber die Debütsingle "Ambitions" sollte zugleich ihr einziger eigenständiger Tonträger bleiben; ihr Titelsong ist ein gutes Stück melodischer Metal mit etwas zurückhaltend produzierter Rhythmusgitarre, aber durchaus interessanter und zupackender Gitarrenarbeit im Solo und zudem einem richtig schönen Akustikpart, als man eigentlich schon denkt, der Song sei zu Ende - und dann kommt noch ein weiteres starkes Solo, so daß die Nummer immerhin bei fünfeinhalb Minuten landet. Zu posthumer Popularität gelangten Persian Risk, weil ihr Gitarrist Phil Campbell Mitte der 80er bei Motörhead einstieg und die folgenden 30 Jahre an Lemmys Seite verbrachte. Auch Jon Deverill, der zu den Tygers Of Pan Tang ging, und Carl Sentance, der justament 2017 mit Don Aireys Soloband auf Tour war und sich, so berichten Augenzeugen, äußerst achtbar eines schwierigen und vielseitigen Programms mit u.a. Ozzy-Osbourne-, Deep-Purple- und Gary-Moore-Nummern entledigte, agierten einst bei Persian Risk, die mit "Calling On You" einen guten Beitrag zum Melodic Metal stellten, aber es erst 1986 zu einer LP-Veröffentlichung brachten, als der NWoBHM-Zug längst abgefahren war. Witchfinder General besitzen heutzutage Kultstatus als Band, die in den Frühachtzigern das Erbe von Black Sabbath antrat - aber das "Friends Of Hell"-Album von 1983 wurde damals völlig verrissen, auch das darauf enthaltene "Music", das zu allem Überfluß auch noch als Single ausgekoppelt wurde und mit seiner kommerziellen Bauart samt Keyboardeinsätzen überhaupt nicht zum doomigen Stil der vorherigen Veröffentlichungen paßte. Neutral betrachtet ist es keine gar so schlechte Nummer, aber im Schaffen dieser Band so passend wie Gangsta-Rap bei Iron Maiden. Von Anfang an progressiv gingen hingegen Shiva zu Werke, die ihrem Singletrack "Rock Lives On" Vocoder-Vocals in den Refrain pflanzten, was ihrem futuristischen Ansatz Ausdruck verlieh - auch sie kamen wie die meisten hier vertretenen Bands aber letztlich auf keinen grünen Zweig. Das trifft selbstredend nicht auf Iron Maiden zu - die stellen bekanntlich immer noch einen kleinsten gemeinsamen Nenner dar, auf den sich ein Großteil der Metalszene einigen kann. Wer den beschriebenen Ansatz der konzentrischen Näherung interessant zu finden glaubt, der bekommt zumindest anderthalb interessante CDs für einen Preis von meist um die 10 Euro, auch wenn der Black-Sabbath-Teil im Direktvergleich die Nase vorn hat.
Kontakt: www.musicbrokers.com.ar

Tracklist:
CD 1
Slammer: Insanity Addicts
Black Star Riders: All Hell Breaks Loose
Paul Di'Anno: Iron Maiden
Paul Di'Anno: Killers
Paul Di'Anno: Phantom Of The Opera
Stratus: Back Street Lovers
Paul Di'Anno: Wrathchild
Paul Di'Anno: Murders Of The Rue Morgue
Slammer: Bring The Hammer Down
Ian Gillan Band: Sunbream
Paul Di'Anno: Running Free
Paul Di'Anno: Remember Tomorrow
Stratus: Even If It Takes

CD 2
Steve Grimmett: The Number Of The Beast
Steve Overland: Run To The Hills
Gary Barden: The Trooper
Bernie Shaw: Fear Of The Dark
Doogie White: Bring Your Daughter... To The Slaughter
Steve Grimmett: 2 Minutes To Midnight
Steve Overland: Can I Play With Madness
Doogie White: Hallowed Be Thy Name
Steve Overland: Flight Of Icarus
Steve Grimmett: Aces High
Doogie White: The Evil That Men Do
Vitamin String Quartet: Run To The Hills

CD 3
Saxon: If I Was You
Split Beaver: Hounds Of Hell
Jaguar: Back Street Woman
Quarts: Buried Alive
The Handsome Beasts: All Riot Now
Buffalo: Battle Torn Heroes
Twisted Ace: Firebird
Dragster: Ambitions
Persian Risk: Calling For You
Witchfinder General: Music
Shiva: Rock Lives On
Saxon: Need For Speed
 




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