www.Crossover-agm.de
United Forces Of Rock II-Festival   01.10.2006   Ludwigsburg, Rockfabrik
von gl, Marco Magin und Bernd Joachim

Die Neuauflage des im letzten Jahr erstmals stattfindenden Festivals war wieder ein schönes Zusammentreffen der Liebhaber melodischer Rock-Musik aus ganz Europa. Die Rockfabrik war ausverkauft, und die Limitierung auf 700 Tickets erscheint als absolut vernünftiger Schritt, um den Anwesenden einen angenehmen Tag mit selten bzw. noch nie gehörten Künstlern zu bieten. Die ganze Organisation mit Autogrammstunden, die plakatiert wurden, lief störungsfrei ab, nur am Schluss kam es dann zu Verzögerungen, dazu später. (gl)

Lovechild
Als Anheizer durften die Liechtensteiner LOVECHILD ran, die 2002 von dem Ex-Tess-Gitarristen Roger Kaufmann gegründet wurden. In ihren Reihen befindet sich auch Ex-Satrox-Sänger Werner Schweizer und so war es klar, obwohl zu diesem Zeitpunkt ihr Debüt "Soul Collector" noch nicht veröffentlicht war, dass man erdigen Hardrock auf die Glocke bekommen würde. So war es dann auch und die Truppe spielte beherzt und sympathisch auf. Man legte derart viel Energie in die Show, dass die Bassdrum nach etwa 20 Minuten ihren Geist aufgab, aber nach einem kurzen technischen Break konnte es weitergehen und der Gig wurde ordentlich fertig gerockt. Eine ordentliche Show der kurzfristig für PRAYER ins Line-up gerutschten Gruppe. (Bernd Joachim)

Nee, nicht POWERWOLF, das ist der Bassist von BLOODBOUND!  Zur Erinnerung, wir befinden uns hier NICHT auf einem Black Metal-Konzert, sondern bei einem Melodic Rock-Festival! Bloodbound - rechts der neue Sänger - live
Bereits zum 2. Mal dieses Jahr musste ich meine Meinung zu BLOODBOUND revidieren. Zunächst die Platte in die Ecke gefeuert wegen dem Deibelskopp und den geschminkten Gesichtern, stellte sich später ein wohliger AHA-Effekt ein, als der tolle Melodic Metal wahrgenommen wurde, so dass ich mich auf den Auftritt der Corpse-Paint-Schweden freute. Was sich alsbald in Enttäuschung umwandelte, denn was da auf der Bühne abging, war eine Blamage. Der brandneue Sänger hatte sichtlich keinen Plan, musste alle Texte ablesen und stimmte ein Lied gar zweimal an. Das wäre ja alles nicht so schlimm, wenn er nicht so grauselig singen würde und die Töne treffen würde, doch er konnte seinem Vorgänger zu keiner Sekunde das Wasser reichen. Ok, wollen wir ihm zugute halten, dass dies nach nur einer Probe (!) der erste - und zugleich auch letzte (!) - Auftritt von ihm mit der Band wurde. Denn wie nachher bekannt wurde, ist er direkt nach dem Debakel gefeuert worden. Ein Downer am frühen Nachmittag. (gl)

Die (prägnanteste) Stimme von MSG, STATETROOPER und SILVER - heute solo: GARY BARDEN!
Im Vorfeld der zweiten Auflage des UFOR-Festivals konnte wahrscheinlich niemand damit rechnen, daß GARY JOHN BARDEN einer der Höhepunkte sein würde. Aber schon nach wenigen Songs seines Auftritts war klar, daß es schwer sein würde, seine Leistungen und die seiner Begleitband zu übertreffen. Und alle, die denken, hier würde mal wieder maßlos übertrieben, waren wahrscheinlich bei seinem Gig in der Ludwigsburger Rockfabrik nicht anwesend. Der Shouter Gary John Barden kann auf eine lange Laufbahn mit Stationen bei unter anderem MSG, Rainbow, Yngwie Malmsteen oder Anthem zurückblicken. Solostreiche gibt es auch, so den letzten "The Agony And Xtasy" von 2006. Es sprach bei Bardens Auftritt für den immer noch stimmgewaltigen Sänger, daß er eben nicht ausschließlich auf bekanntes Material seiner Ex-Combos zurückgriff, sondern viele eigene Titel präsentierte. Unterlegt von einem knackigem Sound gefielen dabei Tracks wie "Hot Daze", wobei neben Barden vor allem Soul Doctor-Klampfer Chris Lyne ein Riff nach dem anderen ins begeisterte Publikum pfefferte. Klar, daß zum Abschluß kurzweiliger 45 Minuten altbekannte Stücke wie "Armed And Ready" oder "On And On" nicht fehlen durften. Summa summarum ein Auftritt, der Lust auf mehr machte. (Marco Magin)

Auch alleine sehr beeindruckend: Kip Winger  Nicht 'Miles away', sondern ganz nah: Kip Winger live on stage
Es ist unmöglich, im Falle KIP WINGER objektiv zu bleiben, auch abgesehen vom üblichen "Musik ist Geschmackssache"-Standard. Sein Solo-Album "Songs From The Ocean Floor" ist mein Lieblingsalbum. Kaum zuvor hatte jemand so sein Gefühlsleben und seine Gedanken offen gelegt und zugleich genial vertont, meines Erachtens ein vollkommen verkanntes, untergegangenes Juwel. Das ist schon wieder 6 lange Jahre her, inzwischen hat sich die Band WINGER wieder zusammengefunden, in den USA getourt und nach 13 Jahren das vierte Album eingespielt. Doch Rod Morgenstein kann den Termin heute nicht wahrnehmen, deswegen gibt's einen KIP WINGER Solo-Auftritt, der allenthalben für Begeisterung sorgt. Wenige haben dem Sänger wohl zugetraut, alleine mit einer Gitarre die Songs so stimmig und mitreißend herüberzubringen. Dabei stellt sich heraus, dass er, der ja immer "nur" als Bassist auf der Bühne stand, auch ein passabler Gitarrist ist. Unglaublich aber wahr, er bringt es sogar fertig, das instrumentale "Free" von o.e. Album in einer stripped-down Version zu spielen, faszinierend. Auch das erste Soloalbum bleibt nicht unbeachtet, der schöne Song "Daniel", ein Wunsch aus dem Publikum, wird dargeboten. Bei "Seventeen" lässt er mitsingen, weist aber darauf hin, dass "She's only VIERUNDDREISSIG!", um den Kritikern, die immer noch an den Lyrics der ersten Platte rummäkeln, so elegant den Wind aus den Segeln zu nehmen, cleverer Schachzug. Und zu guter letzt sind der Beifall und die Rufe so laut und stürmisch, dass Kip außerplanmäßig auch noch "Miles Away" nachlegen darf! THANK YOU!!! (gl)

The return of the Lederstiefelmann: Danny Vaughn
Mit welcher Energie DANNY VAUGHN dann losrockte, war geradezu famos. Der amerikanische Sänger/Gitarrist wollte die Bühne in der RoFa offenbar kaputt stampfen mit seinen drolligen Lederstiefeln - aber das Wichtigste war natürlich nicht sein Outfit. Mit einem Mörderorgan und einem Enthusiasmus sondersgleichen (und da sage noch einer, Melodic Rock sei fade, pah!) zauberte DANNY zunächst "Rescue Me" (Tyketto) und dann Songs seines aktuellen Betätigungsfelds From The Inside hervor und zwar bereits veröffentlichte des Debüts (2004) und einige, die bald auf der neuen Scheibe ("Traveller") erscheinen werden - allesamt eine Bank! Auch ein paar Stücke seiner Solokarriere fanden den Weg in die Setlist und jede einzige Note wurde mit großer Euphorie und Dankbarkeit beim Publikum aufgenommen - immerhin ist es keine Alltäglichkeit, dass der Rocker in Deutschland eine Bühne in Beschlag nimmt. Der absolute Höhepunkt sollte zum Grand Finale losgeblasen werden. "Forever Young" (vom Tyketto-Debüt "Don't Come Easy"), einer der besten Hardrocksongs der letzten 15 Jahre, lud zum kollektiven Mitsingen und völligem Austicken in der Zappelbude ein und man war sich im Auditorium mehrheitlich sicher, soeben die bisher beste Show an diesem Tage miterlebt zu haben. (Bernd Joachim)

In Weiß: Mad Max
MAD MAX machten es wahr - very ANGEL-like erschienen sie komplett in Weiß passend zur aktuellen EP und zogen ihr Ding beeindruckend durch, auch mit 2 großen Backdrops. Sogar die Gitarren waren weiß, nur der Bass konnte so schnell nicht umgepinselt werden :-)
Mittlerweile hat sich die Qualität der Band herumgesprochen, und die Gruppe hat mehr Anhänger und Sympathisanten, als manch einem Kritikaster lieb ist. (Zwar hätten der ein oder andere, wenn Michael Voss und Gary Barden schon mal zusammen auf einer Veranstaltung sind, die SILVER-Premiere live mit zumindest einem Song erhofft, doch vergebens. Wenn nicht heute, wann dann?!) Doch jetzt erst mal zum aktuellen Betätigungsfeld des vielbeschäftigten Multiinstrumentalisten. Die Münsteraner hatten die aktuelle EP "In White" zu promoten und das taten sie auch, gespielt wurden sowohl "Open The Eyes Of My Heart", der Worship-Song, der in den USA bereits ein großer Hit war und in Europa bislang unbekannt, als auch das ruhige "Hello Father", um ihre Botschaft zu unterstreichen. Hut ab vor dieser Konsequenz. Nein, sie haben das Rocken nicht verlernt, wie direkt danach verdeutlicht wurde. "Losin' It" und das stampfende "Raise Your Voice" belegten dies deutlich, bevor mit dem alten SWEET-Cover "Fox On The Run" (bereits in den 80ern als Maxi-Single von MAD MAX veröffentlicht) ein großartiger Auftritt von MAD MAX beendet wurde. (gl)

House Of Lords
Die letzte HOUSE OF LORDS-Scheibe "World Upside Down" (2006) ist für mich ein wirklich tolles Album, und da ich die US-Formation schon immer sehr gemocht habe, freute ich mich natürlich auf ihren Auftritt beim UFOR. Und die Jungs, unter ihnen als einzig verbliebenes Originalmitglied James Christian an den Lead-Vocals, ließen, was die Songauswahl angeht, wirklich nichts anbrennen: "Love Don't Lie", "Can't Find My Way Home", dazu noch Songs vom aktuellen Longplayer, die nahtlos an die Qualitäten der House Of Lords-Klassiker anknüpfen konnten, die Band spielte wie aus einem Guß, am Sound konnte man nichts aussetzen - die House Of Lords-Show konnte jeden überzeugen. Okay, James Christian sieht heutzutage doch ziemlich aufgedunsen aus, aber stimmlich ist er nach wie vor top. Seine Stimme stand an diesem Abend deutlich im Vordergrund. Vielleicht ein wenig zu deutlich? Ob da technisch nachgeholfen worden ist? Fakt ist, daß von verschiedenen Seiten nach dem House Of Lords-Gig Stimmen laut wurden, daß da nicht alles live gewesen ist, was auf der Bühne vom Frontmann zu hören war. (Marco Magin)

Und wieder ein schickes neues Hemd, neue Frisur und viele Songs live, die noch keiner kannte: Ronnie von PRETTY MAIDS
Bis hierhin waren Ablauf und Sound ungestört, was sich nun leider ändern sollte, denn der Auftritt von PRETTY MAIDS wurde nach dem altbekannten Intro erst mal abgebrochen, was die Vorfreude eindämmte. Die RoFA ist ja die 2. Heimat der Band und sie haben die Location schon zigmal alleine ausverkauft und waren deswegen sicher nicht gerade begeistert, heute als vorletzte Band auf die Bühne zu müssen ... Die Dänen waren übrigens - genauso wie beim Bang Your Head 2006 - erneut als Last Minute-Ersatz eingesprungen, da TALISMAN absagen mussten, da deren Sänger für JOURNEY tätig ist. Der neue Schlagzeuger der Band Allan Tschicaja (ex-ROYAL HUNT) ist wirklich ein Trommel-As sondergleichen, hier kann man der Gruppe nur gratulieren. In dieser Einschätzung mag ich alleine dastehen, aber der Zenit von PRETTY MAIDS ist vorbei. Schon der Auftritt in Balingen war nicht überzeugend. Zu sehr verlässt man sich einerseits auf jahrelang bewährte Klassiker und begeht heute zudem den Fehler - das andere Extrem -, gleich mehrere brandneue Songs des zu diesem Zeitpunkt unveröffentlichten Albums "Wake Up To The Real World" darzubieten. Es mutet etwas sonderbar an, wenn eine Coverversion, nämlich Phil Lynotts/John Sykes' "Please Don't Leave Me" (auch wenn sie auf dem Album "Sin Decade" hervorragend nachgespielt wurde) als Höhepunkt zu vermelden ist, bevor mit Altbekanntem, immer Bewährtem abgeschlossen wurde. (gl)

Gespannt waren natürlich alle, wie sich FAIR WARNING aus der Affäre ziehen würden, denn nach all den vorhergehenden Auftritten und 10 Stunden Konzert musste schon eine überragende Leistung her, um den Auftritt als Headliner zu rechtfertigen. Nachdem technische Probleme eine zu lange Wartezeit verursacht hatten, legten die Mannen um Ausnahmesänger Tommy Heart mit "Angels Of Heaven", "Save Me" und "Generation Jedi" los. Schon während dieser Songs verließ Tommy mehrmals die Bühne, um mit seinen beiden Tontechnikern - milde ausgedrückt - über den Sound zu diskutieren. Und wer die Mimik des Frontmanns genau verfolgen konnte, merkte sehr schnell, dass er total unzufrieden war. Dies färbte auch auf das Publikum ab, das zwar brav Applaus spendete, aber richtige Stimmung wollte nie aufkommen. Auch die nachfolgenden Songs klangen alle irgendwie gleich und rissen nur wenige zu Beifallsstürmen hin. Selbst der Klassiker "Burning Heart" ging in dem Einheitsbrei unter und mit "Man On The Moon" und "When Love Fails" als Zugaben konnte auch nichts mehr gerettet werden. Vielleicht lag es ja auch an dem langen Tag, aber für mich war diese Performance leider nur durchschnittlich und kam bei weitem nicht an die Auftritte von House Of Lords oder Danny Vaughn und schon gar nicht an die Superleistung von Tommy mit Soul Doctor beim Rock Of Ages-Festival hin. (Bernd Joachim)

Ein Dank an die Organisatoren, die ein weiteres Highlight dieser Liebhabermusik auf die Beine gestellt haben. Auch wenn ggf. der Anschein aufkommt, es wäre in diesem Bericht ein wenig zuviel kritisiert worden, gebietet es die Klasse der wirklich überzeugenden Künstler, auch die anderen mit diesen hohen Maßstäben zu beurteilen, was bitte nicht als Nestbeschmutzen gewertet werden sollte. (gl)

(Vielen Dank an Marco Magin und Bernd Joachim von www.brighteyes.de)

Fotos: gl (Kip Winger, Bloodbound, Gary John Barden, Pretty Maids), Elke & Bernd Joachim (alle anderen)






www.Crossover-agm.de
© by CrossOver