www.Crossover-agm.de NO BROS: Heavy Metal Party
von rls

NO BROS: Heavy Metal Party   (Karthago Records)

Die bereits 1974 gegründeten No Bros griffen 1981 zu einem ungewöhnlichen, aber bei Ressourcenmangel nicht selten angewendeten Mittel: Sie spielten ihr Debütalbum "Heavy Metal Party" nicht im Studio ein, sondern schnitten es bei einem Livegig mit (man erinnere sich beispielsweise auch an "Live Im Stahlwerk" von Formel 1). Freilich dürften die Ressourcen hier durchaus nicht der einzige Grund gewesen sein: Das Quintett hatte in den sieben Jahren seiner Existenz durchaus solide Livefähigkeiten entwickelt, war in der heimischen Szene beliebt und spielte außerdem eine Sorte Musik, die einerseits live ordentliches Energiepotential freisetzen konnte, andererseits aber auch ohne größere Probleme bzw. Verluste gegenüber einer Studioaufnehme in der Konzertsituation konserviert werden konnte. Hier gibt es achtmal Hardrock klassischer Siebziger-Prägung zu hören, und daß solcher als Livealbum durchaus Wirkungsmacht entfalten konnte, das wußte die Szene spätestens seit Deep Purples "Made In Japan"-Livemanifest von 1972. No Bros gingen phasenweise allerdings ein wenig druckvoller zu Werke als die alte Generation, ohne sich freilich allzuweit in den puren Metal vorzutasten - die in England brodelnde Revolution mit Iron Maiden und Saxon an der vordersten Front tangierte das Schaffen der Innsbrucker nicht oder zumindest kaum, obwohl sie diese Bands durchaus kannten, wie der Text des Titeltracks beweist, in welchem Freddy Gigele von einem Festival mit den beiden Genannten, der eigenen Band sowie Judas Priest und Motörhead träumt, kurioserweise in der sehr zurückgenommenen ersten Strophe, während der Song erst mit dem ersten Refrain Fahrt aufnimmt, abermals kurioserweise allerdings zunächst in ein langes Keyboardsolo mündet, also eines mit dem in den Achtzigern im Metal völlig ungeliebten Instrument, das bei den genannten Bands nur im Line-Up von No Bros selbst auftaucht. Nik P. Opperer erweist sich allerdings durchaus als Könner an den Tasten (Frage nebenbei: Was ist das für ein folkloristisches Thema, das er in seinem Solo in "Metal Man" bei Minute 3:45 einwirft?) und steht den Fähigkeiten von Bandkopf und Hauptkomponist Klaus Schubert (Gitarre) durchaus nicht nach - kurioserweise ist "Heavy Metal Party" der einzige der acht Tracks, der nicht von ihm stammt, sondern von Sänger Gigele. Auch das folgende "Reggae" beweist, daß No Bros keineswegs zur puren Härtnerfraktion zu rechnen waren, wobei es allerdings in geschickter Weise zurückhaltende Passagen mit in der Tat leichtem Reggae-Touch mit speedigem Hardrock kombiniert, der so typisch nach Deep-Purple- oder auch Rainbow-Großtaten klingt, wie nur irgendwas nach ebenjenen klingen kann. Irgendwie schade, daß der Song nach nur reichlich drei Minuten völlig abrupt endet, auch wenn mit dem Intro von "New York" ("Tarot Woman" meets Pink Floyd) gleich die nächste gute Idee auf dem Fuße folgt und in einen abermaligen Feger mündet. Interessant wäre die Frage, wer in "Girl For Hire" die extrem hohen, ein wenig an Uriah Heep erinnernden Backings singt - Gigele selber kann's zumindest livehaftig nicht sein, da er teilweise parallel Leads singt, also wurde er entweder eingesampelt, oder eines der anderen Bandmitglieder erledigt diesen Job. Gigele selber erweist sich allerdings als guter Sänger (kein zweiter Ian Gillan, aber doch stimmgewaltig und tontrefffähig) und auch geeigneter Frontmann, der das Publikum auch in englischer Sprache anheizen kann - da man mit dem Album offenbar auch auf Erfolg jenseits der Landesgrenzen hoffte, kommuniziert der österreichische Sänger mit dem österreichischen Publikum in Englisch (man erinnere sich beispielsweise an die analoge Konstellation auf dem Candlemass-Livealbum), was freilich eine weise Entscheidung war, denn in der Version von "Reggae", die sich unter den Bonustracks findet, bedient er sich seines heimatlichen Idioms, und das animiert den nichtösterreichischen Hörer auch noch dreieinhalb Dekaden später zum Schmunzeln.
Der Bonustracks gibt es auf dieser Wiederveröffentlichung insgesamt fünf, wobei die ersten drei bei anderen Gigs des Jahres 1981 mitgeschnitten worden sind und sich mit "We Are Stronger" auch eine Nummer findet, die nicht auf dem regulären Album stand, dann aber später für das Studioalbum "Ready For The Action" eingespielt wurde - ein schwerer Stampfer, wie er sonst im mitgeschnittenen Repertoire nicht vorhanden war, bevor sich nach mehr als vier Minuten dann doch noch ein schneller Instrumentalsolopart einmogelt. Neben dem erwähnten "Reggae" gibt es auch "Good Morning Sir" nochmals, hier allerdings witzigerweise mit einem bekannten Fremdriff eingeleitet. "Rough Are Rare" wiederum stellt den Titeltrack einer 1996 erschienenen Raritätencompilation dar, das laut Booklet allerdings von der 2010er CD "The Party So Far - Rare Cuts Fan Edit." entnommen worden sein soll - Besitzer beider Scheiben hören nach, ob sich die Versionen irgendwie unterscheiden. Hier zu hören ist jedenfalls ein reichlich sechsminütiges Instrumentalstück ("including: O'Capitano" vermerkt das Booklet) mit drei Altmitgliedern (Schubert, Opperer und Bassist/Co-Gründer Michael Ausserhofer) und Neu-Drummer (oder eher Drumprogrammierer?) Andy Brunner, der auch später noch eine Rolle im Schubertschen Musikkosmos spielen sollte, wie nicht nur sein Engagement bei Klaus Schubert's Rock Bunnies, sondern auch der letzte Bonustrack zeigen. Brunner agiert in beiden Fällen als Keyboarder (im Verein mit den etwas künstlich klingenden Drums von "Rough And Rare" nährt das den beschriebenen Verdacht, daß er nicht selbst hinter einem Drumkit gesessen hat - im Bonustrack trommelt Bernie Welz), und der besagte Bonustrack ist die "Heavy Metal Party"-Version vom 2013er "Schubert In Rock"-Album, das alte No-Bros-Nummern mit einigen Gastmusikern neu aufpolierte, so daß wir hier Tony Martin als Backingvokalist und Biff Byford als Leadsänger hören - und der Saxon-Kämpe zeigt, daß er immer noch prima in Form ist und in expressiver Hinsicht den wie beschrieben nicht schlechten Gigele durchaus in den Sack steckt. Eine würdige Bereicherung eines interessanten Albums - und auch das Booklet läßt mit haufenweise alten Fotos sicherlich manches "Ach ja" aufkommen, während die Stunde Audiomaterial auch heute oder gerade heute, wo sich viele Bands auf alte musikalische Werte besinnen, noch hörenswert ist, wenn man Bands wie eben Deep Purple mag. Das Cover ist allerdings auch schon nach damaligen Maßstäben höchst seltsam ...
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
Holiday With HH
Davi
Heavy Metal Party
Reggae
New York
Girl For Hire
Good Morning Sir
Metal Man
Good Morning Sir
We Are Stronger
Reggae
Rough And Rare
Heavy Metal Party



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