www.Crossover-agm.de
Gloryhammer, Shear, Twilight Force   11.12.2014   Berlin, Kesselhaus Kulturbrauerei
von CSB

Wenn Schweizer und Briten mit Plastehämmern bewaffnet auf untoten Einhörnern die Bundeshauptstadt überfallen, dann liegt das entweder an einer vorangegangenen Irrfahrt durch die Clubs rund um die Warschauer Straße oder aber an Gloryhammer. Eben jene hatten ins auffällig gut besuchte Kesselhaus zum Symphonic Adventure Heroic Legend Epic Fantasy Powermetal Gathering geladen, im Gepäck ihr aufsehenerregendes Debüt "Tales From The Kingdom Of Fife". Unterstützung bekamen die glorreichen Werkzeuge von der finnischen Nachwuchshoffnung Shear und ihren Brüdern im Geister: Twilight Force.
Letztere sind ebenfalls mit einem durchaus erfolgreichen Debüt unterwegs und während Gloryhammer von diversen Königreichen berichten, haben die Schweden "Tales Of Ancient Prophecies" dabei. Die Parallelen sind also nicht völlig von der Hand zu weisen, zumal die Truppe um Sänger Christian Hedgren ebenfalls in Ritterrüstung, Mönchskostüm und Elfenohren die Bühne stürmt. Die knappe halbe Stunde nutzen die Skandinavier jedenfalls leidlich aus und feuern die komplette Rhapsody (Of Fire)-Gedächtnissalve ins aufnahmebereite Publikum. Beinahe jeder Titel hat ein "Of" im Titel, die barocken Cembalo-Keys sind allgegenwärtig und die Monsterrefrains werden mit dauergereckten Fäusten gebührend gewürdigt. Mag sein, dass der Originalitätspreis diesmal nicht nach Schweden geht, aber dafür hat man mit Sänger Christian Hedgren einen echten Spitzenmann in seinen Reihen, die Instrumentenfraktion weiß definitiv, was sie tut, und solche Hymnen wie "The Power Of The Ancient Force" hätten auch Luca Turilli (Rhapsody) oder Timo Tolkki (Stratovarius) nicht mitreißender hinbekommen. Daumen hoch also für eine starke Liveband, die sich einerseits ironisch distanziert von den Untaten der Vorfahren aber dafür mindestens genauso gute Songs auf Lager hat.
Shear haben nach diesem symphonischen Orkan dann die etwas undankbare Aufgabe, zwischen zwei sehr ähnlich gelagerten Bands zu spielen, machen ihre Sache aber mehr als ordentlich. Das liegt vor allem am abwechslungsreichen, stellenweise ziemlich vertrackten Material der Finnen, das in seinen besten Momenten durchaus an Bands wie Haken oder Anathema erinnert. Natürlich schimmern auch Nightwish oder Lacuna Coil ab und an durch, aber das mag auch mit der charismatischen Sängerin Alexa zusammenhängen, die sich als echte Rampensau präsentiert und mit ihrem rauen und voluminösen Organ fasziniert. Dazwischen gibt es immer wieder aufsehenerregende Instrumentalpassagen der noch ziemlich jungen Band, was mal wieder beweist, dass Finnland in Sachen Musikalität kaum das Wasser zu reichen ist ... Starker Auftritt einer Band, von der sicher noch zu hören sein wird!
Und dann kam sie über uns, die "Unicorn Invasion Of Dundee" und sofort hatten Gloryhammer die Meute im Kesselhaus im Griff. Und selbst wenn man den Refrain noch nie zuvor gehört hätte, müsste man wohl dennoch lauthals mitgrölen und die Faust in Luft schwingen - was bei Bands wie Blind Guardian, Gamma Ray oder Hammerfall immer schon Programm war, reizen Gloryhammer weiter aus. Natürlich bedienen sich die Jungs um Keyboarder und Mastermind Christopher Bowles (Alestorm) bei allen Klischees, die der melodische Powermetal zu bieten hat. Aber: das machen sie verdammt gekonnt und mitreißend. Und während eine Band wie Rhapsody (Of Fire) live nie umsetzen konnte, was sie versprach, zeigen Gloryhammer, wo der (ähm ...) Hammer hängt. Glasklarer Sound, eine Spitzenperformance vom Schweizer Sänger Thomas Winkler und Songs wie "Magic Dragon", "Hail To Crail", "Quest Of The Hammer Of Glory" oder "Angus McFife", die sich deutlich abheben vom nicht gerade rar gesäten Power-Metal-Durchschnitt - oder um es mit den Worten meines Begleiters zu sagen: saugeil!
Zwischen den Songs raunt Angus McFife (Thomas Winkler) mit gar nicht so schlechtem schottischen Akzent epische Verse ins Mikro und verkloppt seine Bandkollegen, insbesondere den dunklen Lord Zargothrax (Christopher Bowles) mit Gummihämmern. Gloryhammer gehören genau wie Twilight Force zu einer neueren Generation von Bands, die dem mitunter affektierten, heiligen Ernst ihrer Vorgänger (Manowar, manchmal auch Hammerfall ...) nicht viel abgewinnen können. Gleichzeitig wirkt dieser bewährte Sound wie eine ironische Verbeugung vor jenen Bands, die dem Metal Ende der Neunziger aus der Krise verhalfen und insbesondere auf Festivals so angesagt sind wie nie zuvor.
Gloryhammer jedenfalls könnten jede noch so große Bühne im Metalkosmos ausfüllen - ganz starker Gig, der für die nächsten Jahre Großes erahnen lässt.

Setlist Gloryhammer:
1. The Unicorn Invasion Of Dundee
2. Quest For The Hammer Of Glory
3. Amulet Of Justice
4. Magic Dragon
5. Rise Of The Chaos Wizards
6. Hail To Crail
7. Beneath Cowdenbeath
8. The Epic Rage Of Furious Thunder
9. Silent Tears Of Frozen Princess
10. Angus McFife
11. Wizards!



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver