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Standing On A Rock II   23.09.2006   Mölbis, Pfarrgarten
von rls

Man könnte Teile des Eingangsabsatzes vom Review des ersten Standing On A Rock-Festivals auch aufs zweite anwenden. Zu den Konstanten gehörte, daß auch diesmal das verbriefte Billing noch einer nahezu operativen Änderung unterlag: HolyTone sagten aufgrund kurzfristiger Studioverpflichtungen ab, aber wenn man diverse Universalmusiker im Billing hat, stellt das noch kein existentielles Problem dar: Man tauscht bei 50 Hertz ganz einfach die kleinere Hälfte der Musiker aus, und schon hat man eine neue Band namens Christian Trautmann feat. Pötsch. Selbige hatten dann auch die Ehre, an einem schön warmen Spätsommernachmittag mit der standesgemäßen Stunde Verspätung das Festival zu eröffnen. Stilistisch schwierig einzuordnen, rochierten die acht Songs zwischen fast klassischem Liedermachergestus mit verstromter Bandunterstützung bis hin zu Santana-artigen Passagen, ohne jedoch das spanische Element deutlich durchklingen zu lassen. Richtig gut bei Stimme schien Christian Trautmann nicht zu sein, denn gerade den "Feuervogel" hat man von ihm schon klarer strukturiert gehört, wenngleich er natürlich nie zum Belcanto-Schönsänger werden wird (was die zugehörige Musik ja auch nicht erfordert). Dafür konnte man die schönen poetischen, bisweilen leicht verschrobenen Texte akustisch gut mitverfolgen. Das Seemannslied "Marie" litt unter der Tatsache, daß man Frank Oberhofs Akkordeon kaum durchhören konnte, wohingegen Thoralf Pötschs eigenständige Gitarrensprache jederzeit in dem Licht leuchtete, das sie verdient. Highlight des Sets war der Closer "Clown", ein eher düsterer Track über die Depression und die Einsamkeit eines Spaßmachers in den 23 Stunden des Tages, in denen er nicht auf der Bühne steht - interessante Harmoniewechsel und eine angespannte Atmosphäre setzten den Text adäquat um. Das Publikum wußte das Gebotene durchaus zu würdigen, wenngleich man als Opener auch eine der energischer zupackenden Bands hätte wählen können.
Setlist Christian Trautmann feat. Pötsch:
Ohne dich
Sonntage
Am Morgen danach
Das einsame Herz
Königin der Nacht
Feuervogel
Marie
Clown

Die erste der energischer zupackenden Bands waren Die Roten Noten aus Schwarzenberg im schienen Aarzg'birg'. Das Quartett war grundsätzlich im skalastigen Punk anzusiedeln, brachte es aber fertig, zumindest in Ansätzen zu zeigen, wohin die originelle Reise gehen könnte. Erste Zutat dieser Sorte war die Violine, die von Sängerin Maxi noch nebenher mit bedient wurde und die einige folkige Elemente in den Sound einbrachte - nicht sonderlich kompliziert, aber effektvoll und nur das strukturelle Problem aufwerfend, daß Maxi nicht mit einem Headmikro, sondern mit einem stationären sang und daher blitzartige Wechsel zwischen Geige und Vocals schwierig waren, entweder durch einen straighten Zwischenpart ermöglicht werden mußten oder etwas holprig klangen. An die beiden Varianten gewöhnte man sich aber erstaunlich schnell und stellte fest, daß Die Roten Noten sich auch rhythmusseitig bemühten, etwas Vielfalt in die Songs zu bekommen und nicht nur schnelles Ufta-Ufta oder relaxtes Eins-und-zwei-und zu intonieren; jedenfalls waren da einige fürs Genre schon recht gewagte Breaks dabei. Maxis Gesang könnte auch noch zu einem weiteren Originalitätsfaktor werden, denn da ist doch einiges an stimmlichem Potential da - was indes trotz keineswegs rauher Artikulation nicht gelang, war das Verständlichmachen des Textgutes, obwohl es ohrenscheinlich in deutscher Sprache abgefaßt war; thematisch zeigte man sich eher (aber nicht nur) der sonnigen Seite des Lebens zugetan, was auch zum Wetter paßte, denn der hereinbrechende Abend löste gerade einen schönen sonnig-warmen Tag ab. Das Publikum goutierte den Gig und begann die Tanzfläche vor der Bühne zu nutzen, der Rezensent hingegen stellte sich die Frage, wieso erst im allerletzten Song des regulären Sets ("Liebe") mal ein richtiges Miteinander zwischen Geige und Gitarre aufkam, da man vorher eher den Eindruck eines Nebeneinander gehabt hatte. An dieser Stelle wäre anzuknüpfen und noch viel mehr herausholbar; für lautstarke Zugabewünsche reichte es an diesem Tag aber auch so schon, die mit einem Cover von "(Probier's mal mit) Gemütlichkeit" erfüllt wurden, welchselbiges selbstredend nicht für eine Abkühlung der Stimmung sorgte.
Setlist Die Roten Noten:
Intro
Etwas tun
Frühling
... (Punkt Punkt Punkt)
Sommer
Eigene Melodien
Lachende Frau
Welt ohne Frieden
Schön und Schlimm
Vollkommenheit
Tanzt!
Zweifeln und Feststellen
Liebe
Gemütlichkeit

Undercross waren die härteste Combo im Billing und stiegen gleich programmatisch mit "Rock'n'Praise" ein, ihr Ziel damit schon so klar machend, daß es der ausführlichen themenbezogenen Ansage kurz vor Setende eigentlich gar nicht mehr bedurft hätte. Von einem soliden Rockfundament aus unternahmen sie ganz geringfügige alternative Ausflüge, bewiesen sich aber öfter als Traditionalisten, die eher einen Blues oder klassischen Rock'n'Roll einstreuten oder auch mal in hardrockige bis metallische Gefilde vorstießen. Zu letztgenannter Stilistik paßten sowohl die Bühnenaktivität des Bassers, der phasenweise wild bangend auf der Bühne stand (und der ansonsten bei Saturnine in die Gitarrensaiten greift), als auch die kurzen deathmetallischen Brüllpassagen des Sängers (etwa in "Psalm 33"), wohingegen der Drummer in der ersten Sethälfte mitunter in fast punkige Rhythmen verfiel, die irgendwie die Massivität des restlichen Vortrages nicht so recht unterstützen konnten, allerdings in der zweiten Sethälfte auch mehr und mehr verschwanden. Wenn sich die Leadgitarrenfraktion jetzt noch ein bissel mehr zutraut (im Set dieses Abends blitzte das zweifellos vorhandene Können nämlich nur an einigen Stellen auf) und damit noch die Sahne auf die musikalische Torte sprüht, werden Undercross mal richtig schmackhaft; das Publikum goutierte sie auch an diesem Abend schon recht ordentlich, und vereinzelte Headbanger hatten hier eine der wenigen Gelegenheiten, dieser Passion zu frönen, aber komischerweise blieben die Zugabeforderungen aus.
Setlist Undercross:
Rock'n'Praise
Last Enemy
The Longest Way
Between The Devil And The Deep Blue Sea
Mercy On The Rich
Psalm 33
Rollin
Fools For The World
Wasteful Lifestyle
Lord Forgive
All These Good Things
New World
Only Hope

Zum Gig von 50 Hertz könnte ich wieder mal große Teile eines anderen Reviews zweitverwerten, nämlich aus demjenigen von Februar 2006 in Kohren-Sahlis. Also verweise ich einfach dorthin und zähle nur die Unterschiede auf, deren einer da in der Besetzung an Drums und Baß lag, denn letzteren bediente jetzt Christian Trautmann (genau - der hatte beim Opening Act noch am Frontmikro gestanden), was musikalisch allerdings keine Unterschiede zeitigte, denn das Songmaterial war und blieb das gleiche von der "Salz"-Scheibe, was bedeutet, daß es zur Umarbeitung des legendären "Phlegmatikers" immer noch nicht gekommen ist. Im Gegensatz zum Trautmann-Gig war Frank Oberhofs Akkordeon-Einsatz diesmal auch akustisch vernehmbar, und überhaupt muß mal das bis auf kleinere Schwierigkeiten beispielsweise in der Gewichtung der beiden Gitarren bei Undercross oder eben dem Akkordeonausfall bei Trautmann hervorragende, gegenüber dem Vorjahr deutlich verbesserte Klangbild gewürdigt werden. Aber zurück zu den Frequenzlern: In der Open Air-Situation funktionieren längere Ansagen natürlich nicht so gut, deshalb hielt sich Michael Günther diesbezüglich etwas zurück, aber man konnte allein aus den Texten immer noch genug Interessantes wie Nachdenkenswertes und auch mal Verschrobenes entnehmen (und diesmal waren sie vom Soundgewand her auch komplett verstehbar). Daß sich Gitarrist Thoralf Pötsch außer in gewissen Freiräumen (etwa im Epic "Zuviel") gitarristisch hier sehr zurücknahm, war auch bereits in Kohren-Sahlis festzustellen gewesen, so daß Günther eindeutig im Mittelpunkt stand und mit seinem langen Mantel fröhlich auf der Bühne umherhopste, wenn er gerade mal nicht zu singen hatte (so ganz wird er die akustischen Vergleiche mit einem gewissen Herrn Ö auch nicht los ...). Die Headbanger im Publikum blieben diesmal im Verborgenen und die Tanzfläche verwaist, der Gig war aber trotzdem gut.
Setlist 50 Hertz:
Sing ein Lied für mich
Taucht ab
Stille Flut
Ich bin
Lach doch
Wer denn
Totentanz
Bevor du gehst
Zuviel
Epilog

Hatte man anno 2005 mit zwischenFall den kontemplativsten Act ans Ende gestellt, war's diesmal genau andersherum: Blossom mobilisierten mit frischem Skarock noch einmal große Teile des leider weniger Köpfe als im Vorjahr zählenden Auditoriums; im Direktvergleich mit dem Gig vom April 2005 im Zwickau hatten sie offensichtlich auch eine Portion Tempo und Härte addiert, was der Publikumswirksamkeit durchaus entgegenkam, wenngleich auch ein eher an einen karibischen Strand passender Titel wie, ähem, "Caribic" mehr als massenmobilisierungskompatibel ist, zumal speziell die dreiköpfige Blechblasfraktion in guter Verfassung zu sein schien und leadseitig fröhlich zwischen Trompete und Saxophon changierte. Noch eine Neuerung fiel allerdings auf, denn sie war 2,02 m groß: Nachdem Blossom und Shaype über Monate hinweg quasi automatisch in jedem Konzertpackage gemeinsam aufgetaucht waren, hatten Blossom Sebastian von Shaype (manchem auch von seiner eigentlichen Hauptcombo Nitrolyt bekannt) kurzerhand aufgesogen und ans Backingmikro gestellt. Ob es diesen Jobs nach dem Ausstieg des alten Zweitsängers Christian unbedingt bedurft hätte (da Leadsänger Tobias mitsamt Drummer eh schon schön zweistimmig sang), darf hinterfragt werden, aber schön dreistimmig ist natürlich noch besser als schön zweistimmig, und außerdem ist Sebastian von Haus aus ja eigentlich Gitarrist, und da bieten sich für die Entwicklung der Band in Zukunft noch große Chancen, wenn man seine Talente diesbezüglich erschließt. Das erfolgte an diesem Abend zweimal, einmal geplant (und nicht so richtig umwerfend, da der zu spielende Leadpart zu unauffällig war) und einmal ungeplant (und richtig begeisternd, da Sebastian kurz vor Setende einfach nochmal zur Gitarre griff und ein Highspeedsolo in seinem typischen, an der Stelle perfekt passenden Stil einwarf). Ein paar Exempel der zweiteren Sorte mehr, und Blossom können den Entwicklungsschritt, der seit dem Zwickau-Gig getätigt wurde, noch einmal wiederholen, wenngleich auch der Zustand dieses Abends schon richtig viel Spaß machte, so daß logischerweise auch diese Truppe nicht ohne eine Zugabe von der Bühne gelassen wurde, bevor ein Gig für Orgel und E-Gitarre in der nahen Mölbiser Kirche das Festival beschloß, den der Rezensent aus Gründen des Schlafmanagements allerdings nicht mehr besuchte.
Setlist Blossom:
So Quiet
On Fire
Blues
How Could I Like You At All
Follow
Lid'l Ska Band
Two Princes
Independent
Caribic
Where Panic Hits
Breathe
Struggeling
Frank, der Funk
The Box
So Take Me Home
Every New Day



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