www.Crossover-agm.de HolyTone   02.04.2006   Neukirchen, Kirche
von rls

Ökumene im Kleinen: Zum Frühlingsfest der (protestantischen) Jungen Gemeinde Neukirchen (dasjenige bei Borna, zwischen Leipzig und Chemnitz ist gemeint) lud man als Abschluß mit HolyTone eine dem katholischen Spektrum entsprungene Band ein. Daran störte sich an diesem mit einer Mixtur aus schönem Frühlings- und paradoxem Aprilwetter aufwartenden Tag niemand, allerdings hatte man mit der Bandauswahl aber auch einen Problempunkt der kompletten Veranstaltungskonzeption getroffen. Denn obwohl HolyTone musikstilistisch zweifellos gar nicht so unzugänglich zu Werke gingen, saßen sie irgendwie ein wenig zwischen den geschmacklichen Stühlen des altersgemischten Auditoriums: Für einige der Jugendlichen ist Melodic Rock mit gelegentlicher Indie- bis Alternativschlagseite halt schon wieder restlos veraltet, das mittlere Alter hätte sich an die eigene Jugendzeit erinnern können, als man Europe, ZZ Top, die Rolling Stones oder Bryan Adams noch häufiger im Radio hören konnte, verweigerte diesen Erinnerungsprozeß aber durch entweder verfrühtes Abwandern nach Hause an die Kaffeetafel oder durch Gar-Nicht-Erst-Erscheinen, und die Fraktion Ü70 war vom Stil der Jungspunde sicherlich nicht ganz so begeistert, applaudierte aber trotzdem und hielt größtenteils bis zum Schluß durch; zudem war's laut genug, daß dieser Personenkreis endlich auch mal wieder ohne Hörgerät was verstanden hat.
Nichtsdestotrotz machten HolyTone das Beste aus der Situation und spielten einen soliden Gig, der zwar nicht ganz ohne Pannen auskam (so vergaß Sängerin Claudi gleich mal reihenweise Textzeilen, und Gitarrist Robert hatte in "Rhythm Of Life" mit einem plötzlichen Totalausfall seines Instrumentes zu kämpfen, so daß die Band eine Zeitlang ohne ihn weiterspielte, wobei der besagte Part ohne Gitarre gar nicht mal schlecht klang), der aber insgesamt sowohl Laune machte als auch das textliche Anliegen der Dresden-Freitaler Truppe gut rüberbrachte - gerade letztgenannter Fakt stellt ja nicht selten ein Problem unter den akustischen Verhältnissen einer Kirche dar, konnte aber in diesem Fall zumindest in bezug auf Claudi, die gut zu verstehen war, gut gelöst werden, wohingegen die gelegentlich eingestreute Zweitstimme von Robert akustisch eher unterging; auch manche seiner Gitarrenparts mußte man sich eher hinzudenken, wohingegen die Rhythmusgruppe (die durchweg starke Arbeit leistete) jederzeit gut durchhörbar blieb. Die Band eröffnete mit "Turn Of The Century" und konzentrierte sich in der Setlist erwartungsgemäß auf das Material der aktuellen "Faith"-CD, streute bisweilen aber auch neuere, bisher noch nicht konservierte Tracks ein, die deutlich machten, daß erstens nicht mit einem Stilbruch zu rechnen sein dürfte und zweitens das gute songwriterische Händchen auch weiterhin am Werke ist. Die auflockernde Wirkung eines schnellen, einen fast punkigen Grundgestus mit einigen nahezu progressiven Drumfiguren koppelnden Songs wie "Gloria" innerhalb des generell eher midtempolastigen Sets war nicht zu verkennen, auch ein, zwei Balladen sorgten etwas für Abwechslung, und die kompakte Inszenierungsweise der HolyTone-Tracks verhinderte zumindest bei den Zuhörern mit vorhandener gewisser Stilaffinität das Aufkommen von Langeweile. Claudis Gesang zeigte sich in der Livesituation gegenüber der Konserve als speziell in den tieferen Lagen deutlich druckvoller und gereifter, wohingegen sie die Beherrschung der Höhen noch etwas weiter trainieren muß; zweistimmige Wirkungen mit Robert konnten aufgrund der beschriebenen akustischen Verhältnisse nicht generiert werden, und die atmosphärischen Ausflüge hatte man mangels eines Keyboards gleich ganz eliminiert, sie bauten sich (etwa im Chorus des den regulären Set abschließenden "Start To Fly") allenfalls im Kopf des Hörers (so er denn mit dem Material vertraut war - der Prozentsatz dürfte indes im Minimalbereich gelegen haben) auf. Zwischendrin coverte die Truppe sehr kompetent Petra und gab damit ein für Menschen ihres Alters eher ungewöhnliches Wurzelbekenntnis ab, und da man sie ohne Zugabe nicht gehen lassen wollte, wurde als Finale noch "Jesus Is Calling You" (gemeinsam mit "Start To Fly" das wohl größte Hitpotential offenbarend, das eigentlich förmlich nach einer größeren Marketingmaschinerie schreit) ausgepackt.

Setlist:
Turn Of The Century
Forever
My God
Gloria
A New Song
Kyrie
Fool
Glorious One
Mein Weg
He Is Alive
Rhythm Of Life
Vagabond
Fighting For My God
Much More
Start To Fly
Jesus Is Calling You



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