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Waiting For Steve, Blossom, Nitrolyt   01.04.2005   Zwickau, Alter Gasometer
von rls und mic

Da fährt man frohgemut zur vierten Auflage einer Veranstaltungsserie namens "Christenmugge", freut sich ganz besonders, die Leipziger Melodic Rocker Shaype (die mit "Rising" eine ausgezeichnete Mini-CD vorgelegt haben) endlich mal live zu sehen, und dann verliert Shaype-Sängerin Jasmin am Tag zuvor so radikal ihre Stimme, daß Shaype nicht spielen können. Was für den Rezensenten nur ein Ereignis der Marke "schade, aber Erlebnis bestimmt nachholbar" darstellt, versetzt jedweden Konzertveranstalter in einen panikartigen Zustand, und nach etlichen Telefonaten verfielen Christenmugge-Chefdenker Simon und sein Team auf die Idee, kurzerhand das Angebot von Shaype-Gitarrist Sebastian anzunehmen und seine andere Band Nitrolyt als Ersatz anzuheuern, obwohl sich deren direkte christliche Bezüge auf einen Songtitel namens "Salvation" und einen verwendeten Engl-Amp limitieren. Drei Fünftel von Shaype spielen auch bei Nitrolyt (et vice versa), und so bekam das Zwickauer Publikum anstelle blitzsauberen Melodic Rocks eben energischen Power Metal mit leichter Thrashkante vorgesetzt, woran sich allerdings kaum jemand entscheidend gestört zu haben schien - die Anzahl derjenigen im gut gefüllten Rund Anwesenden, welche beide Bands vorher kannten, dürfte sich im marginalen Bereich bewegt haben. Sichtbares Zeichen für diese These bezüglich Nitrolyt waren die Tatsachen, daß ausgerechnet im harten Intro der Halbballade "Strange Way" der erste richtige Moshpit lostobte (der dann in den ruhigen Teilen zwangsverharrte) und daß die Pogogrube auch in einem neuen, nicht auf der aktuellen CD "Strypped" enthaltenen Song (den auch noch nicht mal der Rezensent bei seinen bisher drei Nitrolyt-Gigbesuchen gehört hat) gut besucht war - selbst Sänger Steve gesellte sich während eines längeren Instrumentalparts mal zu der Menge, was eine seiner auffälligsten Aktionen bleiben sollte, denn gesangliche Akzente konnte er an diesem Abend nicht setzen. Das war nicht leistungs-, sondern soundbedingt - während die Instrumentalfraktion sich einer recht guten Ausbalancierung erfreute, waren in der dritten Reihe kaum noch Leadvocals und erst recht keine Ansagen mehr zu hören, statt dessen blieben Sebastians Backingvocals bisweilen deutlicher vernehmbar. Falls irgendwelche Effekte in den Songs eingespielt hätten werden sollen (beispielsweise das Scheibenputzgeräusch im starken "Commercial Break") - auch diese konnte man akustisch nicht vernehmen, so daß sich die an einer Hand abzuzählenden Materialkenner im Auditorium über einige ungewollte Breaks bzw. "Leerstellen" wundern durften. Dafür überzeugten Nitrolyt aber durch kistenweise Spielfreude (Neu-Bassist Peter fiel mit einer energischen Performance besonders positiv auf), und Songs der Marke "Burning Ass" besitzen bekanntermaßen auch keinen Loserstatus. Die beiden üblichen Metallica-Covers (der kriechende Tod und der enternde Sandmann) rundeten einen guten Gig Nitrolyts ab, der auch das nicht unbedingt metalgeeichte Publikum nicht in die Flucht schlug und dem neben einem besseren Gesamtsound allenfalls noch die thematisch gar nicht so unpassende Ergänzung durch "Infernal Destruction" zu wünschen gewesen wäre.
Blossom sind sowas wie Dauerpartner Shaypes bei Konzerten, obwohl beide Bands stilistisch gar nicht so viel gemeinsam haben (man hat sich dennoch bereits scherzhafterweise auf die Gründung einer gemeinsamen Band geeinigt, allerdings noch nicht darauf, ob man diese nun Shassom oder doch Bloype nennen sollte :-)). Diese Leipziger brachten förmlich den Frühling in den Gasometer, indem sie einen im besten Sinne massenkompatiblen Ska inszenierten, der bisweilen vorsichtig den Fluß in punkige, rockende, corige oder reinrassig reggaende Betten umleitete und damit die hier und da drohende Einförmigkeit über weite Strecken gekonnt zu vermeiden wußte. Aber auch Blossom hatten ein wenig unter den Soundverhältnissen zu leiden, denn zum einen ging Tobias' Gitarre an einigen Stellen etwas unter, und zum zweiten konnte man von der dreiköpfigen Bläserinnenfraktion im Regelfall nur die einköpfige Blechabteilung (also die Trompeterin) gut durchhören, während sich die Holzbläserinnen (also die Saxophonistinnen - jawohl, das Sax ist gattungsseitig ein Holzblasinstrument, obwohl es fast komplett aus Metall besteht!) mit ihren tiefen Instrumenten nicht durchsetzen und nur ihre wenigen Solospots akustisch deutlich wahrnehmbar gestalten konnten. Auch aus den Möglichkeiten, die Blossom mit ihren zwei Sängern haben, kann die Band prinzipiell noch mehr machen (wenngleich auch sie wie schon Nitrolyt zuvor mit zu leisem Leadvocalsound auskommen mußte, so daß einige Dualeffekte vielleicht verlorengingen); zudem verdeutlichte das A-ha-Cover "Take On Me" (instrumentell eine durchaus coole Ska-Version), daß die Norweger damals einen richtig starken Leadsänger hatten, dessen Originallinien Tobias leider nur teilweise gewachsen war. Den Coolness-Award des Gigs gewann der Bassist, der sich nicht nur am Vorabend beim Moshen durch den Proberaum an seinem Baßhals einen halben Zahn ausgeschlagen hatte, sondern auch mit einem roten T-Shirt auf der Bühne stand, auf dem in großen Lettern GRÜN zu lesen war. Den Aktivposten auf der Bühne bildete aber zweifellos Zweitsänger Christian, der, falls er auch im realen Leben so agieren sollte, eindeutig ein hyperaktives Kind gewesen sein muß. Die Idee, einen Songpart (hier aus "Little Ska Band") nacheinander in den verschiedensten Stilen umzusetzen, ist nicht revolutionär neu, bereitet aber bei entsprechendem Können immer wieder Spaß, und dieses Attribut traf auf die Techno-, Boygroup- oder Black Metal-Adaption zweifellos zu. Spaß machte der Gig jedenfalls über weite Strecken, und das sah auch das zumeist noch sehr jugendliche Publikum so, das in der vorderen Hälfte fleißig pogte und vor dem Zugabenblock auch noch eine Message mit auf den Weg bekam. (rls)
Nachdem Nitrolyt (Metal) und Blossom (Ska) ihren durchaus erfolgreichen Part des Abends vollendet hatten, machten sich auf auch Waiting For Steve aus dem schönen hessischen Gießen. Doch sie kamen nicht mit leeren Händen: 2 Wochen lang tourten sie schon quer durch Deutschland. Sie zogen, angefangen in Stuttgart über Berlin bis hin in das reizvolle Zwickau und frohlockten augenstrahlenden Emofans (und denen, die es unbedingt noch werden müssen) mit ihrem neuen mordsscharfen Album "Tired Happy Homecoming" (zu haben bei Pleitegeier Records). Trotz fehlendem Schlaf brachten sie ihre 2 Gitarren, die Sticks des Schlagzeugers und die Bassgitarre inclusive Mikro am Atemschacht des Bassisten durch feurige Töne zum glühen. Auch die abdancende Fanmenge in der gut gefüllten Location war sichtlich angetan, obwohl schon eine große Masse nach der schweißtreibenden Aktion, ausgelöst von der Hammer-Spaßband Blossom, notgedrungen ins atemringende Röcheln gestoßen wurde. Das zeugt von jugendlicher nicht-tot-zu-kriegender Härte!
Musikalisch gab es auch so manch experimentelle Specials. Einer der Gitarristen (Ruben Jahrling) baut seine Effekte mittlerweile selbst. Um für seine Soundozeane wirklich auch auf alles Digitale zu verzichten, hat er eine Auswahl an Gitarren im Gepäck, die er ganz nebenbei auch schon mal mit einem Cellobogen bearbeitet. Sehr beachtenswert ist diese soundtechnische Vielfalt!
Selbst im Allgemeinen gab es eine breite, stilistische Palette der zwei Hände voll gespielten Songs. Flippige, nach vorne gehende Titel, ebenso ruhespendende kommen an einem Emoherzen einfach nicht vorbei. Ruhigere Songs sollen für den Punkt im Leben jedes einzelnen Menschen stehen, an dem er am Ende ist, wenn man sich hinsetzt, nicht mehr weiterkommt, einfach zur Ruhe kommen will und nachdenkt. Alle Bandmitglieder sind Christen und nehmen diesbezüglich auch kein Blatt vor den Mund. Sollte alles wegbrechen, ihren Glauben an den Schöpfer dieser Welt krallen sie fest und wollen ihn vollkommen ausleben.
Sogar vereinzelte Zugaben ließen WFS sich aus dem Kreuz leiern und beglückten die ohnehin schon hellauf begeisterten Fans nochmal so stark. Doch auch ein guter Musiker braucht seinen Schlaf, zumal am nächsten Tag der Gig in Dresden wartete ... demzufolge rissen sich die Jungs förmlich vom Publikum los und lauschten den verdienten Beifallsstürmen aus sicherer Ferne.
Doch ich glaube nicht, dass Waiting For Steve das letzte Mal in Sachsen am Abgehen war: Für Bookinganfragen einfach mail an Bassist Thomas Eifert => Thomas@waitingforsteve.de
Bandhomepage: www.waitingforsteve.de (mic)



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