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Nitrolyt, Henoch, Ghoul   05.02.2005   Leipzig, Halle 5
von rls

Doppel-Releaseparty im Leipziger Underground: Sowohl Nitrolyt als auch Henoch legten Scheiben vor, und die Halle 5 im Werk II war sehr ordentlich gefüllt, wobei der Altersdurchschnitt des Publikums erstaunlich niedrig lag, was ein gutes Licht auf die Nachwuchssituation im Metal wirft (neben den diversen Bandeltern und -großeltern dürfte der Rezensent zu den ältesten 10% der Anwesenden gezählt haben).
Bei meinem Eintreffen waren Ghoul schon mitten im Set, und die seit 1999 aktive Band wußte durchaus zu überzeugen. Abwechslungsreicher und relativ unkategorisierbarer Metal stand auf dem Programm, der auf der einen Seite durchaus mal in heftige, fast blackige Areale vorstieß, auf der anderen Seite aber auch vor einer Halbballade nicht haltmachte. Dieser Vielfalt paßte sich der blonde langmähnige Sänger Pscheidtie an (optisch irgendwie ein bissel finnisch wirkend), der ohne irgendwelche Probleme selbst innerhalb der Zeilen von Cleangesang in grelles Gekreisch wechselte (Technik, die begeistert :-)). Bassist Carschti trug ein Slayer-Shirt, was aber keine musikalischen Folgen haben sollte, statt dessen ließen vom Gesamtsound her eher Annihilator grüßen, wenngleich die wahnwitzige Kabinettstückchenästhetik von deren Frühwerken Ghoul natürlich noch in weit geringerem Maße umzusetzen in der Lage waren, wenngleich besonders die Gitarristen durchaus schon vielversprechende Ansätze in dieser Richtung zeigten, während Marek als Quotenkurzhaariger am Schlagzeug mit diversen Breakdowns eher ein Element der grassierenden NWOAHM-Welle einzubringen versuchte, was ihm mal mehr, mal weniger gut gelang. Insgesamt eine gute, aber natürlich noch steigerungsfähige Vorstellung von Ghoul, die immerhin den Vorteil hatten, über die besten Soundverhältnisse des ganzen Abends zu verfügen.
Bei Henoch stand der Quotenkurzhaarige am Mikro, und auch das machte sich bemerkbar, fuhr das Quintett doch eine Mixtur aus NWOAHM und klassischem Thrash auf, das die erstgenannte Bezeichnung einerseits durch das meist groovend-verbreakte Tempo, andererseits aber auch durch das Shouting besagten Frontmannes verdiente. Leider standen Henoch vor dem akustischen Problem, daß die Bassdrums außer dem Gesang alle weiteren Komponenten der Musik zudeckten, so daß ich speziell die Gitarrenarbeit allenfalls sehen, aber nicht hören konnte, wenn der Trommler den Doppelfüßer anwarf (was - in dieser Situation dankenswerterweise - vergleichsweise selten geschah). Von daher fällt es mir auch schwer, eine Einschätzung von Henochs Songmaterial vorzunehmen oder die genannte Stilbeschreibung noch weiter auszufeilen. Spaß gemacht hat der Gig aber auf jeden Fall, was auch das Auditorium so sah, das nach dem etwas überraschenden Six Feet Under-Cover "War Is Coming" (wo der Sänger auch in den Grunzlagen eine recht gute Figur machte - stilistisch paßte das im Verlaufe des Sets ebenfalls gecoverte "Seek And Destroy" allerdings besser in den Gesamtkontext) noch eine Zugabe einforderte.
Nitrolyt standen vor dem gleichen akustischen Problem, das sich im Laufe des Sets allerdings abschwächen sollte - in den ersten Songs hörte man von Rolands Rhythmusgitarre nahezu gar nichts und von Sebastians Gitarrenarbeit auch nur die Leads, während man sich ausführlich mit Georgs Wirken an den Drums beschäftigen konnte. Auch Nitrolyt zeigten sich deutlich thrashbeeinflußt, allerdings mit Anwandlungen in powermetallische und bisweilen gar proggige Gefilde - die Durchschlagskraft des Eröffnungsdoppels "Incredible Georg"/"Infernal Destruction (Metal Saga Part 3)" (letztgenannter ein brandneuer Song, der noch nicht mal auf der neuen CD "Strypped" enthalten ist) sollte über weite Strecken des Sets unreproduziert bleiben. Der Stampfer "Call Of The Wild" erklang wieder in seiner impressionistischen Version, also mit "Symphonie Des Liquides Organiques" als Intro, und die Halbballade "Waiting For Dusk" intonierte man kurzerhand komplett im Sitzen (auch den heftigen Schlußteil!). Das von Sebastian treffend als "Grenzhumor" betitelte Spaßverständnis der Band kam auch noch in anderen Elementen zum Ausdruck. Da wurde Sänger Steve kurzerhand mit einer Akustikgitarre allein auf die Bühne geschickt, um einen Countrysong zu intonieren (daß man die Gitarre vorher zu stimmen vergessen hatte, wäre bei J.B.O. als geplanter Gag durchgegangen), ein adrett gekleideter junger Herr namens Karl führte im staubtrockenen Stil als Conferencier durchs Programm, und nachdem Ex-/Daueraushilfs-Bassist Tobias nach zwei Dritteln des Sets den Viersaiter an den neuen und hoffentlich dauerhaften Positionsinhaber Peter weitergegeben hatte (der in der kurzen Zeit seiner Bandzugehörigkeit nur einen Teil des Sets hatte einstudieren können), kam er zur letzten Zugabe "Raining Blood" (mit Britney Spears-Intro ...) noch einmal mit Corpsepaint auf die Bühne zurück, neben dem Baß auch das Mikro beanspruchend (mit wildem Gekreisch übrigens - passend zur Optik). Peter machte seine Sache durchaus gut, und auch für Steve war es der erste Gig mit der Band überhaupt, was man ihm anfangs noch deutlich anmerkte (Sebastian übernahm denn auch einen Großteil der Ansagen), wobei er gesanglich allerdings eine respektable Leistung bot, und das sowohl im cleanen als auch im angerauhten Bereich. Klar, daß auch Nitrolyt noch ein wenig durch die Gegend coverten (neben "Raining Blood" gab's noch "Enter Sandman" und das mehr oder weniger schon standardmäßig zum Set gehörende "Creeping Death"), klar, daß auch sie nicht ohne Zugaben davonkamen - aber daß sie auch noch eine zweiköpfige gemischtgeschlechtliche Tänzerriege aufboten (50% derselben wurden vom erwähnten Conferencier gestellt, der vom weiblichen Teil des Publikums prompt laute "Ausziehen"-Rufe erntete, und die anderen 50% bestanden aus der zum Anbeißen süßen Dame, von der man einen Teil auch auf dem CD-Cover bewundern kann), gehörte mal wieder zu den absonderlichen Einfällen, mit der diese Band etwas Farbe ins Einerlei bringt, auch wenn besagter Grenzhumor nicht bei jedem Hörer auf Gegenliebe gestoßen sein mag. Unterhaltsam war's allemal, und das auch in musikalischer Hinsicht.
Setlist Nitrolyt:
Incredible Georg
Infernal Destruction (Metal Saga Part 3)
Salvation
Creeping Death
Call Of The Wild
Commercial Break
Waiting For Dusk
Country Steve
Burning Ass
Strange Way
Rock The Dog
Commando Metal
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Enter Sandman
Britney vs. Slayer



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