www.Crossover-agm.de NIGHTWISH: Highest Hopes - The Best Of Nightwish
von rls

NIGHTWISH: Highest Hopes - The Best Of Nightwish   (Universal East Records)

Nach einem Stapel Reviews über diverse russische Nightwish-Best Ofs hier nun also eins über die regulär weltweit erschienene 2005er Best Of - der Terminus "weltweit" ist hier zu beachten, denn der Nightwish-Kenner hat möglicherweise oben bei der Labelangabe schon gestutzt: Nix Spinefarm, nix Nuclear Blast? Korrekt, keines von beiden, denn im Player liegt hier wieder einmal die russische Pressung, und für die zeichnet offensichtlich die russische Dependance von Universal verantwortlich, wenngleich das rußlandtypisch extrem sparsame Booklet (oder um es anders zu sagen: Es gibt keins, selbst die Covercard ist nur vorderseitig bedruckt und das Trayblatt trotz originalen Cleartrays auch nur rückseitig) keine exakten Angaben macht, außer eben der Copyrightzuweisung an Universal East und den Informationen, welches Preßwerk in Rußland die CD gefertigt hat. Soll heißen: Für den Mitteleuropakenner sieht das komplette Ding eher aus wie 'n Bootleg, aber es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich um die offizielle Version. Ob die Bookletgestaltung einer anderen Pressung, also der gemeinen deutschen von Nuclear Blast oder meinetwegen auch der finnischen Originalversion, einen zusätzlichen Kaufanreiz schafft, vermag ich also nicht zu beurteilen - um optisch mit der vom deutschen Ex-Label Drakkar vorgelegten edlen "Tales From The Elvenpath"-Scheibe mithalten zu können, müßte "Highest Hopes" schon einiges aufbieten. Zumindest verfügt "Highest Hopes" über die Möglichkeit, auch Material von "Once" mit einzubinden, was auf "Tales ..." aufgrund der labelrechtlichen Situation schwierig geworden wäre und deshalb unterblieben ist. Nun gibt es halt nur das strukturelle Problem, das bereits im "Once"-Review angeklungen ist, nämlich daß "Once" derart stark ausgefallen ist, daß eigentlich die halbe Platte auf eine Best Of gehören würde. Das geht natürlich nicht, wenn man keine Doppel-CD machen will, und wenigstens hat der Compiler auch tatsächlich ein gutes Händchen bewiesen und in die richtige Hälfte der Platte gegriffen, als er "Wish I Had An Angel" und logischerweise "Nemo" (letztgenanntes kann zwar mancher nicht mehr hören, so omnipräsent war es mal, aber wenn man einmal eine emotionale Beziehung zu diesem Song aufgebaut hat und auch noch feststellt, daß Tuomas Holopainen hier phasenweise aus dem Leben des Hörers erzählt, will man dieses Exempel hochemotionalen Melodic Metals nicht mehr missen) auswählte. Gehen wir chronologisch rückwärts, folgt als nächstes "Century Child". "Ever Dream" hält sich ja immer noch in der Setlist, wofür es anhand der Studioversion eigentlich nicht so richtig einen Grund gibt, da es eben nur ein Zweitreihensong ist, wenngleich kein schlechter natürlich. "Bless The Child" wurde hier mal ohne seinen großen Bruder "End Of All Hope" plaziert und macht trotz seiner vergleichsweise zurückhaltenden Gangart nach wie vor eine sehr gute Figur, was man von "Dead To The World" nicht unbedingt behaupten kann, denn da hätte es bessere Zweitreihenware gleich im Dutzend gegeben, und wenn man noch nicht mal die komplette erste Reihe auf der Best Of unterbringen kann (siehe oben die Ausführungen zum "Once"-Material), stellt sich zumindest bei einer offiziellen Veröffentlichung wie dieser dann doch die Frage, ob das unbedingt sein mußte. Keine Frage hingegen bei "The Phantom Of The Opera", denn diese Adaption gehört zweifellos zu den Highlights von "Century Child", auch wenn sie dafür sorgt, daß sich unter den 16 Songs gleich viermal Fremdmaterial befindet, denn von "Over The Hills And Far Away" wurde selbstredend der aus Gary Moores Feder stammende und trotz der eher düsteren Thematik fröhlich über die grünen Hügel Irlands springende Titeltrack ausgewählt (mehr zum dritten und vierten Cover siehe weiter unten im Text). Drei ist die Zahl der Beiträge von "Wishmaster", und dabei hat man auf die "Publikumslieblinge" gesetzt, denn sowohl der Titeltrack als auch "The Kinslayer" sind nicht die allerstärksten Kompositionen der Platte (aber trotzdem sehr gut, zumal sich der überladene Eindruck, den "Wishmaster" vor Jahren noch machte, mit öfterem Hören etwas relativiert hat), wohingegen "Dead Boy's Poem" immer noch zum Allerbesten zählt, was je die Songschmiede von Tuomas Holopainen verlassen hat - ein grandioses fragiles Epos, dessen Beschreibung mit Worten relativ schwer fällt. In der Chronologie weiter zurückgehend, queren wir die "Sleeping Sun"-Maxi, die selbstredend den Titeltrack beisteuert, der noch aus den "Oceanborn"-Sessions stammt und die Zahl der Tracks aus dieser Periode auf vier steigert. Überraschend dabei die Wahl von "Stargazers" - immer noch einer der stärksten Nightwish-Tracks, aber bereits auf der "Wishmaster"-Tour nicht mehr im Set befindlich gewesen, weswegen man vermuten konnte, er sei in der internen Gunst doch etwas gesunken; die Tatsache, daß man ihn immer noch für Best Of-würdig hät, läßt daher Freude aufkommen, die der beim Hören des grandiosen Losspeedens der Hauptmelodie durchaus gleichkommt. "Sacrament Of Wilderness" und "Walking In The Air" bilden die zweite Reihe von "Oceanborn", die man für eine Best Of durch alle anderen Songs der Platte (außer dem ebenfalls zweitreihigen "Passion And The Opera") hätte ersetzen können, die aber im gesamtmusikalischen Kontext immer noch Glanzlichter darstellen, besonders die Kuschelballade "Walking In The Air" (das dritte Cover), wenngleich im Direktvergleich "Swanheart" die noch einen Tick stärkere Wahl gewesen wäre. Aber bei "Oceanborn" ist das wirklich nur Jammern auf hohem Niveau. Vom Debüt "Angels Fall First" grub der Compiler "Elvenpath" aus, das zu den stärkeren Songs dieser Platte zählt und in der hiesigen Positionierung zwischen "Ever Dream" und "Bless The Child" mehr als nur überzeugen kann, was bedeutet, daß die starke Gegenwartsorientierung, die in den Live-Setlists von Nightwish immer wieder auffällt, zumindest keinen ganz rationalen Grund haben kann. Wer mitgezählt hat, der ist jetzt bei 15 Songs angekommen, einer fehlt also noch, und zwar das vierte Cover und gleichzeitig der einzige Song, den diese Compilation (bisher) exklusiv auf sich verbuchen kann. Pink Floyd sind nicht unbedingt die Band, die man als von Nightwish gecovert erwarten würde, aber irgendwann scheint mal jemandem aufgefallen zu sein, daß der "Once"-Closer "Higher Than Hope" vom Titel her gar nicht so weit von Pink Floyds "High Hopes" entfernt liegt. Selbiger Song stammt vom bisher letzten Pink Floyd-Studioalbum "The Division Bell" aus dem Jahre 1994 - am Heiligabend dieses Jahres wurde Nightwish-Kopf Tuomas grade 18, also könnte es durchaus auch sein, daß diese Platte zu seiner musikalischen Sozialisation etwas mit beigetragen hat, wenngleich er zu dieser Zeit noch in Bands wie Darkwoods My Betrothed spielte und sich dort bemühte, den Black Metal seiner Mitstreiter keyboardseitig aufzulockern. Wie dem auch sei, jedenfalls fand "High Hopes" Aufnahme in die Livesetlist der 2005er Gigs (wohingegen es bei der "Once"-Tour im Herbst 2004 zumindest in Leipzig noch nicht auftauchte - dort kam statt dessen Megadeths "Symphony Of Destruction" zum Zuge) und steht nun mit einem Livemitschnitt auch auf "Highest Hopes", wobei ich mangels näherer Infos im russischen "Booklet" nicht sagen kann, woher die Aufnahme stammt. Jedenfalls macht sie viel Spaß, Sänger Marco kommt hier auch alleine zurecht und kopiert David Gilmour natürlich nicht, röhrt ihn aber auch nicht nieder, und die Instrumentalfraktion bekommt den fragilen Gestus des Originals auch gut hin, wenngleich man die sphärischen Pianoparts des Intros vermutlich nie genau kopieren können wird (das versucht Tuomas also auch gar nicht und ändert daher den Keyboardsound von vornherein ein klein wenig ab). Ob "High Hopes" als einziges Bonusleckerli allerdings ausreicht, um in den Laden zu gehen und die Geldbörse für "Highest Hopes" zu öffnen, muß wie üblich jeder mit sich selbst ausmachen - was die Songs angeht, war der Raritätenfundus auf "Tales From The Elvenpath" jedenfalls größer, wenngleich dort keine absolut unveröffentlichten Sachen standen, wie es auf "Highest Hopes" mit dem Pink Floyd-Cover (von dem ich mir allerdings nahezu sicher bin, daß es irgendwann noch anderweitig mal auftauchen wird, beispielsweise auf einem Pink Floyd-Tributesampler) der Fall ist. Für den Einsteiger bietet sich jedenfalls ein guter Querschnitt durch den mitunter speedlastigen Melodic Metal der Band, wenngleich wie beschrieben oftmals noch nicht mal die erste Reihe der Songs ausgewählt wurde. Und wenn man gerade mal in Rußland ist, kann man ja auch, sofern man auf Dinge wie eben ein richtiges Booklet verzichtet, preisgünstig zur russischen Pressung greifen ...
Kontakt: www.nightwish.com

Tracklist:
Wish I Had An Angel
Stargazers
The Kinslayer
Ever Dream
Elvenpath
Bless The Child
Nemo
Sleeping Sun
Dead To The World
Over The Hills And Far Away
Sacrament Of Wilderness
Walking In The Air
Wishmaster
Dead Boy's Poem
The Phantom Of The Opera
High Hopes (Live)



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