www.Crossover-agm.de KIPELOW: V Let - Sankt-Peterburg Ljedowy Dworjez 20.10.07
von rls

KIPELOW: V Let - Sankt-Peterburg Ljedowy Dworjez 20.10.07   (CD-Maximum)

Das hier war einer der Beiträge zum Witz, Kipelow entwickelten sich in eine ähnliche Richtung wie Manowar, was das Verhältnis von Live- zu Studioreleases angeht: Der Doppeldecker stellt das bereits dritte Livealbum der Truppe dar, während in den reichlich fünf Jahren Bandexistenz nur ein einziges Studioalbum zu Buche stand. Gut, es mag für jedes der Livealben seine Gründe gegeben haben, und auch hier steht ein durchaus gewichtiger dahinter, den eine Analyse des Albumtitels schon offenlegt: Es handelt sich um einen Mitschnitt des Jubiläumskonzertes zum 5jährigen Bestehen der Band, das am 20. Oktober 2007 im Eispalast in St. Petersburg stattfand. Das "Reki Wremen"-Studioalbum war zu dieser Zeit schon zwei Jahre draußen und damit offensichtlich bereits weitreichend bekannt - und Waleri Kipelow und seine Mannen spielen es auch tatsächlich komplett durch, was dazu führt, daß sich die Setlist von der des ersten Livealbums "Putj Nawerch" doch deutlich unterscheidet. Zwar bleibt der Song "Putj Nawerch", der vom Kipelow/Mawrin-Album "Smutnoje Wremja" stammt, nach wie vor der traditionelle Setopener, aber danach beginnt mit dem flotten "Dichanije Tmy" der Reigen des neuen Materials, der gleich mit der Single "Wawilon" fortgesetzt wird. Die erfreut sich offensichtlich besonderer Beliebtheit, denn der eingestreute Mitsingpart stößt auf großes Mitmachbedürfnis seitens des Auditoriums. Überhaupt hört man vom Publikum diesmal mehr als auf früheren Liveaufnahmen, und so kommt beim Hören auch ein viel authentischeres Livefeeling auf - die Kulisse scheint auch nicht gerade klein gewesen zu sein, und wer die DVD-Version des Albums erwirbt, der kann auch genauer feststellen, wie groß der Eispalast (sollte es sich dabei um den umgebauten Winterpalast handeln, oder ist es ein anderes Gebäude?) ist und wie es um seinen Füllstand bestellt war. Er kann außerdem auch prüfen, ob die hier und da eingestreuten Effekte und Keyboardpassagen vom Band eingespielt wurden oder die Band einen Livekeyboarder dabeihatte; das Booklet der dem Rezensenten vorliegenden Fassung glänzt durch Abwesenheit jeglicher Fotos. Die Soundverhältnisse sind erstaunlich gut, wobei einige Doppelgesänge gewisse nachträgliche Ausbesserungen nahelegen, aber beispielsweise die originale Gitarrenbalance zwischen Wjatscheslaw Moltschanow und Andrei Golowanow beibehalten wurde, etwa in "Smutnoje Wremja", wenn mitten im Solo der eine Leads spielt, der andere aber Akustikparts und kein reguläres Riffing drunterlegt, was eine prächtige Klangwirkung ergibt. Die beiden spielten zu diesem Zeitpunkt ein Jahr gemeinsam in der Band und hatten sich offenbar schon bestens aufeinander eingestimmt, und der Rest der Truppe, also neben Waleri Kipelow selber die Rhythmusmannschaft aus Bassist Alexei Charkow und Drummer Alexander Manjakin, ist ja sowieso schon seit der Bandgründung an Bord. Interessanterweise schadet nicht mal die Tempoherausnahme nach Song 4, "Nawaschdenije", der allgemeinen Stimmung: Die Halbballade "Ja Sdjes" und das fast doomig-schleppende "Prorok" stehen unmittelbar hintereinander, und man beginnt trotzdem nicht zu gähnen. Durch Speedausflüge fallen Kipelow allerdings nach wie vor nicht auf (was sich erst auf dem nächsten Studioalbum etwas ändern sollte), wenngleich der flottere Mittelteil von "Prorok" natürlich die Stimmung eher ankurbelt als die schleppenden oder gar akustischen Passagen des Songs. Ansonsten steht wie erwartet auch noch einiges Material vom "Smutnoje Wremja"-Album im Set, neben dem Titeltrack und dem bereits erwähnten Setopener noch "Sledui Sa Mnoi" und "Ja Swoboden", beide allerdings erst gegen Setende bzw. im Zugabenblock auftauchend. Da der Gesamtset aus 19 Songs (mit etwa zwei Stunden Gesamtspielzeit) besteht, mit den 10 Neulingen und den vier erwähnten aber schon 14 Positionen besetzt sind, folgt logisch, daß Kipelow den Anteil an Arija-Songs weiter reduziert haben. Sie nutzen ihn aber trotzdem noch für eine Überraschung, nämlich "Bjes Tebja" vom "S Kem Ty?"-Album, das mit dem traditionellen Setcloser "Wolja I Rasum" noch einen weiteren Beitrag stellt. Die beiden anderen Arija-Songs sind jüngeren Datums und stammen aus Kipelows Finalphase bei der Band: "Grjas" von "Generator Sla" (1998) und "Putj W Nikuda" von "Chimera" (2001). Bleibt allerdings immer noch eine Setposition frei, und die wird von einer weiteren Rarität besetzt: "Nikto" aus der musikalischen Feder von Sergej Skripnikow (Ex-Nowy Sawjet) und betextet von Margarita Puschkina, der langjährigen Arija- und Kipelow-Lyrikerin. Der Song stammt aus Puschkinas Projekt Margenta, das 2006 zunächst das Album "Po Tu Storonu Sna" veröffentlichte (welches allerdings auch unter dem Bandnamen Master & Margenta lief, da die Musiker der Band Master daran beteiligt waren) und 2007 "Dinastija Poswjaschtschjonnich" nachschob, diesmal ausschließlich unter dem Banner Margenta und unter Beteiligung von Ex-Kipelow-Gitarrist Sergej Terentjew. "Nikto" steht original auf dem zweiten Album (das sich bisher nicht in der Sammlung des Rezensenten befindet) und entpuppt sich als sehr stimmungsvolle klavier- und keyboardunterstützte Halbballade, die sich durchaus gut in den Rest des Materials einfügt, allerdings nach hinten hin irgendwie etwas im Nichts endet und von Kipelow selber auch erstaunlich früh mit einem Dank ans Publikum emotional abgeschlossen wird. Auch hier kommt es übrigens wieder zur Blockbildung: Mit "Bjes Tebja" steht gleich noch eine Ballade dahinter, und danach, sobald man CD 1 gegen CD 2 ausgetauscht hat, folgt nochmals ein Block, diesmal der mit zwei der drei Songs, die Andrei Golowanow für "Reki Wremen" geschrieben hatte ("Na Rasputje", der Albumopener, beginnt dabei mit einem Orchesterintro, bevor er für Kipelow-Verhältnisse relativ hohe Geschwindigkeiten erreicht, also eine geschickte Kontrastwirkung zu "Bjes Tebja" setzend), bevor - man ahnt es - ein weiterer Zweierblock ansteht, diesmal mit den beiden erwähnten Arija-Spätlingen. Seltsame Strategie - aber irgendwie durchaus wirkungsvoll bzw. nicht störend, also nicht logischer oder unlogischer als andere Anordnungen. Jedenfalls fügt sich alles zu einem großen Bild von hörbarer Freude am Erzeugen klassischen melodischen Power Metals zusammen, und wenn man diesen mag, macht man mit dem Erwerb von "V Let" definitiv nichts falsch. Bleibt abschließend nur noch eine Frage: "Wolja I Rasum" endet, nachdem der Vokalist noch die "Für Elise"-Melodie angestimmt und danach eine ausführliche Danksagung vorgenommen hat, noch mit einem choralartigen Orgelstück - aber was wird da gespielt, und ist das live oder vom Band?
Kontakt: www.kipelov.ru

Tracklist:
CD 1:
Putj Nawerch
Dychanje Tmy
Wawilon
Nawaschdenije
Ja Sdjes
Prorok
Smutnoje Wremja
Nikto
Bjes Tebja

CD 2:
Na Rasputje
Matritschnij Bog
Grjas
Putj W Nikuda
Reki Wremen
Sledui Sa Mnoi
Prisratschnij Wswod
Ja Swoboden
Wolja I Rasum



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