www.Crossover-agm.de GEORGE LETICH'S ARMAGEDDON: Egyptian Suite
von rls

GEORGE LETICH'S ARMAGEDDON: Egyptian Suite   (Karthago Records)

Eine Suite ist laut dem "Jugendlexikon Musik" (VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1984) "eine Folge von lose miteinander verbundenen, meistens tänzerischen Musikstücken, eine der wichtigsten mehrsätzigen Instrumentalformen. Sie entstand im 16. Jh., als sich neben den Gebrauchstänzen auch Tanzkompositionen entwickelten, die nur zum Musizieren und Zuhören bestimmt waren." Der letztgenannte Aspekt ist in bezug auf die vorliegende Ägyptische Suite wichtig, denn obwohl man zu mancher Nummer wie "Children Of Ra" durchaus eine Partnerin respektive einen Partner in klassischer Form (hier bedürfte es einer mit klassischem Vierviertelrhythmus in mäßigem Grundtempo) durch einen Tanzsaal schieben könnte (die zwei Breaks im Song bleiben kurz und überbrückbar), so ist das doch nicht der Hauptzweck des knapp einstündigen Werkes. Auch der Aspekt "lose miteinander verbunden" verdient Beachtung, denn obwohl sich bestimmte Merkmale durch die gesamten 14 Stücke (davon zwei als Boni gekennzeichnete, die sich aber problemlos ins Gesamtmaterial einfügen) ziehen, so bedarf es doch mancherlei Arbeit seitens des Hörers, die Zusammengehörigkeit des einen oder anderen Stückes mit dem nächsten oder übernächsten exakt zu verifizieren. Dabei hilft natürlich erstens die ägyptische Grundthematik, die sich wie ein roter Faden, wenngleich nicht in der Form einer durchgängig erzählten Geschichte, durch das Material zieht. Markantes Gestaltungsmerkmal ist auch die Stimme von Projektkopf George Letich aka Dorde Letic, die irgendwo auf halbem Wege zwischen Manilla Roads Mark Shelton und Ex-Candlemass-Frontmönch Messiah Marcolin liegt, allerdings näher am letztgenannten, wenngleich wiederum vielfältiger als dieser, was freilich auch an ihrem Einsatz liegt, der durchaus auch mal mehrstimmige Choralpassagen vorsieht, so etwa gleich im Intro "Prophecy Of Toth". In "Bastet" holt sich Letich noch Verstärkung durch die Sopranistin Marta Balasz, die dieser Halbballade gemeinsam mit Florijan Balasz' Geige (letztere leider einen Tick zu weit in den Hintergrund gemischt) eine besondere Prägung verleiht. Generell zählt im Material von Armageddon nicht die metallische Härte - das war schon auf dem Vorgängeralbum "Heavy Metal Saga" trotz des Titels nicht der Fall. Von den dort genannten Bandvergleichen trifft in bezug auf die Ägyptische Suite am ehesten noch der zu den frühen Scorpions-Werken zu, aber auch der bleibt relativ marginal und auf einige Elemente beschränkt - das neue Werk ist originell und in ein paar Worten kaum zusammenzufassen (wir erinnern uns an die Worte "lose verbunden"), da man schnell wieder mit einem Stilwechsel konfrontiert wird, sobald man argumentative Sicherheit gewonnen zu haben glaubt. Da folgt auf die erwähnte Halbballade in Gestalt von "Seth, The Evil One" plötzlich moderner Gothic Metal mit tiefer Erzählstimme und orientalischen Melodieelementen, der einen an Orphaned Land denken läßt, bevor der Sechsminüter "Anubis, The Forbidden Name" wieder eine komplette Kehrtwende vollzieht, in den melodischen Speed Metal wechselt und sich gemütlich auf halbem Wege zwischen Rhapsody (Of Fire) und Manowar zu "Triumph Of Steel"-Zeiten (letztere liefern den rhythmischen Teil und die geshouteten Gesangsstückchen, erstere den Rest) niederläßt. "Secret Of Sobeck" und "Sekhmet, The Slayer" wiederum verdeutlichen einen eher proglastigen Hintergrund, vor allem mit der Gitarrenarbeit, die einen recht typischen 80er-Neoprogeinschlag aufweist, während "The Watch", das Intro von "Secret Of Sobeck" gar countrylastige Gitarreneinfärbungen beinhaltet. Mit 8:20 Minuten ist "Words Of Osiris" das längste Stück des sonst eher kleinteilig strukturierten Albums und mit seinem halbballadesk-romantischen Charakter wieder ein neuer Stilfaktor - so entspannt-positiv klingen Letich und seine Erfüllungsgehilfen sonst eher selten, wenngleich sich auch hier bisweilen großes Pathos einschleicht. Zu den Erfüllungsgehilfen indirekter Natur zählt übrigens auch wieder Georg Friedrich Händel - den hatte Letich schon auf "Heavy Metal Saga" gecovert und tut das hier nun erneut, wobei das Resultat "Clepsidra Of Imhotep" heißt und instrumentenseitig mit einer Akustikgitarre auskommt. Das Cembalo, auf das man eigentlich dauernd wartet, ist schon zuvor in "Words Of Osiris" zum Einsatz gekommen, hier gespielt von Letich selbst, während viele Keyboards auch von einem weiteren, diesmal realen Erfüllungsgehilfen beigesteuert worden sind, der auf den Namen Aleksandar Ristich hört, aber vermutlich nicht mit der Person identisch ist, an die der deutsche Fußballanhänger automatisch denkt, wenn er diesen Namen hört. Ristich, Drummer Jovan Savin und Produzent Dragan Jovanich heimsen für einige der Tracks auch (Co-)Komponistencredits ein, wobei Letich allerdings stets Chef im Ring bleibt; die neue "Band"betitelung hingegen dürfte nicht in erster Linie auf Egozentrik Marke Yngwie Malmsteen's Rising Force zurückgehen, sondern schlicht und einfach auf die Tatsache, daß den Einfall, ihre Formation Armageddon zu nennen, auch noch diverse andere Bands von Schweden bis Südkorea hatten. Das hübsche Dreiertaktinstrumental "Tears Of Isis" beendet die eigentliche Suite, hernach folgen noch eine Instrumentalversion von "Bastet" sowie die Ristich-Komposition "Toth, Space Rider" (als Remix gekennzeichnet, obwohl in der Suite kein Song dieses Namens steht, allerdings mit Melodie- und Strukturelementen arbeitend, die es in der Suite tatsächlich gibt); die beiden Songs sind auf der CD gegenüber der Bookletreihenfolge übrigens vertauscht (die Tracklist unten gibt die auf der CD zu hörende Folge an). Das Booklet selbst ist recht informativ ausgestattet, liefert zu jedem Song einen kurzen Hintergrundtext sowie die Lyrics der Gesangsnummern in teilweise sogar librettohafter Art ("Children Of Ra" trägt den Untertitel "Metal Operetta" und dürfte mit 3:32 Minuten damit die kürzeste Operette der Musikgeschichte sein). Zielgruppe der "Egyptian Suite" dürften in erster Linie wohl Therion-Fans sein, von allen anderen würde ein großes Maß an Anpassungsfähigkeit verlangt, die das Werk freilich auch reich zu belohnen bereit ist.
Kontakt: www.flying_george.com, www.karthagorecords.de

Tracklist:
Prophecy Of Toth
Children Of Ra
Secret Of Sobeck (Intro: The Watch, Outro: Death Of Horus)
Sekhmet, The Slayer
Resurrection Of Horus
Horus, The Avenger
Bastet
Seth, The Evil One
Anubis, The Forbidden Name
Words Of Osiris
Clepsidra Of Imhotep
Tears Of Isis
Bastet (Acoustic Instr. Version)
Toth, Space Rider (Remix)
 




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