www.Crossover-agm.de ORPHANED LAND: Mabool - The Story Of The Three Sons Of Seven
von ta

ORPHANED LAND: Mabool - The Story Of The Three Sons Of Seven   (Century Media/SPV)

"Corrupta est autem terra coram Deo" - Die Erde ist schlecht unter Gottes Augen. Blättert man im Alten Testament unter Genesis sechs bis neun, hat man es mit Noach und einer ganzen Menge Wasser zu tun. Die biblische Geschichte von der Flut, die beinahe alles Leben von der Erde tilgte, haben Orphaned Land mit Lessings Ringparabel verbunden, um den Boden zu schaffen für eine Fabel von drei Söhnen, die mit der Welt zugrunde gehen im Versuch, die Welt ihrer dunklen Seiten zu berauben. Eine solche Geschichte der drei sogenannten Weltreligionen mag nicht explizit viele Anstöße geben können, bedenkt man die pessimistische Prognose, die mit der Ergebnislosigkeit aller Bemühungen um Sündentilgung einhergeht, gewinnt aber an Beachtungswert, wenn man bedenkt, dass sie Wunschdenken einer Band ist, die selbst Israels Schoß entsprungen ist und sicher nicht primär ein religiöses Bemühen um Frieden und Ausgleich erlebt hat. Sieben Jahre haben Orphaned Land gebraucht, bis "Mabool - The Story ..." geboren ward, doch was lange währt ... Um diese Musik zu umschreiben, können nur Ansatzpunkte gegeben werden. Addiert man zur Musikalität von Blind Guardian die rhythmische Raffinesse von Dream Theater und nicht genau benennbare Einzelelemente des Vikingmetal und stelle all dies in einen orientalischen Kontext, der Melodieführung und Instrumentierung betrifft, hätte man einen solchen Punkt vielleicht lokalisiert. Einen anderen Punkt mache man unter der von der Band selbst angeführten Prämisse des "Middle Eastern Metal" als musikalische (und - will man so weit gehen, Musik zum Symbol zu stilisieren - ob der völkerbindenden Grundgedanken beinahe auch als ethische) Doktrin aus. Orphaned Land sind musikalische Grenzgänger und dabei doch ein klar von anderen abtrennbares musikalisches Phänomen mit einem fesselnden Charakter, in sich Sturm und Ruhe vereinend. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der Kobi Farhi zwischen röchelndem Keifen und klarem, von seiner natürlich-weichen Stimme getragenem Gesang wechselt (woran man sich ja von genug anderen Bands inzwischen gewöhnt hat), spielt Yossi Saharon eines dieser fesselnden Soli nicht auf der elektrischen Gitarre, sondern auf der Buzuki (eher ungewohnt), selbstverständlich auch dies mit fernöstlicher Melodik und dabei vollkommen im Dienst der Musik, nicht dem des Soloauftritts stehend. In ihrer Äußerung, die jegliche Verkrampfung an ihren fernab gelegenen Platz weist und mit natürlichster Leichtfüßigkeit jiddisch anmutendes Chanson in hebräischer Sprache mit einfachen Metalakkorden transformiert ("Nora El Nora"), liegt eine Großartigkeit begraben, die es selbst zu ergründen gilt. Ich möchte hier nicht in extenso über einzelne Stücke sprechen, obwohl viel sich sagen ließe, auch über ein Negatives. "Mabool" ist kein perfektes Album. Gerade im letzten Drittel der CD, also den letzten 22,33333 Minuten lauern einige nicht optimal überspielte Längen: Den Mittelteil von "Mabool (The Flood)" und die erste Hälfte des Neuneinhalbminüters "The Storm Still Rages Inside" umwittert der Hauch von europäischer Gewöhnlichkeit, besonders was die Gitarrenarbeit betrifft. Doch umwirkt von der Macht dieser musikalischen Gesamterscheinung in Band und Album sind solche kleinlichen Feststellungen lächerlich. Orphaned Land sind anderen Bands, die ähnlich theatralisch operieren (und nur darum hier als scheinbare Vergleichsgröße herangezogen werden), zum Beispiel den Skandinaviern von Therion, schon im Ansatz und damit auch im Resultat nicht nur weit verschieden, sondern auch weit überlegen. Ein Jammer, dass ich die ersten beiden Alben der Band nicht kenne. Eine der Erstauflage des Albums beigelegte CD zeugt mit dem Mitschnitt einer Akustik-Live-Show in Tel Aviv von den vorherigen Taten "Sahara" und "El Norra Alila" und macht musikalisch einen düstereren Eindruck als "Mabool - The Story ...", was aber auch an der Umsetzung eigentlich anders gearteter Stücke liegen kann. Paradise Lost würden ihr "Mercy" sicher nicht sofort wiedererkennen, das als Cover verewigt wurde. Wer schnell ist, bekommt noch die Doppel-CD-Fassung, gemächliche Zeit- und Raumgenossen werden aber auch mit "Mabool - The Story ..." als Einzel-CD ergriffen gen Osten lauschen. Wer einen Anspieltip benötigt, finde ihn im heimlichen Hit "Ocean Land (The Revelation)". Da kann Robbie Williams nicht mithalten. Nicht einmal der.
Kontakt: www.centurymedia.de

Tracklist:
1. Birth Of The Three
2. Ocean Land
3. The Kiss Of Babylon
4. A'salk
5. Halo Dies
6. A Call To Awake
7. Building The Ark
8. Nora El Nora
9. The Calm Before The Flood
10. Mabool
11. The Storm Still Rages Inside
12. Rainbow
 




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