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Zeitschriften-Rezensionen 2012

natur, Panorama, Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, active, Bergsteiger, aquaristik, Amazonas, Musik und Liturgie, Das Opernglas, Eisenblatt, Rock Classics: Die Toten Hosen, MT-Journal, Musik in Sachsen, G.U.C.


Ein Heft mit dem Titel natur sollte rein inhaltlich einen gewissen umfassenden Anspruch pflegen, und das tut die vorliegende Ausgabe 11+12/2012 dann auch. "Das Magazin für Natur, Umwelt und nachhaltiges Leben" heißt der Untertitel, und diesem versucht die Redaktion durch ein breit gefächertes Themenspektrum gerecht zu werden. Die besagte Nummer hat das Schwerpunktthema "Hochgenuss", befaßt sich also mit verschiedenen Aspekten rings um die Berge mit einem gewissen Fokus auf den Alpen, aber auch allgemeineren Abhandlungen wie "Berge machen high", die die Faszination des Bergsteigens zu ergründen versuchen. Großformatige Fotos veranschaulichen das Geschriebene visuell, auch außerhalb des Schwerpunktthemas, wo beispielsweise die Tierporträts des britischen Fotografen Tim Flach vorgestellt werden, und über die spricht man natürlich nicht nur, sondern bildet auch diverse Exempel ab, bei denen auffällt, daß ihre Aussage in einem reziproken Verhältnis zur deutschen Bedeutung des Nachnamens des Fotografen steht. Weitere Artikel beschäftigen sich z.B. mit der Entwicklung des Ökotourismus in Kasachstan, an dem u.a. der NABU beteiligt ist (ein ähnliches Projekt im benachbarten Kirgisien scheint mittlerweile wohl im Sande verlaufen zu sein, lediglich das dortige NABU-Projekt zum Schutz des Schneeleoparden existiert offenbar noch), den umweltbezogenen Positionen der US-Präsidentschaftsbewerber Obama und Romney (das Heft erschien noch vor der Wahl) oder dem zu den Eierlegenden Zahnkarpfen zählenden Mangrovenbewohner Kryptolebias marmoratus, der einige interessante Anpassungsstrategien an seine eher lebensfeindliche Umgebung entwickelt hat. Den Bildungsanspruch des Heftes verdeutlicht der lobenswerte Aspekt, daß die in den Beiträgen genannten Tiere und Pflanzen jeweils auch mit wissenschaftlichem Namen angeführt werden. Ein längeres Porträt beschäftigt sich mit Andreas Graf von Bernstorff, unter dessen Ländereien der als Endlager für atomaren Abfall vorgesehene Salzstock von Gorleben liegt, und die Rubrik "Die Schatzinsel" stellt die Insel Migingo im Victoriasee vor, auf der eine riesige Menge Leute dabei ist, auch noch die letzten Biotope des Sees nachhaltig leerzufischen. Dazu kommen Buch- und Filmrezensionen, umweltbezogene Newsmeldungen, ein Kreuzworträtsel zum Um-die-Ecke-Denken und die kritische Rubrik "Hammer des Monats", den diesmal der Bürgermeister der mallorquinischen Gemeinde Campos erhält, der das Hinterland eines der letzten unverbauten Strände der Insel, Es Trenc, mit einem Luxusresort zubauen lassen will, so daß der Naturschutzgedanke mal wieder ganz klassisch die Verliererkarte zieht. Das Heft macht einen professionellen Eindruck und wirkt nicht so, als ob die Bilder mangelnden verbalen Inhalt kaschieren sollen, auch wenn man die Zielgruppe "Snobs mit Resten von Umweltbewußtsein" offensichtlich gleich mit bedienen will, aber immerhin auch den Spagat hin zur anspruchsvolleren Leserschaft meistert. Nur Fehlleistungen wie die Aussage "Wer mit dem Zug von Zürich nach Davos fährt, verbraucht 25 Mal weniger CO2 als ein Autofahrer" auf S. 26 müssen nun wirklich nicht sein, sogar wenn der Snowboard-Profi Sten Smola, der sich dort auf zwei Seiten über Möglichkeiten des nicht ganz so umweltschädlichen alpinen Wintersports ausläßt, das wirklich so gesagt haben sollte. Dafür entschädigen aber die statistischen Daten auf S. 23, die zwar in den Bereich "nutzloses Wissen" fallen, aber mit denen man im Gespräch herrlich glänzen kann. Wer weiß schon aus dem Stegreif, daß der Aletsch-Gletscher 27 Milliarden Tonnen wiegt? Na also. Kontakt: Redaktion natur, Bretonischer Ring 13, 85630 Grasbrunn, redaktion-natur@konradin.de, www.natur.de



Sowas wie den Hammer des Monats könnte die Redaktion von Panorama, dem Magazin des Deutschen Alpenvereins, auch mal einführen - aber in fachlicher Hinsicht tut sie das auch schon, wenngleich nicht als extra gekennzeichnete Rubrik. Aber in den News der vorliegenden Ausgabe 6/2012 findet sich beispielsweise ein bitterer Beitrag über die vom Land Tirol nunmehr genehmigte Erschließung des Piz Val Gronda bei Ischgl mittels einer Seilbahn und einer Skipiste, womit der Naturschutz (das Areal war bisher außer von ein paar winterlichen Skitourengehern weitgehend unberührt geblieben, ist Heimat vieler seltener Pflanzen und Tiere und aufgrund des morschen Grundgesteins bei Erschließungsarbeiten nicht nur erosionsbedroht, sondern für Großbauten eigentlich gar nicht erst geeignet) wieder einmal auf der Strecke bleibt. Mal ganz abgesehen davon, daß der Berg nur 2812 Meter hoch ist und, wenn sich der allgemeine Temperaturanstieg weiter fortsetzt, in ein paar Jahren sowieso nicht mehr die ganze Saison über schneesicher ist, so daß er mit enormem Aufwand an Energie und Wasser künstlich beschneit werden müßte. Dabei gibt es eigentlich genügend Ziele, die man im Winter in den Alpen ansteuern kann, wie auch dieses Heft mit dem Titelthema "Skitouren in den Allgäuer Voralpen" beweist. Wem das zu kalt ist, der bekommt im gleichen Heft Tips für Aktivitäten auf diversen Atlantikinseln, und wer lieber Schlitten fährt, kann sich über einen vierseitigen Beitrag über die Grundlagen des Rodelns und diverse Tips freuen - ganz so einfach, daß man sich nur auf einen Schlitten setzt und losfährt, ist es nämlich dann doch nicht. Auch die Sicherheitsforschung des Alpenvereins bringt wichtige neue Erkenntnisse zur Publikation, nämlich über die Grundlagen einer aktuellen Rückrufwelle für Klettersteigsets. Dazu kommen Gesundheitstips zum Training von Körperspannung, die die katalanische Extremalpinistin Silvia Vidal, die mit einem ausführlichen Interview im Heft vertreten ist, sicherlich nicht extra trainieren muß, wenn sie mal wieder tage- oder wochenlang allein in irgendeiner steilen Felswand hängt. Für alle nicht ganz so ambitionierten Leser bietet sich beispielsweise die Umgebung der Leutkircher Hütte am Lechtaler Hauptkamm, ein schönes Wandergebiet, an, wie man im Hüttenporträt anläßlich des 100jährigen Jubiläums der Hütte erfährt. Dazu kommen wieder viele kleinere Meldungen sowohl über Interna des Vereins als auch über zahlreiche andere Dinge, die den Bergfreund interessieren könnten, und die Alpenvereinsjugend behandelt in ihrem Sonderteil diesmal das Thema "Kultur", wovon es ja am Berg ganz unterschiedliche Sorten gibt. Für Vereinsmitglieder ist der Bezug der 116 Seiten, die es sechsmal jährlich gibt, in der Mitgliedsgebühr enthalten; wie man als Nichtmitglied an die Hefte herankommt, verrät der Deutsche Alpenverein e.V., Redaktion "Panorama", Von-Kahr-Straße 2-4, 80997 München, dav-panorama@alpenverein.de, alpenverein.de/panorama

Mit Problemen wie am Piz Val Gronda hat der Landesverein Sächsischer Heimatschutz prinzipiell auch zu kämpfen, wenngleich diese natürlich etwas anders geartet sind. In Heft 2/2012 der Mitteilungen des Landesvereins beschäftigt sich Wilfried Wehner beispielsweise mit der Verunstaltung des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen, einem heiklen Thema, da man hier im Gegensatz zur biologischen Argumentation ("In Gebiet X lebt eine Kolonie von Y vom Aussterben bedrohten Fledermäusen, die durch Baumaßnahme Z zerstört würde") weniger mit harten Fakten operieren kann, sondern sich auf ästhetische Beurteilungen einlassen muß, und im Zuge des schrittweisen Aussterbens der klassischen humanistischen Bildung nimmt auch die Fähigkeit zur Einschätzung des ästhetischen Aspektes rapide ab. Eine undankbare Aufgabe also, hier förmlich wie Don Quixote gegen Windmühlen zu kämpfen, wenngleich natürlich immer differenziert abgewogen werden muß: Ein Atomkraftwerk statt der im Zuge der Energiewende unkritisch protegierten Windkraftanlagen will schließlich auch niemand vor seiner Tür haben. Das besagte Heft beinhaltet daneben aber auch noch ganz andere Themen, etwa einen Vortrag von Gerhard Billig, einem Guru der hiesigen Burgenforschung, den dieser im April 2012 bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Burgenvereinigung e.V. in Zwickau gehalten hat, eine Abhandlung über ein großes Unglück beim Sandsteinabbau in Postelwitz anno 1862 oder ein Konzept, was man mit den Auenstandorten im Osterzgebirge machen soll, die vom Hochwasser anno 2002 "umgestaltet" worden sind. Die Kartenbeilage, die es in jedem Heft gibt und die von Marianne und Werner Stams kenntnisreich erläutert wird, zeigt diesmal das Areal um Senftenberg und Hoyerswerda im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts, was besonders interessant ist, weil der Braunkohlebergbau dieses Gebiet im 20. Jahrhundert massiv überformt und zahlreiche Dörfer von der Erdoberfläche verschwinden lassen hat. Etwas weiter östlich liegt Niesky, wo im Mai 2012 das Jahrestreffen des Landesvereins stattgefunden hat, was seine Reflexion in etlichen Beiträgen findet. Weitere Lokalnachrichten und Buchrezensionen runden die diesmal 68 Seiten (es gibt auch dickere Ausgaben) ab, denen zudem als Sonderdruck das Positionspapier "Erneuerbare Energien - Grenzen der Energiewende für den Landschaftsschutz" beiliegt. Klarer Fall beispielsweise eigentlich, aber diversen Entscheidungsträgern offenbar nicht klar: Wenn wir irgendwann nur noch Raps und Mais auf unseren Feldern anbauen, um aus ihm Sprit und Strom zu machen, haben wir nichts mehr zu essen. Die "Mitteilungen", nach wie vor im unverwechselbaren dunkelgraugrünen Umschlag, erscheint dreimal jährlich. Kontakt: Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Wilsdruffer Straße 11/13, 01067 Dresden, landesverein@saechsischer-heimatschutz.de, www.saechsischer-heimatschutz.de

Etwas weniger altruistisch geht das active zu Werke, wobei der Untertitel "Wandern, Erleben, Genießen" allerdings zumindest andeutet, daß man hier etwas für die lokale Wirtschaft bestimmter Areale tun möchte. Klarer Fall: Ökotourismus als eine der wenigen Entwicklungschancen für bestimmte Gebiete hat auf Dauer nur eine Chance, wenn auch tatsächlich Touristen kommen und Geld in diese Gebiete bringen. Und unter diesen Touristen finden sich eben alle möglichen Sparten, von denen das active den zwar vielfältig interessierten, aber auf tiefgründige Gebietserkundung verzichtenden, also sozusagen niedrig- bis mittelschwelligen Reisenden als Zielgruppe hat. Dementsprechend lesen sich weite Teile des Heftes auch wie ein Reisekatalog, was zwar gewisserweise in der Natur der Sache liegt, von den verschiedenen Marktteilnehmern aber in unterschiedlichem Maße kaschiert wird - und hier ist das offenbar weniger der Fall. Das macht das Heft, von dem hier exemplarisch Oktober/November 2012 vorliegt, zwar prinzipiell nicht weniger lesenswert, aber man muß eben wissen, woran man ist, was man erwarten kann und was nicht. Auch die Interviews mit Stefan Glowacz und Luca Pedrotti oder die Reportage über Marcus Chiba, den Chef des Handschuhherstellers Chiba, kratzen überwiegend nur an der Oberfläche, und Pedrottis Antworten lesen sich vom Tonfall her wie gelangweiltes Beamten- oder Politikerdeutsch (wobei es sein kann, daß dieser Eindruck nur anhand einer Übersetzung entstanden ist). Substantieller ist da schon der Praxistest von fünf Trekkingstöcken, und auch die Waschtips für Funktionsjacken dürften manchem Outdoor-Anfänger eine gute Hilfe sein, ebenso wie die Ausrüstungsübersicht für Mehrtages-Trekkingtouren, wenngleich sich die schon wieder in einen reinen Produktkatalog verwandelt. Die Wandertips bewegen sich überwiegend im deutschsprachigen Raum (Ötztal, Aareschlucht, Pfalz, Liechtenstein, Thüringer Wald etc. pp.), wobei der Bild- gegenüber dem Textanteil bisweilen sehr hoch ist. Dazu kommt die Rubrik "Städtetipp", die jeweils schildert, was man an nur einem Tag in der vorgestellten Stadt unbedingt anschauen sollte - diesmal ist Trier an der Reihe, wobei interessanterweise das Karl-Marx-Museum nicht ausgeblendet wird. Über die konkrete Aufarbeitungsqualität der reinen Fakten in den Beiträgen kann man geteilter Meinung sein, je nachdem, ob man mit dem oberflächenkratzenden Anspruch zurechtkommt oder nicht - aber solche Fehlschüsse wie der Wanderweg Hochrhöner, der im ganzen Rhön-Artikel einheitlich falsch Hochröhner geschrieben wird, obwohl wenige Seiten weiter eine Anzeige die richtige Schreibweise beinhaltet, sollten eigentlich nicht vorkommen, auch und gerade nicht in einem Quasi-Werbekatalog, der das Heft unterm Strich eigentlich ist. Wer sowas mag, der findet aber sicherlich manche nützliche Anregung für die nächsten Wanderungen, beispielsweise in der Tabelle über 50 Themenwanderwege, nach Bundesländern geordnet. Kontakt: DoldeMedien Verlag, Postwiesenstraße 5A, 70327 Stuttgart, active@doldemedien.de, www.active-magazin.com

Kann das Gros der Tourentips im active auch vom Normalwanderer bewältigt werden, so sind die meisten Vorschläge in der Extra-Ausgabe "Alpentouren" des Bergsteiger-Magazins schon von anderem Kaliber. Hier steht der geübte Bergsteiger und Kletterer im Mittelpunkt, der allerdings nicht zu denjenigen Menschen gehören sollte, die außergewöhnliche Touren in exotischen Gefilden als das Nonplusultra ansehen. Freilich gibt es auch in den Alpen noch Touren mit eher Geheimtip-Charakter, und von denen fördern die Autoren doch die eine oder andere zutage, selbst in vielbesuchten Gebieten wie der Umgebung der Drei Zinnen in den Dolomiten. Die über 100 Vorschläge ziehen sich nicht durch den ganzen Alpenraum, sondern werden in zwölf räumlichen Kapiteln aus je einer eng begrenzten Region zusammengefaßt, bei der nur die Titulierung als "die 12 schönsten Bergregionen in den Alpen" dahingehend Probleme aufwirft, daß man schlecht anno 2013 ein weiteres Extra-Heft über "die 12 zweitschönsten Bergregionen in den Alpen" herausbringen kann, mal davon abgesehen, daß Schönheit immer in gewissem Maße subjektiv zu bewerten ist. Aber das Redaktionsteam hat sich schon ein paar "dicke Dinger" herausgesucht: Großglockner, Berliner Höhenweg, Bernina-Umrundung, Grindelwald mit der Eiger-Nordwand, Zugspitze und als Krönung das Matterhorn, das der ambitionierte Kletterer trotz akuten Andranges möglichst noch in den nächsten Jahren besteigen sollte, bevor die Temperaturerwärmung den nur durch den Dauerfrost zusammengehaltenen Schotterklotz irgendwann mal in sich zusammenfallen lassen wird. Das Bild-Text-Verhältnis ist durchaus als ausgewogen zu betrachten, die jeweiligen Autoren lieben ihr Gebiet deutlich vernehmbar und haben zudem auch viel Ahnung von der Materie. Neben einem Hauptartikel mit einer allgemeinen Gebietsbeschreibung kommt in jedem Gebietskapitel noch eine Sammlung von Tourenvorschlägen in knapp zusammengefaßter, aber informativer und mit einer Übersichtskarte verdeutlichter Form zum Zuge, und eine Auswahl dieser Touren befindet sich zudem noch mit ausführlichen Beschreibungen in der Heftmitte zum Ausschneiden und Mitnehmen. Die 132 Seiten lesen sich gerade im Winter, wenn der wintersportunwillige Bergwanderer seine Tourenpläne für nächsten Sommer zusammenstellt, wie im Fluge und wie ein riesengroßer Wunschzettel, von dem jeder nach seinem Gusto nehmen kann, was ihm paßt - die Toureninfos enthalten natürlich auch Aussagen zum prinzipiellen Charakter (Wanderung, Klettersteig, Hochtour oder ernste Kletterei) und zu den jeweiligen Schwierigkeitsgraden. Und der Rezensent hat sich nach der Lektüre vorgenommen, irgendwann in nicht allzuferner Zukunft dann endlich auch mal den höchsten Berg Deutschlands in den heutigen Grenzen (neben dem höchsten Berg Deutschlands in historischer Ausdehnung, der auch mal irgendwann noch drankommen muß, aber logischerweise nicht im Heft steht - der Kilimandscharo nämlich), also die Zugspitze, zu erklimmen, nachdem er die höchsten Berge der DDR, Tschechiens, der Türkei und Rußlands sowie Europas (die beiden letzteren sind identisch) bereits "in der Tasche" hat. Kontakt: Redaktion Bergsteiger, Postfach 40 02 09, 80702 München, bergsteiger@bruckmann.de, www.bruckmann.de

Auch in der Aquaristik sind die Ansprüche der Leserschaft und die Herangehensweisen der Redaktionen unterschiedlich gepolt, was an den beiden folgenden Reviews prima festzumachen ist. Nehmen wir zunächst aquaristik her, das den Untertitel "Aktuelle Süßwasserpraxis" trägt und vom Zielpublikum her eher den unbedarfteren Aquarianer anspricht, was freilich nicht bedeutet, daß substantiellere Artikel etwa fehlen würden. Der Mehrteiler über die westafrikanischen Fünffleckbuntbarsche der Gattung Hemichromis, die Titelgeschichte der Ausgabe 4/2012, etwa hat durchaus auch den Anspruch einer grundlegenden Monographie - nur wird er diesem leider nicht vollständig gerecht, da beispielweise Literaturangaben völlig fehlen. Des weiteren erfährt man Interessantes über die Trugdornwelse der Gattung Tatia und die Schmerlen der Gattung Aborichthys und bekommt den kleinen Buntbarsch Xenotilapia ochrogenys mit einer Art Steckbrief vorgestellt. Noch nicht einmal als populärwissenschaftlich geht der ebenfalls mehrteilige Reisebericht von Ernst Sosna aus Bolivien durch - hier muß man schon froh sein, wenn man von den vorgestellten Tieren wenigstens den Gattungsnamen erfährt. In dieses Bild reiht sich auch die Würdigung zum 90. Geburtstag von Günther Sterba ein. Der Mann, einer der größten Zierfischkundler des 20. Jahrhunderts, hat eine Würdigung verdient, das steht außer Frage - aber doch keine wie die von Joachim Knaack, die sich in neutralem Politikerdeutsch auf die Aufzählung einiger Lebensstationen beschränkt, eher an eine Autorenkurzbiographie in einem wissenschaftlichen Werk erinnert und keinerlei Herzblut oder Engagement des Autors erkennen läßt. Da ist beispielsweise der Bericht über die Einrichtung eines neuen Beckens für eine Aquaristik-AG in einer mecklenburgischen Privatschule deutlich interessanter und mit mehr Liebe zum Sujet geschrieben. Für die reisenden Aquarianer gibt es Vorstellungen eines Zierfischladens in Osaka und des Meerwasseraquariums in Palma de Mallorca, für dessen Besuch dem Rezensenten im September leider keine Zeit mehr geblieben war, und mehrere Beiträge beschäftigen sich mit dem neuen Trend des AquaShaping, also der Einrichtung von Aquarien nach landschaftsgestalterischen Prinzipien. Das haben wir früher übrigens auch schon so gemacht, nur hatte das da noch nicht so einen schönen neudeutschen Namen. Zum Gruseln bringen einen altgedienten Aquarianer dann einige der reichlich im Heft verstreuten Produkttips, wo doch glatt empfohlen wird, daß bestimmte Fantasy-Figuren als Dekoartikel geeignet wären, um Kindern die Aquaristik näherzubringen. Setzen, Sechs - und aus der nächsten Bibliothek "Aquarien und Kinder" von Dieter Hohl besorgen und gründlich lesen (einige Sachen sind zwangsweise veraltet, andere aber nach wie vor gültig - und ein pflegendes Pärchen Pelvicachromis pulcher begeistert Kinder viel nachhaltiger als ein Plastikmonster im Wasser). Zudem finden sich im Heft interessante Widersprüchlichkeiten, was den Einsatz von LED-Lampen für die Aquarienbeleuchtung angeht - gleich auf S. 6 wird der ausschließliche LED-Einsatz als problematisch geschildert, andere Beiträge berichten von guten Erfahrungen. Wem Aussagen wie "Im Aquazoo [Düsseldorf] sind zahlreiche ungewöhnliche Aquarienfische zu beobachten" als Bildunterschrift, die uns verschweigt, welche Fische denn da nun abgebildet sind, genügen, der wird mit den 84 Seiten in vergleichsweise riesiger Schriftart mit enormem Zeilenabstand vielleicht glücklich. Kontakt: Friedrich Bitter, Weideweg 41, 49744 Geeste, f.bitter@daehne.de, www.aquaristik-online.de

Von etwas anderem Kaliber ist da schon ein Heft mit dem schönen Namen Amazonas, das im gleichen Verlag erscheint wie die bereits in der 2011er Zeitschriftenkolumne rezensierte DATZ und dieser in gewisser Weise den Rang abgelaufen hat. Gut, der Vergleich ist nur bedingt tauglich, da Amazonas ausschließlich Süßwasseraquaristik als Thema hat, während die DATZ ein breiteres Spektrum abdeckt, also auch die Meerwasseraquaristik und die Terraristik behandelt. Und natürlich ist auch Amazonas bunt und locker aufgebaut - aber man hat irgendwie das Gefühl, hier würde noch tiefgründiger und mit stärker wissenschaftlich geprägtem Anspruch geschrieben. Interessanterweise sind die Autoren beider Hefte partiell identisch, aber zielgruppenorientiertes Schreiben sollte man auch als aquaristischer Publizist natürlich beherrschen. Zentrales Thema der vorliegenden Ausgabe September/Oktober 2012 ist Myanmar, das im Zuge der erweiterten touristischen Möglichkeiten natürlich auch stärker in den Fokus reisender Aquarianer rückt und zudem noch viele aquaristisch unerforschte Regionen beinhaltet, wo man interessante Neuentdeckungen machen kann - selbst der in der Literatur einigermaßen bekannte Inlé-See enthält noch viel Neues, wie der Hauptartikel des Heftes von Rainer Hoyer unter Beweis stellt. Chefredakteur Hans-Georg Evers hat darüber hinaus ein besonderes Faible für Welse, so daß die Beitragsdichte über vier wenig bekannte Harnischwelse, ergänzt noch durch diverse Newsmeldungen sowie einen Panzerwels aus der Corydoras-aeneus-Gruppe möglicherweise kein Zufall ist. Daneben kommen u.a. Kugelfische, Drachenfische und höhlenbewohnende Fische Chinas zu Beitragsehren, ein Reisebericht widmet sich dem System des Zierfischfangs und -exports im peruanischen Iquitos, eine "Homestory" zeigt die Aquarienanlage von Peter Piepenstock, und Literaturtips gibt es auch noch. Die Produktinformationen wirken nicht ganz so aufdringlich wie in anderen Heften, und die Bildqualität ist auch hier besonders hervorzuheben, wobei die Bildbearbeiterin Nadja Sommer offenbar besonderes Gefallen an Fischen vor einem freigestellten Hintergrund gefunden hat, was manchem Leser gefallen wird, weil sich die Aufmerksamkeit so ausschließlich auf den Fisch richtet, während andere das nicht mögen werden, weil es halt keine natürliche Situation ist. Geschmackssache dürfte auch die schwer lesbare Auszeichnungsschrift sein, die im Zeitschriftenlogo auf der Titelseite auch noch senkrecht steht, so daß man erstmal eine Weile braucht, bis man ergründet hat, wie das Heft, das man da vor sich hat, eigentlich heißt. Hat man solche Klippen aber überwunden, enthüllt sich sehr interessanter Inhalt (auf den kommt es ja eigentlich an :-)). Kontakt: Natur- und Tier-Verlag GmbH, An der Kleimannbrücke 39/41, 48157 Münster, verlag@ms-verlag.de, www.ms-verlag.de

Gar keine musikalischen Hefte diesmal in der Kolumne? Gemach, gemach - hier kommen sie, und zwar als erstes Musik und Liturgie, die Zeitschrift des Schweizerischen Katholischen Kirchenmusikverbandes. Dem geht es durch diverse Mittelkürzungen derzeit finanziell nicht so besonders gut - die Kirche hat es doch tatsächlich fertiggebracht, den Verband als "nicht mehr unterstützungsabhängig" zu deklarieren, was im eklatanten Widerspruch zur Bedeutung der Kirchenmusik im heutigen kirchenkulturellen Leben steht, die Hans Zünd im vorliegenden Heft 6/2012 unter dem Titel "Kirchenmusik als besondere pastorale Chance" noch einmal explizit herausarbeitet, dessen Text uns die MuL-Redaktion netterweise auch für die Diskussionstext-Rubrik beim CrossOver zur Verfügung gestellt hat. Da ist es zweifellos kontraproduktiv, wenn man bestehende, für die Arbeit sicherlich nützliche Strukturen gefährdet oder gar zerschlägt, nur um irgendwann mal alles mühevoll wieder neu aufzubauen, weil einem bewußt geworden ist, was man da verloren hat. Das besagte Heft schließt zudem eine sechsteilige Artikelserie über Hausorgeln in der Schweiz ab, und zwar mit dem Instrument von Luigi Ferdinando Tagliavini in seinem Haus in Portalban mit Blick auf den Neuenburger See. Und da steht nicht etwa ein kleines Örgelchen im Wohnzimmer, sondern ein rassiger Dreimanualer mit angehängtem Pedal, disponiert u.a. mit zwei Sechzehnfuß-Registern! Ähnlich interessant ist der Beitrag über die Notenbibliothek der vor 200 Jahren gegründeten Allgemeinen Musik-Gesellschaft Zürich, in der einige bisher kaum beachtete Schätze lagern und auf ihre Hebung warten, wobei noch die Information für den hebungswilligen Leser wichtig gewesen wäre, an wen er sich denn wenden muß, wenn er musikarchäologische Arbeiten ausführen möchte. Der Musikpraktiker unter den Lesern wird auch an der Liedpredigt zu "Die Nacht ist vorgedrungen" von Markus Steinberg Gefallen finden. Dazu kommen zahlreiche Newsmeldungen, ein Kurzreport von der Musikmesse Frankfurt und ein Stapel Rezensionen von CDs und Noten - und schon sind 48 lesenswerte Seiten gefüllt. Ob das Heft ab 2013 unter der genannten Mittelkürzung zu leiden hat (bisher erscheint es sechsmal jährlich) und was sonst noch so in der schweizerischen katholischen Kirchenmusik passiert, das kann man hier erfahren: Redaktion Musik und Liturgie, Sägenstraße 3, CH-7302 Landquart, christian.albrecht@musikundliturgie.ch, www.musikundliturgie.ch

Die Oper gilt gemeinhin als gefährdete Kunstform - immerhin müssen ihre Tickets prozentual gesehen am stärksten bezuschußt werden, weil der in Bewegung zu setzende logistische Apparat der größte aller vergleichbaren Kultursparten ist (praktisch Theater- und Orchesterbetrieb summiert), und so ergibt sich automatisch nicht nur eine Neiddebatte, wenn es mal wieder um Kürzungen der öffentlichen Kulturmittel geht, sondern auch eine Steilvorlage für jeden stur geradeaus blickenden Betriebswirtschaftler in der Verwaltung. Daß die Opernszene trotz überwiegender Verwaltung der künstlerischen Vergangenheit (aktuelle Ausnahme: Jörg Widmanns "Babylon" in München, deren Uraufführung vom Oktober 2012 übrigens auch in der eben rezensierten "Musik und Liturgie"-Nummer vermeldet wurde) aber durchaus lebendig ist, beweist eine Zeitschrift wie Das Opernglas Monat für Monat. Nehmen wir exemplarisch mal die 88 Seiten der Ausgabe 12/2012 her: Aus dem großen Bilderreichtum ergibt sich keineswegs automatisch eine Verknappung des Inhalts, wie das oftmals der Fall ist, sondern ein ganzer Stab von Autoren berichtet von der Opernszene primär in den deutschsprachigen Ländern, aber durchaus auch über den regionalen Tellerrand hinausblickend. Daß den Liverezensionen der meiste Platz gehört, versteht sich in diesem Kontext von selbst, wobei die Berichte in die Rubriken "Aufführungen" und "Rundblick" unterteilt sind, was sich dem Leser auf den ersten Blick nur schwer erschließt (man könnte allenfalls mutmaßen, daß unter "Aufführungen" eher die großen Häuser und unter "Rundblick" eher die kleineren behandelt werden). Trotz weitgehend ähnlicher Grundstruktur der einzelnen Rezensionen finden die Schreiber doch immer wieder individuelle Herangehensweisen an die Sujets, und daß sie Ahnung von der Materie haben, darf vorausgesetzt werden - nur in den Newsmeldungen auf S. 69 stolpert man: Sollte Hans-Joachim Freys "Holländer"-Inszenierung im Oktober 2012 in Ulan-Ude wirklich "die erste Aufführung eines Werks von Richard Wagner jenseits des Urals in Russland" gewesen sein? Wäre zwar nicht völlig auszuschließen, aber doch schwer vorstellbar. An Interviews gibt es drei: Titelheldin Danielle de Niese, ehemaliger Shooting Star der Openszene, aber mit erfreulicher Bodenhaftung, dazu Karan Armstrong (die Witwe des großen Götz Friedrich) und die Nachwuchssängerin Anett Fritsch. Dazu kommen eine Doppelseite mit Nachrufen sowie ausführliche Terminrubriken (inclusive einer Übersicht, wo demnächst Opernraritäten "ausgegraben" werden). Das hintere Viertel des Heftes gehört dann dem Rezensionsteil. Da auch hier die Texte relativ ausführlich gehalten sind, passen gar nicht so viele Neuerscheinungen hin, aber es ergibt sich doch ein guter aktueller Einblick: Zunächst werden fünf Bücher und drei DVDs rezensiert, bevor die nochmals dreigeteilte CD-Rubrik kommt. Der Unterschied zwischen "CD-News" und "Neue CDs" erschließt sich inhaltlich dabei wieder nicht so richtig, dazwischen lagert noch ein Special mit der Überschrift "Jubiläum, Jubiläum!", das hauptsächlich CD-Boxen teils auch voluminöseren Zuschnitts vorstellt (immerhin stand die Advents- und Weihnachtszeit bei Erscheinen des Heftes kurz bevor), wobei natürlich die großen Jubilare des Jahres 2013, Giuseppe Verdi und Richard Wagner, gebührend betrachtet werden, aber auch Jules Massenet oder "Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm" (Erstveröffentlichung des ersten Bandes anno 1812), von denen sich mancher Komponist inspirieren ließ, nicht vergessen werden. Für Opernfreunde vermutlich unverzichtbare Lektüre. Kontakt: Opernglas Verlagsgesellschaft mbH, Greickstraße 36, 22529 Hamburg, info@opernglas.de, www.opernglas.de

Das Prädikat "Unverzichtbar" kann, nein, muß man mittlerweile auch dem Eisenblatt verleihen: Nirgendwo sonst kann man sich derart kompetent über a) den Rock & Metal aus der DDR sowie die heutigen Nachfolgeprojekte diverser der damaligen Musiker (plus einige junge Bands aus den neuen Bundesländern) informieren. Das beweist mal wieder Nr. 8 des optisch nach wie vor die alte kultige Linie fahrenden A5-Heftes. Sehr ausführliche Interviews gibt es mit Frank Eichhorn, der als Sänger von Cobra eine der wenigen offiziellen Plattenaufnahmen von DDR-Metalbands machen durfte (vier Songs auf dem "Kleeblatt"-Sampler Nr. 22, der außerdem noch je vier von Plattform und MCB enthielt und mittlerweile auch in versilberter Form vorliegt) und ansonsten eine sehr wechselvolle Mitwirkungsgeschichte aufzuweisen hat, und drei Ex-Mitgliedern der Suhler Band Tantrum, die in ihrer Region in der letzten Zeit vor der Wende recht bekannt waren, es aber nie zu Aufnahmen, auch nicht im semiprofessionellen Bereich, brachten. Prank und Sapid Steel vertreten die jüngere Bandgarde, und Dritte Wahl und die reformierten Knorkator geben Auskunft über ihre Bandgeschichte bzw. die neuen Tonzeugnisse, wobei man bei Knorkator wie gewohnt über den Ironiefaktor schmunzeln darf. Die Reihe "Akten-Einsicht - Fünf Fragen an Ostmetal-Musiker" porträtiert diesmal keinen Musiker, sondern Matthias Hopke, der als Moderator der Sendung "Heavy-Stunde" bei DT 64 für die hartmusikalische Sozialisation einer ganzen Fan-Generation sorgte. Dazu kommen ein paar Newsmeldungen sowie einige Rezensionen alter oder neuer Tonträger, wobei man Herrn Engel auch die als redaktionellen Beitrag getarnte Schleichwerbung für die LP-Veröffentlichung der beiden ersten Moshquito-Demos zu verzeihen geneigt ist - da spricht halt parallel auch der Fan und Enthusiast aus dem Gedruckten. Damit sind die 60 Seiten auch schon wieder gefüllt. In nicht allzuferner Zukunft dürfte auch mit dem Erscheinen von Nr. 9 zu rechnen sein. Kontakt: Hendrik Rosenberg, Gleißnerplatz 4, 90471 Nürnberg, eisenblatt@ostmetal.de, http://eisenblatt.ostmetal.de

Das neunte Rock Classics-Sonderheft widmet sich einer Band, die justament im Jahr 2012 ihr 30jähriges Gründungsjubiläum begehen konnte, in diesen 30 Jahren kontinuierlich aktiv gewesen ist und es zudem geschafft hat, personelle Stabilität herzustellen: Zwei Wechsel auf dem Drumschemel sind die einzigen Besetzungsveränderungen in 30 Jahren Bandgeschichte der Toten Hosen, was bedeutet, daß vier Fünftel der Gründungsbesetzung noch immer zum aktuellen Line-up gehören - eine recht außergewöhnliche Situation, zumal witzigerweise auch noch drei Fünftel der Gründungs- wie der heutigen Besetzung den Vornamen Andreas tragen. Das neue Album "Ballast der Republik" hat mal wieder die Sonderstellung der Band in der deutschen Rockszene bestätigt - Rockszene, jawohl, denn den punkigen Anfangstagen entwuchsen die Hosen spätestens mit dem vierten Album "Ein kleines bißchen Horrorshow", wobei "Hier kommt Alex" es beinahe nicht aufs Album geschafft hätte, weil der Song als zu rocklastig angesehen wurde. Letztlich landete er dann doch dort, sogar als Opener, und wurde zu einem veritablen Hit, wenn nicht sogar zum Signatursong der Band. Das Vorwort des Heftes bringt die Sachlage rund um die Band erstklassig auf den Punkt: "Es gibt wohl keine andere Band auf dem Planeten, die den Spagat zwischen sozialem und politischem Engagement und fast kindlicher Blödelei besser beherrscht als die Düsseldorfer." Die 100 Seiten beschränken sich nicht auf die Bandgeschichte, sondern handeln auch und vor allem sehr kenntnisreich das frühe Umfeld der Band ab, etwa die Rolle des Ratinger Hofs in Düsseldorf für die Entwicklung nicht nur der Düsseldorfer, sondern sogar der deutschen Punkszene oder in Gestalt eines Interviews mit Drummer Claus "Fabsi" Fabian die Geschichte von ZK, der Quasi-Vorläuferband der Hosen, wo mit Sänger Campino und Gitarrist Kuddel zwei spätere Hosen-Mitglieder direkt beteiligt waren, und auch der Rest der Gründungsbesetzung trieb sich im ZK-Umfeld herum. Campino wiederum äußert sich ausführlich zum Einfluß, den die Ramones auf sein Schaffen ausgeübt haben. Die Schilderung der Bandgeschichte selbst erfolgt zwar kenntnisreich, aber leider etwas trocken und farblos, zudem recht knapp - das ist man aus dem in der gleichen Reihe erschienenen und in den 2011er Zinereviews rezensierten Pink-Floyd-Heft anders gewöhnt. Oder sollte das gestalterische Absicht sein, da Punkrock ja auch viel schneller und oft oberflächlicher zu Werke geht als Progepen? Von den 100 Seiten geht zudem enorm viel für Werbung drauf, und in der Heftmitte finden sich neben vier Postern noch ganze 12 Seiten für einen riesigen Merchandisekatalog von Nix Gut, der sich nur partiell mit Hosen-Stoff befaßt (dafür aber ein Shirt mit der Aufschrift "Mehr Bildung für Faschisten!" für 7 Euro anbietet, das neben dem nicht wegzudiskutierenden Kultfaktor indes auch die Shirtdesigner mit einer Bildungslücke ausweist - Faschismus gab es in Italien, und das deutsche Pendant dazu heißt nach wie vor korrekt Nationalsozialismus, auch wenn man dieses Wort in linken Kreisen wegen des Wortbestandteils "sozialismus" nicht gerne hört). In einem aktuellen Interview äußert sich Campino zu den Songs des neuen Albums "Ballast der Republik", bevor der hintere Teil des Heftes erneut Umfeldbeleuchtungen verschiedener Art gehört: Interviews mit den aus dem Hosen-Umfeld stammenden Deutschrockern Massendefekt, der Coverband 5 Kleine Jägermeister, dem Hosen-Fanforumbetreiber Andreas Peters und Aleks Spengler, dem Mannschaftsbetreuer des Hosen-Lieblingsclubs Fortuna Düsseldorf. Interessant ist übrigens Peters' Andeutung, daß die Hosen noch nie positives Feedback für sein Engagement übrig hatten, aber das sei eine andere Geschichte ... Zwei Seiten gehören darüber hinaus wieder den rarsten Sammlerstücken, wobei diesmal aber auch etliche Promos dabei sind, die eigentlich nie in den Verkauf hätten gelangen dürfen, was etwas seltsame Gefühle nicht nur bei der Band selbst auslösen dürfte und den etwas zwiespältigen Charakter des Heftes perfekt unterstreicht. Beigelegt ist übrigens eine CD mit 8 Tracks aus der frühen Punk- und New-Wave-Szene der BRD, u.a. mit Kultbands wie The Flying Klassenfeind, hinter der sich Poptheoretiker Diedrich Diedrichsen und einige andere Journalisten des damaligen Sounds-Magazines verbargen. Kontakt: Slam Media GmbH, Mollardgasse 85a/2/75, A-1060 Wien, redaktion@slam-zine.com

Theorie und Praxis verbindet auch das MT-Journal auf den 76 Seiten (plus 8 Seiten Beilage) der Ausgabe Sommersemester 2012. In bewährter Weise reflektiert das Magazin das Leben an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy", und da gab es im besagten Semester an der Einrichtung, übrigens diejenige mit der rein numerisch größten Anzahl an Veranstaltungen in Leipzig, wieder einiges zu erleben, manches eher hinter den Kulissen und nur für die Studenten selbst gedacht, vieles aber durchaus auch für die Öffentlichkeit, um zu demonstrieren, was die Studenten im Rahmen ihrer Ausbildung so alles gelernt haben. Und das ist eine Menge! Da führen die gerade erst an die Hochschule gekommenen neuen Schauspielstudenten nach gerade mal einem Semester "Die Schneekönigin" für Leipziger Kindergarten- und Grundschulgruppen auf, da gibt Menahem Pressler, der große alte Pianist von Weltruf, einen Meisterkurs, da führt auch das 3. HMT-Jazzfest manche Koryphäe an die Hochschule, da wird ein Film eines Dramaturgiestudenten für die Berlinale ausgewählt - vielerlei Berichtens- und Lesenswertes ist im Heft versammelt. Reflexionen der Vergangenheit gibt es u.a. zu dem Komponisten Hans Gál, dessen 25. Todestag anno 2012 weitgehend unbeachtet blieb, oder der Komponistin Ethel Smyth, die ihre zwei Hochschulsemester im 19. Jahrhundert übrigens als weitgehend unnütz empfand, obwohl sie sich zuvor nichts sehnlicher gewünscht hatte, als in Leipzig zu studieren. Der Aufrechterhaltung der Ausbildungsqualität vor dem Hintergrund finanzieller Einschränkungen widmen sich mehrere Beiträge in direkter oder eher verschlüsselter Form, und hochinteressant zu lesen ist das Interview mit Matthias Oldag, der 2011 an die Hochschule zurückgekehrt ist, nachdem er als Intendant des Altenburg-Geraer Theaters eben an wirtschaftlichen Problemen gescheitert war. Für das Heft stand diesmal allerdings offenbar ein geringfügig größeres Budget zur Verfügung: Die Titelseite ist erstmals vierfarbig gehalten, ebenso die achtseitige Beilage, die sich diesmal den Kostümentwürfen für die im Juni 2012 gezeigte Hochschulproduktion der Johann-Strauß-Operette "Die Fledermaus" widmet und einen Blick hinter die Kulissen einer Kostümwerkstatt wirft - ein Bereich, mit dem der Normalleser und auch der Normalstudent ja eher selten bis nie in Berührung kommt und dann nur die Ergebnisse zu Gesicht bekommt. Dazu kommen dann noch eine Veranstaltungsvorschau, andere Newsmeldungen sowie Personalnachrichten positiver wie negativer Art, im letzteren Fall also Nachrufe auf u.a. Gerhard Bosse und Pei-Ying "Pay" Lee, beide ja auch beim CrossOver teils mehrfach zu Rezensionsehren gekommen. Wenn diese Rezension erscheint, wird dann auch die Arbeit an der Ausgabe Wintersemester 2012/13 in den letzten Zügen liegen. Kontakt: MT-Journal, c/o HMT Leipzig, Pressestelle, Grassistraße 8, 04107 Leipzig, presse@hmt-leipzig.de, www.hmt-leipzig.de

Ebenfalls ein Nachruf ist auf die Zeitschrift Musik in Sachsen zu schreiben - allerdings nur in ihrer bisherigen Form, die mit der Nummer 4/2012 letztmalig vorliegt. Ab 2013 wird es eine neue Konzeption geben: Das Heft erscheint dann nicht mehr vier-, sondern nur noch zweimal im Jahr, und zwar in etwas veränderter inhaltlicher Zusammensetzung. Der große Veranstaltungskalender, der bisher zwei Drittel jedes Quartalsheftes ausmachte, wird wegfallen und durch eine Onlineversion auf der Homepage des Sächsischen Musikrates ersetzt. Statt dessen sollen die Beiträge aus den Mitgliedsverbänden des Sächsischen Musikrates sowie allgemeinere kulturpolitische Beiträge eine umfangreichere und, so ein O-Ton im Vorwort der Nummer 4/2012, professionellere Darstellung finden. Wir als Leserschaft sind gespannt, ob das funktionieren wird (man braucht dafür ja eine gewisse Manpower, wie es neudeutsch so schön heißt, und die fällt nicht vom Himmel und kann auch nicht einfach vom Veranstaltungskalender abgezwackt werden, denn auch dessen Onlinevariante will gepflegt sein), und wir wünschen sowohl uns als auch dem SMR, daß es funktionieren wird (und beispielsweise Fallstricke vermieden werden können wie der jüngste, daß der Artikel über das 20jährige Jubiläum des Ensembles Percussion & Posaune primär aus der offiziellen Pressemitteilung besteht, die auch schon im MT-Journal abgedruckt worden ist) - mehr dazu wird dann in den Zeitschriftenrezensionen 2013 nachzulesen sein. Derweil nehmen wir nochmal Nummer 4/2012 zur Hand, lesen den Bericht über die Sanierung des Robert Schumann Konservatoriums Zwickau, den über den Landesposaunentag in Görlitz oder den über die junge Geigerin Johanna Schultze - und das Grande Finale der 64 Seiten gehört einer Gratulation des scheidenden Rektors der Dresdner Hochschule für Kirchenmusik, Christfried Brödel, der justament 65 geworden ist. Kontakt: Sächsischer Musikrat e.V., Redaktion "Musik in Sachsen", Berggartenstraße 11, 01277 Dresden, musikinsachsen@saechsischer-musikrat.de, www.saechsischer-musikrat.de (bis hierher: rls)

G.U.C. Nr. 28 (2012)
Diese kleine Beschau der metallischen Kollegschaft kann ich nahezu wortwörtlich beginnen wie die vorjährige. Das G.U.C. Nr. 28 ist wieder 136 Seiten lang, kommt im DIN A5-Format daher, ist s/w bebildert und beackert hauptsächlich die extremeren Spielarten des Metal. 57 Seiten gehen für Rezensionen drauf, die meisten davon CD-Rezensionen, unterteilt in die bekannten Rubriken aus Highlights, Arschbomben (zu denen Roland die neue Seven Steps zählt - Skandal!), unbekannten Perlen und dem - zahlenmäßig größten - Rest. Bemerkenswert ist die Buchauswahl bei den Buchrezensionen: Die bekannte Wander- und Bergsteig-Literaturbeschau von Roland hat man ja schon aus vorherigen Ausgaben liebgewonnen und wird hier noch ergänzt um Blicke in u.a. ein Kochbuch und Hans Traxlers legendäre Märchenforschungsparodie "Die Wahrheit über Hänsel und Gretel".
Interviewt werden sechzehn Musiker bzw. Bands, von denen lediglich Paul Speckmann mit seiner Kulttruppe Master über einen größeren Bekanntheitsgrad verfügt. In gewohnt großklappiger Manier führt Speckmann durch sein Leben vom behüteten Kind einer amerikanischen Mittelstandsfamilie bis zum bescheidenen Leben als unerkannter Death-Metal-Vorreiter in der Tschechoslowakei. Weitere Interviews werden mit Abjured, Lucifera und Oakenshield geführt. Ergänzend gibt es die obligatorische CD, die diesmal 58 Minuten dauert und u.a. mit dem brutalen Todesblei von Macabre Demise, Gymirs flotten Black Metal und dem feinjustierten Breitwandsound von Fyretyre gutklassiges Ohrenfutter bereithält. Daneben zeigt "Face Off" von Joe Matera einen kleinen Stinkefinger in Richtung der Puristenabteilung.
Und sonst? Das Rock-unter-der-Eiche-Festival wird vorgestellt, Redakteurin videbo berichtet auf zwei Seiten über die Panzerfahrschule Panzer-Power im altmärkischen Mahlwinkel und Torsten Staudes "Panoptikum des Grauens" behandelt diesmal Mörder, die ihre Ehefrauen oder Verlobten töteten und von denen es eine Menge zu geben scheint. Die Schauerserie ist jedenfalls auf ganze 24 Seiten angeschwollen.
Und damit ende ich wieder wie im Vorjahr. Die drei gut investierten Euro für das Heft gehen wie gewohnt an G.U.C., Staudacher Str. 7, 93354 Siegenburg, www.guc-area.de (ta)



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