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Ivory Night
von gl anno 2011

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IVORY NIGHT - Raus aus dem Panic-Room!

Die Pfälzer sind nach "etwas" längerer Wartezeit mit ihrem dritten Album "The Healing" zurück und nach einiger Unruhe im Line-Up Ende 2010 und trotz eines zum Glück nicht schlimmen Unfalles des Sängers konnte ich mich Anfang des Jahres in elfenbeinfarbener Nacht mit gleich drei der Jungs zusammensetzen ...

Ihr wart über die Klassifizierung "Konzeptalbum" zu "The Healing" nicht so glücklich. Wie würdet Ihr es denn beschreiben?
Patrick: Unglücklich sind wir damit nicht, es ist aber kein Konzeptalbum mit Handlungsstrang und durchgehenden Texten. Wir haben 13 kleine Geschichten verfasst, die allesamt Missstände umschreiben, die dann im letzten Song "The Healing" aufbrechen und sich positiv auflösen. Die Songs haben aber nicht viel miteinander zu tun an sich.
In "Cash Flow" fasse ich die ersten Erfahrungen aus dem professionellen Musikgeschäft zusammen, wo ich ja immer gern sage, dass im Wort "Musikgeschäft" das "Geschäft" anteilig mehr Buchstaben hat - und das wohl zu Recht … Es ist einfach eine kleine Bestandsaufnahme aus Unverschämtheiten, die ich mir nicht ausgedacht habe, aber viel Zeit verbracht habe, sie zu hören oder zu lesen!
"Mary 1 AM" ist eine kleine Lieblingsgeschichte von Tilmann und mir, die ich mit ein paar nicht so ganz gewöhnlichen englischen Begriffen in zwei Strophen gepackt habe. Da uns der Song im Anfangsstadium musikalisch etwas an QUEENSRYCHE erinnert hat, war klar, dass die Frau, um die sich die Geschichte dreht, "Mary" heißen sollte. Für Fans, die sich hierdurch beleidigt sehen, ist natürlich jede andere Herleitung des Namens ebenso korrekt. Nur aufgrund des damals noch längeren Intros stand auch noch der Titel "Dallas 1 PM" von SAXON Pate. Da die Nummer in A-Moll gegriffen wird und die Handlung um 1 Uhr morgens ihren Höhepunkt findet, war der letztliche Songtitel "Mary 1 AM" unausweichlich. All das müsste ja definitiv einen ganz miesen Text ergeben, es ist aber in der Tat einer meiner besten: Ein kranker Geist lebt eine fiktive Romanze zu einem illegalen minderjährigen Online-Model und beschreibt die Panik, wenn Autoscheinwerfer Schatten an seine Wände werfen, weil jedes der Autos die Polizei sein könnte, die ihn abholt, um ihn für sein Handeln einzusperren.
"Concrete Smile" kommt aus einer anderen Ecke - Lächeln ist in vielen Bereichen unseres Lebens eine Dienstleistung geworden, die Gedanken sind natürlich frei. Deshalb ist ein Lächeln oftmals nur eine Farce und wie aus Beton gegossen: kalt, künstlich und stabil.
"Panic Room" gefällt mir textlich besonders gut. Der Panic Room ist ja ein Raum, in den man sich zurückziehen kann, wenn Einbrecher ins Haus kommen. Man ist da drin sicher und kann sogar die Polizei holen. Essen und Trinken gibt es auch. Der Haken ist wie im Kinofilm nur, dass man eingesperrt ist, sollte die Polizei nicht kommen und die Verbrecher vorm Panic Room sitzen bleiben. In unserem Fall ist der Panic Room ein Teil der eigenen Psyche. Da kann man auch unangreifbar werden und letztlich eingesperrt verrecken.
"The Cell 2.0" ist da recht ähnlich. Man kann im Leben an Punkte kommen, in denen man nur noch in sich selbst gefangen ist und eben nicht aus sich raus kann. Daher kommt der Ausdruck ja auch. Das ist dann wie eine kleine enge Zelle.

Aus bekannten Gründen hat es "etwas" länger gedauert mit eurem dritten Album. Habt Ihr tatsächlich alles bereits 2009 eingespielt, wie es hinten auf der CD draufsteht?

Patrick: Naja, wir haben uns ohnehin viel Zeit mit den Songs gelassen, bei den Aufnahmen mit unserem Produzenten Ronny Lang (der renommierten Studios und vor allem Gesangsschule vocallessons.de) ebenfalls, weil wir unsere Songs von einem außenstehenden Ohr objektiv beurteilen lassen wollten und dann auch noch die Arrangements gestrafft haben. Die meiste Zeit hat aber natürlich das Finden eines passenden Labels gedauert. Es gibt ja nicht mehr so viele Metal-Plattenfirmen, leider ... Und Aaarrg kamen ja auch während unserer CD-Produktion erst wieder zurück!

Das selbstbetitelte Debütalbum  Der Zweitling 'Machine'
Das neue Ivory Night-Album 'The Healing'
Kurz vor Albumveröffentlichung habt Ihr Benedikt Zimniak in die Band aufgenommen (auch Gitarrist bei Mekong Delta) - wolltest Du die Freiheit haben, Patrick, dich ganz auf deinen Gesang zu konzentrieren?
Patrick: Ja, Bene ist uns kurz vor Abschluss auch noch über den Weg gelaufen - und er war der Mann, den wir die ganzen Jahre immer gesucht hatten. Ich habe seit Jahren immer wieder philosophiert, mich nur auf den Gesang zu konzentrieren. Es fällt mir zwar leicht zu singen und gleichzeitig zu spielen, es erfordert aber eben einiges an Konzentration. Und wir sind nicht gerade die Sorte Band, die live einen konzentrierten Eindruck hinterlässt, wir sind eher ein Haufen wildgewordener Viecher, die über die Bühne rennt. Da passt ein "richtiger" Sänger schon besser.
Und als Bene ins Spiel kam, das hat halt einfach menschlich und musikalisch super gepasst, er beherrscht alle Stile, auch Blues, was mich dann letztendlich natürlich völlig überzeugt hat!

Durch ihn kam ja auch sicherlich der Deal mit dem reaktivierten Label Aaarrg zustande? (Die "Monster-Vocals" - wie soll man es sonst nennen? - bei "QMF 08/15" (was heißt das eigentlich?!?) ordnete ich zunächst diesem Sound (ein klein wenig an Mekong Delta erinnernd) zu, doch der Songs entstand ja schon lange davor? Eure Stärke ist m.E. dass man die Band kaum einklassifizieren kann - was wiederum auch wieder eine Schwierigkeit sein könnte ...
Patrick: Klar, wir haben über Bene dann sowohl Erik Groesch, der das Album dann gemastert hat, als auch den legendären Ralph Hubert kennengelernt. Und auch das hat halt auf allen Ebenen einfach gepasst, menschlich wie musikalisch. Und dann war das ganze eine nette Unterhaltung bei ein paar Tassen Kaffee und der Deal war geklärt. Wir sind sehr zufrieden wie die Sache sich gestaltet, Aaarrg ist ein super Label und wir sind sehr früh ins Boot gestiegen, das gefällt uns. Von da an ging dann auch alles ganz schnell!
"QMF 08/15" befasst sich mit dem ganzen Wahnsinn der Zertifizierung und Transparentmachung privater Betriebe jedweder Art in Europa. Da wird mehr oder minder jeder Handgriff in Qualitäts-Management-Formularen festgehalten und vorgeschrieben. Die Dinger sind durchnummeriert und heißen dann eben QMF 123.5 oder eben 08/15. Ich liebe den Titel, weil er so herrlich sperrig ist und trotzdem eben genau auf die Musik passt und sich auch noch gut mitsingen lässt! Die Zertifizierung kostet übrigens Unsummen, jeder muss das machen, sonst darf er nur noch eingeschränkt arbeiten, und es dient niemandem - außer dem, der das Geld einsackt. Das ist doch ein wunderbares Werkzeug der Korruption. Die "Monster-Vocals" sind übrigens nicht gepitcht, die sind echt gesungen! Und es stimmt, der Song ist wesentlich früher entstanden, als einer der ersten der CD. Volker (Schick, Drummer) und ich hatten das Grundgerüst davon in einer sehr glückvollen Jamsession aus dem Boden gestampft. Damals kannten wir Bene noch nicht einmal. Das mit der Stärke, die auch eine Schwierigkeit sein könnte, stimmt voll und ganz! Sehr oft verstehen uns die Leute nicht sofort, können uns schwer einordnen, während andere Bands, die zum milliardsten Male das Schwert, den King und den Metal besingen, schneller angenommen werden. Aber ich denke, wir tun der Szene echt ganz gut, gerade weil wir eben eigen und kreativ sind!

Ein historischer Konzertflyer ...  Der neue Bassist: Kalle Keller
Und die andere Personalie können wir leider nicht unerwähnt lassen: Kurz vor Albumveröffentlichung ist euer Bassist Carsten Kettering ausgestiegen. Danke, dass Ihr Euch eine kleine Mannheimer Radiosendung namens "Rock Of Ages" ausgesucht habt, um dies (ähem ... weltexklusiv ...) zu verkünden: So lassen wir den "Neuen" Karlheinz Keller doch selbst zu Wort kommen:
Kalle, du kennst die Jungs schon "etwas" länger ...?

Kalle: Tja, erst mal muss ich sagen, dass ich meinen Namen "Karlheinz" echt nicht mag und auch kaum darauf reagiere. Ich war eigentlich schon immer "KALLE". Was die Musik angeht, ich habe vor mehr als 30 Jahren angefangen mit Gitarre. Habe viel Zeit verschwendet mit schlechten Musikern und konnte mich kaum weiterentwickeln. Irgendwann wurde es auch immer weniger mit der Musik. Im Jahr 2002 stieg ich in eine Band ohne Namen ein. Eigentlich suchten die einen Sänger. Doch schon beim Vorsingen merkte ich schnell, dass da viel Arbeit vor mir liegt. Ich griff mir von einem der Gitarristen die Gitarre und habe die Jungs zum Staunen gebracht. Am nächsten Tag kam ein Anruf, ob ich auch Leadgitarre und Gesang machen könnte, der Gitarrist ist ausgestiegen. Und so entstand die Band FRIENDLY FIRE. Da ich nun wieder in der Musikerszene auftauchte, lernte ich damals auch die Jungs von IVORY NIGHT kennen. Tilmann spielte damals auch noch bei WARCHILD. So gegen Herbst 2004 suchten WARCHILD einen neuen Basser. Tilmann fragte mich, ob ich auch Bass spielen kann. Also schnappte ich mir den Bass meiner Frau und fuhr zum Vorspielen in den WARCHILD-Proberaum - und endlich hatte ich auch GUTE Musiker um mich, um mich musikalisch weiter zu entwickeln. Im April 2008 spielten wir als Support für PALACE in Speyer in der Halle 101. Nach dem Konzert kamen die Jungs von PALACE auf mich zu und fragten mich, ob ich bei ihnen einsteigen möchte. Ich habe mit den Jungs von WARCHILD darüber gesprochen (bei WARCHILD ging es nicht so recht vorwärts) und das Angebot von PALACE angenommen. Mit PALACE spielte ich unzählige Konzerte und mein Bassspiel wurde richtig gut (fast schon göttlich ...). Doch bereits November 2009 habe ich PALACE wieder verlassen. Mein damaliger Arbeitgeber ging in die Insolvenz. Meine neue Arbeit ließ es kaum zu, die Zeit zu finden, die ich für PALACE brauchte. Es war eben nicht einfach für mich, zur Probe nach Speyer zu fahren bei einer Arbeitszeit bis 20:00 Uhr. So hatte ich für ein Jahr wieder keine Band. Und dann kam im November 2010 der Anruf von IVORY NIGHT, vier Wochen später spielte ich bereits mein erstes Konzert mit den Jungs (war verdammt viel Arbeit, in so kurzer Zeit so viel zu lernen). Ich denke, dass ich bei IVORY NIGHT endlich da angekommen bin, wo ich auch hingehöre!
Patrick: Das denken wir auch!

Du spielst weiterhin mit Carsten in deiner anderen Band Ross The Boss, Patrick - keine Schwierigkeiten damit?
Patrick: Keine Ahnung, seit unserem Split gab es keine RTB-Aktivität bisher! Und dann die weniger polarisierende Antwort: Nein, natürlich nicht, wir haben uns ja im Guten getrennt. Aber welche der beiden Antworten ist denn nun interessanter? :-)

Das soll jetzt kein RTB-Interview sein, aber 2 Fragen seien gestattet: Dass eure Zusammenarbeit mit Ross nun schon in das 3. Jahr geht und vor kurzem bekanntlich auch das 2. Album erschien, scheint nahezulegen, dass dies keines dieser - wie so oft - gehörten Projekte ist (berühmter Musiker umgibt sich mit unbekannten, kassiert dann 75% der Gage und die anderen dürfen sich den kümmerlichen Rest teilen). Ross ist ja 'n Typ zum Umfassen, verlangt kein Geld für Meet & Greets (wie seine ex-Band ...) und unterhält sich mit jedem Fan. Kann man sagen, dass eine Freundschaft entstanden ist; Ihr wart ja auch schon dreimal in den USA, um dort Gigs zu spielen. Wie war es denn auf dem Prog-Power in Atlanta ...
Patrick: Oh je, es werden im April sogar schon fünf Jahre! Die Zeit verfliegt. Es war anfangs allerdings noch nicht abzusehen, ob wir ein Album zusammen machen würden, daher stimmen 2 CDs in 3 Jahren auf jeden Fall. Nein, ein Projekt ist es tatsächlich nicht. RTB sind eine ganz normale Band, außergewöhnlich ist dabei nur, dass einer von uns aus New York kommt und eben sehr viel berühmter ist als der Rest.
Ross ist aber eben einfach ein richtiger toller Typ, ein absolut korrekter Mensch mit einem ganz normalgroßen Ego, diplomatisch und eben sehr bodenständig. Er ist derjenige, der immer den Zeitrahmen sprengt bei Meet & Greets, weil er wirklich Gott und die Welt kennt und mit jedem gern erzählt. Das ist sehr selten, vor allem wenn man mal bedenkt, seit wie vielen Jahren er schon im Geschäft ist! Klar, wir sind Freunde, absolut. Sonst gäbe es die Band auch gar nicht. Ich würde es nicht machen, wenn wir uns nicht gut verstehen würden! Wir haben im September den Midweek-Mayhem des Prog Power-Festivals gespielt, also waren wir der Headliner der Warm-Up-Show, wenn man so will. Es war mit Abstand das größte und publikumsstärkste Konzert unserer bisherigen USA-Visiten. Es gibt sie also tatsächlich noch, die Metal-Begeisterten in den Staaten, die Resonanz war unglaublich positiv.

Patrick, du hast mir gestern gesagt, dass du nach dem Gig auf dem Bang Your Head ein paar Monate brauchtest, um dich wieder zu motivieren. Du besuchtest das Festival jahrelang als Besucher und dann standest du auf einmal selbst da oben. Man kann nur erahnen bzw. sich vorstellen, wie das anderen Künstlern/Bands, die nicht so geerdet sind wie Ihr, ergeht und hat dann schon die Antwort, warum sie in ungesunde Dinge flüchten ...?
Patrick: Das war tatsächlich ein großer Wendepunkt in meinem Leben. Ich war bis zur BYH-Show 2009 immer total auf die Musik fixiert und konnte mich sonst auf fast nichts im Leben groß einlassen. Der Auftritt dort war wohl offensichtlich das, was ich als Musiker gebraucht habe, um mich selbst als Musiker zu akzeptieren und mit mir zufrieden zu sein. Ich habe dort als Fan über die Jahre so ziemlich jeden gesehen, der mich begeistert und inspiriert hat. Als wir dort fertig waren, bin ich nach ein paar Stunden in ein riesiges Loch gefallen und habe mehrere Monate gebraucht, um wieder einen Zugang zur Musik zu finden, das ist aber ein ganz anderer als früher. Ich fühle mich lockerer und wohler dabei. Früher war es ein regelrechter Drang, oder Zwang. Heute ist es eher eine Leidenschaft! Ich glaube, dass es vielen Musikern so geht. Man definiert sich komplett durch die Musik, hat wenig Zeit und Platz für andere Dinge im Leben. Das kann riskant sein, man verliert unter Umständen die Bodenhaftung. Solche Leute gibt es, ich kenn da auch welche von der Sorte ...
Patrick Fuchs auf der BYH-Bühne mit Ross The Boss
Patrick und Ross 2009, Bang Your Head

Tilmann, seit Jahren steckt Ihr Geld in euer Hobby, legt eher drauf, als daß Ihr was verdient, Anfang des Jahres sah ich Euch für 5 Euro in einem Jugendzentrum! Keineswegs habt Ihr den Gig effektheischend mit "feat. RTB Members" beworben und trennt die Bands auch strikt, Ihr selbst habt gesagt, außer dem Sänger haben die Bands kaum was miteinander zu tun, was ich unterstreichen kann. Vor ca. 25 Nasen habt Ihr ein tolles Konzert gegeben und dennoch Spaß und Engagement vermittelt. Ist man da nicht (wie wir Schreiberlinge ...) etwas positiv bekloppt, soviel Engagement und Herzblut in die Sache reinzustecken, oder denkt man sich manchmal "Ich such mir ein anderes Hobby ..." oder ist man "Addicted To Metal" (Kissin' Dynamite)?!?
Tilmann: Also, das "bekloppt" würden bestimmt viele Leute unterschreiben, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob das immer von allen als "positiv" bekloppt gesehen wird. Ich sehe mich nach wie vor als bekloppter Musikfan - nicht unbedingt nur auf Metal beschränkt, daher eher "Addicted To Good Music". Da ich die Musik auch schon aus mehreren Blickwinkeln kennen lernen durfte, fällt es mir nicht so schwer, mich in die jeweilige Situation des Gegenübers hineinzuversetzen, ob das jetzt der Zuhörer, der Live-Mischer oder der Schreiberling ist :-). (Tilmann schrieb in der Vergangenheit für powermetal.de - Anm. gl) Bei all diesen Seiten ist und bleibt dabei für mich die Musik selbst das Wichtigste und nicht das Drumherum, wie z.B. irgendeine Werbekampagne oder das Aussehen. Für mich bedeutet das eine Art, Emotionen auszudrücken, zu übertragen und im Gegenzug auf die Emotionen des anderen wieder einzugehen. Ob man diese Emotionen nur innerhalb der Band oder mit dem Publikum - egal welcher Größe - teilt, ist dabei nicht so entscheidend. Entscheidend ist, dass überhaupt irgendwelche Emotionen übertragen werden können.
Gerade bei der 2007er Peru/Ecuador-Tour hatten wir das Gefühl, ganz intensive Emotionen zu teilen und ich spreche hier nur von der Musik. Daher muss alles andere die Musik einfach nur ergänzen oder bereichern. Bei unserer neuen CD haben wir z.B. versucht, die Songs in Bildern künstlerisch umzusetzen, was dank der Hilfe unserer Grafiker m.E. hervorragend geklappt hat. Natürlich ist es das Ziel fast jedes Musikers, möglichst viele Menschen zu erreichen. Das ist auch unser Ziel, aber wir werden deshalb nicht uns bzw. unsere Werte verkaufen. Allerdings zählt hier zum Verkauf nicht dazu, als IVORY NIGHT auf ROSS hinzuweisen. Beide Bands helfen sich untereinander - z. B. mal als Drum- oder Gitarrentechniker - und hin und wieder wird ROSS erwähnt, wie wir bzw. der Veranstalter gerade lustig ist. Ich denke, die meisten aus der Szene wissen das eh und wer danach fragt, dem sagen wir das auch. Das Geld spielt bei uns nicht die tragende Rolle, auch wenn vieles damit zusammenhängt. Bisher waren wir wirklich eher idealistisch, wie übrigens die meisten Bands auch, die sich nicht anbiedern wollen und eigene Musik schreiben. Am liebsten wäre es uns, wenn wir uns in Zukunft ausschließlich auf die Musik konzentrieren könnten - aber wer kann das schon?
Patrick: Wobei ich das Wort "Hobby" eigentlich sehr kritisch sehe mittlerweile, da wir einen deutlichen Blick hinter die Kulissen werfen konnten. Entweder die gute Hälfte aller Magazin-würdigen Bands sind Hobby-Bands, oder wir sind eben dann doch (fast) alle Profis, die Nebenjobs haben. Ich meine, wenn ich ein Restaurant habe, das die ganze Woche geöffnet hat, und nebenher noch Versicherungsmakler bin und damit das meiste Geld verdiene, dann ist es ja trotzdem eine "richtige" Kneipe!

Ivory Night im Februar 2011 in Saarbrücken  Ivory Night in Aktion

Patrick Fuchs  Tilmann Ruby
Auch Ihr habt einen Song namens "Popstar" im Angebot, der sich der Casting-Musik-Szene widmet. Aber die Seuche geht ja ungebremst weiter, und dass sich selbst (von mir) geschätzte Leute wie Marta Jandova dort einspannen lassen, macht die Sache nicht leichter ... Die Knallchargen-Kapelle Lavive, die sie dort im Dezember gekürt haben, ist nur 3 Monate (!) später schon wieder Geschichte. Guter Text eures Liedes, aber was bringt so ein Song? Die Blödmänner, die sich Merzad Marashi oder Mark Medlock gekauft haben, werden ihn nie hören ...
Patrick: "Popstar" ist quasi unser Bonustrack, da er stilistisch mit Bläserbesetzung doch aus dem Rahmen fällt, das war musikalisch ein tolle Voraussetzungen für das Thema. Es hat wirklich Spaß gemacht, sich selbst mal in so eine DSDS-Rolle reinzudenken. Ich würde das nie machen, Musik sollte kreativ und frei sein - also das exakte Gegenteil von dem, was da bei DSDS und POPSTARS so passiert. Dass den DSDS-Fans wohl nie hören werden, macht nichts, die leben in ihrer Welt - und wir in unserer!

Fux, der Text zu "The Healing" ist ja fast schon philosophisch (sowas wäre natürlich bei RTB nicht möglich) und der Refrain übrigens ein absoluter Ohrwurm - auch ungewöhnlich für Ivory Night. Was brauchst Du, um auf solche tollen Texte zu kommen, da ich weiß, dass Du weder trinkst noch rauchst ...
Patrick: Das Album ist ja oft sehr zynisch und düster, was die Texte angeht, der Titelsong bringt dann ein positives Ende: "Do you remember when the clouds began to break and when the rays of light would warm the breath you'd take?" in der zweiten Strophe gibt eine offene Perspektive. Genau in dem Moment befrei ich mich auch aus der Zwangsjacke bei unseren Konzerten. Der Text sagt eigentlich ganz offen, dass man nicht unbedingt wissen muss, wie alles weitergeht, es genügt das positive Gefühl, die positive Lebenseinstellung.

Tilmann, zum Abschluss noch was aus dem Kuriositäten-Kabinett: Ungefähr zeitgleich zu eurem Debüt erschien auch die CD der Kanadier Ivory Knight. Wie du mir kürzlich erzähltest, wollten euch die Kerle tatsächlich verklagen (was 'ne Lachplatte) - wie ging die Sache aus? (Wir haben ja schon einige alberne Namensstreite erlebt: Die absolut dämlichste finde ich ja bis heute zwischen Hurricane und Hurricane Alice, die sich dann tatsächlich in Hericane Alice umbenannten!!)
Tilmann: Wir waren ziemlich begeistert von der Idee einer nicht unbedingt sehr bekannten kanadischen Band, eine andere Band verklagen zu wollen. Patrick fand das auch ziemlich lustig, worauf er dann den Text für den etwas Maiden-lastigen Song "We Won't Change Our Name" geschrieben hatte. Diesen hatten wir dann noch einige Zeit im Liveprogramm, bis wir nach mehreren Monaten der per Mail angekündigten Drohung die Luft rausnehmen konnten mit dem Hinweis, dass "Night" und "Knight" ja doch schon etwas Unterschiedliches bedeuten. Dann hatten wir uns noch freundschaftlich geeinigt, in Kanada mal eine Tour zu spielen unter dem Motto "Night of the Knights" oder "Knight of the Nights". Dazu war die Zeit aber wohl noch nicht reif ...
Patrick: Zumal die Herren nach ihrer jahrelangen Ottawa-Only-Tour mittlerweile das Handtuch geworfen haben. Naja :-)
Georg, wir danken Dir!!! Würde uns freuen, wenn wir uns bald mal wieder über den Weg laufen und das mit dem Rhein-Neckar-Gig vielleicht klappt. Schöne Grüße, Los Ivories

Interview: gl
Fotos Saarbrücken 2011: Andrea Jaeckel-Dobschat
Fotos BYH 2009: Georg Loegler



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