www.Crossover-agm.de U8: Pegasus 1001
von rls

U8: The Shaber   (Karthago Records)

"Pegasus 1001" war das Debütalbum der Salzburger Band U8, und mit dem vorliegenden Re-Release in der Serie "Heavy Metal Classics" des Karthago-Labels ist es nicht nur wieder erhältlich (wenn auch lediglich in 500 Exemplaren), sondern es kann zugleich die editorische Frage des originalen Veröffentlichungsjahres geklärt werden. Für selbiges kursierten in der Literatur unterschiedliche Angaben von 1981 bis 1983 - die Liner Notes, verfaßt von Gitarrist Günter Maier und Sänger Erich "Lem" Enzinger, beantworten diese Frage nun aus erster Hand mit "April 1983". Enzinger war erst kurz vor den Aufnahmen eingestiegen und hatte den Posten des Leadsängers von Drummer Kurt Rumpf übernommen, wobei Maier schon früher als Zweitsänger fungiert hatte. Enzinger sollte sich allerdings bald zur zweiten kreativen Säule der Band entwickeln, wovon "Pegasus 1001" freilich noch keine Spuren enthält: Die neun Songs stammen allesamt komplett aus Maiers Feder und sind für die Entstehungsjahre 1980 (Bandgründung) bis 1983 (Albumrelease) allesamt nicht ganz untypisch: U8 zeigten sich einerseits etwas von der NWoBHM beeinflußt, wurzelten aber noch deutlich im Siebziger-Hardrock und waren damit 1981, als die ersten Tonzeugnisse konserviert wurden, noch relativ vorn in der jungen Metalbewegung mit dabei, 1983 aber von den Entwicklungen in England und besonders den USA schon ziemlich überholt worden, obwohl oder gerade weil sie an ihrem einmal liebgewonnenen Stil festhielten und sich von der Höher-Schneller-Weiter-Bewegung fernhielten. Das brach ihnen nach der Folge-LP "The Shaber" trotz deren unbestreitbarer Qualitäten das Genick, während nach "Pegasus 1001" vorläufig noch alle Türen offenstanden und zudem ja mit Enzinger ein wichtiger Zugewinn im musikalischen wie kompositorischen Bereich zur Band gestoßen war. Interessanterweise polarisieren die neun Songs des Erstlings weniger als die acht des Zweitlings. Waren dort mit "Out Of Control" und dem Led-Zeppelin-Cover "Rock And Roll" zwei paradoxerweise auch noch als Single ausgekoppelte Schwächeanfälle, aber mit dem Titeltrack oder "Till The End Of The World" auch alles überstrahlende Glanzlichter enthalten, so fliegt der Pegasus immer auf ungefähr gleicher Höhe und macht das Album somit zu einem gutklassigen Genrebeitrag ohne große Höhen und Tiefen. Ein kleines Stück ragt das knapp siebenminütige "Fly Away" heraus, das einige hochdramatische Passagen enthält, aber im Gesamtschaffen der Band wie eine (immer noch recht starke!) Vorstudie zu den beiden genannten Highlights vom Folgealbum wirkt. Die beiden flotten Opener der A-Seite, "God Of The Highway" und "The Power And The Majesty", ermöglichen durch ihren ähnlichen Energiegehalt den Vergleich der zeitlichen Einflüsse: Während erstgenannter Song Gitarrenpassagen enthält, deren Anlage deutlich auf zwei Gitarristen verweist, wie es bei fast allen jungen Metalbands damals Usus war, kommt "The Power And The Majesty" im Solo ohne Rhythmusgitarre aus, wie es die meisten Siebziger-Bands handhabten, wobei U8 interessanterweise zu Gründungszeiten in Gestalt von Manfred Seifriedsberger noch einen Zweitgitarristen besaßen, ab dem zweiten Demo dann aber Maier allein agierte. Und dessen britische Helden lassen sich im Falle des stilistisch sehr homogenen Albums viel besser erkennen als auf dem vielschichtigeren "The Shaber": Diamond Head bis zu ihrem 1982er Album "Living On Borrowed Time". "England hatte die schwermetallische Reinkarnation von Led Zeppelin vor Augen", schrieb Holger Stratmann anno 1993 im RockHard in der Diamond-Head-Titelstory anläßlich des Comebackversuchs "Death & Progress" in seiner Aufarbeitung der Bandgeschichte, und genau das, nämlich eine starke Siebziger-Prägung in Achtziger-Metal zu übersetzen, versuchten auch U8. Zwar landeten sie nicht so weit im Blues wie Diamond Head mit "Don't You Ever Leave Me", und die rabiate metallische Energie der frühen Diamond-Head-Singles, die einen gewissen Lars Ulrich zum Die-Hard-Fan der Band mutieren ließ, geht den Österreichern auch ab - aber es bleiben immer noch genügend Momente, die interessante Querverweise zulassen. Freilich hatte Maier auch andere Helden, etwa die Black Sabbath der Dio-Ära, die im schleppenden Himalaja-Metal von "Sherpin' Man" von ferne grüßen (man erinnere sich an "Children Of The Sea" von der Raritäten-CD "Touch Of Fire", das trotz verdächtigen Titels kein Sab-Cover darstellte, aber trotzdem musikalisch etwas in diese Richtung tendierte). "Sherpin' Man" wurde übrigens auch als B-Seite der Single "Fantasy For Dreamers" ausgekoppelt. Mit diesem balladesk beginnenden, aber später durchaus hart rockenden Track schaffte es die Band sogar in die österreichischen Charts, wo sie sich neun Wochen lang in den Top 10 halten konnten und folgerichtig auch in der "Top 10" betitelten Sendung des ORF auftreten durften, was dann einen entsprechenden Werbespruch auf der Rückseite des Singlecovers nach sich zog. Beide Singles (ausgekoppelt wurden auch noch "Long Nights"/"God Of The Highway") sind im Booklet auch abgebildet und zeichnen sich durch eine unglaublich simple Gestaltung aus, auch der Cover-Pegasus sieht vom Kopf her eher wie ein Schaf aus. Offensichtlich steckten U8 den Hauptteil ihrer Kreativität in die Musik und taten auch gut daran, was eine interessante Entdeckung ermöglicht: Die Band hatte schon in ihrer Frühzeit ein enorm großes Repertoire und konnte es sich somit leisten, eine ganze Menge Demosongs für das Debütalbum außen vor zu lassen und durch aktuelle Kompositionen zu ersetzen. Von der 1981er ORF-Session beispielsweise, deren vier Songs auf der genannten Raritätensammlung enthalten sind, fanden nur "Pegasus 1001" und "The Power And The Majesty" Verwendung, die drei Songs des 1982er Demos blieben gleich ganz unberücksichtigt, und von den fünf Songs des ersten, 1981 eingespielten Demos gelangte nur "God Of The Highway" aufs Debütalbum und "Living For A While" auf die noch 1981 erschienene erste Single.
Selbiges erstes Demo findet sich als Bonusinhalt des vorliegenden Re-Releases von "Pegasus 1001". Das reguläre Album endet mit dem Titeltrack, der bereits einen Direktvergleich der Stimmen Rumpfs und Enzingers ermöglicht hat: Rumpf singt den Einleitungspart, Enzinger den Rest des Songs. Das auf der CD zweimal vorhandene "God Of The Highway" bietet eine weitere Querhörmöglichkeit, und Rumpfs im besten Sinne als normal zu bezeichnende Stimme kann gegen Enzingers Rockröhre nicht bestehen, überzeugt für sich betrachtet aber besonders in ruhigeren Passagen durchaus. In "Demon's Tale" erinnert sie dabei an die ruhigeren Momente von Paul Di'Anno auf dem Iron-Maiden-Debüt, während "Living For A While" eher gen Amerika schielt, auch ins Repertoire von Kansas oder Styx gepaßt hätte und Rumpfs Stimme damit eine durchaus angemessene Entfaltungsplattform bietet, während er wie gesagt für die harten Passagen weniger geeignet erscheint, was wohl auch der Grund für die Band war, Enzinger aufzunehmen, zumal das Material fürs Debütalbum überwiegend am härteren Ende der bandinternen Skala angesiedelt war - "Straight Into The Night", "Long Nights", "Fast Driving Mama" und zumindest phasenweise auch der Titeltrack machen ziemlich Druck, was man etwa vom alten Demotrack "Isabella" nicht behaupten kann - eine Akustikballade, wieder im Kansas-Stil, allerdings mit etwas gewöhnungsbedürftigem Gesangsarrangement bietet sich hier dar, die mit einem richtigen großen Könner wie Steve Walsh am Mikro durchaus höher hätte scoren können. Das zunächst mit einem knackigen Hauptriff ausgestattete und sich in unerbittlichem Midtempo nach vorne schraubende, dann aber in einen Speedbrecher umschaltende und später noch mit einem großen epischen Break und einem furiosen Hauptsolo (zwei Gitarristen, jaja) bestechende "Same Old Lies" macht nochmal die Luxuslage U8s klar, auf solche Songs für ihr Debütalbum verzichten zu können und trotzdem ein gutklassiges Werk abzuliefern, das jeder Diamond-Head-Anhänger einem intensiven Hörtest unterziehen sollte.
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
God Of The Highway
The Power And The Majesty
Sherpin' Man
Fly Away
Straight Into The Night
Long Nights
Fantasy For Dreamers
Fast Driving Mama
Pegasus 1001
Demon's Tale
Living For A While
God Of The Highway
Isabella
Same Old Lies



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