U8: The Shaber von rls (Karthago Records)
Das 1984 erschienene "The Shaber" bildete das zweite und letzte reguläre Album von U8 (sieht man von der 2013er Raritätensammlung "Touch Of Fire" ab), obwohl es eigentlich als Start in eine glorreiche Zukunft gedacht war: Sänger Erich "Lem" Enzinger war mittlerweile fest in die Band integriert, nachdem er erst kurz vor dem Debütalbum "Pegasus 1001" hinzugestoßen war und das meiste Material dafür schon stand. Auf "The Shaber" dagegen finden wir in sieben von acht Tracks eine Coautorenschaft von Enzinger und Gitarrist Günter Maier, und der achte ist eine Coverversion, leider allerdings eine eher schlappe: "Rock And Roll" hat dem über eine Dekade älteren Original von Led Zeppelin nicht nur nichts hinzuzusetzen, sondern kann ihm in puncto Druck, Laszivität und Feeling keineswegs das Wasser reichen. Kurioserweise wurde ausgerechnet dieser Track auch noch als Single ausgekoppelt, und die B-Seite enthielt "Out Of Control", das zwar keine Led-Zeppelin-Coverversion war, aber trotzdem einige auffällige Ähnlichkeiten zum "Immigrant Song" beinhaltete und nur durch Maiers einfallsreiches Hauptsolo und partiell noch durch den flüssigen Refrain am Prädikat "Ausfall" vorbeikommt. So sind ausgerechnet die beiden schwächsten der acht Songs auf der Single gelandet - ob das nun der Auslöser für den Streit war, der die Band bald darauf spaltete und nie wieder auf einen grünen Zweig kommen ließ, muß an dieser Stelle offenbleiben. Aber die songwriterischen Stärken der Band lagen sowieso eher im epischen Bereich: Dem noch etwas unauffälligen Opener "'s I'm Ready" folgt das reichlich fünfminütige "A Song For A Lonely Werewolf", das geschickt zwischen einem flotten Hauptteil und einem schleppenden Einschub pendelt, und wenn man auf der imaginären A-Seite "Out Of Control" überstanden hat (das wie erwähnt durchaus seine lichten Momente, aber eben auch Schatten hat), gelangt man zum über neunminütigen Titeltrack, einem Meisterwerk des epischen Hardrocks, dessen ultradüsterer Beginn alle Möchtegernfinsterlinge zurück in den Keller jagt (man achte mal genau auf das außertaktmäßige Türklopfen!), das sich dann über verschiedene Zwischenstufen in einen bombastischen und hoffnungsvollen Mittelteil steigert (die Keyboards stammen von Gandalf aka Heinz Strobl, der in Progrockkreisen angesichts einer Fülle von unter besagtem Künstlernamen, den er weit vor der Tolkien-Manie wählte, erschienenen Alben durchaus bekannt ist), der allerdings abrupt beendet wird und wieder dem finsteren Anfangsmotiv Platz macht. Allein für diesen Song hätte sich weiland der Erwerb der LP schon gelohnt, und das Gleiche gilt auch für den nunmehr vorliegenden CD-Re-Release aus der "Heavy Metal Classics"-Serie des Karthago-Labels. Der hat zudem drei Vorteile: Erstens enthält er fünf Bonustracks (dazu unten mehr), zweitens ist er deutlich preiswerter als die mittlerweile recht rare LP, und drittens spart man sich das Umdrehen, um von "The Shaber" zu "Stop The War", dem recht flotten B-Seiten-Opener, zu kommen, der wie die anderen Songs U8s Verwurzelung im Siebziger-Hardrock deutlich machte, womit sie 1984 mitten in der Speed-Explosion freilich schon recht anachronistisch wirkten, und selbst ihre epischen Tracks, so gut diese bei einer überzeitlichen Betrachtungsweise auch waren, konnten mit den gleichzeitigen Ergüssen einer Band wie Manowar in puncto Radikalität nie und nimmer mithalten. Nur in einem Punkt waren U8 innovativ, nämlich mit dem auf "Rock And Roll" folgenden "Turn It On", in dem sie einen Tangorhythmus verarbeiten, ganze drei Jahre vor Warlocks "Metal Tango" - wer freilich genau hinhört, entdeckt hier mitten im Refrain einen abermaligen Rückgriff auf Led Zeppelin, bevor der perkussive erste Teil des Solos wieder nach Lateinamerika weist. Genützt hat's den Österreichern freilich nichts, ebensowenig wie der Albumcloser "Till The End Of The World", nochmal so ein Epos, nicht so ausgefeilt wie der Titeltrack, aber ebenfalls die hohe Qualität verdeutlichend, die das Gespann Enzinger/Maier zu fabrizieren in der Lage war. Lediglich die Backings im Refrain klingen hier ein wenig zu bemüht, aber dafür finden Bandeinflußspurensucher hier die wohl deutlichsten Einflüsse einer anderen großen Band: Black Sabbaths "Heaven And Hell"-Motiv hat im Einleitungsteil relativ deutliche Spuren hinterlassen, bevor U8 eine andere Abzweigung nehmen, aber dem Grundrhythmus prinzipiell trotzdem lange treu bleiben und letztlich mit einem ekstatischen Hauptsolo einen würdigen Abschluß für ein interessantes, wenngleich schon damals wie auch heute völlig unzeitgemäßes, aber über weite Strecken durchaus hörenswertes Album finden.
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