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BLACK SABBATH: 13
von rls

BLACK SABBATH: 13   (Vertigo)

Man kann die Black-Sabbath-Diskographie drehen und wenden, wie man will - "13" irgendwie als 13. Album zu deklarieren fällt schwer. Daß es gerade 2013 erschienen ist, fällt als Inspirationsquelle auch eher schwer zu glauben. Ozzy Osbourne gibt in seiner Thankslist eine mögliche Deutung: 13 Jahre lang habe man regelmäßig über das Projekt eines neuen Black-Sabbath-Albums in der Urbesetzung gesprochen. Wir erinnern uns: 1998 erschien ein in der besagten Urbesetzung eingespieltes Album namens "Reunion" mit Liveaufnahmen und zwei neuen Songs, aber danach verhinderten Egoprobleme und Rechtsstreitigkeiten eine kontinuierliche weitere Zusammenarbeit, und nachdem unter dem Banner Heaven And Hell eine andere klassische Black-Sabbath-Besetzung, nämlich Mark II der Dio-Ära, zusammengefunden und unter dem Titel "The Devil You Know" ein bärenstarkes Album vorgelegt hatte sowie auch live umfangreich in Erscheinung getreten war, schien ein Sab-Album mit Ozzy in weite Ferne gerückt zu sein. Kurioserweise war es erst der Tod von Ronnie James Dio, der den Weg für die Urbesetzung wieder freimachte - zumindest für Teile von ihr: Ozzy steht wieder am Mikrofon, allerdings ist Drummer Bill Ward nicht berücksichtigt worden, obwohl Tony Iommi ihn in seiner Thankslist immer noch zur Black-Sabbath-Familie rechnet. Aber man hatte wohl Angst, daß er in seinem angeschlagenen Gesundheitszustand zum Bremsklotz der gerade wieder ausgebrochenen Euphorie werden könnte. Heaven-And-Hell-Drummer Vinny Appice wäre ein logischer Ersatz gewesen, aber Osbourne, Iommi und der Dritte im Bunde, Bassist Geezer Butler, arbeiteten erst mit Tommy Clufetos und heuerten schließlich Brad Wilk an, der mit dem Status "Special Guest Musician" auch "13" einspielte - der durch Rage Against The Machine bekannt gewordene Trommler ist also kein festes Mitglied (auf der 2013er Tour saß beispielsweise wieder Clufetos am Schlagzeug). Wer freilich Angst gehabt haben könnte, Wilk würde aufgrund seines völlig anderen Bandbackgrounds und seines im Vergleich mit dem Rest-Trio niedrigen Alters (er wurde 1968 geboren, als die anderen drei gerade beim Sab-Vorläufer Earth spielten) einen verwässernden Einfluß auf den Bandsound ausüben, der darf sich nach dem Durchhören der acht neuen Songs beruhigt zurücklehnen. Wilk spielt zwar keinen reinen stoischen Geradeausbeat, neigt aber auch nicht dazu, an passenden wie unpassenden Stellen Fills einzubauen (was Appice gelegentlich tat); zudem war er den Credits zufolge nicht am Songwriting beteiligt. Aber solche Zwischenspiele wie in "Loner" kurz nach Minute 2:30 hätten mit Ward oder Appice sicherlich deutlich anders geklungen. Osbourne klingt interessanterweise so wie immer - seine Stimme hat, sofern da nicht umfangreich technisch nachgeholfen worden sein sollte, immer noch die alte Farbe und ist für sein Alter auch noch recht kräftig. Iommi wiederum ist nicht zum alten Frühsiebziger-Gitarrensound zurückgekehrt, sondern orientiert sich paradoxerweise mehr an dem der Spätsiebziger, dessen zugehörige Black-Sabbath-Alben eigentlich allgemein weniger geschätzt werden. Vom Songwriting her übertrifft "13" diese allerdings in der Tat, und zu dieser Feststellung genügt ein Hineinhören in die ersten Sekunden des Openers "End Of The Beginning": Iommi spielt eines seiner besten Riffs seit vielen Jahren, und schon ist das alte Feeling wieder da. Daß dieser Song von der Struktur her ein wenig an "Black Sabbath" vom gleichnamigen Debütalbum erinnert, wird vielleicht kein Zufall sein, und daß der Albumcloser "Dear Father" mit Glocken- und Gewittergeräuschen endet, die dem "Black Sabbath"-Intro gleichen, nachdem der Songhauptteil schon den klassischen Tritonus verarbeitet hat, ist definitiv kein Zufall. Freilich mag man sich darüber streiten, ob damit ein Rahmen um das Schaffen von Black Sabbath gelegt werden soll, so daß man dies als Zeichen zu werten hätte, daß kein weiteres Studioalbum erscheinen wird (immerhin sind die Kerls ja auch schon Mitte 60, und keiner weiß, ob Iommi seinen Lymphdrüsenkrebs besiegen können wird). Sollte dem so sein, dann dürfen sich Osbourne, Iommi und Butler zumindest gutschreiben, mit einem guten bis sehr guten Album aufgehört zu haben, auf dem sie zudem keineswegs nur ihre berühmte Frühphase, sondern auch andere Elemente ihrer Karriere Revue passieren lassen. "Zeitgeist" greift Stilmittel auf, die wir früher schon in "Planet Caravan" gehört haben, über den Spätsiebziger-Gitarrensound wurde bereits geschrieben, und "Age Of Reason" läßt noch zwei andere Querverweise zu. Zum einen verleihen Keyboards einigen Passagen einen Schuß Extra-Dramatik (das gab es in den Mittsiebzigern auch schon mal), und zum anderen weisen die Gitarrenleads hier schon in die Dio-Ära mit ihren eher an klassischen Metal angelehnten Sololäufen. Und da sich die komplette Grunge-Szene auf Black Sabbath beruft, dürfen die Väter auch mal solche Gefilde zitieren, was sie in "Damaged Soul" tun (man höre hier genau auf Gitarren und Drums!), allerdings mit einem Augenzwinkern (welche Grungeband hat schon eine Mundharmonika eingesetzt?). Nicht jeder Einfall funktioniert allerdings - was etwa die ironische Brechung am Ende von "Age Of Reason" soll, läßt sich nur schwer verstehen. Doom-Puristen wird die durchaus vielfältig inszenierte und sehr tempovariable Scheibe möglicherweise sogar ganz mißfallen, und auch wenn man kein Doom-Purist ist, darf man durchaus festhalten, daß das an und für sich starke "God Is Dead?" durch den ausufernden Schlußteil keinesfalls gewinnt. Sollten also tatsächlich noch weitere Black-Sabbath-Alben anstehen, bleibt noch etwas Steigerungspotential übrig, um ein großartiges Alterswerk abzuliefern. Bis dahin sollte sich jeder Altfan der Band und auch jeder, dem die Metamorphose von Ozzys Soloschaffen zu Black Label Society II mißfallen hatte, mit den 53 Minuten von "13" mal etwas genauer beschäftigen.
Kontakt: www.blacksabbath.com

Tracklist:
End Of The Beginning
God Is Dead?
Loner
Zeitgeist
Age Of Reason
Live Forever
Damaged Soul
Dear Father



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