www.Crossover-agm.de ME + MARIE: One Eyed Love
von rls

ME + MARIE: One Eyed Love   (Capriola)

Eigentlich müßte dieses Duo ja Me + Maria heißen, denn letzteres ist der Vorname der weiblichen Hälfte, zumindest soweit bisher bekannt und soweit im Booklet vermerkt - dort findet sich allerdings die Variante Maria de Val anstatt der bisher bekannten Maria Moling. Hat sie einen Herrn nachnamens de Val geheiratet, oder handelt es sich um ein Pseudonym, das auf ihre Herkunft aus La Val im Gadertal anspielt? Beide Varianten wären möglich, wobei es sich im Falle der ersten wohl nicht um ihren Duopartner handeln dürfte, denn der Mensch, der auf dem Posterbooklet mit seiner riesigen Sonnenbrille so aussieht, als wolle er bei Monster Magnet einsteigen, heißt Roland Scandella, was natürlich auch wieder ein Pseudonym sein könnte, und diese Vermutung stellt sich dann auch als korrekt heraus. Fragen über Fragen - aber die Musik dieses Duos, an deren Arrangements auch noch Produzent Alex Sprave und Hubert-von-Goisern-Drummer Alex Pohn mitgeschraubt haben, wirft ebensolche auf. Bekanntlich ist Maria Moling ja studierte Schlagzeugerin, und so verwundert die geschickt in Szene gesetzte Variationsbreite der perkussiven Elemente auf der Debüt-CD des Duos erstmal nicht. Daß sie auch prima singen kann, weiß man aus ihren Zeiten bei Hubert von Goisern und in den letzten Jahren speziell von Ganes, die sie übrigens keineswegs verlassen hat, sondern die ihre "Stammband" zu bleiben scheinen und justament auch eine neue Scheibe am Start haben. Direktvergleiche zu Ganes bieten sich natürlich an und offenbaren, daß Me + Marie neben offenkundigen Unterschieden (Scandella ist auch am Gesang beteiligt und läßt im Titeltrack bisweilen etwas an Justin Furstenfelds Gastbeitrag auf Tarjas "Colours In The Dark"-Album denken) so etwas wie eine konsequente Weiterentwicklung bestimmter Elemente des Ganes-Sounds darstellen, und das ist an vorderster Stelle der reduzierte Faktor, der aber an bestimmten Stellen dann auch wieder aufgebrochen wird. So zeigt sich der Opener "I Want You To Know" als extrem minimalistischer Bluesrocker, der sein schleppendes Tempo auch bis zum Schluß beibehält, allerdings in einem Bombastfinale mit Choreinsatz mündet. Weil Me + Marie das Ergebnis offenbar so gut gefallen hat, wenden sie ein ähnliches Prinzip in "You Don't Know" gleich nochmal an, dort allerdings mit insgesamt (nochmals!) reduzierter Intensität. So entsteht ein seltsamer Hybride aus Sprödigkeit und Zugänglichkeit, der in den insgesamt zehn Songs respektive knapp 43 Minuten in verschiedenen Ausprägungen inszeniert wird: als melancholische Rockballade etwa ("Farewell Song") oder ultrakomprimierter Jazz ("Where's Your Soul", mit Gasttrompete von Martin Wenk), gegebenenfalls auch mit Pink-Floyd-Anklängen in einer Anmutung, daß Nick Mason sich mal etwas mehr in originellen Rhythmen hätte austoben dürfen. Über allem liegt dabei ein friedlicher Schleier, der dazu verleitet, die Scheibe nebenher laufen zu lassen, wo sie allerdings komplett durchrauscht - sie verlangt konzentriertes Hören, um ihre Einfälle zu offenbaren. Im Gegensatz zu Ganes bedienen sich Me + Marie überwiegend der englischen Sprache, nur in zwei der zehn Songs kommt wieder das heimatliche Idiom, also Ladinisch bzw. Rätoromanisch, zum Tragen, darunter im Closer "Rises", einer Akustikballade, die also nicht etwa als Ergänzung zum davorstehenden, leider etwas unmotiviert endenden Akustikrocker "Storm Is Rising" gedacht ist, wie man mutmaßen könnte, wenn man den Titel als Englisch mißversteht. "White Noise" dürfte nicht als Tribut an die legendäre Leipziger Undergroundband gleichen Namens gedacht gewesen sein (deren Bekanntheitsgrad im Gadertal und in Graubünden gegen Null tendieren dürfte) und klingt auch nicht nach ihnen, aber ebensowenig nach dem Geräusch, das man mit diesem Titel zu beschreiben pflegt - statt dessen haben wir wieder einen der "bandtypischen" schleppenden angebluesten Rocksongs vor uns, die sich von minimalistischen Anfängen noch zu relativ großen Soundwällen aufschwingen, wenngleich diese auf der ganzen Scheibe aufgrund der erwähnten sehr distanzierten Produktion keine den Hörer umfassende Wirkung entfalten (das könnte live durchaus anders sein, aber der Rezensent hat Me + Marie bisher noch nicht auf der Bühne erlebt). Das hat freilich wieder andere Vorteile - man achte mal in "Hai Eu Less" auf die den ganzen Song durchziehende Bassdrum, die so weit in den Hintergrund gemischt wurde, daß keinesfalls ein technoider Anklang entsteht, die aber trotzdem präsent genug bleibt, um der sonst eher zurückhaltenden Nummer einen kontinuierlichen Vorwärtsdrang zu verleihen. Nicht alle Songs wissen gleichermaßen zu überzeugen, aber eine interessante Scheibe ist's allemal, deren schlichte Schwarz-Weiß-Optik vom schnappschußartigen Cover (der grieselige Stil ist sicherlich Absicht) nicht unbedingt wirkmächtig unterstützt wird. Bleibt nur noch die Frage: Was ist das für ein Kaktus auf dem Backcover?
Kontakt: www.meandmarie.com, www.blankomusik.de

Tracklist:
I Want You To Know
You Don't Know
One Eyed Love
Where's Your Soul
Farewell Song
Please Forgive Me
Hai Eu Less
White Noise
Storm Is Rising
Rises
 




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