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THE LUST: Membrane
von rls

THE LUST: Membrane   (Sleaszy Rider)

Das dritte Album von The Lust unterscheidet sich doch in mancherlei Komponenten vom Vorgänger "My Dear Emptiness", wenngleich die generelle Linie "Melodic Metal mit weiblichem Gesang" weiterhin die Marschroute darstellt. Allerdings kehren Yan und seine Mitstreiter wieder ein Stück weit zu ihrem Debütalbum "Tangled" zurück: Sie weisen dem Keyboard eine etwas fokussiertere Rolle zu, setzen es also an bestimmten Stellen gezielter ein und machen auch den geringfügig moderneren Touch des Zweitlings wieder ein Stück weit rückgängig, wenngleich manche der Sounds, etwa der unter dem Eingangsriff von "Who Will Be The Next", nach wie vor diesen gewissen Dancefloor-Einschlag besitzen und einzelne Parts, so das Outro von "Unreal You", gleich ganz aus Keyboardeffekten bestehen. Dafür greift Keyboarder Max in weiten Teilen von "Who Will Be The Next" auf den gleichen oder einen sehr ähnlichen Sound zurück wie Kasper Mortensen in Amorphis' "Black Winter Day", und in Verbindung mit der recht harten Gesamtkonzeption des Songs und der hier dominierenden harschen männlichen Vocals kann man auch insgesamt Amorphis als passenden Vergleich anführen. Besagter Keyboardsound hat Max offenbar so gut gefallen, daß er ihn in der folgenden Halbballade "Aghore" gleich nochmal einsetzt, zusammen mit klassischen Streicherflächen synthetischer Prägung, wie man sie im Frühwerk von Nightwish häufig eingesetzt fand. Die Geschwindigkeit ist in der ersten Hälfte des Albums deutlich heruntergeschraubt worden, wobei The Lust ja noch nie die großen Speedfanatiker waren - aber erst "Hit In The Face" an sechster Position des Albums erreicht Geschwindigkeiten, die der Vorgänger bereits an Trackposition 2 und 3 vorgegeben hatte. Hier finden Yans extreme Vocals und Mirlas klare, nach wie vor an eine Mixtur aus Sabine Edelsbacher und Liv-Kristine Espenaes erinnernde Stimme auch die wohl beste Balance des ganzen Albums - er grunzt die Strophen, sie singt den Refrain, was in diesem Fall richtig gut zueinanderpaßt. Das flotte Tempo scheint Yan aber so gut gefallen zu haben, daß er das folgende "Corporal" auch gleich noch in höheren Tempolagen ansiedelt, von den Stakkati abgesehen aber doch eine Lage weiter unten und zudem ohne männlichen Gesang. Außerdem tritt das finstere Riffing in den Refrains akustisch so weit nach hinten, daß man außer einem gewissen Grummeln kaum noch etwas hören kann. Das war vermutlich nicht so beabsichtigt, und generell muß man festhalten, daß der Wechsel des Aufnahmestudios dem Material von "Membrane" nicht gut getan hat. Der von Alex Bolotow, der ansonsten bei Uncrossed spielt und auf dem Album gasthalber auch den Baß einspielte, zusammengezimmerte Sound ist nicht prinzipiell schlecht, aber irgendwie dumpf - man hat immer das Gefühl, ein gewisser Schleier habe sich über die Songs gelegt, der einen Dämpfeffekt ausübt. Das ist gerade bei den dadurch etwas natürlicher klingenden Drums gar nicht schlecht, aber in der Gesamtbetrachtung verschluckt diese akustische Decke doch ein paar mehr Teile des Gesamtsounds, als wünschenswert gewesen wäre. Vom Baß bleibt oftmals nur eine gewisse Ahnung ganz hinten, und auch die tieferen Teile der Rhythmusgitarren verlieren deutlich an Schärfe. Da hat die Bandkasse dann wohl doch ihr finsteres Wort gesprochen, was schade ist, denn generell hat sich Yan auch hier wieder etliche interessante Songs aus den Fingern gesogen und zudem diesmal auch etwas ausladender arrangiert, so daß zehn Songs plus Intro plus Bonustrack "Darkness Is Bright" (wohl der Bonus für die vorliegende Europressung gegenüber der russischen Variante, ein schneller Feger ohne weiblichen Gesang) auf reichlich 47 Minuten Gesamtspielzeit kommen. Das hat manchem Song durchaus gut getan, wenn die eine oder andere Idee dann doch etwas ausführlicher behandelt werden konnte. Der Schlußteil von "Enjoy The Pain" etwa erinnert mit seinen flackernden Keyboards an die guten alten Zeiten von Crematory, und auch hier tritt wieder das eigenartige Phänomen auf, daß der Folgesong "Where Death Still Dances" diesen Keyboardsound wieder aufnimmt, variiert und mit einem anderen kombiniert. "Where Death Still Dances" wäre übrigens auch derjenige der Songs, der diesmal den imaginären Preis "Mich hätte auch Ben Moody schreiben können" gewinnt, während noch ein Wort zum Tempomanagement verloren werden muß: An Position 6, 7 und 8 drei der vier schnellsten Songs des Albums als Block einzufügen (der vierte ist wie erwähnt der Bonustrack am Ende des Albums) verdient zumindest das Prädikat "merkwürdig"; ein zugrundeliegendes Albumkonzept ist zumindest auf den ersten Blick nicht zu erkennen, obwohl das fast manowareske Erzählintro diese Möglichkeit zumindest noch offenlassen würde. The Lust haben sich in der Gesamtbetrachtung des Albums nicht so weit von ihren Albumvorgängern entfernt, daß Altfans ihnen die Gefolgschaft kündigen müßten, aber neue Fanschichten werden sie trotz des ausgebauten Anteils extremer männlicher Vocals wohl auch nicht gewinnen.
Kontakt: www.sleaszyrider.com, www.thelust.nm.ru

Tracklist:
Power Of The Lust (Intro)
Forgive
Unreal You
Who Will Be The Next
Aghore
Hit In The Face
Corporal
Getting Cold
Enjoy The Pain
Where Death Still Dances
Driven By Signs
Darkness Is Bright



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