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THE LUST: My Dear Emptiness
von rls

THE LUST: My Dear Emptiness   (Sleaszy Rider)

Das ist das zweite Album der russischen Band, diesmal in der Sleaszy Rider-Pressung für Resteuropa vor dem Rezensenten bzw. im Player liegend. Generell kann die Stilbeschreibung aus dem Review zum Debütalbum übernommen werden - Melodic Metal mit weiblichen Vocals erschallt auch in den doch etwas arg kurzen 35 Minuten des Nachfolgers. Zwei Dinge sind aber dennoch festzuhalten: Erstens hatten The Lust ja schon auf dem Debüt von dem genannten Fundament aus den einen oder anderen Ausflug in andere Stilgefilde unternommen, und das tun sie auf dem vorliegenden Album in stärkerem Maße. Zweitens tun sie genau das diesmal häufiger in Richtung einiger etwas moderner anmutender Einsprengsel, nicht nur im Intro "The Seal" (dort allerdings besonders deutlich), sondern auch in anderen Songs, allerdings hauptsächlich einleitend oder abschließend, seltener songtragend. Das rückt die Band ein kleines Stück weiter in die Richtung von Evanescence, und da paßt es gut ins Bild, daß ein Song wie "Days In Black" an eine Kreuzung finnischen Düstermetals mit Evanescence erinnert. Besonders das trockene Riffing dieses Songs hätte auch von Ben Moody stammen können. ebenso ist die klappernde Geräuschkulisse unter dem kurzen Hauptsolo eher typisch für die Amitruppe. Die Finnland-Connection manifestiert sich auch wieder in der Wahl des Produzenten, die erneut auf Antti Ihalainen fiel - allerdings bekam man diesmal wohl keinen Termin im Finnvox mehr, weshalb Mix und Mastering in Deutschland, nämlich bei Roberto Dimitri Liapakis, erledigt wurden. Mit dem Titeltrack hat man dann allerdings einen Song im Gepäck, der die finnischen Einflüsse wieder ad acta legt, die von Evanescence allerdings beibehält, wobei er einen Tick Lebendigkeit der bereits auf dem Debüt kurz durchgeklungenen Guano Apes addiert und damit nicht zur reinen Kopie wird. Die beiden recht speedigen Opener "Revenge" und "Whatever" wiederum haben das andere Stilspektrumsende abgesteckt, das trotz gleichen Genres nichts mit Nightwish, sondern eher was mit Edenbridge zu tun hat. Einflüsse klassischer Musik bleiben bei The Lust allerdings nach wie vor abwesend - zwar sind die Keyboards diesmal im Sound omnipräsent (was auf dem Debüt noch nicht der Fall war), aber sie erzeugen andere Sounds, mal sphärische Hintergrundmalerei ("Half-Remembered", balladesk beginnend und auch im Midtempo noch eine Weise entspannt bleibend, bevor dann ein drumseitig dramatisierter Part hinzutritt), mal an 90er-Dancefloor erinnerndes Gehacke (Titeltrack), mal glockenartige Klänge mit chinesisch anmutender Melodik (Intro), und selbst wenn sie mal eine klassische Klangfärbung annehmen (wie die eines Cembalos in "For A While"), dann fügt sich das ins große Gerüst ein, ohne selbst stilprägende Wirkung zu entfalten. Dazu kommt Mirlas Stimme, die immer noch in der Nähe von Sabine Edelsbacher oder in zarteren Passagen ("Half-Remembered") auch in der von Liv-Kristine Espenaes der Prä-Krull-Phase anzusiedeln ist. 10 Songs in knapp 36 Minuten sprechen selbst bei Herausrechnung des 49sekündigen Intros und des zweieinhalbminütigen Outros (letztgenanntes die chillige Ausrichtung des Intros vom Debütalbum wieder aufgreifend) für eine recht kompakte Inszenierung der Songs, so daß "Days In Black" mit fünfeinhalb Minuten schon akute Überlänge aufweist. Wer ausladende Soli und ausufernde Arrangements sucht, wird bei The Lust also nicht fündig, aber Alleinkomponist Yan hat die Songs mit einer doch recht hohen Detailfülle ausgestattet, so daß man immer wieder etwas Neues entdeckt, weniger in der grundsätzlichen Anlage der Songs (obwohl auch die bisweilen eine Wendung in unerwartete, aber sich durchaus als logisch erweisende Richtungen nehmen) als vielmehr in den eingeworfenen Soundeffekten, wo man eine Weile suchen kann, bis man alles gefunden hat. So erweist sich auch "My Dear Emptiness" trotz des Fehlens absolut herausragender Songs als durchaus antestungswürdiges Album für Freunde melodischen Metals, die nicht konsequent auf die traditionalistische Schiene schwören.
Kontakt: www.sleaszyrider.com, lust@mail333.com

Tracklist:
The Seal (Intro)
Revenge
Whatever
Days In Black
My Dear Emptiness
Half-Remembered
Open
Revelation
For A While
A Tribute To The Future (Outro)



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