www.Crossover-agm.de
CREMATORY: Early Years
von rls

CREMATORY: Early Years   (Massacre Records)

Musik ist ja bekanntlich immer Geschmackssache, aber Crematory haben stets bedeutend mehr polarisiert als andere Bands und ernteten für ihren eingängigen keyboardlastigen Düstermetal (dessen Pioniere sie anno 1992/93 waren) sowohl die Zuneigung einer großen Fanschar als auch vehemente Ablehnung aus anderen Kreisen. Nun steht also eine 3-CD-Box namens "Early Years" in den Läden, bei der mich mal interessieren würde, inwieweit die Band selbst dahintersteht oder aber die Plattenfirma, die die ersten vier Scheiben der Pfälzer unters Volk brachte, mit dieser Best-Of nur noch ein bißchen am Weihnachts- respektive Millenniumsgeschäft partizipieren möchte.
Immerhin bekommt der Käufer einiges für sein Geld geboten. CD 1 enthält zunächst jeweils zwei Songs der genannten ersten vier Crematory-Platten, die digital remastert wurden. Daß dies nicht unbedingt ein Vorteil sein muß, beweist die Version von "Dreams", bei der die genialen, flackernden Synthies im Intro derart in den Hintergrund geraten sind, daß dem Song der atmosphärische Einstieg völlig versaut wird. Mitunter tönt das neue Klanggewand aber auch besser, so z.B. bei "Tears Of Time", dessen Choruspianobegleitung einen hochinteressanten Echoeffekt verpaßt bekommen hat. Die Songs sind übrigens nicht chronologisch angeordnet, so daß man die zunehmende Simplifizierung der Songstrukturen und Elemente nur mit Mühe nachvollziehen kann. Track 9 schließlich ist ein nettes Medley, bei dem ich mir allerdings etwas mehr Experimentierfreude gewünscht hätte, anstatt einfach nur jeweils drei Minuten von "Tears Of Time", "Ist es wahr", "Shadows Of Mine" und "The Eyes Of Suffering", deren Originale alle auch auf der CD stehen, aneinanderzureihen. Außerdem ist der Übergang von "Tears ..." zu "Ist ..." ähnlich holprig wie die legendäre Straße von Heiligenleichnam nach Lehndorf vor ihrer im Frühjahr 1999 durchgeführten Sanierung.
Prinzipiell interessanter ist CD 2 ausgefallen. Hier haben sich nämlich fünf nicht ganz unbekannte Produzenten über die gleichen Songs hergemacht und dieselben remixt. Qualitativ liegen Licht und Schatten allerdings auch hier dicht beieinander. Beispielsweise fällt Bruno Kramm (Das Ich) negativ auf, da er "Ewigkeit" und "Ist es wahr" einfach nur mit einem Elektrorhythmus unterlegt hat, was nicht gerade für intensive Befassung mit dem Material spricht. Die positive Überraschung ist hingegen Raymond Boyè (u.a. für meine absoluten "Lieblingsacts" U 96 und Scooter tätig), der aus "Tears Of Time" eine echte mitreißende, aber dabei nicht anspruchslose Tekkno-Dancefloor-Nummer machte. DJ GOD, K.K. und Gerassi reihen sich irgendwo dazwischen ein. Der "Megamix" der beiden letztgenannten ist dabei ein ganzes Stück interessanter ausgefallen als das Medley von CD 1, und der erstere lieferte mit "Shadows Of Mine" den zweitbesten Beitrag dieser Scheibe und ein sehr ordentliches Stück atmosphärischer Elektromucke ab.
CD 3 schließlich enthält die vier Videoclips, die Crematory zu ihren ersten vier Scheiben abgedreht haben. Im einzelnen sind es "Tears Of Time", "Ist es wahr", "Shadows Of Mine" und - endlich noch ein weiterer Song nach permanent den acht gleichen - "In My Hands". Da seit der Absetzung von "Virus" auf VIVA 2 das deutsche Fernsehen endlich wieder heavymetalfrei ist, könnte auch diese Vorgehensweise auf offene Lauscher respektive Lichter beim geneigten Käufer stoßen.
Apropos Käufer: Wer soll dieses Ding eigentlich kaufen? Im positiven Fall gelingt es, sowohl die Metaller aus der Crematory-Fanschaft zu aktivieren als auch ein paar Elektrofreunde anzulocken, im negativen Kasus landet "Early Years" allerdings völlig zwischen den Stühlen mit der Aufschrift "Metal" bzw. "Elektro". Ob man diese (übrigens sehr hübsch gestaltete) Box also haben muß oder nicht, bleibt wieder mal extreme Ansichtssache. Laßt euch im Plattenladen aber nicht zuviel dafür abknöpfen.
Kontakt: www.massacre-records.com
 






www.Crossover-agm.de
© by CrossOver