www.Crossover-agm.de LOST FATE: Where Dreams ... Have No End
von rls

LOST FATE: Where Dreams ... Have No End   (Secret Port Records)

Wenn man sich die knappe Dreiviertelstunde des Materials so zu Gemüte führt, kommt man zweifellos zu dem Schluß, daß das Schicksal noch keineswegs verloren ist - nicht im lyrischen Sinne (dem ein ehrlicher, suchender wie findender Gestus innewohnt) und auch nicht im musikalischen, denn mit "Where Dreams ... Have No End" haben Lost Fate ein Album vorgelegt, das sicher noch nicht der Weisheit allerletzter Schluß ist, aber dennoch einige sehr starke Songs enthält. Dabei könnte die Truppe einen zielgruppenseitigen Spagat schaffen, unterliegt aber gleichermaßen der Gefahr, sich mehr oder weniger zwischen alle Stühle zu setzen. Die Griechen spielen nämlich eine Sorte von Metal, den man in einem gedachten Rechteck mit den Eckpunkten Melodic Metal, Progressive Metal, Gothic Metal und Epic Metal verorten würde. Damit werden sie beispielsweise mit den Brasilianern Amos vergleichbar, wobei sie analog zu diesen den leicht angedüsterten Aspekt eher marginal behandeln, im Gegensatz zu diesen ihn aber nicht in einzelnen Songs deutlich stärker kanalisieren, sondern ihn mehr oder weniger auf die Wirkungen des quasi permanent ganz weit im Hintergrund ausgerollten Keyboardteppichs (die Band besitzt keinen hauptamtlichen Keyboarder, und somit spielt dieses Instrument nur äußerst selten eine Führungsrolle, auch wenn es wie erwähnt hintergründig omnipräsent ist) und den auch von manchen gotischen Kapellen verwendeten Gitarrensound limitieren. Sänger Peter paßt mit seinem halbhohen flächigen Vortrag eher in die Epicschiene (man erinnere sich etwa an Omen), was auch auf Nicks oft recht beckenlastige Trommelarbeit zutrifft, die allerdings auch immer mal ein Break zuläßt und daher für einen leicht angeproggten Touch sorgt, ohne allerdings konsequent den roten Rhythmusfaden zu zerhacken; auch die Songwritingabteilung kann das Wort "Tempowechsel" zwar fehlerfrei buchstabieren, mantraisiert es aber nicht mit großer Permanenz vor sich hin. Der Grundstock der Musik verbleibt also im traditionellen Melodic Metal, wobei Lost Fate es konsequent schaffen, sich von Helloween-Anleihen fernzuhalten, was ihnen in der heutigen Musiklandschaft schon wieder etwas Eigenständigkeit verleiht (daß sie hier und da Gitarrensounds verwenden, die Gamma Ray auf "Somewhere Out In Space" und eben Helloween auf "Better Than Raw" auch schon mal eingesetzt haben, sollte man in dieser Hinsicht nicht als Gegenargument bewerten). Statt dessen gestalten die beiden Gitarristen ihre Melodyparts eher in der Art von Iron Maiden einerseits und deren amerikanischer Weiterentwicklung durch die frühen Fates Warning andererseits, außerdem fühlt man sich bisweilen beim Hören an eine heutzutage schon fast vergessene Platte erinnert: "Fright Night", das Debütalbum von Stratovarius aus dem Jahre 1989 (das keineswegs so helloweenlastig ausgefallen ist, wie es von manchem Chronisten im Rückblick hingestellt wurde). Initialzündung für diesen Vergleich ist der Fakt, daß die Bridge vor dem Chorus von "Silent Faces" ein wenig an die analoge Stelle im Titelsong des erwähnten Stratovarius-Albums erinnert, man also fast in die Versuchung kommt, beim Mitsingen an dieser Stelle plötzlich mit "It's fright night" fortzusetzen. Hat man diese Stelle aber erstmal verinnerlicht, kommen auch an anderen Stellen noch Parallelen zwischen den beiden Alben zum Vorschein, und man entdeckt zudem an manchen Stellen sogar entfernte stimmliche Ähnlichkeiten Peters zum damals bei Stratovarius auch noch am Frontmikro stehenden Timo Tolkki. Könnte man bei der bekannten Liebe des griechischen Volkes zu Eurometal Marke Stratovarius noch vermuten, daß diese Parallelen kein Zufall sind, darf man aber davon ausgehen, daß in Griechenland wohl niemand die deutschen Hardrocker Pan Ram kennt (an die sich ja selbst hierzulande nur noch ganz wenige Kenner erinnern dürften), so daß ein paar Passagen in "Moments Of Life", dem längsten der neun Songs, mit ihren Pan Ram-Reminiszenzen keineswegs als solche intendiert gewesen sein dürften. "Moments Of Life" ist übrigens einer von zwei Songs, die dem Keyboard eine etwas tragendere Rolle einräumen, und hier ist mit Daniel von Wastefall ein in Metallistan schon etwas bekannterer Musiker als Gast dabei (konzentriert sich allerdings fast ausschließlich auf den Sound eines klassischen Pianos), während im anderen Song dieser Kategorie, dem träumerischen Abschlußintrumental "Signs", Gitarrist Panos auch am Schlüsselbrett sitzt und den Hintergrund hier weiter in den Vordergrund stellt (vereinzelteAnklänge an "Forever Beach" von Gates Of Ishtar sollten nun wirklich purer Zufall sein). An manchen Stellen merkt man Lost Fate an, daß sie in arrangementöser Hinsicht noch ein wenig reifen müssen, wobei das weniger die Instrumentalparts betrifft als eher einige Passagen, wo der Text auf etwas eigenartige Weise betont werden muß, um der Melodiestruktur folgen zu können (daß das ausgerechnet im Refrain der Bandhymne "Lost Fate" passierte, ist allerdings in der Tat eher unglücklich). In der Gesamtbetrachtung präsentieren sich Lost Fate allerdings als ausgesprochen hoffnungsvolle Band, die lediglich ihre auf dem Bandfoto zur Schau gestellte Sonnenbrillenkollektion dringend in den Müll werfen sollte, denn so sehen sie eher wie die Schurken in drittklassigen amerikanischen Spielfilmen aus, und Gitarrist Nick (der einzige Langhaarige in der Band) könnte einen Aufnahmeantrag bei Monster Magnet stellen, was also beides nicht so richtig zum überwiegend gutklassigen Metal des Hellas-Quintetts paßt. Aber für solche "Probleme" würden Hunderte andere Bands ihre Schwiegermütter verkaufen, und solange die Musik stimmt, sind die weiteren Faktoren eher marginaler Natur. Daß sie das bei Lost Fate über weite Strecken tut, steht nach dem Durchhören außer Frage, und ein Erwerb der CD kann Freunden beschriebener Klänge deshalb ans Herz gelegt werden; in Deutschland bekommt man die Scheibe u.a. auf www.karthagorecords.de
Kontakt: www.secretport.com

Tracklist:
Fragile Dream
Drained
Lost Fate
Paths Of Knowledge
Where Dreams ... Have No End
Silent Faces
Moments Of Life
Night And Day
Signs



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