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von rls

GLOBAL KRYNER: Coverstories   (Wildwechsel/Koch Universal)

Anno 2002 hatten die Global Kryner ihre Karriere mit der Transformation internationaler Popsongs in ein traditionelles Oberkrainer-Klanggewand begonnen, bastelten in den Folgejahren aber immer mehr Eigenkompositionen zusammen, von denen sich etliche als dem Fremdmaterial durchaus ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen entpuppten - man erinnere sich beispielsweise an das bitterböse "Wladimir & Mohammed" vom "Weg"-Album. Im 10. Jahr des Bandbestehens wurde nun aber die Devise "Back to the roots" ausgegeben, freilich mit einem markanten Unterschied: Die 12 Songs decken diesmal nicht das internationale Popspektrum ab, sondern entstammen der deutschsprachigen Musiklandschaft. Die gibt natürlich jede Menge reizvoll zu verkrynerndes Material her, und das Sextett schafft es denn auch problemlos, Georg Kreisler und Peter Schilling nebeneinander auf dem Album zu plazieren, ohne daß der Hörer ins Stolpern gerät. Und die Global Kryner belassen es nicht bei der Umsetzung der Vorlagen, sondern bauen hier und da noch Easter Eggs ein. Gleich der Opener "Alles nur geklaut" (Die Prinzen) gibt natürlich eine prima Steilvorlage ab, und so wird man gleich mal mit dem Riff von "Smoke On The Water" begrüßt, bevor sich u.a. über die Umwege James Bond und "Also sprach Zarathustra" der eigentliche Song entwickelt, den die Kreativfraktion natürlich auch noch mit diversen weiteren Ideen anreichert, dabei selbstironisch die eigene Rolle als Quasi-Plagiatoren ("von uns sind nur die Triolen") reflektierend. Freilich: Hier nimmt das Plagiat, wie man das schon von den früheren Studioalben kennt und liebt, die Rolle einer ehrenvollen Parodie ein, und da auch an der technischen Komponente der Umsetzung nichts zu deuteln ist (die Scheibe wurde laut Infoblatt übrigens live im Studio ohne nachträgliche Overdubs eingespielt), kann man nicht anders, als vor der Band ein weiteres Mal den imaginären oder real vorhandenen Hut zu ziehen. Die neue Besetzung zeigt sich jedenfalls exzellent eingespielt - seit der Luxemburg-Livescheibe hat ein Drittel der Mitglieder gewechselt, nämlich die komplette Blechbläserfraktion, aber die Neuen, nämlich Trompeter Markus Pechmann und Baßposaunist Martin Temmel, haben sich offensichtlich bestens eingelebt. Freilich können auch sie geringe Qualitätsunterschiede zwischen den 12 Tracks nicht verhindern. Die kaum zu beschreibende Atmosphäre von Grönemeyers "Flugzeuge im Bauch" nehmen sich Global Kryner gar nicht erst zum Vorbild für ihre Umsetzung, aber ihre Fassung ersetzt diese nicht ganz in adäquatem Maße - sie ist nicht schlecht, aber irgendwie zu unbestimmt. Auch Falcos "Der Kommissar" machte in der originalen vernebelten Fassung irgendwie mehr Hörspaß, wenn man dieses Wort hier gebrauchen kann, obwohl die seltenen leicht an Queen angelehnten Backingvocalarrangements blitzartig doch ins Schwarze treffen. Solche Probleme hat Peter Alexanders "Die süßesten Früchte" natürlich nicht - hier sprüht der wienerische Witz aus der Umsetzung. Und bei Peter Schillings "Major Tom" funktioniert die Erdung des Protagonisten hervorragend (herrlich zackige Backing Vocals in den Strophen!), auch Klaus Lages Lied des Starkstromelektrikers aka "1000 und 1 Nacht (Zoom!)" (remember: "Tausendmal berührt - tausendmal ist nichts passssssssss...") bekommt die unverstromte und dafür anderweitig metallisierte Umsetzung bestens (Pechmann offenbart hier eine rauchige, durchaus Lage-kompatible Stimme). "Monsta" von Culcha Candela erfuhr eine sehr wendungsreiche Interpretation und zaubert dem Hörer beim Lesen der Credits im Booklet ein Grinsen ins Gesicht: Drei Komponisten und gleich acht (!) Texter finden sich dort vermerkt. Eine prima Vorbereitung auf den Folgesong, bei dem man im Intro überraschende Parallelen zu Winnetou-Filmmusiken entdeckt, bevor man sich vor Lachen zu biegen beginnt und kurz vorm Zwerchfellriß steht: Rammsteins "Engel" als Oberkrainer-Fassung! Das dürfte reichen, um humorlose Gestalten einen Sekundanten nach Wien schicken zu lassen, um die Urheber dieses Sakrilegs von der Erdoberfläche verschwinden zu lassen - aber alle anderen erfreuen sich an a) der Idee und b) der exzellenten Umsetzung. So ist schon beim dritten Song der kreative Gipfel des dreiviertelstündigen Albums erklommen, aber auch gute Teile des "Restes" sind im Hochland angesiedelt. Zudem bekommt das österreichische Sextett Pluspunkte, daß man außer Österreich und der Bundesrepublik auch das DDR-Schaffen nicht ganz vergessen hat: Karats "Über sieben Brücken musst du gehn", in der damaligen BRD durch Peter Maffay popularisiert, schließt mit einem weiteren Zitatenfeuerwerk die "Coverstories" auf hohem Niveau ab. Fortsetzung erwünscht! Hier die Vorschlagsliste des Rezensenten: "Bis wir uns wiedersehn" von der Münchener Freiheit, "Die Klavierlehrerin" (mit anderer Instrumentenzuordnung) von Udo Lindenberg, irgendeiner der alten Nena-Hits, "Weg nach unten" von Knorkator, "Mein Baby war beim Frisör" von Den Ärzten, "Ein guter Tag zum Sterben" von J.B.O., "Ich möchte nicht mehr mit der Kelly Family verwechselt werden" von Roh ...
Kontakt: www.globalkryner.at, www.wildwechsel.com

Tracklist:
Alles nur geklaut
Monsta
Engel
Flugzeuge im Bauch
Die süßesten Früchte
Pflaster
Haus am See
1000 und 1 Nacht (Zoom!)
Kommissar
Taubenvergiften
Major Tom
Über sieben Brücken musst du gehn



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