www.Crossover-agm.de GLOBAL KRYNER: Live In Luxembourg
von rls

GLOBAL KRYNER: Live In Luxembourg   (Blauzucker Records)

Nach dem Release der dritten CD "Weg" waren Global Kryner oftmals das, was sie schon seit der Bandgründung 2002 sehr häufig waren, nämlich "mal weg" - soll heißen: Sie spielten Konzerte an allen möglichen und unmöglichen Orten Europas, so im Februar 2008 auch in Redange, was in Luxemburg liegt, und ebendort entstanden die Aufnahmen, die nunmehr als Livealbum vorliegen. Nun besitzen die Studioaufnahmen der Band zwar einen zweifellos nicht zu verkennenden Charme und lassen sich mit Stimmungsgewinn hören, aber eine solche gleichermaßen krude wie geniale Mixtur gehört einfach in die Livesituation (Parallele: Die ähnlich abstrus-genialen blechblasenden Landsleute Mnozil Brass sind in der Konservensituation ebenfalls durchaus hörbar, entfalten ihren vollen Unterhaltungswert aber erst live), und da ist die Live-CD ja noch die schwächste der drei möglichen Erlebnisformen, aber schon die macht über weiteste Strecken einen Heidenspaß beim Hören (Steigerungsmöglichkeiten: DVD anschauen, sofern vorhanden, oder selber ins Konzert gehen - allein schon um Sängerin Sabine Stieger mal in leibhaftiger Form zu Gesicht zu bekommen). Wir erinnern uns an das Konzept der Band: Welthits werden im klassischen Oberkrainer-Stil interpretiert, ergänzt mittlerweile auch durch die eine oder andere Eigenkomposition, vom Stil her natürlich entsprechend angepaßt und nicht selten mit den Erwartungen des Publikums spielend, etwa in "Wladimir & Mohammed", wenn ein typischer flotter Oberkrainer-Beat plötzlich in finsteren doomigen Marschrock mit verzerrter E-Gitarre umschlägt, der im Refrain und im Solo wieder von typischer Oberkrainer-Fröhlichkeit mit Jodeleinlagen abgelöst wird und zu allem Überfluß noch einen abstrus humorisierten pseudopolitischen Text aufweist. Ähnlich genial gleich in Anschluß der "Pessimist", der eine Ahnung vermittelt, wie es hätte klingen können, wenn Die Ärzte ihre fröhlichen "Ich will sterben"-Singalongs von der "Planet Punk"-Scheiblette noch mit Oberkrainer-Stilelementen angereichert hätten. Auch die Einbindung pseudospanischer Elemente in "Oye Como Va" gelingt dem Sextett ausgezeichnet. Daß es Global Kryner aber auch ernsthaft können, zeigt das besinnliche Gitarrenoutro "Papierkranich", das ohne jeglichen humoristischen Anflug auskommt. Auch "Janica" trägt seine leicht ironischen Züge nicht auf dem Tablett vor sich her, was bei den versammelten Coverversionen allesamt schon aus dem Grund, daß sie original keine Oberkrainer-Besetzung hatten, anders ist. "Like A Virgin" reizt dabei das Tiefenspektrum von Sebastian Fuchsbergers Posaune so weit aus, daß der Posaunist zwei Monate später offenbar wegen Erschöpfung das Handtuch werfen mußte und durch Wolfgang Tischhart ersetzt wurde. "Somewhere Over The Rainbow" bekommt allein schon durch die fröhlich-psychedelische Bookletgestaltung noch einen ganz besonderen Farbtouch mit (ganz unabhängig von der Musik), und "Aristo Kryner" führt Motive aus gleich vier Songs zusammen: "Mood Indigo", "Love Me Tender", "We Are The Champions" und, als vom Arrangement her jeder schon mit dem Ende des Werkes rechnet (es ist eine klassische Schlußwirkungspassage eingebastelt worden), noch eine flotte Strophe von Abbas "Super Trouper" hintendran. Über manche Anspielungen der Arrangementfraktion muß man je nach persönlicher Disposition unterschiedlich lange nachdenken, bis man entweder die Herkunft erraten oder den Bezug zum Titel erkannt hat - "Schlampe" bietet hierfür einige Exempel, ebenso "Sex Bomb", über dessen Tempostruktur mancher etwas nachdenklich werden dürfte. Duke Ellingtons "Caravan" ist nicht nur der älteste Song im Global Kryner-Repertoire (er gehörte schon 2002 zum Set), sondern mit über sechs Minuten auch der längste - Jazzpuristen werden selbst anhand des eher gemäßigten Oberkrainer-Touchs vermutlich graue Haare bekommen, alle anderen freuen sich über eine hübsche Version mit ausgedehnten Soloparts für die Gitarre und die verschiedenen Blasinstrumente. Später kommt auch noch "Lady Marmalade" um die Ecke gebogen und will in die "Funky Town" (aus letztgenannter exportiert sie übrigens das Hauptriff zu Kraftwerks "Modell"). Knappe 70 Minuten exzellente Unterhaltung also, wie beschrieben nur noch per DVD oder Konzertbesuch steigerbar, aber ein wichtiger Schritt ist mit dem Erwerb der Live-CD erstmal getan.
Kontakt: www.globalkryner.at

Tracklist:
Intro Kotau
Kotau
Janica
Like A Virgin
Somewhere Over The Rainbow
Aristo Kryner
Wladimir & Mohammed
Pessimist
Oye Como Va
Sex Bomb
Schlampe
Caravan
Traumland
Lady Marmalade
Funky Town
Papierkranich



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