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von rls

GLOBAL KRYNER: Weg   (Lawine/BMG)

Österreichische Künstler zeichnen sich ja nicht selten durch ein gewissermaßen bizarres Humorpotential aus. Der Metalfreund denkt beispielsweise an Disharmonic Orchestra oder Pungent Stench, der Blechbläserfreund ruft sich Mnozil Brass ins Gedächtnis zurück, und ebenjener letztgenannter darf auch jetzt aufhorchen, denn er bekommt mit Global Kryner neues Futter (auch wenn das Cover bei etwas anderer Ausprägung wiederum deathmetalverdächtig wäre). Wie der Name schon assoziiert, widmet sich das Sextett dem klassischen Oberkrainer-Sound, allerdings auf etwas humoristische und internationale Art: Man dreht diverse Welthits durch den Oberkrainer-Wolf. Allerdings erging es Global Kryner dabei offensichtlich ähnlich wie J.B.O.: Das reine Coverkonzept war bald zu korsettartig eng, und man begann auch Eigenkompositionen einzuflechten, die logischerweise ihr Humorpotential, wenn überhaupt, nur aus dem Textkonzept ziehen können, da die Musik, einige besonders abstruse Einfälle mal ausgeklammert, von der ersten bis zur letzten Note durchaus auch einer ernstzunehmenden modernen Oberkrainer-Kapelle entsprungen sein könnte. Das Verhältnis von Covers zu Eigenkompositionen beträgt auf dem vorliegenden dritten Album 6:7, wobei der alte CCR-Hit "Proud Mary" (erinnert sich eigentlich noch jemand an die coole Hardrockversion von Vice?) gleich zweimal vertreten ist, in der kurzen und in der Maxi-Version. Zwei der eigenen Stücke sind Instrumentals ("Kotau", in den Linernotes beschrieben als "tiefe Verneigung vor Slowenien", woher der Oberkrainer-Sound bekanntlich stammt, und "Traumland", die einzige Komposition von Akkordeonist Anton Sauprügl, bei dem nicht so ganz zu entscheiden ist, ob das als Pseudonym gewertet werden muß oder nicht), die anderen teilen sich gesangsseitig Posaunist Sebastian Fuchsberger, Klarinettist Christof Spörk und die hauptamtliche Vokalistin Sabine Stieger. Was im Studio noch kein Problem ist, wird live dann einer genauen Aufgabenverteilung bedürfen, denn die Möglichkeit des gleichzeitigen Singens und Posaune- bzw. Klarinettespielens ist bekanntlich äußerst eingeschränkt. Für die eigenen Texte zeichnet zumeist der Klarinettist verantwortlich, nur bei "Schlampe" hat er diesen Job an seine Sängerin abgetreten, die kenntnisreich aus ihrem eigenen Leben berichtet, wenn durchgeknallte Vorstadtemanzen ihren eigenen Mißerfolg beim eigenen wie anderen Geschlecht auf sie projizieren. Politisch werden Global Kryner in "Wladimir & Mohammed", wenn sie den internationalen Tourismus nach Kitzbühel und Lech am Arlberg darstellen (die Linernotes müssen hier zitiert werden: "Ist Tirol der Schurkenstaat der Volksmusik? Beginnt die Achse des Bösen im Zillertal? Wenn ja, wo endet sie? Am Taleingang oder am Talschluss?"), während "Fliege, Frosch & Mountainbiker" eine klassische Moritat mit mehr oder weniger tragischem Ausgang darstellt. Was fährt das Sextett an Covers auf? Zweimal geht's in lateinamerikanische Gefilde (wie ein Latinopart fast nahtlos in klassischen Oberkrainer-Sound umschlägt, kann man sich in "Oye Como Va" anhören, während "Bésamo Mucho" sechseinhalb Minuten lang an einer analogen Kombination scheitert, aber nichtsdestotrotz auch ein paar hübsche Ideen auffährt), während "I Will Survive" tatsächlich der alte Discoheuler von Gloria Gaynor ist, der in der Version von Global Kryner zwar schwer in Schwung kommen will, aber dann irgendwann in einer saucoolen Polka (!) endet. Bei "Dschinghis Khan" (wichtige Information in den Liner Notes: Das sei das einzige deutsche Lied, das bisher auf Platz 1 der israelischen Charts gekommen ist) hat die Band Pech, daß es davon mittlerweile im Rockbereich eine ganze Reihe hochgradig unterhaltsamer Versionen gibt, und es gelingt ihr nicht, etwa die Tankwart-Interpretation vom Stuhl zu kicken - man hätte vielleicht noch stärker experimentieren und noch eine laute E-Gitarre Riffkrach machen lassen können, wenn man schon einen Gitarristen, der sonst keine Zweit- oder Drittfunktion zugewiesen bekommen hat, im Line-up führt. Da wäre also durchaus noch Platz für ein Fortspinnen des Konzeptes, wenngleich man diesen Job auch der neu zu gründenden Alpin-Metal-Band des Projektes www.gipfelmoshen.de überlassen kann. Auffällig ist der Fakt, daß man hier und da im Ansatz stehenbleibt, nämlich auch beim erwähnten "Proud Mary", wo der Gitarrist nur in der Schlußwendung von der Leine gelassen wird. Die Maxiversion unterscheidet sich von der kurzen Variante durch ein hinzugefügtes ausgedehntes entspanntes Intro (mit wiehernder Posaune und geradezu klassischen Volksmusikelementen kurz nach Minute 1:15), das eine gelungene Hinführung zum losbrechenden Oberkrainer-Partysound darstellt, der in der kurzen Version aus heiterem Himmel herniederzuckt, was aber auch nicht schlecht ist. So bleiben knapp 50 Minuten einer originellen Mixtur, die aber für die Folgeplatten noch deutliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten offenläßt und neben einige Momente, wo man sich vor Lachen förmlich kringelt, auch einige setzt, wo man geneigt ist, sich stärker mit der Optik von Sabine (feststellend, daß die "Frisch gestrichen"-Variante auf S. 2/3 des Booklets deutlich anbeißwürdiger aussieht als die Cover-Version) oder den Strichzeichnungen im Booklet zu befassen. Daß die sechs Bandmitglieder dort den Terminus "Drachensteigen" wörtlich nehmen, indem sie einen Pterodactylus an der Leine halten, paßt perfekt ins Gesamtbild der CD.
Kontakt: www.globalkryner.at, www.blankomusik.de

Tracklist:
Proud Mary
Oye Como Va
Wladimir & Mohammed
Kratzen
I Will Survive
Alt
Kotau
Schlampe
Fliege, Frosch & Mountainbiker
Dschinghis Khan
Traumland
Bésame Mucho
Proud Mary (Maxi Version)



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