www.Crossover-agm.de ETERNA: Live!
von rls

ETERNA: Live!   (Die Hard Records)

Irgendwie haben wir diese Platte ganz vergessen vorzustellen, aber im Sinne der Komplettheit des Eterna-Besprechungskataloges (zumindest was die Veröffentlichungen des 21. Jahrhunderts angeht) muß das natürlich noch sein - und es ist auch in doppeltem Sinne gerechtfertigt. Erstens dürften, da sie nicht regulär in Europa erschienen und somit nur als Brasilien-Import erhältlich ist, sowieso nicht viele Menschen hierzulande bereits eine diesbezüglich gefüllte Sammlungslücke aufweisen, und zweitens wissen die reichlich 76 Minuten natürlich auch musikalisch zu überzeugen. Mitgeschnitten wurde die Scheibe am 2. September 2006 im Teatro Dias Gomes in Sao Paulo, einer Lokalität, die sonst eher nichtmetallischen Künsten huldigt und laut den Produzenten der Scheibe auch nicht so ganz einfach zu beschallen gewesen sein soll. Davon hört man auf der Scheibe allerdings wenig - entweder war der Mischpultsound also doch sehr ordentlich, oder es ist im Studio noch einiges nachbearbeitet worden; als Nicht-Zeuge des Konzertes kann man das selbstredend nicht beurteilen. Hat man jedenfalls den fürchterlichen Keyboardsound im Intro des Openers "Epiphany" überlebt, so gibt es in den folgenden eineinviertel Stunden relativ wenig zu meckern, sieht man von gelegentlichen Überlagerungen eines Instrumentes durch ein anderes mal ab, wie sie in der Livesituation ja immer mal auftreten können. Das Publikum war offensichtlich auch in Hochform und feiert die Band immer wieder mit "Eterna"-Sprechchören ab; von der Kommunikation Sänger Leandros mit dem Publikum indes versteht man als Nichtkundiger der portugiesischen Sprache naturgemäß nichts. Von der Setlist her stellt das seinerzeit (und auch heute noch immer) aktuelle Studioalbum "Epiphany" logischerweise den Löwenanteil in Gestalt von fünf der zwölf Tracks, und dessen Titeltrack erweist sich als perfekter Einstieg in den Set, der mit seiner anspruchsvollen Zusammensetzung aus powernden und speedigen Metalelementen den Hörer im Teatro wie vor den heimischen Boxen darauf vorbereitet, was er denn noch zu hören bekommen wird. Mit "Terra Nova", dem Titeltrack des Zwischendurchhappens zuvor, geht es etwas zurückhaltender und partiell auch vertrackter weiter, bevor die fünf Brasilianer mit "Corruption" den ersten Oldie auspacken und im Schlußpart von dessen Hauptsolo wunderschöne atmosphärische Wirkungen hinbekommen. Mit "Dead Eyes" folgt einer der härteren Tracks im Repertoire der Band auf dem Fuße - zwar konterkariert durch einen recht melodischen Refrain, erinnert das grundtönige Riff von Paulo Frade doch etwas an das von Annihilators "Set The World On Fire" und damit auch an das von Toxic Smiles "Solitudes Sphere", wenngleich hier garantiert niemand vom anderen abgeschaut haben wird. "Dead Eyes" ist mit 5:16 Minuten übrigens auch der kürzeste der hier verewigten Songs - einen Hang zu einer gewissen Mindestlänge hatten Eterna ja schon immer, da sie uns viel mitzuteilen haben, vokal wie auch instrumental. Der Achteinhalbminüter "Keep Fighting" markiert das obere Spielzeitende und steht auch am Ende des Albums, mit einem Sternchen übrigens als "Exclusive CD Track" gekennzeichnet, was die Frage aufwirft, in welchen Formaten "Live!" noch erschienen ist. Eine DVD wäre denkbar, aber auf der müßte man ja platzbedingt wohl kaum Songs weglassen, sondern allenfalls dann, wenn nun gerade in diesem letzten Song die Kameras ausgefallen sein sollten. Eine 60er Kassette wiederum ist auch bei Weglassen dieses Songs immer noch zu kurz, um den Restset zu fassen, und auf eine Doppel-LP wiederum würden 76 Minuten problemlos passen (das hat ja schon mit Deep Purples "Made In Japan" funktioniert). Wie dem auch sei - schauen wir lieber weiter durchs Album: "Searching For Salvation" ist nach dem Titeltrack und "Dead Eyes" der dritte Song von "Epiphany" und in der Gesamtbetrachtung wohl derjenige, der die stärksten Siebzigerrock-Einflüsse mit sich trägt. An diesem Eindruck trägt der stampfende Grundbeat ebenso eine Aktie wie die hier konsequent hammondorgelnden Keyboards von José Cardillo, und da Paulo Frade die Sechssaitige allein bedienen muß, bleiben die Leads folglich ununterrifft, was ebenfalls ein typisches Merkmal der Siebzigerrockbands war, die ja überwiegend nur mit einem Gitarristen arbeiteten. Das kurze Baßsolo von Jason Freitas am Ende dieses Songs soll gleichfalls nicht verschwiegen werden. Den besonderen Beliebtheitsgrad des alten "Papyrus"-Materials beim Publikum unterstreicht dann "Mary's Son", dessen originell strukturierten Refrain man, einmal abgespeichert, wohl nie wieder vergißt und der quasi einen Wink mit dem Zaunpfahl darstellt, was die Position Eternas innerhalb der christlich sozialisierten Metalwelt betrifft: Es handelt sich tatsächlich um römische Katholiken, wohingegen das Gros der anderen gottesfürchtigen Bands protestantischen und/oder freikirchlichen Kreisen zuzurechnen ist. Das feinziselierte Solo des erwähnten Songs jedenfalls darf als weiterer Beweis für die hohe Präzisionsarbeit Eternas gewertet werden, aber an der hegte man als Kenner der Studioalben ja sowieso keinen Zweifel. Damit ist die Hälfte des Sets um, aber die ganz großen Highlights kommen erst noch. "Holy Spirit", der vierte Beitrag von "Epiphany", zählt noch nicht dazu, aber auch dieser flotte Banger unterschreitet das hohe Qualitätslevel, das man von dieser Band erwarten darf, nicht. Auffällig ist hier, daß Leandros Gesang ganz leicht an Dio erinnert - das kennt man in ähnlicher Form schon von seinen Vorgängern zu "Papyrus"-Zeiten. Apropos "Papyrus": Auch den Refrain des Stampfers "Da Pacem Domine" singt man selbst als Lateinunkundiger problemlos mit, und das kann man hier an Trackposition 8 dann lauthals tun. "Piedade" dagegen fällt im wesentlichen durch einen veränderten Gitarrensound Paulos in weiten Teilen des Songs auf, und im Mittelteil, der in orientalische Gefilde gleitet, versteht man auch, warum das so ist; die Übergänge in diesen Teil und aus ihm wieder heraus hätte man freilich noch etwas flüssiger gestalten können. Das Refrainmitsingen in "The Word", erneut einem Stampfer, ist dann wieder denkbar einfach, denn der Chorus besteht viermal aus dem Wort "Jesus", und damit absolut keine Zweifel ob der Orientierung der Band aufkommen, macht sie daraus gleich noch ein Mitsingspiel fürs Publikum. Selbiges allerdings jubelt im voluminösesten Maße auf dem Album, als Leandro den elften Song ankündigt: "Working Man" ist natürlich kein Rush-Cover, sondern ein weiterer der Klassiker vom "Papyrus"-Album, der klassischste Eterna-Klassiker sozusagen, und der darf selbstredend in der Setlist nicht fehlen. Reichlich sechs Minuten später ist man dann restlos ausgepowert und freut sich noch über den balladesken Ausklang "Keep Fighting". So bietet das Album 76 Minuten metallische Livemusik vom Feinsten, verpackt in einem hübschen Digipack samt fotoreichem Booklet - wer "Rebirth World Tour - Live" der Landsleute Angra bereits in der Sammlung stehen hat, kann sich das gleichwertige Eterna-Livedokument bedenkenlos danebenstellen.
Kontakt: www.eterna.com.br, www.diehard.com.br

Tracklist:
Epiphany
Terra Nova
Corruption
Dead Eyes
Searching For Salvation
Mary's Son
Holy Spirit
Da Pacem Domine
Piedade
The Word
Working Man
Keep Fighting
 




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