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von rls

CRYSTAL VIPER: Metal Nation   (Karthago Records)

Das zweite reguläre Album von Crystal Viper - und wieder eines, das man anhand des Covers eigentlich in eine deutlich härtere Ecke stecken würde, wenngleich die Polinnen und Polen diesmal in der Tat einen Tick heftiger musizieren als auf "The Curse Of Crystal Viper": Ihre Mixtur aus klassischem Hardrock und teils speedigem, aber immer melodisch bleibenden traditionellem Metal hat diesmal ein gewisses Übergewicht zur letztgenannten Richtung bekommen. Das wird schon beim Hören des Titeltracks klar, der dem Intro "Breaking The Curse" (hübsches kleines Klassikinstrumental, bereits Themen aus dem Titelsong verarbeitend, wie es sich für eine klassische Ouvertüre gehört) folgt und der mit ungestümer Power aus den Boxen donnert, die obere Härte- und auch Schnelligkeitsgrenze für dieses Album markierend, allerdings nicht konsequent hochgeschwindig, sondern an den richtigen Stellen herunterschaltend. Nur ein Problem hat der Song: Er ist als große Hymne gedacht, welche die Anhänger der Band und die, die es noch werden wollen, zur "Metal Nation" vereinigt - für diesen Zweck ist der Refrain allerdings völlig untauglich, denn ihm geht nicht nur der Hymnencharakter ab, sondern auch die Nachvollziehbarkeit der Sprachverteilung holpert arg durch die Botanik. Das haben die italienischen Stormbringer auf "Don't Think ... Obey!" mit "Heavy Metal" deutlich besser hinbekommen, wenngleich es dort wiederum an der pronounciation akut haperte (in dieser Hinsicht muß man sich auch bei Crystal Viper in Marta Gabriels Gesang erst hineinhören - Englisch ist halt nicht ihre Muttersprache und auch nicht die der textenden Fraktion, die neben ihr noch aus ihrem Gatten Bart Gabriel besteht). "Bringer Of The Light" an nächster Setposition punktet diesbezüglich deutlich höher - der Refrain sitzt hier paßgenau, und auch ansonsten macht dieser treibende Midtempotrack eine sehr gute Figur. Nach einem Intro, das einen weiteren Midtemposong vermuten läßt, fällt "1428" dann doch wieder schneller aus und offenbart wieder mal das alte Problem Crystal Vipers mit ihren Gastmusikern: Schon Gerrit Mutz klang auf "The Curse Of Crystal Viper" und "The Last Axeman" eher gelangweilt, und hier gibt es nun ein Gastgitarrensolo von Rages, ähem, Grave Diggers Manni Schmidt, das sich dem Songgestus allerdings auch wenig anpaßt und zumindest nach der bisherigen Anzahl an Hördurchläufen wie ein Fremdkörper wirkt. "The Anvil Of Hate" kennt man ja bereits vom "The Last Axeman"-Zwischendurch-Release, der Song wurde hier allerdings offensichtlich neu eingespielt (zumindest wenn man die Angaben im Booklet heranzieht, denn diese führen keine vor November 2008 liegenden Aufnahmesessions an, und da war "The Last Axeman" schon lange erschienen), was an seinem Grundgestus speedigen Traditionsmetals aber nichts geändert hat. "Zombie Lust (Flesh Eaters)" nennt sich der einzige Song, den Gitarrist Lukasz Halczuch (aka Andy Wave) im Alleingang geschrieben hat, und auch hier handelt es sich wieder um schnellen Metal mit einigen geschickt gesetzten Breaks. Mit "Her Crimson Tears" folgt eine hübsche Halbballade, in der Marta im Refrain förmlich in Ich-zersinge-Gläser-Höhen vordringt und die wiederum das Gastmusikersyndrom offenbart: So positiv es zu bewerten ist, daß Crystal Viper Frank Knight, der nach dem Ende von X-Wild mehr oder weniger in der Versenkung verschwunden ist, wieder mal an die Oberfläche gezerrt haben, so schade ist es, daß seine charakteristische Normalstimme, die bisweilen im besten Sinne an Saxon-Biff erinnert, mit einer zweiten, tieferen männlichen Stimme nicht nur unterlegt ist, sondern von dieser im Prinzip fast völlig zugedeckt wird. Paradox wird's dann in "Legions Of Truth", erneut einem starken Speedsong mit diesmal ekstatisch anmutendem Refrain und eigentümlicher Gestaltung der ersten Strophe, die ohne Gitarrenriff auskommt, während Andy Wave über einem dominanten Baß von Neuzugang Tom Woryna hintergründig vor sich hin soliert: Hier ist als Gastsänger Lars Ramcke von Stormwarrior angegeben, aber der Mensch, der hier in Strophe 2 mitsingt, klingt deutlich stärker nach Frank Knight als der Mensch, den man in "Her Crimson Tears" unter der zweiten Stimme mehr singen ahnt als hört. Sollte da beim Bookleterstellen einfach eine kleine Verwechslung passiert sein? Zu erwähnen wäre außerdem, daß die Gastrolle von Virgin Steeles David de Feis auf "Blood And Gasoline" (nachzuhören auf "The Last Axeman" - und ohne Abstriche gelungen) Spuren bei Crystal Viper hinterlassen hat, denn in der Coda von "Legions Of Truth" singt Marta in extrem hohen Lagen, wie man sie von Davids Falsett auch kennt. Das dreiteilige "Gladiator, Die By The Blade" rahmt einen stampfenden Hauptteil durch zwei Instrumentalteile ein, hat mal wieder einen ganz leichten keltischen Touch in den Melodien (den gab es im Song "The Last Axeman" schon mal) und schließt den eigenkomponierten Teil des Albums auf hohem Niveau ab - danach nämlich geben Crystal Viper dem Affen mal wieder eine Extraportion Zucker und wagen sich an ein Cover von "Agents Of Steel" aus der Feder der Georg-Faves Agent Steel heran. Der Rezensent muß zugeben, das Original trotz einer umfangreichen Traditionsmetal-Tonträgersammlung bisher nicht zu besitzen und daher keine Direktvergleiche anstellen zu können - aber als eigenständiger Song betrachtet funktioniert der Song perfekt, macht mit seiner forschen und trotzdem immer melodischen Herangehensweise in hervorragender Weise die Aufbruchstimmung im Metal der Mittachtziger deutlich, Trommler Golem gibt erbarmungslos Tempo vor, Andy Wave soliert sich ins Nirwana, und in puncto Tonhöhe steht Marta Gabriel einem John Cyriis sicher nicht nach. Damit endet eine starke Dreiviertelstunde, die man sich als Freund weiblich vokalisierten Traditionsmetals ohne jegliche Bedenken in die Sammlung stellen kann.
Kontakt: Karthago Records, Stefan Riermaier, Feichtetstraße 41, 82343 Possenhofen, riermaier@aol.com, www.karthagorecords.de

Tracklist:
Breaking the Curse
Metal Nation
Bringer Of The Light
1428
The Anvil Of Hate
Zombie Lust (Flesh Eaters)
Her Crimson Tears
Legions Of Truth
Gladiator, Die By The Blade
Agents Of Steel




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