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von rls

CETI: Brutus Syndrome   (Metal Mind Productions)

Bei einem Blick in die Diskographie in der Encyclopedia Metallum stellt der Rezensent fest, daß seit dem Release des Meisterwerks "(...) Perfecto Mundo (...)" ja schon wieder sieben Jahre vergangen sind. In denen waren Grzegorz Kupczyk und seine MitstreiterInnen natürlich nicht untätig, aber die drei Vollzeitwerke, die in jener Zeitspanne entstanden sind (wobei es sich nur in einem Fall um ein neues Studiowerk handelte), haben allesamt noch nicht den Weg in den hiesigen CD-Player gefunden. So fällt es schwer zu beurteilen, ob der deutliche Stilwandel, den das vierte Vollzeitwerk seit 2007, nämlich das neue Studioalbum "Brutus Syndrome", eher abrupt stattgefunden hat oder ob speziell der Studiovorgänger "Ghost Of The Universe - Behind The Black Curtain" aus dem Jahre 2011 eine Art stilistische Zwischenstufe enthalten hat. "Brutus Syndrome" jedenfalls klingt so gar nicht mehr nach dem Symphonic Metal des Jahres 2007, und es wird sich nicht jeder, der besagtes Album mochte, mit dem neuen Werk anfreunden können - andererseits wäre auch nicht auszuschließen, daß Kupczyk damit neue Kreise für sich interessieren könnte, wenngleich sich deren Zahl in Grenzen halten wird. Zum einen bewegt sich der Sänger nun nicht in völlig ungewohnten Gefilden, zum anderen verhindert die Albumdramaturgie, daß diejenigen Personen, die auf klassischen Hardrock bzw. Melodic Metal mit leichtem modernem Einschlag stehen, bis zu den betreffenden Songs vordringen, denn fast die ganze erste Albumhälfte wird nur den konsequenten Traditionalisten der besagten Sparte munden. Zwar erinnert das Drumintro des Openers "Fight To Kill" ein wenig an "Painkiller", aber das soll im wesentlichen der einzige Judas-Priest-Verweis des Albums bleiben. Statt dessen läßt besagter Midtempo-Opener im weiteren Verlauf deutliche Anklänge an die Iron Maiden der Spätachtziger erkennen, und auch das auf dem Fuße folgende "Wizards Of The Modern World" zaubert keineswegs modernen Metal aus der Hutschachtel, sondern erinnert so stark an die frühen Tierra Santa, wie nur irgendwas an die frühen Tierra Santa erinnern kann - und die trugen bekanntlich auch so manche Maiden-Parallele mit sich herum. In diesem Stile geht es aber wiederum nicht weiter: "Devil Made Me Do It" erinnert mit seinen Keyboardgeräuschen ein wenig an "Vincent Price" vom aktuellen Deep-Purple-Album "Now What?!", und überhaupt wirkt so mancher der weiteren Tracks wie eine metallisierte und gitarrenlastigere Version von Deep Purple, zumal auch Kupczyks Stimme gar nicht so weit von der Ian Gillans entfernt lagert (man hört ihr die sieben Jahre seit "(...) Perfecto Mundo (...)" ein wenig an, aber noch nicht so stark, daß man die leichten Rauhigkeitsanflüge an den Stellen, wo sie vermutlich nicht geplant waren, als Problem zu betrachten geneigt ist). Keyboarderin Maria Wietrzykowska spielt diesmal eine deutlich weniger dominante Rolle, beschränkt sich meist auf teppichartige Klänge, schaltet ihr Instrument auch mal ganz aus und tritt nur sehr selten mal solistisch in den Vordergrund. Letztgenanntes darf statt dessen der Baß mal tun, nämlich mit gleich zwei Solopassagen in "The Evil And The Troy". Selbige Position ist übrigens neu besetzt worden: Langzeitbasser Bartek ist nicht mehr mit von der Partie, statt dessen hat Kupczyk den Baß auf dem Album selber eingespielt, möglicherweise bereits unterstützt von Neuzugang Tomasz Targosz, der dem Polen-Metal-Kenner noch von Crystal Viper geläufig sein könnte, wo er unter dem Pseudonym Tommy Roxx agierte. Ansonsten blieb das Line-up konstant, und die wenigen Besetzungswechsel in der immerhin auch schon ein Vierteljahrhundert umspannenden Bandexistenz sind für Osteuropa-Metal-Verhältnisse durchaus ungewöhnlich. Die Bassistenveränderung kann aber auf alle Fälle nicht für den beschriebenen auffälligen Stilwechsel verantwortlich gemacht werden. Mit moderneren Metalklängen hatten CETI bereits in den 90ern mal experimentiert, bevor sie das als Fehlentwicklung erkannten und wieder zu ihrem ursprünglichen Traditionssound zurückkehrten, den sie in der Folgezeit aber durchaus in vielerlei verschiedene Richtungen ausloteten. Und wenn man sich an "(...) Perfecto Mundo (...)" erinnert, so gab es auch dort schon "Gardens Of Life 2", der in seiner Melodik eher in eine grungig-alternative Richtung wies. Hier nun haben wir rings um die traditionelle Halbballade "Somethin' More" die Songs "The Song Will Remain" und "Second Sin" gelagert, und das sind die Hauptvertreter des eingangs erwähnten, leicht modern-metallischen Anstrichs, wobei "modern" hier wieder als "grungig-alternativ" zu übersetzen ist und nicht etwa in Richtung aktueller Strömungen des Jahres 2014. Freilich gibt es auch hier noch genügend Elemente, die dafür sorgen, daß die betreffenden Songs im traditionellen Umfeld der insgesamt 44 Minuten nicht gar zu sehr wie Fremdkörper wirken, etwa das Gitarrensolo in "Second Sin" oder der Orgelprinzipal in selbigem, den auch so gut wie keine Alternative-Band freiwillig in ihre Songs eingebaut hätte. "Sons Of Brutus" wiederum wäre ohne die kellertief gestimmten Gitarren und einige Drumverschleppungen als klassischer Melodic Metal anzusprechen. Mit "Run To Nowhere" schließt dann reinrassiger, leicht orchestral angehauchter Traditionsmetal die knappe Dreiviertelstunde ab, und das ist der Song, der Freunden des mehrfach erwähnten 2007er Albums wohl am besten gefallen wird. Als Anspieltip kann sich anhand der Beschreibungen also jeder etwas herauspicken, und eventuell schaffen es CETI, mit vorliegendem Album verschiedene Fanlager auf sich zu vereinen. Sie könnten aber auch zwischen allen Stühlen landen, was aufgrund der unbestreitbaren hohen Qualität des Albums allerdings mehr als schade wäre.
Kontakt: www.metalmind.com.pl, www.ceti-gk.com

Tracklist:
Fight To Kill
Wizards Of The Modern World
Devil Made Me Do It
Of Dull
The Evil And The Troy
The Song Will Remain
Somethin' More
Second Sin
Sons Of Brutus
Run To Nowhere
 




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