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Münchener Freiheit   09.03.2011   Leipzig, Gewandhaus
von rls

Seit dem ersten Arm der 30-Jahre-Jubiläumstour, die zugleich der Promotion des neuen Albums "Ohne Limit" dient, im November 2010 hat sich einiges getan: Auf besagter Tour ist ein Livealbum mitgeschnitten worden, in Audioform in Hamburg und mit Bewegtbild in München - und die zugehörige Doppel-CD bzw. DVD liegt Anfang März zu Beginn des zweiten Arms der Tour auch tatsächlich fertig auf dem Merchandisingtisch. Besagter zweiter Arm startet wie schon der erste in Sachsen, aber nicht in Chemnitz, sondern in Leipzig, nämlich in einem gut gefüllten und einen weiblicherseits doch erstaunlich niedrigen Altersdurchschnitt aufweisenden Gewandhaus.
Nun ist das Gewandhaus einer der akustisch weltbesten Spielorte, wenn man mit unverstärkten Instrumenten spielt - aber sobald Verstärkung nötig ist, wird's schnell kritisch, wie man auch bei der Münchener Freiheit auf verschiedenen Gigs der vergangenen Jahre (z.B. im Dezember 2006) feststellen mußte. Aber an diesem Abend ist alles anders: Drei Songs braucht die Soundfraktion, bis sie Schlagzeug und Baß auf ein solches Level heruntergedreht hat, daß auch die anderen Instrumente klar und deutlich hörbar sind - dann noch eine kleine Korrektur beim anfangs ein wenig im akustischen Abseits stehenden Leadgesang, und fertig ist ein exzellentes Klanggewand, das auch bis zum Konzertende erhalten bleibt und das Manager Jürgen Thürnau hinterher gegenüber dem Rezensenten mit den Worten "Man lernt halt auch dazu" kommentiert, zu Recht strahlend wie das berühmte Honigkuchenpferd. Dafür hat die Leistung seiner Schützlinge auch mal wieder allen Anlaß gegeben, und auch die kleinen Problemfälle des Chemnitz-Gigs sind behoben worden: Die freche Eleganz von "Sie liebt dich wie du bist" kommt ebenso von der Bühne geflattert wie der diesmal wieder tadelsfreie Schwebezustand von "Sommernachtstraum" und der Massivitätsfaktor von "Aus der Nummer raus" - wenn man etwas bekritteln will, dann vielleicht allenfalls, daß man die zweite Zugabe "Bis wir uns wiedersehn" schon mal zupackender gehört hat. Die Setlist ist von der Songzusammensetzung her mit der von Chemnitz identisch (das heißt, es bleiben sechs Songs von "Ohne Limit" am Start, dazu drei bzw. mit "Sommernachtstraum" vier von "Eigene Wege"), lediglich die Reihenfolge wird geringfügig geändert, indem "Sie liebt dich wie du bist" ein paar Positionen nach hinten rückt. Die bekannten Strukturen ermöglichen, hier und da etwas stärker auf manche Details zu achten, und da entdeckt man dann Perlen wie das wunderbare Gitarren-Doppellead von Aron und Stefan in "Aus der Nummer raus", das man als Stilmittel auf künftigen Studiowerken gerne wiederhören würde (zur Inspiration genügt vielleicht schon das Ausgraben der einen oder anderen alten Wishbone Ash-Platte, von denen sicherlich welche in den Kollektionen der Bandmitglieder schlummern). Und so viel in Bewegung hat man Aron auf seiner Bühnenseite sonst auch nur selten gesehen - daß Stefan in einen Aktivitätspool gefallen ist und gemeinsam mit Micha die ganze Bühnenfläche ausnutzt, kennt man hingegen schon vom Chemnitz-Gig und ist erfreut, daß die Lebendigkeit, die aus der Musik sprüht, auch in diesem Aspekt unterstrichen wird. Bestens bei Stimme sind die an den Vocals beteiligten Herren auch, an den instrumentalen Leistungen gab es bisher kaum jemals Abstriche zu machen (und so auch an diesem Abend nicht), ergo gibt es unterm Strich genau das, was der Kenner erwartet hat: zwei Stunden 80er-lastigen, aber im Hier und Heute angesiedelten Poprock vom Feinsten, abgeschlossen wieder mit "I Love Rock'n'Roll" von Joan Jett & The Blackhearts unter Instrumententausch (das ist ja jetzt sogar auf den Livemitschnitten konserviert worden - also könnte man auf der nächsten Tour doch wirklich mal wieder was anderes ausgraben ...) und dem vom Band kommenden "Solang man Träume noch leben kann" in der live nicht adäquat umsetzbaren originalen Orchesterfassung. Letztere Praxis hat sich offensichtlich schon etwas herumgesprochen - viele strömen zwar auch an diesem Abend bereits in Richtung Garderobe, aber etliche bleiben dann doch noch die vier Minuten in der Halle und singen fleißig mit, wie man das in der gleichen Situation auch auf Manowar-Gigs mit "The Crown And The Ring" kennt. Und apropos Manowar: Stefan scheint das "sign of the hammer" des in der siebenten Reihe sitzenden bzw. stehenden Rezensenten entdeckt zu haben und beantwortet es zweimal mit einer anderen klassischen Rockgeste (nein, nicht der berühmt-berüchtigten "Pommesgabel") - ein nettes Detail, das sich perfekt in ein großes erfreuliches Puzzle einfügt. Zweifler besorgen sich das Livealbum oder gehen bei nächster Gelegenheit einfach selber zum Konzert.



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