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Fear Dark-Festival mit Eluveitie, Morphia, Saphena, World In Ashes   20.05.2007   Chemnitz, Bunker
von rls

Back to the roots im doppelten Sinne: Der östlichste Veranstaltungsort des Fear Dark-Festivals, das sich mittlerweile zu einer mehrtägigen Tour ausgedehnt hat, war beim fünften Male wieder der Bunker in Chemnitz, wo bereits anno 2003 die Erstauflage in den neuen Bundesländern stattgefunden hatte, und auf dem ursprünglich vorgesehenen Billing des halbrunden Geburtstages standen ausschließlich Bands, die schon auf mindestens zwei der ersten vier Festivals gespielt hatten (ein Kriterium, dessen Anwendung die Einrechnung der Saphena-Gigs unter dem alten Namen Brain:FAQ erfordert), was man einerseits als Sicherheitsdenken brandmarken könnte, was aber andererseits auch Sinn macht, denn zu einer Geburtstagsfeier lädt man ja auch die besten Freunde ein. Allerdings hatten Whirlwind als Veranstalter diesmal den eher undankbaren Sonntag abbekommen, was gerade in einer Region, aus der um diese Zeit schon wieder Tausende Menschen zu ihren Arbeitsplätzen im Süden und Westen Deutschlands rollen, eine gewisse Zielgruppenverkleinerung hervorruft, und möglicherweise lag auch in der Kombination mit dem bewährten Billing eine Krux nach dem Motto "Haben wir ja schon mal gesehen, müssen wir nicht alle Anstrengungen unternehmen, um nochmal hinzugehen". So war der Bunker zwar anständig ge-, aber keineswegs überfüllt, als World In Ashes mit der üblichen Verspätung als Opener die Bühne betraten. Die Bewohner des deutschen Südwestens erfüllten das Kriterium "schon mindestens zweimal auf dem Festival gespielt" nicht - sie waren kurzfristig für Immortal Souls eingesprungen, deren Sänger seine Stimme verloren und daraufhin vom Arzt absolutes Singeverbot bekommen hatte. World In Ashes suchten ihre Chance zu nutzen, was ihnen nicht schlecht gelang. Daß sie Metalcore spielen würden, konnte man anhand ihrer Optik bereits mit 95prozentiger Wahrscheinlichkeit vorhersagen, und die Prophezeiung traf denn auch ein. Das junge Quintett spielte seine Songs bereits recht routiniert herunter, erfüllte alle Genreanforderungen problemlos, schaffte es aber noch nicht, einen mehr als soliden Eindruck zu hinterlassen; vor allem die individuelle Note, die aus beliebigem Metalcore World-In-Ashes-Metalcore machen könnte, glänzte über weite Strecken noch durch Abwesenheit, obwohl der Opener bereits in die richtige Direktion wies, denn den bestritt der Leadgitarrist fast durchgängig mit Tapping und flitzte mit allen Fingern das Griffbrett rauf und wieder runter. Leider sollte dies der einzige Ausflug in diese Richtung bleiben. Auch der Sänger kreischte kompetent vor sich hin, wirkte in den seltenen Cleanparts aber noch recht unsicher, wohingegen die restlichen Instrumentalisten ein abwechslungsreiches, jedoch stets nachvollziehbares Grundgerüst aufbauten. Gute Band, zweifellos, aber noch ohne eigenes Gesicht, womit sie sich allerdings in guter Gesellschaft von 99% der Stilkollegen befinden.
Auf der Suche nach einer eigenen Identität sind die Neothrasher Saphena bekanntlich schon ein gewisses Stück weiter vorangekommen, doch traten sie an diesem Abend gehandicapt an, da Andis Stimme schwer angeschlagen war. Der Sänger versuchte das Beste aus der Lage zu machen: Das Shouting noch halbwegs hinbekommend, probierte er nach einigen vergeblichen Anläufen gar nicht mehr, die melodischen Parts als solche zu singen, sondern wechselte in eine Art rezitativischen Sprechgesang über, was dem an manche Harmonien schon richtiggehend gewöhnten Hörerohr an einigen Stellen etwas arg sperrig vorkam, aber hier und da auch ganz neue Aspekte in den sowieso schon nicht eindimensionalen Sound der fünf Erzgebirgsnordrandstufenbewohner einbrachte. Nachdem sich Andi für diese Variante entschieden hatte, kehrte offenbar auch etwas Beruhigung bei den vier Instrumentalisten ein, die anfangs noch äußerst nervös agiert hatten und erst im Verlaufe des Sets zum gewohnt sicheren Zusammenspiel fanden, das für die bisweilen recht komplexen Songs ja auch unabdingbar ist, um keinen unhörbaren Lärm zu erzeugen. Von der Setlist her verließ sich die Band auf Bekanntes, da neue Songs das Ideenstadium noch nicht überschritten haben. Kein richtig schlechter Gig, aber man hat Saphena schon in deutlich besserer Verfassung erlebt.
Was soll man zu Morphia noch groß schreiben? Die Setlist ähnelte stark der von 2006, allerdings mit einer markanten Änderung: Dreimal Stoff von "Fading Beauty" war konstant geblieben, "Again" und "Emptiness" vom "Frozen Dust"-Meisterwerk erklangen erwartungsgemäß ebenfalls - aber dann hatten die holländischen Doomdeather doch noch einen neuen Pfeil im Köcher, denn sie intonierten einen neuen Song namens "This Black Veil", und der läßt, sofern er denn repräsentativ für das 2008 zu erwartende neue Album, für das laut Sänger Jasper bereits drei, vier Songs fertig sind, sein sollte, erhoffen, daß es sich wieder mal um etwas ganz Feines handeln dürfte. Eingerahmt von eher gothiclastigen Parts mit Metalanstrich, stellte besonders der ruhige und sich schrittweise wieder steigernde Mittelteil mit einem ungewöhnlichen Baßsolo einen akustischen Hoffnungsträger dar, wenngleich das Urteilsvermögen durch diverse Soundprobleme leicht beeinträchtigt war, denn Pieters Keyboards, die man überhaupt erst mit diversen technischen Kunstgriffen hatte flottmachen können, gingen im Gesamtklang doch etwas unter, und in "Emptiness" fielen dann auch noch seine Cleanvocals komplett unter den akustischen Tisch, was dem Rezensenten die Pflicht auferlegte, die herzergreifende "A place inside my heart is empty"-Passage höchstselbst mit größerer Deutlichkeit vorzutragen. Die lautstarken Zugabenwünsche wurden leider nicht erfüllt.
Daß die mit einer kurz vorm Zweistelligen liegenden Besetzungsanzahl antretenden Eluveitie überhaupt auf die Bühne paßten und sogar noch ein wenig Bewegungsfreiheit hatten, überraschte - die akuten Soundprobleme der ersten Songs überraschten hingegen nicht, denn der mit Violine und diversen antiken Instrumenten angereicherte Folkmetal ist nun mal extrem schwer abzumischen, und so hatte man während der ersten Songs teilweise beinharten Power Metal im Ohr, dem aber die "Zutaten" völlig abgingen. Wundersamerweise bekam die Soundabteilung das aber in den Griff, und so glänzten die Songs der Schweizer zumindest in einigen der schillernden Farben, die man von den Studioalben gewöhnt ist. Bei einem der Songs indes konnte man das noch nicht so genau analysieren, denn auch Eluveitie intonierten eine neue Komposition von dem Album, dessen Aufnahmen in der zweiten Jahreshälfte 2007 geplant sind - mit einem Stilbruch indes muß niemand rechnen. Die Kombination aus Folk und Metal erinnert nach wie vor an die frühen Skyclad, nur zum Quadrat der Einflüsse erhoben, und das mochte das Publikum an diesem Abend offenbar, denn auch Eluveitie wurden zu Zugaben aufgefordert - diesmal kamen sie im Gegensatz zu ihrem ersten Festivalgig anno 2005 der Aufforderung auch nach und beschlossen die Geburtstagsfeier auf würdige Art und Weise.



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