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Fear Dark-Festival mit Slechtvalk, Random Eyes, Sacrificium, Eluveitie, Pantokrator   04.03.2005   Zwickau, Alter Gasometer
von rls

Die Zweifel, die der Rezensent ob des 2004er Klangbreies an gleicher Stelle für die 2005er Auflage des Fear Dark-Festivals vorab hegte, schienen von einem Teil des 2004er Publikums geteilt worden zu sein, welchselbiger daher anno 2005 durch Abwesenheit glänzte. Dieser Teil hat allerdings definitiv einiges verpaßt, und auch der Rezensent erlebte die eine oder andere positive Überraschung. Doch der Reihe nach:
Zunächst ein Lob an Whirlwind als lokaler Organisator: Das Billing war gegenüber dem letzten Jahr um eine Band reduziert worden, was ein entspannteres Zeitmanagement zuließ, welches aufgrund deutlich geringerer technischer Fuck-up-Quote auch halbwegs eingehalten werden konnte. So hielt sich die übliche Beginnverspätung in überschaubaren Grenzen und war aufgrund hochwertigster Konservenmucke (der Mixer ließ doch tatsächlich das Toxic Smile-Debüt durchlaufen) problemlos aushaltbar. Als erste Band betraten Pantokrator die Bühne, um ihre nur vier Songs ins Auditorium zu schmettern - die Zahl und damit auch der Billingplatz der Band (die ein Wochenende zuvor immerhin noch Headliner des Elements Of Rock-Festivals gewesen war) erklärte sich daraus, daß man auf den etatmäßigen Drummer verzichten mußte und der temporäre Ersatz (welchselbiger ansonsten bei Crimson Moonlight trommelt) in der kurzen Zeit nicht mehr Material hatte einproben können. Hätte nicht das eine oder andere Mitglied der Saitenfraktion ab und an mal auf dem Drumriser gestanden, um einige Tempowechsel bzw. Breaks hilfsweise anzuzeigen, es hätte vermutlich niemand bemerkt, daß hier ein Aushilfsschlagwerker arbeitete, denn er machte seine Sache sehr gut. Pantokrator spielten sehr abwechslungsreichen Death Metal, hatten mit Sänger Karl einen absoluten Aktivposten auf der Bühne (der mit seinen Ansagen auch jede Menge Humor bewies) und verfügten über ein Soundgewand, das schon mal besser war als das aller Bands der 2004er Auflage (mit Ausnahme von Morphia und ansatzweise Sacrificium), wenngleich es speziell im Gitarrenbereich noch etliche Wünsche offenließ, da dortige Melodien und etliche strukturelle Elemente im Verborgenen blieben, man das von Dirk attestierte Riffmassaker der neuen, eher melodicdeathigen Songs also nur erahnen konnte. Bester Song für meinen Geschmack war der letzte namens "King Of Babylon", aber generell würde ich das Material gerne nochmal in sauberem Soundgewand hören.
Sie kamen, sahen und siegten: Eluveitie waren eindeutig die Gewinner des Abends. Neun Musiker drängten sich auf der Bühne: ein Drummer, ein Bassist, zwei Gitarristen, eine Violinistin, eine Bratscherin, eine Drehleierspielerin, ein Sänger und ein für mannigfaches Holzgebläse zuständiger Mensch, wobei auch die beiden zuvor genannten Personen bisweilen noch zu diversen Flöten oder einem Dudelsack griffen. Klarer Fall also: Eluveitie intonierten Folk Metal - allerdings solchen reichlich brachialer Bauart, der beispielsweise das erste Skyclad-Album härteseitig noch deutlich übertraf und nicht selten Blastspeedparts einwob, in vielen Passagen aber auch knochentrocken zum Tanzbeinschwingen einlud, was das Auditorium dankend annahm. Daß diese vielseitige Mischung im Gasometer so klar abzumischen geht, daß man allenfalls mal den Gesang oder eine der Flöten nicht durchhört und lediglich von der Drehleier außer in ruhigen Passagen absolut nichts zu hören ist, hätte ich mir vorher nicht träumen lassen. Und einen Holzbläser, der Flöte spielt und gleichzeitig auch noch wild bangt, habe ich auch noch nicht gesehen. Neben dem Bassisten war er somit der Aktivposten der Show (die beiden könnten vom Optischen her Brüder sein), aber auch die Streicherinnen standen wild bangend auf der Bühne, wenn sie gerade nichts zu tun hatte, und die Violinistin markierte mit ihrer wiewohl nicht unbeträchtlichen Haarlänge die Untergrenze für die an diesem Abend musizierenden Frauen. Von den Ansagen verstand man zwar herzlich wenig (und das nicht aufgrund des schwyzerdütschen Akzents der Mitglieder), aber überlange musikalische Preziosen wie "Druide" wußten das Publikum zu fesseln, so daß Eluveitie nach einem etwas ruhigeren Closer lautstarke "Zugabe"-Forderungen ernteten, von den Whirlwind-Jungs auch außerplanmäßig eine genehmigt bekamen, aber keine spielen wollten (!). Bandmarketingseitig sicher kein geschickter Schachzug und auch kein Dienst am potentiellen Fan - aber die musikalisch erstklassige Leistung trübt das natürlich nicht. Sollte im Auge behalten werden, diese Band.
Nach Eluveitie auf die Bühne zu müssen gehört nicht gerade zu den einfachen Aufgaben, aber die Whirlwind-Hausband Sacrificium löste sie perfekt, obwohl man auch noch größtenteils Tracks intonierte, die erst auf dem im April erscheinenden neuen Longplayer enthalten sein werden, die also im Publikum noch niemand kannte (wenn man etwa "Relativation Of Justice" nicht noch vom letztjährigen Gig im Ohr gehabt haben sollte). Generell fiel das neue Material durch eine etwas veränderte musikalische Ausrichtung auf - von den mir von Claudio vorher genannten Referenzbands würde ich Dismember nicht unbedingt unterschreiben wollen, At The Gates (mit meiner sehr marginalen Kenntnis von deren Werk) aber schon eher. Soll heißen: Das war immer noch lupenreiner Death Metal, aber mit etwas melodiöserer Gitarrenarbeit (die man erstaunlicherweise richtig gut hören konnte) und einer gegenüber den früheren Grunzvocals etwas kreischigeren Artikulation von Claudio. Daß die neuen Tracks (deren größter Teil livehaftig an diesem Abend aus der Taufe gehoben wurde) spieltechnisch noch nicht hundertprozentig saßen, merkte vermutlich nur die Band selbst, der diese Songs noch nie gehört habende Fan aber definitiv nicht; über ihre Qualitäten lasse ich mich dennoch erst deutlicher aus, wenn ich auch die Studioversionen gehört habe. Der neue Bassist Samuel schien sich gut in die Band integriert zu haben, wenngleich Claudio nach wie vor der optische Mittelpunkt blieb, wieder wie wild auf der Bühne herumsprang (und dabei auch schon mal versehentlich sein Mikrokabel ausstöpselte, was Samuel erst eine Strophe später beheben konnte - Claudio selbst hatte es noch gar nicht bemerkt) und Campino-like auf den Traversen herumkletterte. Abschluß wie umjubelter Höhepunkt des Gigs war in bewährter Weise das Vengeance Rising-Cover "White Throne", bei dem Karl von Pantokrator als Zweitsänger über die Bühne tobte.
Setlist Sacrificium:
Feedback Intro
Canvas
I Am The Enemy
Cold Black Piece Of Flesh
Relativation Of Justice
Shivering
Of Traumatic Memories And Tears
Pierced By Death
Kill Me
White Throne
Die Italiener Thy Majestie hatten einige Wochen vorher abgesagt, so daß als Ersatz die Finnen Random Eyes auf die Bühne stiegen und einen äußerst merkwürdigen Gig durchleben mußten. Sie gaben alles (und das war nicht wenig), aber das Publikum war absolut nicht aus der Reserve zu locken. Gut, Random Eyes fielen mit ihrem gothicangehauchten Power Metal stilistisch etwas aus dem Rahmen, trotzdem boten sie eine sehr starke musikalische Leistung, und speziell der Bassist rannte wie von der Tarantel gestochen über die Bühne und versuchte das Publikum zum Mitmachen zu animieren - leider ohne Erfolg. Dabei waren Songs wie "Hero" (vom Debüt "Eyes Ablaze") oder die vom neuen Album stammenden Tracks durchaus gutklassiges bis hochwertiges Kraftfutter, gekrönt dazu vom erstklassigen Gesang des Duos Christian/Katja (nicht etwa nach dem Prinzip "Die Schöne und das Biest" - Christian intonierte über weite Strecken klassischen hohen Power Metal-Gesang und brüllte nur gelegentlich herzhaft ins Mikro) und soundlich nur bei den Gitarren einige Wünsche offen lassend. Random Eyes gaben es angesichts der Lethargie im Publikum bald auf, zum Mitklatschen aufzufordern, spielten ihre Songs am Stück herunter und verschwanden schnell von der Bühne. Wirklich schade drum - und nach dem Seventh Avenue-Gig in Oelsnitz 2004 wieder ein Beweis dafür, daß Power Metal im Osten nicht mehr geht? Wäre keine schöne Entwicklung.
Die einzigen Corpsegepainteten des Abends sollten Slechtvalk bleiben, die sich wieder für ihr bewährtes erdfarbenes Outfit entschieden hatten (jedenfalls größtenteils - warum der Bassist in einem weißen Shirt auf die Bühne kam, sollte sein Geheimnis bleiben). Die Band war zum Septett angewachsen, da ein zweiter Gitarrist mit an Bord war, so daß sich der bisher an diesem Instrument zu findende Mensch (der es zwischenzeitlich auch nochmal kurz übernahm) nun ganz auf den Gesang konzentrieren konnte und dem Soundmenschen etliches an Aufmerksamkeit abverlangte, damit wenigstens seine klar-pathetischen Einsätze vernehmbar rüberkamen. Gekreischte Ansagen sind zwar nach wie vor nicht der Weisheit letzter Schluß, aber zum Kriegskonzept von Slechtvalk gehören sie offenbar dazu. Die Holländer hatten ihre neue CD "At The Dawn Of War" im Gepäck und bestückten die Setlist auch reichlich mit Material von dieser, das gegenüber dem melodischen Black Metal der früheren Tage wenig Unterschiede erkennen ließ, allenfalls ein paar wenige groovige Passagen mehr enthielt (was aber auch ein subjektiver Eindruck anhand der Trackauswahl sein kann) und der Sopranistin Fiona nach wie vor nur punktuelle, aber wirksame Einsätze bescherte. Angesichts der vorrückenden Stunde leerten sich die Reihen des Publikums langsam, aber die harte Fraktion hatte definitiv ihren Spaß mit Slechtvalk, wenngleich auch hier die (im Vergleich mit Eluveitie spärlicheren) Zugabewünsche nicht erfüllt wurden.
Wenn die akustischen Verhältnisse dieses Gigs 2006 reproduziert oder gar noch ein Stück verbessert werden können, darf das Fear Dark-Festival gerne im Gasometer bleiben. Musikalisch jedenfalls bot die 2005er Auflage eine durch die Bank weg starke Leistung.



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