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Fear Dark Festival mit Sacrificium, Immortal Souls, Morphia, Kekal, Crimson Moonlight, Brain:FAQ   12.03.2004   Zwickau, Alter Gasometer
von rls, nickri, mst und ta

Das Fear Dark-Festival expandiert. Hatte man anno 2003 noch zwei Gigs gespielt und vier Bands des christlichen Metalspektrums on the road geschickt, waren es anno 2004 sechs Bands, welche drei Auftritte verbuchten, darunter wiederum einen im schönen Sachsenländle. Da anno 2003 der ZV-Bunker in Chemnitz radikal überfüllt war und es das Alarm! in Zwickau ja nicht mehr gibt, entschlossen sich die lokalen Veranstalter zum Umzug in den Alten Gasometer Zwickau. Rein vom Platzangebot her sicherlich eine weise Entscheidung, die aber auch ihre Schattenseite hatte, denn der Gasometer weist bei allen Bands, "die lauter als 3 dB spielen" (wie Marek von Toxic Smile, welche zwei Wochen zuvor ebendort gespielt hatten, so schön sagte), akuteste Schwierigkeiten beim Abmischen auf. Der Rundbau ist halt keineswegs als Konzerthalle konzipiert worden. Auch der Mischer dieses Abends fand keinen Zugang zu den komplizierten Verhältnissen, was dem Hörer die Freude mehr als einmal verdarb.
Zumindest ließ das Billing Großes erahnen, denn mit Kekal und Crimson Moonlight sollten gleich zwei Bands ihr Debüt auf deutschen Bühnenbrettern geben, und auch ansonsten waren bewährte Kräfte am Start. So verwunderte es nicht, daß eine beachtliche Zuschauerzahl (man konnte auch Gäste aus den Niederlanden, Ungarn und sogar Mexiko begrüßen) den gleichzeitigen Verlockungen Silver (Chemnitz) bzw. Morbid Angel plus Krisiun (Glauchau) widerstand. Unter denen befanden sich gleich sechs CrossOver-Mitarbeiter (ein Novum - so viele unserer Schreiberlinge auf ein und demselben Gig gab's noch nie), von denen vier am nachfolgenden Review beteiligt sind (auch das gab's in der Form noch nicht). Und los geht's: (rls)

Brain:FAQ-Rob
Alle Jahre wieder kommt das Fear Dark-Festival. Dieses Jahr unterstützte es das Wiedererwachen der Brain:FAQ-Combo. Lange verschollen, sollte dies die erste Gelegenheit nach längerer Pause sein, ihre Songs zu präsentieren. Natürlich mit Verspätung stürmten sie als erster die Bühne und legten los. Nach ungefähr 3 Songs fiel sogar dem jüngsten Besucher auf, dass da etwas nicht stimmte. Andi Hermanns Stimme war noch im Winterschlaf und die Techniker hatten auch so ihre Probleme. Mit solchen Handicaps fiel es wohl weniger auf, dass auch neue Songs präsentiert wurden. Aber dennoch! Es war das Wiedererwachen einer saugeilen Band, die auch als erster eines Festivals ihre Fans begeistern konnte. (nickri)

Einer der Gründe um zum Fear Dark zu fahren, waren eindeutig meine Unblackmetal-Faves von Crimson Moonlight. Musikalisch das Derbste, was der Reigen dieses Abends zu bieten hatte und qualitätsmäßig sowohl in der säkularen als auch in der christlichen Hart-und-Heftig-Szene im oberen Bereich, waren die Schweden angetreten um auch endlich mal deutsche Nacken auf ihre Strapazierfähigkeit zu testen.

Die Netzhemdfraktion
Um es gleich vorwegzunehmen: Der erste Deutschlandauftritt von Crimson Moonlight war leider nicht der erhoffte Triumphzug. Das lag allerdings weniger an der Band selbst, sondern an technischen Problemen, die den Gesamteindruck erheblich trübten. Schon vor dem Gig wurde lange am Sound rumgebastelt, was mit zunehmender Dauer auch die erwartungsvollen Fans nervte. Lange technisch bedingte Pausen zwischen den Songs erwiesen sich als absolute Stimmungskiller und der Sound war den gesamten Set über leider nicht besonders. So kam es dann auch, dass ich mich nach drei Songs, die ich mit verschärftem Dauerkopfnicken in der ersten Reihe verbrachte, erst mal in den hinteren Bereich des Gasometers zurückzog, um dieses Spektakel zumindest optisch zu genießen. Denn hier boten Crimson Moonlight einiges, um ihren ersten Auftritt in good old Germany zu einem Erlebnis zu machen. Die Gitarren- und Bassfraktion hatte zur Feier des Tages Corpsepaint aufgelegt und mit zahlreichen Artikeln der Grundausrüstung eines echten Metallers war man ebenfalls ausgestattet (Leder, Nieten ...). Wobei das Tragen von Netzhemden dann zumindest diskussionswürdig wäre ...

Pilgrim
Den absoluten Berserker mimte allerdings Pilgrim der Sänger: Seine lange rote Mähne und sein hünenhaftes Auftreten ließen sofort den Wikinger erkennen, die ersten Minuten des Gigs trug er eine Ledermaske und die zwei Nagelarmbänder hätte auch Kerry King nicht besser hingekriegt. Beeindruckend auch sein enormer, mit Leder verkleideter und einem Kreuz verzierter Trinkhumpen, wobei ich leider nicht in Erfahrung bringen konnte, ob dieser nun mit Bier, Met oder Brambacher Mineralwasser gefüllt war. Die Soundprobleme waren insofern schade, da gerade die vielen extrem schnellen Passagen im Liedgut der Schweden nach einem transparenten Sound verlangen und so in einem ziemlichen Brei untergingen. Dass es auch anders geht, bewies der letzte Song, wo der Sound akzeptabel war und so ein "versöhnlicher" Abschluss geschaffen wurde. Insgesamt würde ich also noch von einem gelungenem Auftritt der Band sprechen, der leider von den Technikproblemen überschattet wurde.
Im Publikum sah man vor der Bühne ständig rotierende Schädel, während einige Fans im Club wohl doch etwas erstaunt über dieses Inferno waren. Mein Dank geht an die Whirlwind-Macher, die dieses Festival ermöglichten. Bis zum nächsten Mal! (mst)

Kekal
Kekal hatten außer gegen den Sound auch noch gegen die Behörden zu kämpfen. Die hatten dem neuen Rhythmusgitarristen nämlich das Visum verweigert, so daß die Bandköpfe Jeff und Azhar die Mini-Europa-Tour (sie hatten am Wochenende zuvor auch schon auf dem Bobfest in Schweden gespielt) in Duobesetzung plus einem weiblichen computerein- und -ausschaltenden Wesen durchziehen mußten. Selbiger Computer erzeugte die Drums sowie die gelegentlichen orchestralen Elemente, den Rest holten die beiden wackeren Indonesier selbst aus ihren Instrumenten bzw. Mikros. Wenn man diesen Rest im Auditorium auch noch hätte hören können, wäre das Glück vermutlich perfekt gewesen - aber zu oft sah man die beiden zwar spielen bzw. singen, vernahm akustisch jedoch restlos gar nichts, obwohl sich der Soundmensch Mühe gab, wenigstens die wichtigeren Passagen (also beispielsweise den gerade leadsingenden Menschen) etwas lauter zu drehen und damit vernehmbar zu machen. Durchgängig geschafft hat er es jedenfalls nicht. Jeff spielte anfangs mit einer Gasmaske, deren Bedeutung sich allerdings nicht erschloß. Der progressive Black Metal der Indonesier bekam durch die Soundschwankungen ein zusätzliches zerrissenes Element implementiert, so daß selbst das Erkennen der Songs schwerfiel (den Ansagen nach stammte der Großteil wohl vom neuen Album "1000 Thoughts Of Violence"). Das Auditorium anerkannte das ehrliche Bemühen der beiden auf der Bühne sehr zurückhaltend wirkenden Jungs, die für die akustischen Handicaps ja nichts konnten. Höhepunkt des Gigs war das abschließende "Mean Attraction", so eine Art "Mourning Palace" von Kekal. Selbst diesen Song hätte ich ohne die Ansage aber nur schwer erkannt. (rls)

Morphia-Jasper
Morphia waren beinahe heimlicher Headliner. Gnadenlos wurde die Doom-bangende und Wildschwein-imitierende Menge mit Extremschwermetallperlen von "Unfulfilled Dreams" ("The Day I Died") und "Frozen Dust" (u.a. "Again", "The Sun"), sogar mit zwei neuen Stücken vom kommenden Album zum kollektiven Kniefall gezwungen und bei "Emptiness", das nunmehr offenbar zum unheimlichen Hit der Holländer avanciert ist, durfte sogar einer der wirklich fanatischen Fans der ersten Reihe, die alle Texte komplett skandieren konnten (Respekt für diese gedächtnisorientierte und stimmliche Leistung!), kurz ins Mikro röcheln. Das erwartete Doom-Loch blieb aber geschlossen. Das lag zum Einen daran, dass Gitarrist Roger Koedoot und Keyboarder Peter van Tulder als unerschütterliche Grinsegesichter auch die stimmungsvollsten Düstermomente zu Oasen der Freude machten, zum Anderen daran, das ein etwas wackelbeiniges Feeling den Gig überschattete. Jasper Pieterson machte mit roten Pausbacken und verquerten Ansagen einen nett angetüdelten Eindruck und die Rhythmusabteilung um Ernst-Jan Lemmen und Erik van Tulder ließ teilweise an Abstimmung und Tightness etwas vermissen, wozu sicherlich auch die augenscheinlichen Probleme an Bühnensound und Drumkit ihr Scherflein beigetragen haben. Nichtsdestotrotz: Daumen hoch, allein für diese musikalische Klasse! (ta)

Immortal Souls
Eigentlich könnte ich an dieser Stelle mein Review zum Gig von Immortal Souls auf dem 2003er Fear Dark-Festival einkopieren, das der Interessent im G.U.C.-Heft Nr. 19 nachlesen kann. Also kurz: Die Finnen spielten erneut recht abwechslungsreichen melodischen Black/Death, agierten ziemlich engagiert auf der Bühne, setzten mit "Welcome To North" einen Höhepunktsong und hatten genauso unter dem Sound zu leiden wie der Rest der Bands. Immerhin konnte man einiges von den markanten Gitarrenleads erlauschen, was anno 2003 trotz komplett anderer akustischer Verhältnisse in ähnlicher Prozentzahl möglich gewesen war (die Wortwahl legt nahe, daß dennoch einiges fehlte). Das Publikum belohnte die Band mit reichlich Applaus; der Enthusiasmus, der noch bei Morphia spürbar war, mochte sich jedoch nicht recht einstellen, zumal auch die Uhr unaufhaltsam nach vorn rückte. (rls)

Sacrificium-Oliver
Die Rolle des Headliners ist nicht per se die Rolle des Siegers. Sacrificium mussten mit deutlich weniger Publikum auskommen als alle vorher aufspielenden Bands. Zudem war nach der Vollbedienung, die vorher streckenweise auf die willenlos bangende Meute prasselte, auch von Seite des Auditoriums eigentlich nicht mehr als stummes Zuschauen zu erwarten. Doch weit gefehlt: Von Euphorie zu sprechen, wäre zwar übertrieben, aber das tighte Death Metal-Feuerwerk, welches die sächsisch-schwäbische Union entfachte, ließ letztlich auch die verbliebenen hundert Nasen/Nacken nicht kalt, so dass für groovige Brecher wie "Relativation Of Justice" oder schnelle Hämmer wie "Paupers Grave" die letzten Kraftreserven mobilisiert und Matten geschüttelt wurden. Sacrificium hatten ihren Basser zu Hause gelassen, was sich auf den Sound überaus positiv auswirkte, so dass die vorrangig neuen, vom Album "Cold Black Piece Of Flesh" herbeigeholten Stücke ihre Stärken wunderbar ausspielen konnten und einmal mehr verdächtig an einen Mix aus Obscenity und Six Feet Under erinnerten, wobei der Blastbeat von Mario Henning ruhig noch ein wenig mehr dreschen hätte können. Sänger Claudio Enzler rief mit seinen vollkommen klischeefreien, spontanen Ansagen nicht überaus Begeisterung hervor, kreischte und grunzte sich ansonsten aber souverän durch den um "Zustand Tod" gekürzten Set, ließ pausenlos die Matte kreisen und hechtete auch beim finalen Vengeance Rising-Cover "White Throne" noch über die Bühne, als hätte der Gig gerade erst begonnen. Da hingen allerdings allen anderen schon die Zungen bis zum Boden. Danke trotzdem. Ein gnadenloses Finale - und eine glänzende Krone auf ein gelungenes Mini-Festival. Bis zum nächsten Jahr! (ta)

Fotos: Mario Stark



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