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Bang Your Head!!! 2004   24.-26.06.2004   Balingen, Messegelände
von Bernd Steiert (bs) und Georg Lögler (gl)

Donnerstag:

Dieses Jahr wurden gleich vier Bands angesetzt für die allseits beliebte Club-Show, den sog. "warm-up" in der Discothek WOM, wobei gleich drei davon ihr erstes Konzert überhaupt in Deutschland gaben, und dementsprechend voll und besser besucht als letztes Jahr war dieser Abend. Los ging der Reigen mit den RUFFIANS aus San Francisco, die sich im Grunde eigens für dieses Festival und zum Re-Release ihrer EP reformiert hatten. Konnten sie nach so langer Abwesenheit einen Bogen zu 1987 spannen, dem Jahr, in dem sie sich auflösten und kannte überhaupt noch wer die Band? Zweimal ganz klares: JA! Die Band spielte tight, gut aufeinander abgestimmt, und überzeugend ihren traditionellen Power Metal runter, als wäre all die Jahre nichts geschehen. Rich Wild, der bereits ja damals schon Carl Albert als Sänger abgelöst hatte, trat in einem engen zurechtgeschnittenen old-school RUFFIANS-Shirt auf, Craig Behrhorst und Rich Atchinson, die Gitarristen der Band, solierten harmonisch ergänzend und der neu eingesprungene Bassist Eric Wong sowie Drummer Luke Bowman überzeugten ebenfalls. Und die Fans? Jawohl - zumindest ein kleines Häufchen vor der Bühne grölte "Fight For Your Life", "Do Or Die" und "Eyes Of Fire" sogar textsicher mit! Kein Wunder, dass die Band völlig perplex und absolut begeistert war.

BALLISTIC sind natürlich einen Zacken härter und auch hier harrte eine neugierige Menge aus, wie sich Tom Gattis mit dem Sänger Tony Taylor, der von der Band TWISTED TOWER DIRE kurzfristig einsprang, präsentieren würde. Sehr überzeugend wirkte das, und gar nicht wie eine Notlösung, der sympathische Glatzkopf sang die ... ähem ... gewaltigen Texte sicher und begeisternd als sei er Bandmitglied. Die Stagediver enterten die Bühne ohne in irgendeiner Form behindert zu werden und schmissen sich zurück in die bangende crowd. Tom selbst sang dann einen Song seiner alten Band TENSION und zwar "Wrecking Crew" (aus dem Jahre 1986 wohlgemerkt!) (wobei der Song schon auf dem 85er Demo stand - Anm. rls) und hier stieg die Stimmung noch mal an, während ansonsten ausschließlich Material von der Abrissbirne "Ballistic" geschmettert wurde, wobei mich besonders der ruhig agierende Gitarrist Petio Petev beeindruckte.

SHOK PARIS aus Cleveland, Ohio waren die nächste Band, auch sie vom Schicksal gezeichnet, nie einen Cent verdient trotz 3 guter Scheiben in den 80ern, da sie sich mit ihrem melodiösen Metal zwischen alle Stühle setzten (ich wiederhole mich, ich weiß - siehe Titan Force, Fifth Angel, Leatherwolf etc), nie in Europa gespielt, jetzt nach Ewigkeiten reformiert für das Bang Your Head!!! Und auf die Bühne kommt ein sehr massiver Mensch, Vic Hix hat reichlich zugelegt, doch die Stimme ist immer noch grandios und auch Gitarrist George Mihalovich hat natürlich nichts verlernt, Songs wie "Steel And Starlight" sind einfach bei einem kleinen Kreis von Leuten Klassiker und dementsprechend wurden sie auch aufgenommen, mit Begeisterung, Air-Guitar-Bewegungen und BANGEN!!!

DEATH ANGEL ließen sich reichlich Zeit, so blieb Zeit einige Schwätzchen zu halten mit Leuten, die man genau einmal pro Jahr sieht, oder auch mit der Band OMEN, aber als Sänger Mark von mir mit einem Original-Datsun-Trikot von Borussia Mönchengladbach aus dem Jahre 1982 (!) gesehen wurde, war alles zu spät, eigentlich wollte ich ihn fragen, was er trinkt, und ihn den Abend freihalten. Wer weiß, was der so pro Konzert wegkippt (1 Flasche Whisky), ist sich sicher: das kann teuer werden ... doch er machte gerade seine Stretching-Übungen und wenn die schon keinen eigenen Raum haben, belästigt man sie auch nicht so kurz vor Showbeginn. Es ging dann doch noch bis 0:30 bis der San Francisco-5er dann die nun vollgestopfte Disco enterte und wohl eine der willenlosesten Shows zelebrierte, derer ich Zeuge sein durfte: Mit einer dermaßen exakten Präzision schoss die Band ihre Granaten in die völlig durchdrehende Meute, dass dies wahrlich ein passendes Abschlusskonzert für diese Location sein sollte, wie es eigentlich geplant war. (Nun übernehmen EVERGREY diesen Part mit dem allerletzten Konzert im WOM am 21.08.04.) Denn DEATH ANGEL spielten diesen Club regelrecht in Schutt und Asche mit einem 2-stündigen (!) Set und mehreren Songs aus allen vier Alben, darunter, man fasste es kaum, den Song "The Ultra Violence". Sehr störend jedoch die rücksichtslosen Typen, die sich auf die Glaskästen stellten, somit den hinteren die Sicht versperrten und schlimmer noch die "Diver", die sich minutenlang mit dem Rücken zum Publikum auf die Bühne stellten und die Toleranz ausnutzen. Ein Idiot pöbelte sogar einen Negativ-Kommentar in Richtung TESTAMENT ins Mikro, worauf Mark gleich klarstellte "I didn't say that".
Insgesamt trotz der späten (frühen) Stunde ein legendäres Konzert, eine Lehrstunde in Sachen positiver Energie! (gl)

Freitag:

Old school: Ruffians

Uraltes Dio-Shirt: Rich von den Ruffians
Wenige Stunden später gings weiter mit Breakfast-Metal bei den RUFFIANS, die ihre gute Leistung auf der großen Bühne bestätigten. Sänger Rich in uraltem engen DIO-Shirt und die anderen zeigten keinen Respekt vor der großen Bühne oder etwa Lampenfieber, sondern eroberten neue Fans und auch hier waren einige alte, die die EP von 1985 durch die Luft schwenkten, anzutreffen - toll! Man ließ die Shows beide mitfilmen und plant eine DVD dieser beiden (legendären) Auftritte.
Hurra Deutschland, jetzt komm' ich!

Und auch SHOK PARIS knüpften an den Abend zuvor an, wobei sich Vic Hix jedoch für ein eigenwilliges Outfit (Kampfstiefel, Tarnhose, Shirt mit Aufschrift "Federal Agent" und USA-Flagge als Headband) entschied, wofür er auch prompt kritisiert wurde. Sein tolle Gesangsleistung ließ dies jedoch in den Hintergrund treten und die Cleveländer begeisterten die Front rows mit Songs von "Concerte Killers", "Steel And Starlight" und "Go For The Throat" - ihren 3 Platten von 1984 bis 1989.

Kingdom Come/Kingdom Gone
Komplett andere Geschichte: KINGDOM COME - deren Auftritt ich mit Freude entgegensah. Welche Band spielte, war nun auch erstmals unübersehbar aufgrund eines Riesen-Backdrops. Doch der Hamburger Lenny Wolf war stark erkältet, erreichte die höheren Regionen (die er ja fast in jedem Song braucht) nicht und entschuldigte sich auch mehrfach dafür, wollte den Gig aber nicht absagen. Den Mut möchte ich gutheißen und diesen Auftritt noch als "gut" bewerten, da das mittelschnelle groovende Material der Band dem Ablauf dieses Billings gut bekam und zudem eines meiner Lieblingslieder der Band, nämlich das phänomenal mitreißende "Should I" (vom Album "Hands Of Time", 1991) dargeboten wurde. Auch im Vorgriff auf das im August erscheinende Album "Perpetual" bekamen wir einen Song zu hören, bevor "Living Out Of Touch" vom Debut aus dem Jahre 1988 diesen Set beendete. (gl)

Wollmützen-Metaller: Blaze Bayley
Pünktlich um 13:35 Uhr betrat BLAZE die Bühne und begann furios mit "Alive" und "Ten Seconds" vom aktuellen Album "Blood & Belief". Als erstes fiel mir sein neues Outfit mit der Wollmütze auf (und das in der Mittagssonne des BYH?). Für mich schon etwas gewöhnungsbedürftig, aber ist halt Geschmackssache. Das Publikum jedenfalls ging voll mit und Blaze hat durch seine Ausstrahlung und Agilität keinerlei Probleme, die Stimmung bis zum Ende immer auf höchstem Niveau zu halten. Seine Stimme war ebenfalls in absoluter Höchstform und machte den Best Of-Querschnitt seiner bisherigen 3 VÖs "Silicon Messiah", "Tenth Dimension" und natürlich "Blood & Belief" zu einem absoluten Erlebnis.

Stefan Leibing und Mat Sinner
Nach Blaze folgten nun PRIMAL FEAR. Die Frage, ob sie es schaffen würden, den Auftritt von Blaze zu toppen, kann nur mit einem klaren JA! beantwortet werden. Obwohl der Soundmann während der ersten 3 Songs noch enorme Probleme hatte, präsentierten Mat Sinner & Co das Best Of-Programm mit unglaublicher Power und Spielfreude. Das extrem tighte Zusammenspiel der Band hat durch den Neuzugang Randy Black an den Drums eine neue Dimension erreicht. Besonders hervorheben möchte ich das Harmonieren der beiden Gitarristen Stefan Leibing und Tom Naumann. Ihre zweistimmigen Soli, besonders in "Final Embrace" waren einfach grandios! Eine tolle Performance auch von Ralf Scheepers, der sich stimmlich in Höchstform präsentierte und auf der großen Festivalbühne sichtlich wohler fühlt als auf kleinen Clubbühnen. Abgerundet wurde das Ganze von Mat Sinner, der durch seine enorme Ausstrahlung immer ein Blickfang war und dazu auch die ganze Breite der Festivalbühne nutzte. In der Setlist u.a.: "Chainbreaker", "Suicide & Mania", "Running In The Dust", "Heart Of A Brave", "Nuclear Fire", "Under Your Spell" & "Metal Is Forever".
Drei Urgesteine: Tom Naumann, Ralf Scheepers und Mat Sinner

Obwohl ich von ANTHRAX nur die ersten drei Alben mag, gefiel mir der Auftritt doch recht gut. Viele Klassiker wie z.B. "Madhouse" wurden mit gutem Sound in die tobende Menge gebrettert und John Bush machte seinem Ruf als Klasseshouter alle Ehre. Auch Songs wie "Safe Home" und "What Doesn't Die" vom aktuellen Album kamen gut an. Überhaupt war die gesamte Performance der Band mit dem neuen Bassisten Joey Vera, dem zweiten Mitglied von ARMORED SAINT, unglaublich cool. So kamen sie alle in einer Art Uniform (schwarze Shirts mit kleinem Pentagramm) auf die Bühne und bangten wie die Berserker. Alles in allem eine erstklassige Show, welche ich in dieser Form nicht erwartet hätte!

Ich kann es gleich vorweg nehmen: CHILDREN OF BODOM waren für mich (und nach den überschwänglichen Reaktionen eines großen Teils des Publikums nicht nur für mich!) der absolute Abräumer des ersten Festivaltages. Die energiegeladene und extrem powervolle Bühnenpräsentation, gepaart mit der spieltechnischen Perfektion eines Schweizer Uhrwerks, begeisterte das Publikum bis in die hintersten Reihen. Manche Melodik-Fans stören vielleicht die Death Metal-Growls von Sänger & Leadgitarrist Alexi Laiho, was aber durch die brettharten Riffs, verbunden mit hochmelodischen Parts mehr als wett gemacht wird. Dass diese perfekte Verschmelzung verschiedener Musikstile den Nerv des Publikums trifft, zeigte sich an den Reaktionen der Fans. Der Großteil ihres 55minütigen Sets basierte auf Material ihres noch aktuellen "Hatecrew Deathroll"-Albums. Allein was Alexi Laiho hierbei spieltechnisch auf seiner Gitarre zaubert, hat es an Genialität seit dem legendären Randy Rhoads nicht mehr gegeben (... und das trotz Eddie van Halen, Malmsteen, Vai und sonstigen Saitenhexern!). Ob in Lichtgeschwindigkeit oder gefühlvoll melodisch: ALEXI RULES!
Auch dem neuen Gitarristen Roope Latvala ist nicht anzumerken, dass er erst vor einem halben Jahr zur Band gestoßen ist. Im Gegenteil, er spielt derart extrem tight mit Alexi die zweistimmigen Soli, als wäre er schon immer dabei gewesen. Nach vielen Höhepunkten wie "Silent Night, Bodom Night", "Needled 24/7", "Sixpounder" usw. beschließt "Hatecrew Deathroll" den Set und COB werden abgefeiert.

Zum Auftritt von GOTTHARD wurde zum ersten Mal am heutigen Tage die Backline ausgetauscht. Dies merkte man aber erst nicht sonderlich, da der Sound während der ersten Songs recht matschig rüberkam. Für viele, die eher auf härteren Stoff stehen, war es eine willkommene Abwechslung. GOTTHARD beschränken sich zudem auch mehr (Gott sei Dank!!!) auf die rockigen Songs, bei denen die rauchige Stimme von Sänger Steve Lee (z.T. wie Bon Scotts Bruder) besonders zur Geltung kommt. Die Höhepunkte sind für mich "Top Of The World", "Human Zoo" und das mit einem brillanten Groove versehene "Firedance". Gegen Schluß gibt es dann doch noch die wohl unvermeidbare, schmalzig-schnulzige Ballade, welche zumindest die Herzen vieler weiblicher Fans höher schlagen ließ. Wieso dann aber zum Abschluß des einstündigen Sets der Deep Purple-Song "Hush" auf derart brutale Weise vergewaltigt wurde, bleibt für mich allerdings ein absolutes Rätsel. Genügend eigenes Songmaterial ist doch durchaus vorhanden. Resüme: Matschiger Beginn (Sound), gut rockender Mittelpart und absolut schlaffes Ende (Ballade & "Hush"). Der Großteil des Publikums ist aber begeistert. (bs)

Die neue Gitarrenfront bei Queensryche
Monatelange Spekulationen waren vorüber, als sich die fünf Musiker aus Seattle von QUEENSRYCHE auf die Bühne begaben und direkt einstiegen mit "Anarchy X" nach dem Intro "I Remember Now" vom Band. Bzw. nein, sie waren noch nicht ganz vorüber, wie sollte es nach dem Lied weitergehen? "Die haben doch ein neues Album zu promoten!", sagte noch ein Typ zu mir 5 Minuten vor dem Auftritt. Doch es folgte ohne Zwischenworte "Revolution Calling" und "Operation: Mindcrime" und trotz des wirklich äußerst schlechten Sounds bei diesen ersten 3 Songs geriet die beachtlich dichtgedrängte Meute vor der Bühne immer mehr in Ekstase: "Immer weiter, immer weiter" wimmerte freudetrunken o.g. Fan fast mit einem Tränchen im Auge und er und alle anderen bekamen genau das: "Speak"! Erst jetzt begrüßte Geoff ein klein wenig wortkarg die Menge und fragte, ob sie weitermachen sollten. Einen Schimmer von "Na gut, wir geben euch, was ihr wollt" vermag man in seinem Gesicht entdeckt zu haben, nein keine Arroganz, sondern ein Einsehen der überwältigenden Resonanz, dass eben die allermeisten die letzten 4 Alben nicht gut fanden.
Das vokale Duo: Pamela Moore und Geoff Tate
Special Guest on stage: Pamela Moore, nicht nur bei "Suite Sister Mary", sondern bei 4 weiteren Songs auch und nun wurde auch zum Glück der Sound besser. Pamela, die barfuß und in ihrem weißen Kleid auf die Bühne kam, zeigte - wie Geoff Tate auch - eine gesangliche Klasseleistung. Der "neue" Gitarrist Mike Stone, der Kelly Gray ablöste, fiel hauptsächlich durch seine massiven Tattoos auf, übernahm ansonsten tadellos Chris DeGarmos nicht gerade leichte Gitarrenparts. Jawohl, mittlerweile wird's jeder wissen: "Operation: Mindcrime" wurde komplett aufgeführt, nach jedem Song wurde das Gejohle lauter und passend zum Konzept kam Geoff dann später mit einer Jeansweste auf die Bühne mit Bush-Foto und der Aufschrift "LIAR" darüber! A picture says more than thousand words. Zugabe: "Take Hold Of The Flame". Fazit: einmalig 16 Jahre nach Release dieses Meisterwerks!! (gl)
Geoff Tate

Für dieses Review habe ich mir besonders lange Zeit gelassen. Nun aber, zwei Wochen nach dem BYH weiß ich aber immer noch nicht so recht, wie ich meine Eindrücke in Worte fassen soll. Ich selbst bin eigentlich großer ALICE COOPER-Fan und mag alle seine (wenn auch musikalisch recht unterschiedlichen) Schaffensphasen. Nun wusste ich ja im Vorfeld schon, dass er innerhalb von 2 Tagen jeweils eine Headlinershow in Belgien/Graspop und beim BYH absolviert. Ich rechnete aufgrund dieser Konstellation natürlich damit, dass die übliche Bühnenshow wohl etwas abgespeckt dargeboten wird. Dass er aber die Show und fast alle bekannten Bühneneffekte derart drastisch reduzierte, war doch eine herbe Enttäuschung. Lediglich der Showteil, in welchem sich Alice ein Degengefecht mit einer jungen Frau (seine Tochter) lieferte, konnte begeistern. Hinzu kam noch die doch recht antiquierte Songauswahl, wobei nur wenige Highlights zum Zuge kamen. Songs wie "Poison" "I'm Eighteen" oder "Schools Out" und mit Abstrichen noch "Under My Wheels" und "No More Mr. Nice Guy" und "Billion Dollars Baby" verfehlten ihre Wirkung zwar nicht, der Rest wollte beim Publikum allerdings nicht so recht zünden. Bei einer Headlinershow eines ausgesprochenen METAL-Festivals wie dem BYH wäre außer den schon genannten alten Gassenhauern, eine Songauswahl aus der "Raise Your Fist"- und "Trash"-Ära sowie dem einen oder anderen Song von "Brutal Planet" oder "Dragontown" mit Sicherheit die bessere Wahl gewesen!!! Da ich ihn in den vergangenen 20 Jahren schon öfters live gesehen habe, kann ich leider nur sehr enttäuscht feststellen, dass dies die bisher unspektakulärste und langweiligste Show war, die ich bisher von ALICE COOPER gesehen habe. Beim BYH-Publikum spiegelte sich dies in etwa wieder, denn für Headliner gab es bei BYH-Festivals schon wesentlich bessere Publikumsreaktionen. (bs)
... was stimmt, aber diese Songauswahl von ALICE kann ich persönlich nicht hoch genug einschätzen, konsequent wäre gewesen, "Poison" auch noch zu streichen!! M.E. eine grandiose Darbietung, bei der es wirklich um Musik ging, zelebriert von einer tollen Band. Am Schluss gipfelte es darin, dass Alice plötzlich mit einigen Posterrollen auf die Bühne kam, hä? Was sollte das - wenn T-Shirts schon zerrissen werden, was kommt davon bei den Fans an? Doch er benutzte zwei Poster, um ganz zum Schluss ein Kreuz (jawohl, richtig rum, kein umgedrehtes!!!) 5 Sekunden zu bilden, eine oberdeutliche Symbolik des "born again"-Christen, die hoffentlich viele Fans (die mit Shirts wie "Jesus is a cunt" etc.) gesehen haben. (gl)

Samstag:

Into the stadiums? Onto the fairground!

Tarek (Majesty) - Posers will die!
MAJESTY hatte ich erst vor kurzem im Vorprogramm der UDO-Tour gesehen und war dort schon positiv überrascht. Dass sie es allerdings schaffen würden, als Opener des zweiten Festivaltages um 10:00 Uhr schon etliche Hunderte Fans vor die Bühne zu locken, war absolut phänomenal! Eine derart große Fanschar für einen Opener habe ich bei meinen bisherigen BYH-Besuchen noch nicht erlebt!!! Schon bevor MAJESTY die Bühne betraten, waren die "Hail to Majesty"-Schlachtrufe lautstark zu hören und Tarek & Co wurden euphorisch empfangen. Da sie mittlerweile auf ein Repertoire mit vielen Hits zurückgreifen können, werden diese auch während der 40 Minuten Spielzeit in die tobende Menge abgefeuert. Egal ob "Heavy Metal Battlecry", "Reign In Glory", "Metal Law", "Into The Stadiums" oder die Schlachtrufhymne "Hail To Majesty", jede einzelne Textzeile wird von den Majesty-Jüngern lautstark mitgesungen. Die Reaktionen der Fans verfehlen ihre Wirkung nicht, denn es ist klar ersichtlich, dass sich die Band auf der großen Festivalbühne sichtlich wohl fühlt und für diese frühe Stunde schon eine klasse Performance hinlegt. Um das noch zu toppen, sollte Tarek doch noch mehr mit dem Publikum kommunizieren. Der eine oder andere lockere Spruch (außer dem Ansagen der Songtitel) wäre bei diesen klasse Fans sicher gut angekommen. Aber auch so hinterließen sie eine restlos begeisterte und auf mittlerweile knapp 2000 angewachsene Fanschar. Daumen klar nach oben!!! (bs)

Ballistic

Ballistic

Ähem, Ballistic ...
Stimmt, solche Resonanz wie bei MAJESTY war bei den folgenden 5 (!) Bands nicht zu verzeichnen, der Andrang kam aber natürlich BALLISTIC zugute, die den gleichen, natürlich auf 40 Minuten verkürzten Set incl. "Wrecking Crew" darboten und kurioserweise mit den besten Sound des gesamten Festivals hatten, was Tom auch hinterher bestätigte. Hier wirkte die Band auf der Bühne ein klein wenig unarrangiert im Vergleich zur Clubshow, überspielte dies jedoch durch mehrere Platzwechsel.

Nicht überbelichtet, sondern komplett in Weiß: Angel (feat. Stevie Blaze from Lillian Axe)
Und eine Stunde später, just in dem Moment als ich Tom Gattis ein Mikro unter die Nase hielt um ein kleines Interview zu starten, enterten fünf Engel (?) frei nach Roy Black ("Ganz in Weiß") die Bühne: ANGEL!! "Oh my God, they're playing 'The Tower'" sieht mich Tom flehend an, als die Töne backstage zu vernehmen waren und wir beide rennen raus! Jawohl, fünf Herren, darunter Steve Blaze von LILLIAN AXE an der Gitarre in weißen Gewändern standen da, so wie sie in den 70ern die USA eroberten mit damals völlig spektakulären Shows (u.a. einem Lift, der sie unter Nebel auf die Bühne hievte, und Seile, an denen sie dann entschwanden etc.). Doch leider muss man sagen, dass wohl höchstens ca. 50 Anwesende mit Songs der Band vertraut waren, dementsprechend mager die Resonanz. Diese Minderheit, die noch Vinyl hat von ihnen (incl. mir), war jedoch froh, die Band überhaupt einmal gesehen zu haben, wenn es auch nur zwei verbliebene Ur-Mitglieder, Sänger Frank Dimino und Drummer Barry Brandt waren. (gl)

Underground-Hero: Kenny Powell

Marke Eigenbau: Der Baß von Andy
Die Underground-Heroes von OMEN, die weiterhin von dem einzigen Ur-Mitglied Kenny Powell zusammengehalten werden, kamen als nächstes. Nachts zuvor hatten sie im Rahmen des "Konditionstrainings" im WOM zusammen mit DOOMSWORD Berichten zufolge gut abgeräumt. Mir fehlen hier die Vergleichsmöglichkeiten, aber irgendwie schafften sie es nur bedingt ihren eher für schweißtreibende Club-Shows geeigneten Power Metal in die Mittagssonne zu transportieren. Das Material der Platten ist mir natürlich bekannt, sogar "Escape To Nowhere" (das natürlich ignoriert wurde), Sänger Kevin Goocher ist ein sympathischer charismatischer Typ, Bassist Andy hat einen geilen custom-made Axt-Bass, so dass ich gar nicht genau sagen kann, was konkret fehlte, sorry. Klar genoss auch ich die alten Knaller, aber irgendwie war für OMEN die Bühne zu groß.

Gibt der Bezeichnung Hair-Metal eine neue Dimension: der Lillian Axe-Bassist

Eine Hälfte der Lillian Axe-Gitarrenfraktion

Die andere Hälfte der Lillian Axe-Gitarrenfraktion

Ron Taylors letzter Auftritt mit Lillian Axe
Vor dem Auftritt von LILLIAN AXE ward Markus Ullrich, Gitarrist von LANFEAR gesehen, wie er auf allen vieren vor die Bühne kroch, dort niederkniete und andächtig der Dinge harrte: Und die Band aus dem Staate Louisiana um Gitarrist Steve Blaze (der somit zum 2. Mal innerhalb von 2 Stunden on stage war!) machte in ihrer allerletzten (!) Show mit Sänger Ron Taylor sich selbst und uns allen ein schönes Abschiedsgeschenk. Ihr zweites Album "Love And War" aus dem Jahre 1989 genießt ja zurecht Kultstatus und daraus wurden auch mehrere tolle Songs gebracht - Höhepunkt für mich "The World Stopped Turning". Ron hatte die stage-presence eines geborenen performers und nutzte den massigen Platz auch reichlich aus, verstärkt an der zweiten Gitarre wurde die Band übrigens von Sam (NEAR LIFE EXPERIENCE), der in einem BROKEN TEETH-Shirt (eine weitere Band, in der Jason McMaster spielt) auftrat. Es kann wohl keiner sagen, hier einen schlechten Auftritt gesehen zu haben.

Zu schnell für den Fotografen ...

Mit Thrash, Charme und Melone
DEATH ANGEL brachten das Kunststück fertig, ihre Power und Energie von der Clubshow nahezu in gleicher Art und Weise auf die Open-Air Bühne zu transportieren, wie man dies nur bei ganz wenigen Bands bezeugen kann - unglaublich aber wahr. In den ihnen zustehenden 55 Minuten kürzten sie ihren Set genau richtig so zusammen, dass auch draußen die Menge austickte und sich die Leiber über den tobenden Mob hinwegsurfen ließen, dass es eine wahre Freude war auch hier zuzusehen.
More than 5 steps of freedom: Mark von Death Angel
Unmittelbar nach dem Auftritt von DEATH ANGEL gab es eine unschöne Szene. Es sollte einer Organisation, die sich um missbrauchte Menschen kümmert, ein Scheck überreicht werden (siehe Ereignis letztes Jahr) - dies direkt im Anschluss an dieses Konzert mit einem noch tobenden Mob, der eine Zugabe forderte (die es bei diesem engen schedule natürlich nie geben konnte). Es flogen Gegenstände auf die Bühne, was m.E. das erste Mal in Balingen war, dass hier die Situation so außer Kontrolle geriet.

MAGNUM brachten es fertig, dies wieder in einen positiven, begeisterungsfähigen Nachmittag umzupolen mit einem Auftritt, der von nicht wenigen als eines der Highlights des Festivals bezeichnet wurde. Songschreiber und Gitarrist Tony Clarkin, nun nicht mehr mit Bart, sondern mit Glatze, gab wie eh und je den ruhigen aber dominanten Pol und Bob Catley sang wieder glänzend. Was noch kaum jemand wusste, die Band hat ein neues bärenstarkes Album in petto, von dem sie auch schon 2 Tracks uraufführte ("Brand New Morning" und "We All Run"). Die Band, nun mit THUNDER-Drummer Harry James im Line-up, überzeugte mit einer starken Leistung und kann so sicher wieder zu alten Höhen zurückfinden. (gl)

Das alte Flaggschiff UFO präsentiert sich nach der Verjüngungskur mit Jason Bonham an den Drums und Vinnie Moore an der Gitarre agiler als zu Schenker-Zeiten. Herausragend dabei sind Phil Mogg mit relativ kraftvoller Stimme und Pete Way mit total schrillem Outfit (rote Lederhose/pinkfarbenes Shirt). Nur Paul Raymond spielt relativ unauffällig seine Keyboards. Dass alle Songs sehr druckvoll wirken, ist sicher auch ein Verdienst von Jason Bonham, der seine Drums mit unheimlicher Dynamik bearbeitet. Vinnie Moore zeigt keinerlei Anzeichen eines Gitarrenegomanen und spielt die alten Hits aus der Schenker-Ära ziemlich originalgetreu nach. Die Improvisationen halten sich deutlich in Grenzen und Mr. Moore zeigt nur ab und zu welch genialer Saitenkünstler er ist. Alte Songs wie "Mother Mary", "Doctor Doctor" oder "Rock Bottom" harmonieren perfekt mit den Songs des aktuellen Albums "You Are Here". So hinterlassen UFO nach gut einer Stunde Spielzeit ein recht begeistertes Publikum, was man an dem Lächeln in vielen Gesichtern erkennen kann!

Als ich die ersten drei Songs von SEBASTIAN BACH vom Fotograben aus verfolgte, fiel mir als erstes der enorm hohe Anteil weiblicher Fans in unmittelbarer Bühnennähe auf. Als Sebastian Bach dann die Bühne betrat, entfachten vor allem diese Fans einen ohrenbetäubenden und äußerst schrillen Geräuschpegel, so dass der eine oder andere Fotograf froh war, dass er an die Ohrenstöpsel gedacht hat!
Man hatte ja im Vorfeld schon genug über Bachs Allüren gehört, aber jetzt beim Opener "Slave To The Grind" zählt das alles nicht mehr. Der Mann ist auf der Bühne ohne wenn und aber ein grandioser Performer und zudem mit einer klasse Stimme gesegnet!!!
Auch Bach verlässt sich bei der Songauswahl auf die Höhepunkte seiner bisherigen Schaffensphase rund um den von allen geforderten Höhepunkt "Youth Gone Wild", ein absoluter Megahit. Der Sound ist gut, die Band rockt sich den A.... ab und Sebastian "post" wie ein Weltmeister (ich glaube, es gibt keine Pose, die Sebastian nicht drauf hat). Vom Großteil des Publikums wird er auf jeden Fall frenetisch gefeiert und beweist den BYH-Machern, dass seine nachträgliche Verpflichtung ein Volltreffer war. Leider kostete Bach den Beifall des Publikums zwischen den Songs sehr lange aus und überzog seine Spielzeit um gute 10 Minuten. Dies sollte bei den folgenden Bands noch zu Komplikationen führen.

Der Auftritt von TESTAMENT verzögert sich durch den überzogenen Auftritt von Bach und eine auffällig lange Umbaupause (an der der mitgebrachte Soundmann Doug von der Band aber selbst schuld war! - gl) um insgesamt ca. 25 Minuten. Chuck Billy & Co starteten dann aber mit "DNR" einen starken Set. Mit einer Mischung aus alten Gassenhauern wie "Practice What You Preach" und neueren Stücken wie "3 Days In Darkness" traf man genau den Nerv der Fans. Für meinen Geschmack war der Sound für einen Co-Headliner und in anbetracht der ewiglangen Umbaupause recht dürftig und verwaschen. Auch das Stageacting (Chuck Billy mal ausgenommen) würde ich als sehr lustlos bezeichnen. Beim Song "Over The Wall" gab es erste Zeichen der Crew, den Set zu beenden. Als TESTAMENT dies aber ignorierten, wurde beim nächsten Song "Disciples Of The Watch" einfach der Saft abgedreht und die Show war nach gut 50 Minuten beendet. Ich persönlich habe so was bei den BYH-Festivals noch nicht erlebt. Aber es gibt in diesem Business halt immer noch Typen mit keiner sonderlich professionellen Berufsauffassung wie etwa SEBASTIAN BACH mit einer sich selbst genehmigten Spielzeitverlängerung von 10 Minuten. Ebenso liegt mit Sicherheit eine Teilschuld an den entweder unfähigen oder einfach überforderten Technikern von TESTAMENT, welche die Umbaupause völlig unnötig überziehen.

Da die Spielzeit in Balingen auf 23:00 Uhr begrenzt ist, steht nach den bisherigen Verzögerungen fest, dass auch ICED EARTH ihren Set gezwungener Maßen kürzen müssen. Ohne Intro legen sie nach einer relativ kurzen Umbaupause mit "Declaration Day" los. Man merkt schon jetzt, welchen Status ICED EARTH (trotz der vielen kontroversen Diskussionen um ihr letztes Album) bei der breiten Masse der Fans erreicht hat. Die Begeisterung ist bis in die letzten Reihen zu spüren. Besonders Tim Owens scheint in Höchstform zu sein und genießt sichtlich seine erste Show mit ICED EARTH in Deutschland. Die Frage, ob er auch die alten Songs wie z.B. "Melancholy" genauso gut rüber bringt, wie sein Vorgänger Matt Barlow, kann mit einem klaren JAIN beantwortet werden. Tim singt einfach anders, mit mehr Druck vielleicht, aber mit Sicherheit nicht schlechter. Aber das ist halt alles Geschmackssache. Als Performer ist er jedenfalls eine Bank und hat bangende Masse vor der Bühne zu jeder Sekunde im Griff. Seine Erfahrung aus Priest-Zeiten kommt ihm hier natürlich zugute! Ein Hit reiht sich an den anderen, bis diese klasse Show gegen 22:30 Uhr erstmals endet.
Doch ICED EARTH lassen sich nicht lange bitten und bekleidet mit den beiden Uniformen der Süd- und Nordstaaten betreten Schaffer und Ralph Santolla (zweiter Gitarrist), die beide recht missmutig agierten, die Bühne und intonieren - wie kann es auch anders sein - "Gettysburg". Alle drei Parts dieses Songs werden gespielt, unterstützt von putzigen Plastikkanonen (wohl aus der AC/DC-Asservatenkammer ausgeliehen?), die rechts und links am Bühnenrand aufgebaut sind.
Nicht verschwiegen werden soll jedoch der "Massenexodus" der Fans, der schon fast einer Völkerwanderung gleich kam, als eben zu "Gettysburg" die Fahnen auf der Bühne gehisst wurden, und die Patriotismus-Schiene gefahren wurde. Hier stimmten die Leute wohl mit den Füßen ab! Pünktlich um 23:00 Uhr beendet ein ca. 10-minütiges Feuerwerk nicht nur die ICED EARTH-Show sondern ein wieder mal absolut gelungenes Festival. (bs)

Fehlt die erste Band am Freitag: CAGE, die wir natürlich ebenfalls pünktlich um 10.00 h am Freitag sahen. Es wird jedoch keinen Bericht geben, da Sänger Sean Peck es für nötig hielt, Blaze Bayley wegen dessen Äußerung, er könne Deutschlands Haltung im Irak-Krieg verstehen, attackierte und die beiden sich backstage heftig prügelten!
Resultat: Ein Veilchen in Blazes Gesicht und ein selbstherrlich arroganter Peck, der tags drauf auch noch abgehobene Sprüche kloppte.
Bei 25000 friedlichen, sich ordentlich verhaltenen Fans lasse ich es nicht zu, dass ein Schwachkopf den Spirit dieses traditionell friedlichen Festivals beschmutzt - deswegen: No review - no CAGE-photos.

THANKS an alle anderen für drei weitere tolle Tage -
Keep the spirit alive - see you next year!!! (gl)

Fotos: Klaus Weis (markiert), Georg Lögler






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