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LORD'sPARTY-Christmas Gig
mit And Special Guest, Noisetoys, Sacrificium 15.12.2001
Gunzen, Gasthof
von
rls
Nein, ich fange diesmal nicht
mit einem Wetterbericht an (letzten Endes war alles halb so wild, wie's
anfangs aussah), sondern mit einer Lazarettreportage. Eigentlich sollten
nämlich die White Scarecrows eröffnen, aber deren Bassistin war
krank, und deswegen entschieden sie sich, nicht aufzutreten, was den Zeitplan
etwas umkrempelte, aber letztlich wieder mal zu einer beruhigenden Verspätung
führte, so daß selbst ich 20 Minuten nach planmäßiger
Anstoßzeit noch problemlos vor dem Gigbeginn da war.
Der Bericht aus dem Lazarett
geht aber noch weiter, denn auch der Bassist von Sacrificium lag
krank zu Hause im Bett. Die schwäbischen Deathmetaller entschlossen
sich trotzdem, auf die Bretter zu steigen, und sie brauchten diese Entscheidung
nicht zu bereuen. Hier und da bemerkte man kleine Soundlöcher, aber
die wurden von irgendeinem der anderen Musiker schnell wieder gestopft,
und anfangs dröhnte sowieso eher eine massive Soundwand aus den Boxen,
in der man das Fehlen etwaiger Bässe gar nicht bemerkte. Im direkten
Vergleich zum Zwickau-Gig auf der Extol-Tour 14
Tage zuvor hatte sich nicht allzuviel bei Sacrificium verändert, nur
Claudio merkte man an, daß er mittlerweile ein paar Shows mehr Erfahrung
als Frontmann besitzt (wenn er auch immer noch recht unsicher und ohne
seine geliebte Gitarre fast nackt auf der Bühne wirkte). Die Hauptmessage
übernahm wiederum Gitarrist Oliver. Einem Gutteil des Auditoriums
war der bisweilen sehr schnelle Death Metal wohl ein bißchen zu hart,
dafür ließ die metallische Unentwegt-Fraktion vor der Bühne
die Köpfe kreisen. Songauswahl, Spielfreude, allgemeine Banddisposition
etc. entsprachen weitgehend dem Zwickau-Gig, nur zum Schluß gab's
ein Kuriosum zu vermelden: Nach etwa der Hälfte des überlangen
Monstertracks "Psalm Of An Unborn" (immer noch mein Fave aus dem Hause
Sacrificium) gab Olivers Gitarre ihren Geist auf, so daß die Band
die letzten vielleicht sechs Minuten zu dritt (Drummer Mario, Sänger
Claudio und Ersatzgitarrist Christian von Acoustic
Torment, der diese Aufgabe bravourös löste) absolvierte,
was wohl einmalige Klangbilder hervorrief.
Die einen Ländlebewohner
machten Platz für die nächsten: Noisetoys waren mir vorher
nur marginal ein Begriff, so daß ich die Aussage von Kollege Mario,
die hätten sich aber sehr verändert, nicht nachprüfen kann.
Jedenfalls konnte man das Quartett stilistisch wohl nur noch unter den
Terminus "Crossover" packen, denn von extrem ausgewalztem Psychedelic Rock
(so etwa im gut und gerne zehnminütigen Opener) bis zu Geradeausrockern
hatte man so ziemlich alles im Gepäck. Wer "God Gave Rock'n'Roll To
You" covert oder auch nur stückchenweise anspielt, hat einen gewissen
Sympathiepunkt bei mir schon mal sicher, auch wenn er sich weigert, Stryper
zu covern, da man das angeblich nicht spielen könne. Die instrumentalen
Leistungen jedenfalls straften den letzten Halbsatz Lügen, obwohl
da keine Gitarrenhelden auf der Bühne standen, sondern zwei Sechssaiter,
die das Wort "Songdienlichkeit" sicherlich gut buchstabieren konnten und
es allenfalls dem psychedelischeren Teil der Arrangements überließen,
für eine gewisse Ausuferung zu sorgen. Etwas zu ausufernd war mir
persönlich die Message ausgefallen - nach der ersten Ansage wußte
eh jeder, woran er bei den drei Jungs und dem Mädel am Baß war.
Aber ein Päuschen in der ansonsten vorherrschenden Hüpforgie,
die bald nach dem Opener ausbrach, war dem Auditorium vielleicht auch zu
gönnen. Noisetoys unterstrichen eindrucksvoll, daß sie eine
starke Liveband sind (über die Qualität der Tonkonserven kann
ich wie gesagt keine Angaben machen) - sie gefielen dem Publikum (jedenfalls
dem größten Teil, das sich ohne eine Zugabe dann auch nicht
zufriedengab), und sie gefielen auch dem Rezensenten.
Auf die Idee, eine Band And
Special Guest zu nennen, muß man auch erstmal kommen (immerhin
steht man damit, wenn auch unter falscher Flagge, auf jedem zweiten Tourplakat).
Diese in leicht variabler Formation agierende Truppe setzt sich aus einer
Handvoll Musiker des Oberen Vogtlandes zusammen und spielt meistens auf
Jugendgottesdiensten, Offenen Abenden etc., hat sich aber auch ein Konzertprogramm
voller Lobpreisliedercovers draufgeschafft, dessen Unterhaltungswert in
analoger Höhe zum Message-Wert anzusiedeln war. Spätestens das
in ähnlicher Manier schon von Snubnose bekannte
"Befiehl du deine Wege" nahm den Zuhörer automatisch für diese
Band ein, die von der Halbballade über den Reggaebeat bis zum kurz
vorm Blastbeat stehenden Speed so ziemlich keine Schattierung der Rockmusik
ausließ. "Lord I Lift Your Name On High" und "Awesome God" leiteten
zu einem Instrumental über, bei dem ich mich die ganze Zeit über
fragte, woher ich es kannte, bis mir die Autorschaft von Tourniquet
mitgeteilt wurde. Noch ein weiteres Extrem-Metal-Instrumental ließ
Drummer Ulf förmlich aufblühen, nämlich Mortifications
"Flight Of Victory", zu dem sich die Solareksche Gitarrenfront aber noch
keine passenden Gitarrenparts ausgedacht hat, weshalb man es den originalen
Vorgaben entsprechend nur mit Baß und Drums spielte. Bis dahin war
der kultigste Teil des Gigs allerdings schon vorbei, denn angesichts des
bevorstehenden Weihnachtsfestes hatten sich die Herren Meixner (voc), Solarek
(g, voc), nochmal Solarek (g), Silling (b) und Glier (dr) ein paar Weihnachtslieder
vorgeknöpft und stilistisch "leicht" modernisiert: "Happy X-Mas (The
War Is Over)" und "Little Drummer Boy" rockten vor sich hin, "Ihr Kinderlein
kommet" dürfte den Angesprochenen allein schon geschwindigkeitstechnisch
ordentlich Beine gemacht haben, und als Höhepunkt schlug "Stille Nacht"
von einem bluesigen Intro in eine Speedgranate erster Kajüte um, die
sämtliche Versionen von Onkel Tom &
Konsorten den Staub aus den Weihnachtsmannbärten blies. Nach dem angesprochenen
Mortification-Instrumental und einer Weihnachtsgeschichte von Jugendwart
Hartmut Berger ließen And Special Guest den Abend schließlich
mit einigen sanfteren Praiseliedern ausklingen und empfahlen sich (bzw.
das von einigen Musikern für 2002 angedachte neue Projekt) durchaus
für einen weiteren Aktionsradius. Damit endete ein wiederum gelungener
Lord'sParty-Gig, und es bleibt zu hoffen, daß auch der ins Haus stehende
Kindersegen einiger Mitarbeiter in der Folgezeit noch genügend Freiräume
für analoge Veranstaltungen läßt.
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