www.Crossover-agm.de ONKEL TOM: Ich glaub' nicht an den Weihnachtsmann
von rls

ONKEL TOM: Ich glaub' nicht an den Weihnachtsmann   (Drakkar Records)

Das Verrocken von Weihnachtsliedern hat ja mittlerweile einen genauso langen Bart wie ein Gutteil der rotgekleideten Gestalten, die Jahr für Jahr am 24. Dezember die Kinder erschrecken. Thomas Such alias Onkel Tom kann den Vorgaben des legendären Christmas Projects, die mittlerweile auch schon anderthalb Dekaden auf dem krummen Buckel haben, allerdings erschreckend wenig Neues hinzufügen. Und das Neue, nämlich die zwei Eigenkompositionen "Frohes Fest" und "Ich glaub' nicht an den Weihnachtsmann", paßt sich dem insgesamt allenfalls mäßigen Niveau der restlichen Interpretationen locker an. Frei nach Heinz Erhardt ist es so keinesfalls schwierig festzustellen, warum die Glocken im Titeltrack so gräßlich verstimmt sind, denn Gründe zur Verstimmung gibt's hier genug. Was auf den ersten Onkel Tom-Platten mit der stumpf-metallischen Wiedergabe deutschen Schlager- und Saufliedgutes noch einen nachvollziehbaren parodistischen Charakter hatte, gerät hier zum platten Kalkül, das über weite Strecken allenfalls im Weihrauchvollrausch erträglich wird. Sogar das punkige Feeling wirkt gewollt, vielleicht gar erzwungen, auf jeden Fall aber weder organisch noch passend. Okay, sauber eingespielt und fett produziert sind die 16 Tracks, aber dieses Attribut kann man 90% aller anderen Platten auf dem metallischen Markt auch verleihen. Nur dreimal blitzt wirklich so etwas wie ein Geniestreich durch den verschneiten Winterwald. Da wäre zum einen die Umdichtung von "Morgen kommt der Weihnachtsmann", welche in geradezu bösartiger Weise die Weihnachtswünsche der Kinder nach Kriegsspielzeug auf die Schippe nimmt, zum zweiten "Morgen, Kinder, wird's was geben", aus dem überraschenderweise eine erstklassige Midtempo-Metalpunk-Hymne geworden ist, und zum dritten das abschließende "Leise rieselt der Schnee", das neben einigen neuen Strophen eine superschräge Flöte auffährt und unterm Strich so grausig klingt, daß es schon wieder kultig ist. Als kultig geht auch noch die vorletzte Seite des Booklets durch, die im Stile einer Weihnachtswerbeseite aus den 50er oder 60er Jahren gehalten ist. Der Rest der Scheibe animiert rapide zum Gähnen, so daß ich Tom nahelegen möchte, sich, wenn er denn unbedingt Nebenprojekte braucht, in Zukunft auf die Desperados zu konzentrieren, denn deren Western Metal schlägt trotz marginaler stilistischer Ähnlichkeiten und personeller Übereinstimmungen die gesamte Weihnachtsplatte um Längen. Mit dem Ding hier in der Hinterhand kann Tom auf die klassische Frage des Weihnachtsmannes, ob er denn im letzten Jahr böse oder artig gewesen sei, nur die ebenso klassische Antwort geben: "Ich war sogar beides: Ich war bösartig!"
 




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