von Thomas Heyn

Kennen Sie das auch? Sie sitzen im Auto und eine wunderbare Musik umschmeichelt Ihre Hörmuscheln. Die Ampel aber ist rot oder grün, der LKW ist schrecklich nahe dran, ein Stift, ein Zettel gar ist auch nicht zur Hand. Ihr Versuch mit dem Kurzzeitgedächtnis geht schief, nach Minuten sind Interpreten, Autoren und alle anderen Details vom Fahrtenwind verweht.
Auch der Rundfunksender kann Ihnen nicht helfen. Die Sendung ist die x-te Wiederholung, vor Jahren wurde sie von einem freien Mitarbeiter gemacht, der schon lange nicht mehr beim Sender arbeitet. Und die Telefonnummer, tja leider, der Datenschutz - bitte haben Sie Verständnis.
Sie nehmen Ihren Mumm zusammen und betreten einen CD-Laden. Dort ist alles voller Hits von morgen und übermorgen, trendy, hip, angesagt. Der halbbekiffte junge Schnösel, der den Verkäufer markiert, sieht Sie an wie eine Mumie aus dem Gruselkabinett. "So 'ne Scheiben ham wir jar nich, keene Nachfrage", mümmelt er irgendwie durch seinen Kaugummi. "Bei Aldi oder 2001 vielleicht". Kataloge? "Neee."
Ja, so ist das meistens in der schönen neuen Warenwelt. Die über-Vierzigjährigen – aus falschverstandener Humanität noch nicht totgeschlagen und nicht am Suff abgegangen - haben nämlich dummerweise a) Knete, b) kulturelle Interessen und lieben c) fast alle Musik, die es in normalen Plattenläden, also in Läden für die 12-20-Jährigen nicht gibt.

Die Welt der Musik ist groß, bunt und wird täglich größer und bunter. Sechs CD-Neuerscheinungen gibt es in Deutschland täglich und Presse, Medien und vor allem die Hörer haben es längst aufgegeben, sich durch diesen Dschungel durchzuschlagen. Deshalb soll es für alle diejenigen, die immer noch sich für Musik interessieren, hier in Zukunft ein paar Tips setzen. "Einer Musik etwas abhör'n", nannte die große Achmatowa diesen lustbesetzten Prozess, dem ich mich in Zukunft regelmäßig – unregelmäßig hingeben werde. Zwei Prämissen allerdings müssen benannt werden. Erstens geht es völlig undemokratisch, selbstherrlich nach meinem Geschmack und zweitens werde ich mich um kleine und einheimische Labels besonders bemühen. Etliche dieser musikalischen Anverwandten des "Blättchens" (in der Berliner Zeitschrift dieses Namens gibt’s die Rezensionen auch nachzulesen), die kleinen, mutigen Firmen voller Unternehmensgeist und Wagemut werde ich für Sie heimsuchen und schauen, was sie für die Kundschaft so anzubieten haben. Die Adressen gebe ich an nicht wegen der Schleichwerbung, sondern weil die meisten Verlage kein Geld für Werbung und die Schnösel aller Läden die Kataloge nicht vorrätig haben. Also, rinn ins Vergnügen.

* HEINRICHS PLATTENKISTE (23.04.2006)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (28.09.2003)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (04.05.2003)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (26.01.2003)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (31.12.2002)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (28.07.2002)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (16.06.2002)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (05.05.2002)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (07.04.2002)
* HEINRICHS PLATTENKISTE (24.02.2002)

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