www.Crossover-agm.de V.A.: Stars In Sight 3
von rls

V.A.: Stars In Sight 3   (Rockwerk Records)

Über die Hintergründe dieser Samplerreihe hab' ich ja schon bei Nr. 2 kurz Auskunft gegeben, also hier gleich in die Vollen mit der ersten der 17 Bands: 44 Freaks bestehen trotz ihres Namens nur aus fünf Freaks und siedeln irgendwo in der leicht alternativ angehauchten Traditionsrockecke, sind also weder Deep Purple noch Nirvana, was ihnen auch gut zu Gesicht steht. Bei Darrell Arnold and the Dead Buffaloes läßt sich aus dem Namen schon eine gewisse Soundvorstellung ableiten - "Südstaaten-Pop" könnte man das nennen, Slidegitarren natürlich inclusive, ganz wenig Country und eine gewisse Rock-Attitüde kommen dazu. Letztgenannte transportiert Thomas Tomsen geradezu im Übermaß - aus dem Songtitel "Jack der Rapper" kann man allerdings nur mit größter Mühe die richtigen Parallelen zu Tomsens irgendwo zwischen Achtziger-Teutonenmetal und J.B.O. anzusiedelndem Sound ziehen, dessen Augenzwinkern auf manchen Hörer aufgesetzt wirken und andere wieder zu Lachstürmen hinreißen mag. Lachstürme sind bei Zorn fehl am Platz, auch wenn es sich nicht um die bei Last Episode beheimateten Black Metaller, sondern um ein Projekt des bereits auf Vol. 2 vertreten gewesenen Herman d' German handelt, das im Song "Unfehlbar" doomlastige und damit finstere Neue Deutsche Härte mit einem fast fragil zu nennenden Mittelteil und gar einem Frauenchor kombiniert. Ob Zorn damit tatsächlich "der heftigste Deutschrock-Act dieses Jahrhunderts" sind, kann ich ohne Kenntnis der kompletten CD natürlich nicht entscheiden. Colours haben laut dem Info einen sehr variantenreichen Sound - "Another Wishful Day" geht jedenfalls als songdienliche Mixtur aus Tocotronic und Eloy durch, ergänzt noch durch einen Sänger, der verdeutlicht, wie Wizards Sven D'Anna klingen könnte, wenn er keine Rücksicht auf die Metalband in seinem Rücken nehmen müßte. Weiter in die Popecke bewegen wir uns mit Spike's Little A's, deren "No My Dear" fast durchgängig halbakustisch daherkommt, damit die Vergleiche mit den Guano Apes zumindest anhand dieses einen Songs marginalisierend und auch den mazedonischen Roots von Sängerin Fatima vorerst einen Riegel vorschiebend. Kurioserweise ähneln die folgenden Ignition mit ihrem "Everyday Life" ihren Vorgängern trotz diverser Unterschiede in der Instrumentierung (beispielsweise mittels dem Vorhandensein von Keyboardteppichen und allerdings eher in den Hintergrund gerückter Stromgitarren) recht stark, wobei hier der musikalischen Untermauerung gegenüber dem noch etwas eindimensionalen Frauengesang die höhere Punktwertung zu erteilen ist. Die höchste Punktwertung des gesamten Samplers können Dirty Minds einstreichen, womit sie ganz und gar nicht "Hoffnungslos" in die Zukunft blicken sollten, trotz der leicht unklaren Produktion. Das ist melodischer Hardrock vom Feinsten, mit einem absoluten Ohrwurmrefrain, diversen Ruhekissen und viel Drive im Hauptteil - nichts Neues, aber perfekt umgesetzt und zudem noch mit einem anspruchsvollen plutokratiekritischen Text versehen. Bei Memory Motel greift wieder mal der Eloy-Vergleich, allerdings nur in Bezug auf den Gitarrensound und die generelle Songstruktur, denn an eine Mundharmonika oder Mandoline kann ich mich im mir bekannten Eloy-Schaffen nicht erinnern. Leider wollen diverse Melodielinien in "Malevolence" nicht so recht miteinander harmonieren, besonders die Mandoline und die Leadgitarre beißen sich bisweilen. Potential steckt in dem Projekt ohrenscheinlich aber trotzdem, was man generell auch von Grenztanz behaupten könnte. "Die Straßen von Berlin" fährt ein Saxophon auf, das den relativ unbedarften Strophengitarren eine warme Wollmütze überstülpt, wobei ihr schöne Leadgitarrenpassagen helfen. Klassischer Deutschpop an der Grenze zum Deutschrock ist das, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Paul On A Balloon sollten unbedingt mal im Vorprogramm von Anathema oder Paradise Lost spielen, denn an deren neuere Werke gemahnt "Soul" ein wenig, und auch die im Info genannten Radiohead und HIM lugen undeutlich hinterm samtroten Vorhang hervor. Die etwas sterilen Computerdrums stören das herbstliche Feeling allerdings noch ein wenig, und um konsequent düsterromantpoppig zu agieren, fehlt noch ein wenig die schummrige Düsternis. Der Infotext von Jörg Lehwald diskriminiert erstmal alle Headbanger, indem er behauptet, "Und ich gehe noch immer meinen Weg" sei nichts für diese Personengruppe (merke: Man kann auch zu Tekkno, zu Volksmusik oder bei genauer Stückkenntnis selbst zu Bach-Toccaten headbangen). Außerdem gibt's sicher auch Metaller, die was mit Liedermachern anfangen können, und ein solcher ist Lehwald, ein guter noch dazu, der einen latenten kammermusikalischen Ansatz verfolgt, indem er im Hintergrund ein paar Violinen flirren läßt. Sowas Ähnliches wie die Jenaer Zweierlei, allerdings vom klassischen Liedermacherduo eher zum Akustikpop hin verschoben, fabrizieren Clare, deren "Autumn Feast" man sich an einem warmen Sommerabend mit einem geliebten Menschen im Arm und zirpenden Grillen vor dem Haus anhören sollte. Uli Fasshauer und seine Band passen dort wiederum nicht so richtig hin - die gehören auf ein Altrock-Open Air neben Hendrix (wenn der noch leben würde), Ten Years After oder die ganzen anderen Bluesrocklegenden. Trotz des Akkordeons musikalisch eher retrospektiv, aber gut. Zu Zizzlar & Tim Tommas äußere ich mich nicht, da ich von Hip Hop bekanntermaßen wenig bis keine Ahnung habe. Analoges gilt für E.P.O.S. Experimental-Projekt-Of-Sound mit dem Unterschied, daß die rein elektronisch durch den Äther schweben. Wenigstens zu den abschließenden Dirco El Tinao & Planters Punch kann ich aber noch was sagen: Neil Young. Reicht das? Nein? Gut, dann noch sehr entspannte Jethro Tull dazu.
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