www.Crossover-agm.de STRANA OFFICINA: The Faith
von rls

STRANA OFFICINA: The Faith   (My Graveyard Records)

Generationswechsel innerhalb der Geschichte einer Formation sind in der Musikgeschichte nichts Seltenes, ansonsten würde eine Truppe wie das Gewandhausquartett nicht seit 1808 existieren können (in der aktuellen Besetzung spielen übrigens drei Musiker, deren Väter auch schon Mitglieder des Quartetts waren). In noch relativ jungen Genres wie dem Heavy Metal allerdings stellt so etwas noch eine Ausnahmeerscheinung dar, wenngleich von den Ur-Protagonisten durchaus schon wieder die Enkelgeneration aktiv zu den Instrumenten greifen könnte bzw. greift. Einen dieser sehr seltenen Fälle haben wir in Gestalt von Strana Officina vor uns, einer altgedienten italienischen Band um die Brüder Fabio und Roberto Cappanera. Selbige Truppe spielte in den Achtzigern zwei EPs und ein Album ein, bevor die Cappanera-Brüder 1993 bei einem Unfall ums Leben kamen. Aber das Interesse an der Band köchelte weiter, im Zuge der konsequenten Wieder-ans-Tageslicht-Ziehung all dessen, was in den 80ern eine Metalgitarre richtig herum halten konnte, erinnerte man sich auch wieder Strana Officinas (die deutlich mehr konnten als die Gitarre nur richtig herum halten), und neben Re-Releases der alten Alben erschien auch das vorliegende "The Faith"-Album, eingespielt sozusagen von der F1-Generation der Band. Daniele "Bud" Ancillotti (Gesang) und Enzo Mascolo (Baß) sind von der alten Besetzung noch dabei, und an Gitarre und Drums agieren Dario und Rolando Cappanera, die Söhne der beiden Verstorbenen. Nun enthält "The Faith" allerdings erstmal kein neues Material (solches ist mittlerweile allerdings auch entstanden), sondern Neueinspielungen von 15 Songs der drei Veröffentlichungen aus den Achtzigern. Und ohne die Originalwerke selbst im Schrank stehen zu haben, kann man bedenkenlos konstatieren, daß die Neueinspielungen den Originalen keine Schande machen dürften, denn das hier ist konsequenter spielfreudiger Traditionsmetal, der allenfalls an wenigen Stellen behutsam mit Elementen angereichert wurde, die man in den 80ern noch eher argwöhnisch beäugt hätte oder beäugt hat, etwa die dezenten Keyboards in "Falling Star" oder die gelegentlich eingestreuten Effekte in "Black Moon". Eine gewisse epische Ader hatten Strana Officina allerdings schon damals, wie die drei jeweils über siebeneinhalbminütigen "Black Moon", "Burning Wings" (im ruhigen Mittelteil stark an die Iced Earth der frühen Barlow-Phase erinnernd, im Schlußteil dagegen nicht nur aufgrund des hervorstechenden Basses beste Maiden-Zeiten ins Gedächtnis rufend) und "Autostrada Dei Sogni" oder auch das "nur" reichlich fünfminütige "Unknown Soldier" unter Beweis stellen. Letztgenannter Song ist der einzige Beitrag von der selbstbetitelten Debüt-EP, deren andere drei Songs, allesamt noch in Italienisch eingesungen, wurden nicht für die Neueinspielung berücksichtigt, wohingegen sowohl die vier Songs der "The Ritual"-EP als auch die acht von "Rock'n'Roll Prisoners" komplett auf "The Faith" übernommen wurden. Auf "The Ritual" standen mit "Metal Brigade" oder "Gamblin' Man" auch sehr schnelle Stücke, und zudem machte sich hier und da ein ganz leichter Motörhead-Touch bemerkbar, während die LP-Songs überwiegend in leichtfüßigerem bis massivem Midtempo aus den Boxen gerollt kamen und man hier (aber auch auf der EP!) eher die zeitgenössischen Scorpions oder Judas Priest als Orientierungshilfe benennen konnte, allerdings auch in kürzeren Songs wie "War Games" durchaus mit etwas episch-ausladendem Charakter, wohingegen "Don't Cry", "The Kiss Of Death" (auch hier wieder latent motörheadlastige Momente) oder auch der flottere Epiker "Burning Wings" unter Beweis stellten, daß die Herren auch auf der LP noch höhere Tempi anzuschlagen in der Lage waren. Zu dem epischen Touch trägt auch Buds flächige Mittellagenstimme ihr Scherflein bei, wobei Vergleiche mit dem 20 Jahre älteren Originalgesang dem Rezensenten mangels Besitzes der betreffenden Tonträger nicht möglich sind. In zwei Fällen dürfte ein Vergleich mit dem Original allerdings auch zahlreichen anderen Anhängern der Band nicht möglich sein: Wer aufmerksam gelesen hat, dürfte bemerkt haben, daß bis zur Zahl von 15 Songs noch zwei fehlen, und die rahmen "Autostrada Dei Sogni" am Ende der 74minütigen CD: "Profumo Di Puttana" und "Officina" stammen noch aus Prä-Bud-Zeiten, also vor 1982, als noch Giovanni Salani am Frontmikro stand, und diese Songs dürften allenfalls in Demoform oder noch gar nicht konserviert gewesen sein. Zumindest in den Neueinspielungen ist der stilistische Sprung allerdings gar nicht mal so groß, passen sich die beiden Songs gut ins Gesamtmaterial ein, wie überhaupt die 74 Minuten wie aus einem Guß wirken, so als ob sie niemals für etwas anderes als "The Faith" bestimmt gewesen wären. Das wirft ein gutes Licht sowohl auf die Qualitäten von damals als auch auf die bei der Neueinspielung von heute, und es bleibt gespannt abzuwarten, ob das zwischenzeitlich auch in Konservenform vorliegende, aber noch nicht beim Rezensenten gelandete neue Songmaterial diesen Steilvorlagen aus der Vergangenheit etwas Ebenbürtiges entgegensetzen kann. Zu wünschen wäre es - derweil besorgt sich der qualitätsbewußte Traditionsmetaller "The Faith" über gutsortierte Mailorder wie www.karthagorecords.de
Kontakt: www.mygraveyardproductions.com

Tracklist:
King Troll
Metal Brigade
The Ritual
Rock'n'Roll Prisoners
Falling Star
Gamblin' Man
Black Moon
War Games
Don't Cry
The Kiss Of Death
Burning Wings
Unknown Soldier
Profumo Di Puttana
Autostrada Dei Sogni
Officina
 




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