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SKORAJA POMOSCHTSCH: Reanimator
von rls

SKORAJA POMOSCHTSCH: Reanimator   (Metalism Records)

"Baldige Hilfe" würde der Bandname in wörtlicher Übersetzung bedeuten - gemeint ist also "Erste Hilfe". Kann man sich eine deutsche Band mit diesem Namen vorstellen? So nach dem Motto "Hallo, wir sind Erste Hilfe und freuen uns, daß Ihr alle da seid!" vielleicht? Nun, irgendwie mutet das schon merkwürdig an, aber eine russische Band hat sich vom besagten Szenario nicht abschrecken lassen und sich ebenjenen Namen gegeben, wobei man sie im Riermaierschen Osteuropa-Lexikon unter der englischen Variante First Aid findet. "Reanimator" ist laut der Encyclopedia Metallum das dritte Album der Band, erschien original 1992 und liegt nun als Re-Release bei offensichtlich unveränderter Tracklist vor - zumindest gibt es keinerlei Informationen, daß irgendeiner der Tracks später hinzugefügt wurde, und so bleibt als einziger Kaufgrund für Besitzer des Originals das Remastering, wobei der Rezensent nicht zu den Besitzern des Originals gehört und daher keine Angaben über etwaige Qualitätsverbesserungen gegenüber dem 1992er Release oder auch einer 1995er CD, die neben "Reanimator" auch noch das Vorgängeralbum "Hellraiser" enthalten haben soll, machen kann.
Das unappetitliche Coverartwork läßt eigentlich härtere Musik erwarten, und "Hellraiser" soll auch etwas kräftiger ausgefallen (aber trotzdem im melodischen Metalbereich anzusiedeln) gewesen sein, was der Rezensent mangels Besitzes wieder mal nicht bewerten kann (auch die Songtitel sprechen eine extremere Sprache als die des nur ein Jahr später eingespielten nächsten Albums). "Reanimator" erinnert jedenfalls an eine deutlich metallischere Variante von AC/DC, wobei die im Riermaier-Lexikon angesprochenen Accept-Anklänge nur hier und da auftauchen (etwa im passend betitelten "Chewi-metal-men", wo der Gesang doch etwas an Udo Dirkschneider erinnert, während der durch einige Generalpausen unterbrochene Songaufbau hier nicht hundertprozentig überzeugen kann). Statt dessen holt die Gitarrenfraktion in "Ja Njenawischu Tebja" den Blues aus der Kiste, und für den Gesamteindruck bietet sich eine andere russische Band als Vergleich an: Wer die frühen Tschornij Kofje zu schätzen weiß, wird auch Skoraja Pomoschtsch, zumindest dieses Album hier, lieben, auch wenn Waleri Andrejew nicht ganz so extrem kreischt wie Tschornij-Kofje-Mainman Dmitri Warschawski und wie gesagt der Bluesanteil bei den Ersthelfern etwas höher liegt. Mit "Rok-n-roll" hat man gar eine Nummer am Start, die nach einer Akustikeinleitung klassische Bluesskalen durchkaut, später Gastmusiker Wiktor Dinow (der eigentlich Toningenieur des Albums war) auf ein Honky-Tonk-Piano einhämmern läßt und in der Gesamtbetrachtung sogar bei Cinderella gut aufgehoben gewesen wäre, die im westlichen Maßstab noch vor den Gebrüdern Young als passendste Vergleichsband durchgehen; auch an Twisted Sister fühlt man sich gelegentlich erinnert. Für die junge und fortschrittliche Generation waren Skoraja Pomoschtsch also schon 1992 nicht mehr so richtig geeignet, und so nannten sie einen Song dann auch augenzwinkernd "Starij Roker" (Alter Rocker); auch vor einer Halbballade ("Tschernij Snjeg") schreckten sie nicht zurück. Ansonsten bewegen sich die Songs aber in mittleren bis oberen Tempogefilden und machen, wenn man auf diese Sorte Musik steht, richtig viel Hörspaß, wenngleich man natürlich keine Wunderdinge erwarten darf. Kuriose Zutat ist ein "Pionierhorn", ebenfalls von Dinow geblasen, das den Opener einleitet, der von einem Chauffeur handelt, welcher einstmals wie jeder normale Sowjetbürger zu den Leninpionieren gehörte, mittlerweile aber andere Getränkevorlieben hegt. Die 41minütige CD kommt mit Liner Notes, Lyrics und vielen Fotos im Booklet, wobei erstere und zweitere komplett in Russisch gehalten sind, und sollte Genrefans einen Test wert sein. Nach langer Pause ist die Band auch wieder aktiv; die in der jüngsten Schaffensperiode entstandene Single "Sombielend" ist dem Rezensenten aber noch apocryph.
Kontakt: www.metalismrecords.com

Tracklist:
Pro Schofjera Kolju, Bywschewo Pionera
Rossiiskaja Mafiosnaja
Pesnja Pro Ljubow
Gegemon
Ja Njenawischu Tebja
Rok-n-roll
Starij Roker
Tschernij Snjeg
Ei, Wy!
Chewi-metal-men
Moi Sosjed
 



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