www.Crossover-agm.de CINDERELLA: Live / Tokyo Dome - Tokyo, Japan Dec 31 1990 (Authorized Bootleg)
von rls

CINDERELLA: Live / Tokyo Dome - Tokyo, Japan Dec 31 1990 (Authorized Bootleg)   (Geffen Records)

Der 2009er Mitschnitt "Live At The Mohegan Sun" hatte speziell einen Eindruck hinterlassen: Bei manchen Bands wäre es besser gewesen, sie hätten sich nicht wiedervereinigt und damit ihren guten Ruf gefährdet - Cinderella mußten nach Hören dieser Konzertaufzeichnung in diese Kategorie einsortiert werden. Das lag nicht an den instrumentalen Leistungen, sondern am Gesang von Tom Keifer. Der Mann hatte früher einen sicherlich anstrengenden, etwas kreischigen Gesang gepflegt, und ebenjenen bekam er anno 2009 nur noch hilflos wirkend hin, den unterhaltsamen Charakter der Musik (von nach wie vor kompetenten Instrumentalisten dargeboten) in negativer Weise konterkarierend. Daß er das früher besser konnte, beweist neben den Studioaufnahmen u.a. auch ein schlicht "Live" betitelter Bootleg von der US-Tour 1991 (der Eröffnungsansage gemäß in Little Rock, Arkansas mitgeschnitten, allerdings mit einigen Ausblendungen, so daß durchaus auch noch Material von anderen Gigs enthalten sein kann), den der Rezensent irgendwann im letzten Jahrtausend mal für kleines Geld aus einer Wühlkiste eines Elektromarktes fischte und recht gern gehört hat. Nun kommt als "autorisierter Bootleg" aber ein Mitschnitt des Cinderella-Silvesterkonzertes vom Jahreswechsel 1990/91 aus Tokio heraus und macht eines klar: Auch früher hatte Keifer gesanglich nicht nur gute Tage, und derjenige von Tokio war kein ganz schlechter, aber auch kein durchgehend guter. Daß man den Gesang etwas in den Hintergrund gemischt hat, mag Zufall sein (keine Ahnung, auf welche Quelle das Material zurückgeht, aber angehörs der generellen Soundqualität muß es ein Soundboardmitschnitt oder etwas ähnlich Professionelles gewesen sein), aber auch hier wirkt Keifer oftmals, vor allem zu Beginn des Konzertes, etwas angestrengt, die Leichtigkeit und auch etwas Energie vermissen lassend, obwohl er zweifellos auch seine guten Momente hat, die sich paradoxerweise nach hinten häufen (mußte er sich erst "warmsingen"?), obwohl gerade "Nobody's Fool" an 15. Setposition trotz toller Clean-Kreisch-Wechselleistungen während der Strophen dann im Refrain wegknickt. Im Direktvergleich mit 2009 liegen natürlich immer noch Welten zwischen den Leistungen, und daher lohnt der Erwerb des Tokio-Silvester-Materials trotzdem ohne Wenn und Aber, zumal ein 1991 nur in Japan veröffentlichtes Livealbum mit gerade mal sechs Songs bestückt war und der erwähnte 1991er Bootleg kaum noch aufzutreiben sein dürfte. Von der Setlist her ähneln sich Silvester-CD und Bootleg, da beide von der Tour zum im November 1990 veröffentlichten "Heartbreak Station"-Album stammen, allerdings ist die Tokio-CD mit 18 Songs in 78 Minuten fast bis zum Rand gefüllt, enthält also einige Songs mehr als der Bootleg (10 plus 2 Medleys) und auch als die 2009er CD (14), wobei der Hörer logischerweise im Gegensatz zum letztgenannten auf Material des "Still Climbing"-Albums verzichten muß, da das erst 1994 erschienen und bis heute das letzte Studioalbum des Quartetts geblieben ist. Das macht freilich nichts, denn großartige angeblueste Hardrocksongs hatten Cinderella auf ihren ersten drei Alben schon genug geschrieben, um damit einen Headlinerset bis zum Bersten zu füllen, ob das nun das donnernde und zugleich düstere "Night Songs", die Hymne "Don't Know What You Got (Till It's Gone)" oder das flotte "Push Push" betraf. Und "Nobody's Fool" gehört immer noch zu den besten Halbballaden, die bis heute von der Hardrockwelt hervorgebracht worden sind. In der Setmitte flechten Cinderella einen Akustikblock ein, der mit dem vorspielartigen "One For Rock And Roll" beginnt und in den herzzerreißenden Einleitungspart von "Heartbreak Station" mündet, bevor sich hier eine gewisse Härtung mit dezenten Orchesterkeyboards breitmacht, um zum Schluß wieder in sich zusammenzufallen - und der Refrain ist einer von jenen Ohrwürmern, die man nie wieder loswird und in jeder passenden Situation (manchmal auch in einer unpassenden) wieder hervorkramt. Der ohne Booklet auskommende und auch sonst recht spartanische Digipack verrät nicht, wer die ohrenhörlich weiblichen Hintergrundgesänge beigesteuert hat und ob Bassist Eric Brittingham die gelegentlich eingeflochtenen Keyboards live bedient oder der Soundmensch sie aus der Konserve eingespielt hat. Das ist freilich auch ziemlich egal, denn einen angenehm unpolierten Charakter (wenn man das bei einer Band wie Cinderella so sagen darf) weist das ganze Material definitiv auf und macht Hörspaß von der 1. bis zur 78. Minute, wenn man auf diese Sorte blueslastigen Hardrocks steht. Interessanterweise hat man nicht mal das F-Wort rausgeschnitten, das Keifer in einer seiner Ansagen äußert - ob man dagegen das Material in Gänze beschnitten hat, um keine Doppel-CD herausbringen zu müssen, können nur diejenigen beurteilen, welche die originale Länge des Konzerts kennen; zwei "schnittverdächtige" Stellen, wo Songs entfernt worden sein könnten, glaubt man jedenfalls tatsächlich ausfindig machen zu können. Bis zum Beweis des Gegenteils muß man mit dem Vorliegenden zufrieden sein, aber das fällt, die kleinen Gesangsprobleme ausgeblendet, alles andere als schwer. Man höre nur mal das stimmungsvolle Miteinander von Gitarre und Hammondorgel im ausgedehnten, sehnsüchtigen Intro von "Fallin' Apart At The Seams"! Auch die fast neunminütige, mit Bläsern und weiblichen Vocals fast in die Mothers Finest-Richtung gehende Fassung von "Love's Got Me Doin' Time", dem einzigen vertretenen Song, bei dem Eric Brittingham als Co-Komponist neben Tom Keifer genannt wird (nicht aber Fred Coury, der hier noch ein Drumsolo einstreut), überzeugt mit Spielfreude und Originalität - man sollte sie nur nicht zu laut hören, da die Menschen, die den Mitschnitt für die vorliegende CD aufbereitet haben, im Sinne der Authentizität sogar ein paar fiese Feedbackpfeifereien dringelassen haben, und die entsprechen dann eher dem "Your Ears Shall Tremble!"-Motto von Flesh Gordon. Egal: Diese 78 Minuten gehören in jeden Hardrockhaushalt, zumal man sie bei diversen Anbietern auch recht günstig erstehen kann
Kontakt: www.geffen.com, www.cinderella.net

Tracklist:
Intro
The More Things Change
Push, Push
Back Home Again
Sick For The Cure
Make Your Own Way
Somebody Save Me
Night Songs
One For Rock And Roll
Heartbreak Station
Coming Home
Fallin' Apart At The Seams
Love's Got Me Doin' Time
Don't Know What You Got (Till It's Gone)
Nobody's Fool
Gypsy Road
Shake Me
Shelter Me



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver