www.Crossover-agm.de ROTFRONT: B-Style
von rls

ROTFRONT: B-Style   (Essay Recordings/Russendisko Records)

Russendisko war vor einiger Zeit der neueste Schrei im Partyunderground, bis er zum Overground und zur leeren Hülse wurde, wobei Wladimir Kaminer paradoxerweise sowohl zum Gründervater als auch zum Ausverkäufer wurde. Aber das musikalische Interesse an der Mixtur aus westeuropäischer Beatmusik und osteuropäischer Folklore bleibt ungebrochen hoch. Rotfront fügen der Mixtur ihrem Albumtitel "Emigrantski Raggamuffin", aus dem vorliegende Single ausgekoppelt wurde, gemäß noch ein wenig karibischen Sandstrand bei und geraten dadurch einerseits hochgradig partytauglich, andererseits aber auch in gewisser Weise originell, wozu dann auch noch der Sprechgesang in "B-Style" beiträgt. Überhaupt ist die vielköpfige Truppe gerade vokalistisch äußerst vielseitig besetzt. Im zweiten Song "Remmidemmi" gibt es eine weibliche Leadstimme, die mit einem wohl gespielten osteuropäischen Akzent und partiell äußerst eigentümlichen Reimstrukturen agiert (Oberbrüller: "Deine Mutter hat gesagt, trag nicht so viel Dreck rein/Auf den Fotos in der Küche sieht sie aus wie Katja Ebstein"), während "B-Style" neben deutschen ohrenscheinlich auch richtige russische Textzeilen, wenngleich mit partiellen Einwürfen deutscher Schlagworte, enthält. "Remmidemmi" erhält seinen Drive auch durch kernige E-Gitarren-Riffs, und der Song finalisiert gar in einem heftigen Doublebassinferno. Die Fülle kompositorischer und arrangementseitiger Einfälle wirkt auf die siebeneinhalbminütige Singledauer noch nicht überladen, was auf einem Longplayer allerdings schon wieder anders sein könnte, freilich nicht muß. Die beiden Songs liegen stilistisch weit genug auseinander, um theoretisch auch noch ganz andere, basischere Kombinationen im weiteren Material der vielköpfigen Truppe zu ermöglichen, die auf dem CD-Label aus einem derjenigen Lada-Typen rausguckt, die die Autobauer in Togliatti in Gemeinschaftsarbeit mit Fiat entwickelt haben. Italienische Stilelemente lassen sich in der Musik allerdings trotzdem nicht ausmachen. Interessanterweise sind für "B-Style" drei Komponisten/Texter angegeben, für "Remmidemmi" aber vier völlig andere, zudem mit einer expliziten Verlagsangabe - und siehe da, es handelt sich bei letzterem Song tatsächlich um eine Coverversion von Deichkind. Je öfter man diesen Song hört, umso stärker erkennt man übrigens gewisse Parallelen zu "Dschinghis Khan" von der gleichnamigen Truppe. Unterhaltungswert ist auf alle Fälle garantiert, wenn man ein gewisses Faible für derart verrückte Klänge mitbringt, und wer die Leningrad Cowboys, Zdob Si Zdub und Di Grine Kuzine mag und sich noch einen gewissen Aspekt Faith No More dazuzudenken in der Lage ist, der darf Rotfront durchaus mal anchecken. Ob die Single regulär erhältlich ist oder nur zu Promozwecken ausgekoppelt wurde, entzieht sich der Kenntnis des Rezensenten; auf dem 17-Track-Longplayer "Emigrantski Raggamuffin" (zu dem auch oben abgebildetes Coverartwork gehört) sind jedenfalls beide Songs enthalten, so daß auch dessen Erwerb genügen sollte.
Kontakt: www.essayrecordings.de, www.rotfront.com

Tracklist:
B-Style
Remmidemmi
 




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